Eisrose

Er­schie­nen: 01/2014

Genre: Soft-SM / BDSM

Lo­ca­ti­on: Frank­reich, Nizza

Sei­ten­an­zahl: 200 (Über­grö­ße)

Buch­trai­ler: An­se­hen

Er­hält­lich als:
pa­per­back & ebook

ISBN:
Print: 978-3-86495-068-1
ebook: 978-3-86495-069-8

Preis:
Print: 14,90 €[D]
ebook: 6,99 €[D]

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und allen gän­gi­gen On­line­händ­lern und im Buch­han­del

Eisrose


In­halts­an­ga­be

Als Leah er­fährt, dass ihr Vater sich ver­spe­ku­liert und sei­nen BDSM-Club an den Rand des Ruins ge­trie­ben hat, droht ihre heile Welt zu zer­bre­chen. Um den Club zu ret­ten, lässt sie sich auf einen Deal mit ihrem ehe­ma­li­gen Schwarm ein, dem rei­chen Künst­ler und Club-Be­sit­zer Do­mi­nik. Do­mi­nik, der Leah vor Jah­ren eis­kalt ab­blit­zen ließ, wird Teil­ha­ber des Clubs ihres Va­ters. Zudem soll Leah in Do­mi­niks ei­ge­nem BDSM-Club in Nizza ar­bei­ten.
Dort an­ge­kom­men muss Leah fest­stel­len, dass Do­mi­niks Mo­ti­ve von Rache durch­tränkt sind, denn er hat eine Rech­nung mit ihrem Vater offen. Do­mi­nik zwingt Leah dazu, sich ihm zu un­ter­wer­fen. Schon bald ge­lingt es ihm, ihren Wi­der­stand zu bre­chen. Ihre lang ver­dräng­te de­vo­te Seite bricht in ihr auf und sie ver­fällt sei­nem Cha­ris­ma.
Als sie sich in ihn ver­liebt, ist sie ver­lo­ren, denn mit Liebe hat Do­mi­nik nichts im Sinn. Und was ge­schah wirk­lich mit Cathérine, Do­mi­niks Ge­lieb­ter, die vor Jah­ren unter mys­te­riö­sen Um­stän­den ums Leben kam?

Über die Au­to­rin

As­trid Mar­ti­ni ist eine hung­ri­ge Le­se­rat­te, die mit Vor­lie­be Bü­cher sam­melt. Immer, wenn sie ein gutes Buch zu Ende ge­le­sen hat, ist es, als müsse sie Ab­schied von einem Freund neh­men.

Der Film "Bit­ter Moon" von Roman Polan­ski hat sie in...

Wei­te­re Bü­cher der Au­to­rin

Le­se­pro­be

Do­mi­nik nahm ihre Wand­lung un­be­ein­druckt wahr. Er hatte ihren in­ne­ren Kampf längst durch­schaut. So, wie er alle Frau­en durch­schau­te. Nur hatte sich bis­her keine als do­mi­nant auf­ge­spielt, ob­wohl ihre de­vo­te Ader förm­lich aus jeder ein­zel­nen Pore zu sprü­hen schien. Und auf dumme, durch­schau­ba­re Be­ste­chungs­ver­su­che re­agier­te er von Natur aus all­er­gisch.
Diese von sich über­zeug­te Frau hatte si­cher­lich noch nie einen rich­ti­gen Mann ge­habt, hatte wo­mög­lich Pro­ble­me, einen Or­gas­mus zu be­kom­men, und kom­pen­sier­te diese De­fi­zi­te mit lä­cher­li­chem Macht­ge­ha­be wil­li­gen Män­nern ge­gen­über. Dabei schlum­mer­te tief in ihrem In­nern das Ver­lan­gen, auf allen vie­ren her­um­zu­krie­chen, einem wahr­haf­ten Dom zu Diens­ten zu sein, den...

...​Arsch ge­hö­rig be­ar­bei­tet zu be­kom­men und end­lich ein­mal or­dent­lich ge­nom­men zu wer­den.
Wi­der­stre­bend blick­te sie ihm in die Augen. Die Luft schien auf­ge­la­den. Ihr Blick je­doch war fros­tig, wäh­rend seine Lip­pen sich kurz iro­nisch nach oben zogen. Dann straff­ten sie sich wie­der, her­risch und be­fehls­ge­wohnt.
Seine Augen ta­xier­ten ihr Ge­sicht, ihr De­kol­leté, ihre Figur, die schlan­ken Beine. Wie viele Män­ner sie wohl schon ver­führt und an­schlie­ßend ver­sto­ßen hatte? Ihr fehl­te ein­deu­tig ein Mann mit star­ker Hand, der ihr nichts durch­ge­hen ließ. Dann würde sie mög­li­cher­wei­se eine un­ter­halt­sa­me, wenn­gleich an­stren­gen­de Ge­lieb­te sein. Mit der nö­ti­gen En­er­gie ließe sie sich wo­mög­lich sogar zäh­men.
Seine Wan­gen­mus­keln ar­bei­te­ten, wäh­rend sein kal­ter Blick sie maß.
Frau­en wie sie waren nur auf ihren Vor­teil be­dacht und be­nö­tig­ten eine ex­trem feste Hand und eine ge­hö­ri­ge Por­ti­on an ver­nünf­ti­ger Er­zie­hung. Es würde unter Um­stän­den sogar äu­ßerst in­ter­es­sant und ab­wechs­lungs­reich sein, einer Möch­te­gern-Do­mi­na das stol­ze Haupt ge­ra­de­zu­rü­cken.
„Wie geht es nun wei­ter?“, spot­te­te er. „Wel­che Tak­tik ist vor­ge­se­hen, um mich weich­zu­klop­fen?“
Leah, mit einem Mal durch und durch kühle Ge­schäfts­frau, nahm hin­ter dem Schreib­tisch Platz. Sie und ihr Vater hat­ten ein Ziel. Es galt, den Club zu ret­ten, ihn vor der dro­hen­den Hy­po­thek zu be­wah­ren. Nichts an­de­res zähl­te in die­sem Au­gen­blick – sie durf­te ihren Vater nicht ent­täu­schen.
„Hal­ten wir uns nicht mit un­nö­ti­gen Spiel­chen auf. Es geht hier weder um Tak­tik noch um Be­ste­chung. Wir er­hof­fen uns le­dig­lich einen zins­lo­sen Kre­dit. Mein Vater hat Ihnen ja alles schon aus­führ­lich schrift­lich zu­kom­men las­sen.“
Do­mi­nik stütz­te sich mit den Hän­den auf den Schreib­tisch auf, beug­te sich quer über den Tisch, weit in ihre Rich­tung, lä­chel­te sie an.
Eis­kris­tal­le bil­de­ten sich in ihrem Her­zen und in ihrem Blick. Moch­ten alle Frau­en, denen er be­geg­ne­te, bei die­sem Lä­cheln auch da­hin­schmel­zen, sie war fort­an ge­wapp­net. Si­cher­lich führ­te er wie­der etwas im Schil­de, denn wieso sonst ver­schwen­de­te er seine ihm an­ge­bo­re­ne Ar­ro­ganz an die­ses ver­flix­te Lä­cheln?
„So? Darum geht es also?“ Er strich sich mit Dau­men und Zei­ge­fin­ger übers Kinn.
„Die Aus­stel­lung Ihrer Fotos in un­se­rem Club kos­tet Sie nichts. Wird Sie auch in Zu­kunft nichts kos­ten. Un­se­re Räum­lich­kei­ten ste­hen Ihnen je­der­zeit zur Ver­fü­gung, und zu­sätz­lich kann ich Ihnen eine Teil­ha­ber­schaft an un­se­rem Club an­bie­ten. Er läuft gut. Ein­zig die Fehl­spe­ku­la­tio­nen mei­nes Va­ters bil­den einen Stol­per­stein, der mit­hil­fe des Kre­dits bei­sei­te­ge­schafft wer­den kann.“
Do­mi­nik ver­zog keine Miene, tief tauch­te sein Blick in den ihren, gab je­doch nichts dar­über preis, was in ihm vor­ging. Dabei über­schlu­gen sich seine Ge­dan­ken ge­ra­de­zu.
Was ging hier vor sich?
Hatte er sich ge­ra­de ver­hört?
Ein Kre­dit? Zins­los?
Wel­ches Spiel spiel­te der Haus­herr? Und wel­che Rolle über­nahm dabei seine auf­säs­si­ge Toch­ter? Nun, er würde es her­aus­fin­den. Was Psy­cho­spiel­chen be­traf, mach­te ihm so schnell nie­mand etwas vor.
„Ich ver­lan­ge fünf­zig Pro­zent der An­tei­le, und als Zu­ga­be wirst du nackt vor mir auf dem Boden her­um­krie­chen und mir zu Diens­ten sein, so­bald ich es ver­lan­ge.“
Leah schnapp­te nach Luft, un­ter­drück­te den Wunsch, ihn zu schla­gen, zu be­lei­di­gen, ihn an­zu­brül­len. „Es war wohl ver­mes­sen von mir zu glau­ben, es ließe sich ver­nünf­tig mit Ihnen reden.“ Ihre Au­gen­braue schoss in die Höhe. Trie­fend vor Sar­kas­mus fuhr sie fort: „Es tut mir leid, wenn ich Ihre kost­ba­re Zeit ver­geu­det habe. Und nun tun Sie mir bitte einen Ge­fal­len, ver­geu­den Sie nicht die meine.“ Ihr aus­ge­streck­ter Zei­ge­fin­ger wies zur Tür.
Über­heb­li­cher Spott sprang Do­mi­nik aus jeder Kör­per­zel­le, als er ge­spielt ge­knickt zur Tür ging, sich dann aber auf dem Ab­satz her­um­dreh­te. „Viel­leicht finde ich das alles ja doch in­ter­es­sant genug, um meine Ent­schei­dung zu über­den­ken.“
Leahs Herz fing vor Über­ra­schung an zu rasen. Seine Stim­me ließ sie eine auf­rech­te Hal­tung in ihrem Stuhl an­neh­men. „Sie gehen also auf un­se­ren Vor­schlag ein?“
„Unter einer Be­din­gung.“
„Und die wäre?“
„Du ar­bei­test für ein paar Wo­chen als Do­mi­na in mei­nem Club in Nizza. Der Zu­lauf der Skla­ven ist dort enorm an­ge­stie­gen und flaut nicht ab. Wir kön­nen jede gute Kraft ge­brau­chen, und es ist nicht leicht, eine Do­mi­na zu fin­den, die mit Leib und Seele do­mi­nie­ren möch­te, ihr Hand­werk per­fekt ver­steht und sich den­noch als An­ge­stell­te – statt ei­ge­ner Her­rin – sehen kann.“
„Und wo ist der Haken?“
„Such ihn.“
„Mir ist nicht nach Spie­len.“
In sei­nen Augen blitz­te etwas auf, das sie nicht ein­zu­ord­nen wuss­te.
„Dabei be­fin­den wir uns be­reits mit­ten­drin.“ Mit hin­ter dem Rü­cken ver­schränk­ten Hän­den schritt er vor ihrem Schreib­tisch lang­sam auf und ab, wie ein Raub­tier, das seine Beute im Vi­sier hielt, zum Sprung be­reit.
Leah zwang sich, seine ge­schmei­di­gen Be­we­gun­gen als nicht allzu be­tö­rend zu emp­fin­den. Die­ser Mann mach­te es ihr ver­dammt noch mal nicht leicht. In kei­ner Be­zie­hung!
„Herr Win­ter, wir sind hier, um ins Ge­schäft zu kom­men. Ihre Zeit ist mit Si­cher­heit eben­so kost­bar wie die meine, spre­chen Sie also bitte nicht in Rät­seln.“
„Ich habe meine Be­din­gung ge­nannt. Hinzu kom­men fünf­zig Pro­zent der Club­an­tei­le. Das ist mein letz­tes Wort.“
Leah hatte an fünf­und­zwan­zig Pro­zent ge­dacht, da sie je­doch wuss­te, wie wenig Al­ter­na­ti­ven sie hat­ten, blieb ihr nichts an­de­res übrig, als zu­zu­stim­men. „Also gut.“
Er nick­te ihr kühl zu. „Du sprichst fran­zö­sisch?“
Leah nick­te.
„Per­fekt. Das wird dei­ner Ar­beit bei uns im Club dien­lich sein. Ich er­war­te dich also in drei Wo­chen. Dein Vater kennt die Adres­se.“
Ohne sie eines wei­te­ren Bli­ckes zu wür­di­gen, war er ver­schwun­den.

Die Sonne schob sich als glut­ro­ter Ball auf­wärts, ver­dräng­te die Däm­me­rung und legte einen war­men Schim­mer über den be­gin­nen­den Tag. Leah rieb sich die Augen, gähn­te herz­haft. End­lich hatte sie Frank­reich er­reicht und be­gann nun, sich Rich­tung Süden zu ori­en­tie­ren. Der hüb­schen fran­zö­si­schen Orte wegen hatte sie be­schlos­sen, statt der Au­to­bahn die klei­nen, gut aus­ge­bau­ten Stra­ßen zu nut­zen, die zwar we­sent­lich zeit­auf­wen­di­ger zum Ziel führ­ten, dies je­doch durch den be­tö­ren­den Charme der Ge­gend wett­mach­ten. Schon lange war es ein Traum von ihr, Süd­frank­reich ein­mal mit dem Auto zu er­kun­den. Aus die­sem Grund hatte sie auf eine Reise per Flie­ger ver­zich­tet. So bekam sie auf dem Weg nach Nizza ei­ni­ges von der Ge­gend mit, war auch vor Ort mobil und konn­te au­ßer­halb ihrer Ar­beits­zeit im Club die­ses herr­li­che Fleck­chen Erde er­kun­den.
Die Sonne schien gna­den­los vom wol­ken­lo­sen Him­mel, was ihr wegen des of­fe­nen Ver­decks einen mäch­ti­gen Son­nen­brand auf den Armen be­scher­te. Ein lau­tes Kon­zert von Gril­len und an­de­ren Tie­ren misch­te sich von den Stra­ßen­rän­dern aus in die stim­mungs­vol­le Som­mer­mu­sik, die der Ra­dio­sen­der zum Bes­ten gab.
Sie war auf dem Weg zur Perle der Côte d’Azur, wo das Was­ser azur­blau schim­mer­te und auf den ro­man­ti­schen Bou­le­vards der Alt­stadt Stra­ßen­künst­ler vor den zahl­rei­chen Cafés mu­si­zier­ten. Auch wenn die Fahrt dort­hin kei­nem per­sön­li­chen Ver­gnü­gen ent­sprang, so nahm sie sich vor, das Beste aus ihrer Si­tua­ti­on zu ma­chen. Lang­sam, aber si­cher be­gann sie sich auf das Ein­tau­chen in das viel ge­rühm­te Flair die­ser Ge­gend zu freu­en. Leah hatte viel über die klei­nen Gas­sen der wun­der­schö­nen Alt­stadt ge­hört, von den bun­ten Märk­ten, Kunst, Kul­tur und Nacht­le­ben. Sie be­schloss, davon eben­so zu kos­ten wie von lan­gen Spa­zier­gän­gen am Strand und Baden im un­end­li­chen Blau des Mit­tel­mee­res. Schließ­lich würde sie an kei­nen 24-Stun­den-Job ge­bun­den sein.
Nizza … be­ein­dru­ckend, laut, sexy und ab­wechs­lungs­reich. So­wohl Nacht­schwär­mer als auch Ruhe su­chen­de In­di­vi­dua­lis­ten kamen an die­sem Ort auf ihre Kos­ten, er­la­gen der Lie­bens­wür­dig­keit und dem Charme die­ser Stadt.
Und nun war sie auf dem Weg dort­hin.
Immer wie­der hielt sie an, be­rausch­te sich an der schö­nen Land­schaft, den uri­gen Ort­schaf­ten, den blü­hen­den La­ven­del­fel­dern.
In Sis­te­ron, einem Städt­chen, das im Tal der Duran­ce lag und von fast senk­rech­ten Fel­sen um­säumt war, such­te sie sich ein Quar­tier, und am nächs­ten Mor­gen ging es süd­öst­lich wei­ter bis nach Saint-Tro­pez.
Die Aus­sicht auf die sat­ten Blau­tö­ne, in denen das Meer schim­mer­te, raub­te ihr für den Mo­ment den Atem. Der An­blick wirk­te wie ge­malt und so frisch, dass Leah mein­te, den Duft der Ge­gend auf der Zunge zu schme­cken. Die Luft flirr­te. Sie kniff die Augen zu­sam­men, nahm jedes De­tail in sich auf. Die in­ten­si­ven Far­ben präg­ten sich in ihr Be­wusst­sein.
Sie fuhr an der Küste ent­lang nach Saint-Ra­phaël, wei­ter öst­lich über Can­nes. Schließ­lich er­reich­te sie Nizza, die „Haupt­stadt Süd­frank­reichs“, die ei­ner­seits vom Meer um­säumt wurde, sich an­de­rer­seits bis hin zu den nahe ge­le­ge­nen Ber­gen zog.
Herz­klop­fend brach­te sie die letz­ten Ki­lo­me­ter hin­ter sich, er­reich­te die Spit­ze eines Zick­zack­kur­ses und fuhr auf einem schmal ge­wun­de­nen Weg den be­wal­de­ten Hügel steil berg­auf. Die Stra­ße wurde von aus­la­den­den Stein­ei­chen und Oli­ven­bäu­men ge­säumt, die das glei­ßen­de Son­nen­licht aus­schlos­sen.
Dann plötz­lich öff­ne­te sich das satte Laub­werk, die Stra­ße wurde schma­ler und mün­de­te in einer son­ni­gen Auf­fahrt. Leah fuhr wei­ter, auf ein ge­schwun­ge­nes Git­ter­tor zu. Jen­seits des Tores war ein park­ähn­li­cher Platz zu sehen, in des­sen Mitte eine rie­si­ge Palme ihre fä­cher­ar­ti­gen Zwei­ge aus­brei­te­te. Eine Baum­rei­he ver­hin­der­te jeden wei­te­ren Aus­blick nach hin­ten.
Sie hielt am Tor an und drück­te auf den Knopf der Sprech­an­la­ge, die mit Vi­deo­über­wa­chung aus­ge­stat­tet war. Das Git­ter­tor ging auf, und als sie hin­durch­fuhr, er­griff sie ur­plötz­lich der Wunsch um­zu­dre­hen und weit weg zu fah­ren. Zu flie­hen, so schnell sie nur konn­te. Un­be­ha­gen brei­te­te sich in ihr aus.
Augen zu und durch!
Sur­rend schloss sich das Tor hin­ter ihr. Jetzt gab es kein Zu­rück mehr, kein Knei­fen in letz­ter Mi­nu­te, keine Flucht­mög­lich­keit. Vor ihr lag nicht nur die her­aus­for­dernds­te Zeit ihres Da­seins, son­dern auch die Ge­wiss­heit, dass es in ihren Hän­den lag, wie es mit ihrem Club wei­ter­ge­hen würde. Und dass aus­ge­rech­net Do­mi­nik Win­ter dabei eine Rolle spiel­te, be­un­ru­hig­te und be­leb­te sie zu glei­chen Tei­len.
Herz­klop­fend fuhr sie wei­ter. Ein sanft ge­schwun­ge­ner Weg, der durch eine an­mu­ti­ge Gar­ten­an­la­ge führ­te, brach­te sie dem An­we­sen, das ihr in der kom­men­den Zeit Ar­beits­platz und Un­ter­kunft zu­gleich sein würde, näher. Ein stei­ner­ner Brun­nen, aus des­sen Mitte eine klei­ne Fon­tä­ne em­por­stieg, war be­völ­kert von ver­schie­de­nen Vö­geln. Meh­re­re Ne­ben­ge­bäu­de und ein Teil des Gar­tens er­streck­ten sich über die Klip­pen eines Fels­vor­sprungs, wel­cher weit über das Meer hin­aus­rag­te. Ein win­zi­ger, stei­ler Pri­vat­pfad schlän­gel­te sich von die­ser Klip­pe hinab zu einer klei­nen ein­sa­men Bucht, wo die sanf­ten Wel­len des aus­lau­fen­den Mee­res zwi­schen den Fel­sen zün­gel­ten und sich wieg­ten. Es muss­te herr­lich sein, dort hin­un­ter­zu­lau­fen, dem azur­blau­en Meer ent­ge­gen, das aus die­ser An­hö­he be­son­ders in­ten­siv leuch­te­te. Leah hielt für einen Mo­ment die Luft an. Die Schön­heit die­ses An­we­sens war be­ein­dru­ckend.
Sie muss­te nicht lange nach einem Stell­platz für ihr Auto su­chen, denn eine Reihe von Lu­xus­li­mou­si­nen stan­den in Reih und Glied auf einem schat­ti­gen Platz, der von Ro­sen­bü­schen um­ringt war. Sie park­te ihren Wagen, stieg aus, reck­te sich und fühl­te sich selt­sam be­fan­gen, als sie den Weg zum Haupt­haus lief und die fla­chen Stu­fen bis hin zur Ein­gangs­pfor­te pas­sier­te.
Ihr Fin­ger ruhte se­kun­den­lang über dem Klin­gel­knopf, doch bevor sie ihn drü­cken konn­te, wurde sie von hin­ten ge­packt. Ein bei­ßen­der Ge­ruch stieg ihr in die Nase. Be­nom­men nahm sie eine dunk­le Ge­stalt in einem bo­den­lan­gen schwar­zen Ka­pu­zen­man­tel wahr, dann sank sie in eine düs­te­re Be­nom­men­heit.

Als Leah spä­ter wie­der zu sich kam, spür­te sie zu­nächst ihren Kör­per nicht. Ihr war übel. Schwin­del er­fass­te sie. Was war mit ihr los? Was war pas­siert? Sie blin­zel­te, als Licht durch ihre Au­gen­li­der drang, und ver­such­te, die Hand dar­über­zu­le­gen, um sich gegen die Hel­lig­keit ab­zu­schir­men. Doch sie konn­te ihre Hände nicht be­we­gen. Ir­gend­et­was hielt sie fest.
In Panik riss sie die Augen auf, dreh­te den Kopf, ob­wohl das den Schwin­del und die Übel­keit ver­stärk­te. Und dann er­kann­te sie, wes­halb sie ihre Hände nicht be­we­gen konn­te. Um ihre Hand­ge­len­ke lagen Le­der­schnal­len. Und diese waren mit Ka­ra­bi­ner­ha­ken an Ket­ten be­fes­tigt, die von der Decke hin­gen. Folg­lich waren ihre Arme – weit ge­spreizt – fest nach oben ge­zo­gen fi­xiert. Sie blick­te an sich hinab. Auch ihre Füße waren mit Schnal­len an Bo­den­ö­sen be­fes­tigt. Man hatte sie re­gel­recht auf­ge­spannt, wie ein X – in­mit­ten des Ge­wöl­bes auf einem Po­dest. Völ­lig nackt und eben­so hilf­los.
Sie woll­te los­brül­len. Um Hilfe rufen. Aus Angst und Panik. Aber auch aus Zorn. Doch ihre tro­cke­ne Kehle blieb stumm. Pa­nisch blick­te sie sich um. Die Übel­keit schwand lang­sam, auch der Schwin­del. Sie be­fand sich in einem Kel­ler­ge­wöl­be, er­leuch­tet durch einen Spot, der genau auf sie zeig­te. Kalte Mau­er­stei­ne blitz­ten ihr ent­ge­gen, eine ge­wal­ti­ge Holz­tür war zu sehen. Außer einem Stuhl und dem Kon­strukt, an dem sie hing, war der Raum leer.
Ihr Ge­hirn be­gann zu ar­bei­te­ten. Sie er­in­ner­te sich bruch­stück­haft. Eine Ge­stalt, dun­kel und be­droh­lich, hatte sie be­täubt.
Sie zuck­te zu­sam­men, als die Tür auf­ge­sto­ßen wurde, starr­te auf den Mann, der her­ein­kam. Schwar­zer Man­tel, Ka­pu­ze, Maske, schwar­ze Stie­fel. Das war er, der Typ, der sie be­täubt hatte.
Der Un­be­kann­te kam auf sie zu. Lang­sam und be­droh­lich.
Er ging ge­mäch­lich vor ihr auf und ab, in der Hand eine lange Peit­sche, die in re­gel­mä­ßi­gen Ab­stän­den zi­schend auf den Stein­bo­den knall­te.
Leah stieß einen lei­sen Laut aus. Und so­sehr sie die un­ver­hoff­te Si­tua­ti­on auch ängs­tig­te, ihr tief ver­gra­ben ge­glaub­tes Sub-Herz be­gann hö­her­zu­schla­gen. Un­ge­wiss­heit und Do­mi­nanz - welch köst­li­che Mix­tur. Un­be­kann­te Ge­fahr ge­paart mit süßer Lust und ab­so­lu­ter Hin­ga­be hatte sie vor Jah­ren ein­mal mehr ge­reizt als alles an­de­re. Längst ver­ges­sen ge­glaub­te Emp­fin­dun­gen stie­gen quä­lend köst­lich in ihr empor.
Er­neut knall­te das Leder auf den Boden.
Er trat näher an sie heran. Dicht, ganz dicht, so­dass sie sei­nen Atem auf ihren Brüs­ten spü­ren konn­te. Sacht be­rühr­te der Knauf der Peit­sche ihre linke Brust­war­ze, dann die rech­te. Ein tie­fes Krib­beln durch­fuhr ihren Leib. Sie blin­zel­te, schloss die Augen für einen Mo­ment und spür­te dem süßen Beben nach, das sie durch­floss.
Ver­flucht! Sie woll­te etwas Der­ar­ti­ges nicht ge­nie­ßen. Nie wie­der.
Die Peit­sche knall­te aber­mals, küss­te dies­mal je­doch nicht nur den kal­ten Stein, son­dern auch ihren Ober­schen­kel. Wie von zün­geln­den Flam­men lieb­kost, be­gann ihre Haut köst­lich zu bren­nen. Sie fühl­te sich ein­ge­hüllt in einen Man­tel aus gren­zen­lo­ser Gier nach mehr.
Als er mit einem Ruck den Man­tel ab­warf, konn­te sie ihren Blick nicht ab­wen­den.