Marie ist am Ende. Ihr Mann hat eine andere, ihre Tochter gibt ihr die Schuld daran, und auf ihre Job-Bewerbungen hagelt es Absagen.
Ihre Jugendfreundin Cat will sie aufmuntern und schenkt ihr ein Wochenende in einem exklusiven BDSM-Club. Dort trifft Marie einen dominanten Mann, der ihr anbietet, sie in die Freuden der Unterwerfung einzuweihen. Seine Blicke wecken die Schmetterlinge in ihrem Bauch, sie lässt sich auf eine Nacht mit ihm ein und lebt ihre geheimsten Träume aus.
Eine Woche später ruft Cat an: Ein Geschäftspartner ihres Schwagers Steven Carter hat einen Job für Marie.
Marie ist glücklich, doch dann ist ihr neuer Chef ausgerechnet der Mann, mit dem sie im BDSM-Club eine Session hatte. Und zu allem Überfluss entpuppt sich ihr Ex als brutaler Schläger.
Sara-Maria Lukas (alias Sabine Bruns) war gebürtige Bremerin und lebte mit ihrem Partner und diversen Vierbeinern in einem winzigen Dorf zwischen Hamburg und Bremen. Die Verbundenheit zur Natur, sowie die Liebe zum Meer und der norddeutschen Lebensart bestimmten ihren Alltag...
An diesem Abend erreichte Jan den Club fast eine Stunde später als gewöhnlich. Sein Magen knurrte bereits ausdrücklich mürrisch, als er endlich vor dem wunderschön gestalteten, mannshohen Eingangstor des Clubs anhielt und auf den Knopf der Sprechanlage drückte.
Ein Unfallstau war schuld gewesen. Immerhin würde er es gerade noch pünktlich zum Essen ins Restaurant schaffen.
Als er endlich seinen Wagen geparkt hatte und mit langen Schritten in die Lobby lief, grüßte er Tom im Vorbeigehen mit einem schnellen Winken. „Ich gehe direkt hoch zum Essen und hole nachher meinen Schlüssel.“
„Mach das, ich glaube, Stine hat gerade die Suppe...
...serviert.“
Jan erreichte das gemütliche Restaurant des Clubs, aus dem ihm bereits ein herrlicher Duft nach Speisen und Gewürzen entgegenschwappte. Sein Magen brachte sich augenblicklich laut erneut in Erinnerung.
Eine recht kleine Gruppe hatte sich an diesem Abend zusammengefunden und es war nur noch sein reservierter Platz mit Gedeck am Tisch frei. Neugierig scannte er die Frau daneben. Ihr Gesicht war ihm fremd. Das musste die Neue sein.
Nett, dachte er. Soweit er es auf den ersten Blick erkennen konnte, hatte sie eine gut proportionierte Figur, nicht zu dünn und mit angenehmen Rundungen, genauso wie er es mochte. Ihr rundliches Gesicht mit einem ausgeprägten Kinn wurde von blonden schulterlangen Haaren eingerahmt und ihre Wangen wiesen einen Hauch von Röte auf. Ihre Augen, deren Farbe er nicht erkennen konnte, schienen im Schein der Kerzen, die auf der Tafel standen, zu glitzern. Sie wirkte entspannt und fröhlich. Ja, der erste Eindruck gefiel ihm.
Die Neue saß Doreen gegenüber und plauderte angeregt mit ihr und einem schwulen Paar, dem Jan bereits einige Male im Club begegnet war. Besonders zurückhaltend oder gar schüchtern schien sie nicht zu sein. Wie angenehm.
Er stellte seine Reisetasche an der Wand ab und schlenderte durch den Raum zu seinem Platz. Mit einem lässigen Klopfen mit der geschlossenen Faust auf die Tischplatte begrüßte er die anderen Gäste. „Hallo allerseits.“
Alle sahen auf, nickten ihm zu und murmelten Begrüßungsfloskeln. Doreen strahlte. „Sir James! Du hast es doch noch geschafft. Wie schön!“
Jan winkte ab. „Blöder Stau auf der A7.“
„Ärgere dich nicht, du hast nichts verpasst.“
Sein Blick glitt auf die Neue, die offensichtlich neugierig zu ihm aufsah.
„Das ist Macy“, stellte Doreen vor. „Macy, das ist Sir James, einer unserer liebsten und erfahrensten Stammkunden.“
Die Kleine schenkte ihm ein freundliches, aber beiläufiges „Hi“.
Entweder hatte ihr noch niemand erklärt, was das Sir vor seinem Namen bedeutete, oder es beeindruckte sie nicht. Vielleicht interpretierte er aber auch in ihre Begrüßung viel zu viel hinein, was wohl am wahrscheinlichsten war.
Sie interessierte ihn, vermutlich weil sie so gleichgültig auf ihn reagierte. Ja, sie machte ihn neugierig. Es würde Spaß machen, sie ein wenig zu reizen. Mal schauen, ob er sie mit Blicken oder Worten in Verlegenheit bringen könnte. Bei dem Gedanken zuckte sein Schwanz.
Er ließ sich auf dem Stuhl neben ihr nieder.
Jemand trat neben seinem Platz an den Tisch heran und stellte eine Tasse Suppe vor ihm ab. Mhm … Während er sich vorbeugte, zog er tief die Luft ein. Was für ein herrliches Aroma. Beim anschließenden Zurücklehnen drehte er sich halb, um zu sehen, wer ihn bediente. Es war Stine, eine junge Studentin, die seit einiger Zeit an den Wochenenden in der Küche aushalf.
„Hey, Stinchen. Schön, dich mal wieder zu sehen.“
Sie lächelte. „Hi, Sir James, auch schön, dich mal wieder zu sehen.“ Sie zwinkerte und warf dabei einen schnellen, aber deutlich zielgerichteten Blick auf den Rücken der Neuen am Tisch. „Ich wünsche einen guten Appetit.“
Jan verstand den Wink und lachte. „Danke dir.“
„Gern geschehen. Ich freue mich, dass du da bist. Hier ist dein Zimmerschlüssel. Tom hat ihn mir eben mitgegeben.“ Sie trat vor, klapperte kurz damit und ließ ihn dann hinter seinem Teller auf den Tisch fallen.
„Und warum erst jetzt? Serviererinnen bewegen sich im Laufschritt, Schnucki, ob du das wohl noch mal lernst?“, fragte er übertrieben anzüglich, streckte die Hand nach hinten und drückte frech ihre Pobacke.
„Mein Arsch ist schon vergeben, Süßer, und mein Arbeitstempo bestimme immer noch ich.“
„Scheiß Emanze“, knurrte er und ließ seine Hand grob auf die gerade betatschte Stelle klatschen, was sie dazu animierte, einen leisen Schrei auszustoßen.
Neben ihm riss die Neue ihre Augen auf und Jan musste sich ein Grinsen verkneifen. Macy hatte ja keine Ahnung, dass es sich bei der Frotzelei zwischen Stine und ihm um ein vergnügliches Ritual, eine Art Running Gag, handelte, mit dem sie sich und andere Gäste bei jeder Begegnung unterhielten.
Er drehte Macy das Gesicht zu, um sie direkt anzusehen. Ihre Blicke trafen sich und er zwinkerte. „Alles klar, Kleine?“
Augenblicklich mutierte die rötliche Färbung ihrer Wangen zu einem satten Dunkelrot und sie senkte den Kopf.
Wie süß. Der Abend versprach, kurzweilig zu werden.
*
Was war das denn für ein arrogantes Arschloch? Als der Neuankömmling hereingekommen war, hatte Maries Herz angesichts seiner Erscheinung einen Hüpfer gemacht. Er war groß und schlank, bewegte sich sportlich fließend, und die kurzen blonden Haare, die leicht gewellt und etwas wirr den Kopf bedeckten, unterstützten den jugendlich frechen Ausdruck seiner Mimik. Sein Gesicht war eher länglich und die Konturen des glatt rasierten Kinns ausgeprägt, doch die geschwungenen Lippen relativierten die dadurch entstehende Härte. Er wirkte wie ein fröhlicher, unkomplizierter Typ, den Marie mögen könnte. Allerdings wurde dieser erste Eindruck zunichtegemacht, als er dermaßen überheblich mit der jungen Frau sprach.
Sie befanden sich zwar in einem SM-Club, aber sie saßen am Tisch, um zu essen. Dies war ja keine Session. Sie war eine Angestellte, die ihn bediente, und er benahm sich unhöflich wie ein arroganter Chauvi. Widerlich!
Enttäuscht wandte sie sich ab. Das war mal wieder typisch. Sobald ein Kerl gut aussah und wusste, dass er auf Frauen anziehend wirkte, war er zugleich ein herablassendes Arschloch. Nein, dieser Knabe war keine Option für ein aufregendes Abenteuer. Marie hatte zwar die Neigung, sich einem Mann beim Sex unterordnen zu wollen, aber auch wenn es nur um Sex ging, war gegenseitiger Respekt unumgänglich für sie. Niemals würde sie sich auslachen oder so achtlos behandeln lassen. Dann lieber nur Blümchensex auf Augenhöhe.
„Natürlich“, erwiderte sie kühl und widmete sich ihrer Suppe, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen.
„Henry, dreh die Heizung auf, meine Nachbarin macht einen unterkühlten Eindruck“, hörte sie neben sich die viel zu angenehm klingende Männerstimme von Mr. Arrogant und ihr Kopf zuckte hoch. WIE BITTE???
Ihr Gastgeber beugte sich zu ihr hinüber. „Tatsächlich, Macy? Ist dir kalt?“ Er legte seine Hand auf ihren Arm und sie zog ihn ärgerlich weg. „Nein, natürlich nicht. Ich weiß nicht, wie mein überaus charmanter Tischnachbar auf die Idee kommt“, sie lächelte süffisant, „wo er doch so viel wohlige Wärme ausstrahlt.“
Der Chauvi räusperte sich. „Hast du ein Problem mit mir, Kleine?“, fragte er äußerlich gelassen, ohne sie anzusehen.
„Keineswegs. Aber bitte nenn mich nicht Kleine, okay? Ich bin seit einigen Jahren eine erwachsene Frau und mein Name ist Macy.“
„Mein Name ist SIR James, und ich bin es gewohnt, gesiezt zu werden, solange ich einer Sub nicht das Du anbiete.“
Marie schnaubte. „Na, was für ein Glück, dass ich nicht deine Sub bin.“
Er hob langsam den Kopf, verzog keine Miene und seine Pupillen schossen spitze Pfeile in ihre Richtung. „Du weißt aber schon, wo du dich hier befindest?“
Glaubte er, sie würde jetzt ängstlich zitternd vor ihm auf die Knie fallen? So ein Spinner!
Sie wich seinem Blick nicht aus. „Soviel ich weiß, besuche ich gerade einen Club für erwachsene, emanzipierte und gleichberechtigte Gäste. Vielleicht hast eher du nicht verstanden, worum es bei den verschiedenen erotischen Spielarten geht?“
„Ich bin dominant und erwarte, dass sich eine Frau mir gegenüber devot und unterwürfig gibt. Dafür komme ich hierher und bezahle meinen Mitgliedsbeitrag.“ Er seufzte. „Wenn man heutzutage schon im Alltag ständig von emanzipierten, oberschlauen Zicken umgeben ist, möchte man wenigstens in einem SM-Club höfliche und gefügige Frauen um sich haben.“
Marie starrte ihn an wie einen fünfköpfigen Hund. Der verarschte sie doch.
Nein, er blieb tatsächlich vollkommen ernst und ließ seinen Blick deutlich abschätzend an ihrem Körper hinunterwandern. „Henry, bist du sicher, dass die Dame hier bei uns das findet, was sie sucht?“
Was für ein Arschloch! Kopfschüttelnd widmete sich Marie wieder ihrer Suppe. Sie würde sich doch von so einem blöden Heini nicht den Abend verderben lassen!
Gegenüber ertönte ein helles Glucksen. „Lass dich nicht veräppeln, Macy.“
Marie sah auf und Doreen zwinkerte ihr fröhlich zu. Ihr Blick glitt nach links und rechts. Henry grinste, bei ihrem Nachbarn zuckten verräterisch die Wangenmuskeln und auch die anderen Gäste begannen, zu kichern.
„O Mann!“ Sie lehnte sich dramatisch stöhnend zurück. „Okay, reingefallen. Ich hoffe, es hat euch Spaß gemacht.“
Alle lachten.
Ihr Tischnachbar legte den Arm um sie und drückte ihre Schulter. „Danke für den netten Wortwechsel.“
Macy nahm seinen Duft nach Rasierwasser und Mann wahr, der sie plötzlich einhüllte und für einen Moment auf angenehme Weise verwirrte. „Bitte. Äh … Gern geschehen.“