Außergewöhnliche Helden: Fraud: Der Weg zurück zur Liebe

Originaltitel: Fraud (Unfit Hero Book 3)
Übersetzer: J.M. Meyer

Erschienen: 02/2023
Serie: Außergewöhnliche Helden
Teil der Serie: 3

Genre: Contemporary Romance
Zusätzlich: Rockstar Romance, Second Chance

Location: USA, Texas


Erhältlich als:
paperback & ebook

ISBN:
Print: 978-3-86495-588-4
ebook: 978-3-86495-589-1

Preis:
Print: 16,90 €[D]
ebook: 6,99 €[D]

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Außergewöhnliche Helden: Fraud: Der Weg zurück zur Liebe


Inhaltsangabe

Beaumont:

Suchtkrank. Trinker. Egoistisch. Begnadetes Musiktalent.
Titel definieren mich.
Titel führen die Menschen zu mir. Gut, schlecht und hässlich.
Über Titel habe ich mir noch nie Gedanken gemacht, denn sie waren schon immer ein Teil von mir.

Hutton:

Frigide. Introvertiert. Einzelgänger. Bücherwurm.
Titel, die mir von anderen gegeben wurden. Titel mit Durchhaltevermögen, die an mir haften.
Sie waren schon immer da, in meinem Hinterkopf, haben mich angeschrien – und mich unglücklich gemacht.

Titel beschreiben uns der Außenwelt.
Ich bin unsichtbar.
Sie glauben, mich zu kennen.

Neun Jahre ist es her, dass Beaumont seine Freundin Hutton seiner Musikkarriere opferte. Während Beaumont in jeder Hinsicht das wilde Leben eines Rockstars führte, konnte Hutton nie ihren Herzschmerz überwinden.
Doch nun ist Beaumont nach der Zeit in der Reha zurück in der Heimat und hat sein Leben in den Griff bekommen. In all den Jahren hat er Hutton trotz seiner Exzesse und Affären nie ganz vergessen. Als die beiden wieder aufeinandertreffen kehren alle alten Empfindungen und Leidenschaften machtvoll zurück.
Sind Beaumonts Gefühle für Hutton tatsächlich von Dauer, oder wird er wieder in seinen wilden Rockstar-Lebensstil abrutschen?

Ein Rockstar-Second Chance-Liebesroman.

Über die Autorin

Als Einzelkind musste Hayley Faiman sich mit sich selbst beschäftigen. Im Alter von sechs Jahren begann sie, Geschichten zu schreiben, und hörte nie wirklich damit auf. Die gebürtige Kalifornierin lernte ihren heutigen Ehemann im Alter von sechzehn Jahren kennen und heiratete...

Weitere Teile der Außergewöhnliche Helden Serie

Leseprobe

Beaumont

„Wo sind die Mädels?“, frage ich und blicke zwischen Louis, Rylan, Ford und Wyatt hin und her.
Rylan schaut grinsend auf seine dreckigen Arbeitsstiefel, Wyatt spricht. „Sie haben ihre Extratickets gegen ein kostenloses Haarstyling eingetauscht. Sie bringen ein paar Freundinnen mit“, erklärt er.
„Doch nicht etwa diese verrückte Scheißcousine von Exeter?“
Wyatt schnaubt und schüttelt den Kopf. „Du hast verdammt viel verpasst, Alter. Sie und Robby daten einander“, erklärt er mir.
Meine Augen weiten sich bei der Erwähnung von Sheriff Robby. Er ist der Bruder jener Frau, die mich verdammt noch mal ruiniert...

...und mein Inneres versaut hat. Sie hat mir jede Chance genommen, eine gute Frau zu finden und zu behalten.
Nein, das ist nicht wahr.
Ich hatte einst eine gute Frau gefunden, doch ich konnte sie nicht behalten. Ich habe ihr oder mir selbst einfach nicht genug vertraut, um es ernsthaft mit ihr zu versuchen. Ich zeige keine Reaktion auf die Nachricht, dass Robby und Emily miteinander ausgehen. Ich weiß nicht genug über die beiden, um einen Kommentar dazu abzugeben, aber verdammt, für mich klingt es wie eine verfluchte Katastrophe.
„Erstaunlicherweise passen sie wirklich gut zusammen“, meint Wyatt.
Ich nicke und schaue auf meine eigenen Stiefel hinunter. Ich habe mich geweigert, mich für diese Show aufzumotzen, mich für die ganze Tournee zu stylen. Doch im Moment frage ich mich, ob das eine gute Idee gewesen ist oder eher weniger. Normalerweise steht mir eine ganze Garderobe zur Verfügung, aus der ich meine Outfits auswählen kann und die ich während der ganzen Tournee trage, sodass jede Show zu meinem Stil passt.
Mein Stil.
Was für ein Witz.
Nicht mein Stil, sondern der Stil des Labels.
Heute Abend trage ich meine schmutzigen Stiefel und eine normale Alltagsjeans, die ein paar Löcher hat. Dazu habe ich mir ein sauberes marineblaues Shirt mit V-Ausschnitt ausgesucht. Nach dem Duschen bin ich mir mit den Fingern durch die nassen Haare gefahren. Ich brauche immer noch einen verdammten Haarschnitt, aber das hat momentan nicht wirklich Priorität für mich.
„Ist das dein Look für die neue Show?“, fragt Louis und deutet mit dem Kinn auf meine Klamotten.
Er hat von diesem Scheiß mehr Ahnung als der Rest der Jungs, da er den gleichen Mist durchmachen muss, wenn er Radiosender besucht, Interviews gibt und vor und nach seinen Kämpfen im Scheinwerferlicht steht.
„Ich habe für mich entschieden, dass das hier der beste Apell im Kampf gegen die Alkoholsucht ist“, grunze ich.
„Du hättest wenigstens deinen verdammten Bart kämmen können“, bringt er es auf den Punkt.
Ich zucke mit den Schultern, denn ich schere mich einen Dreck um meinen Bart oder irgendetwas anderes. Ich bin schon verdammt glücklich, wenn ich das Set überhaupt beenden kann. Ich habe auch einen neuen Song parat, den ich letzte Woche geschrieben habe, und aus irgendeinem dummen Grund werde ich ihn heute Abend spielen. Live und per Streaming, vor Tausenden von Leuten, die von zu Hause aus zusehen.
Rylan lacht und ich drehe mich zu ihm um. „Die Mädels kommen gerade an. Ihre Freundinnen wissen nicht, wer das Konzert spielt. Sie warten in der Bar auf uns“, sagt er und wendet sich Wyatt zu.
„Sehen wir uns danach?“, fragt Ford.
Er ist die ganze Zeit über ziemlich still gewesen. Selbst als ich mich neulich mit den anderen zum Abendessen getroffen habe, hat Ford kaum ein Wort gesagt. Zugegeben, er ist kein Typ, der viel spricht, aber es fühlte sich dennoch für mich so an, als wäre er bewusst still geblieben.
„Ford“, halte ich ihn zurück, als er sich zum Gehen abwendet. Er bleibt stehen und schaut über seine Schulter. „Kann ich kurz mit dir reden?“
Ford hebt sein Kinn, dann dreht er sich zu mir um. Ich warte, bis die anderen Jungs gegangen und wir allein sind. Er verschränkt die Arme vor der Brust. Ich atme tief ein.
„Alles klar zwischen uns?“, will ich wissen.
Ich registriere, wie er seinen Kopf zur Seite neigt und seinen Blick über mein Gesicht wandern lässt, während er über meine Frage nachzudenken scheint. Ich kann praktisch hören, wie die Mühlen in seinem Kopf mahlen, bevor er einmal seinen Kopf schüttelt.
„Ich bin sauer auf dich, Beau“, sagt er. Nickend schließe ich langsam meine Augen. „Aber nicht aus den Gründen, an die du denkst.“
Ich öffne die Augen und kräusele die Stirn. „Warum bist du dann sauer?“
„Du hast den ganzen Scheiß vor uns verheimlicht. Wir sind deine Familie“, gesteht er mir mürrisch.
Ich blinzele. Er hat nicht Unrecht. Ich habe ihnen etwas vorgemacht. „Es stimmt, das habe ich getan“, bestätige ich ihm und bin verdammt verwirrt darüber, dass er so angepisst ist.
„Eine Familie ist füreinander da, Beaumont. Wir hätten dir helfen können“, sagt er.
Meine Lippen zucken. Ich greife nach vorne, lege meine Finger auf seine Schulter und drücke einmal zu, bevor ich ihn schüttele.
„Niemand hätte mir helfen können, Ford. Nicht, bevor ich bereit war, mir selbst zu helfen.“
„Das zählt nicht. Wir hätten davon wissen müssen“, bellt er.
„Es tut mir leid. Ich war nicht gut drauf. Das war ich schon lange nicht mehr.“
„Wegen Chelle?“, hakt er nach.
Kopfschüttelnd fahre ich mir mit den Fingern durch die Haare. Ich möchte ihm sagen, dass es nicht wegen ihr ist, doch sie ist unterschwellig der Grund für das, was die Hälfte meines Lebens lang falsch und richtig gelaufen ist.
Wenn sie mich nicht sitzengelassen hätte, hätte ich mich nicht so auf meine Karriere konzentriert, wie ich es getan habe, und wäre wahrscheinlich nie entdeckt worden. Andererseits hätte ich jetzt vielleicht eine anständige Frau gefunden, mit der ich glücklich in einem kleinen Haus in der Stadt zusammenleben würde. Genau wie Wyatt und Rylan es mit ihren Ehefrauen tun. Wer zum Teufel weiß das schon?
„Sie ist nicht der Grund dafür, dass ich mit dem Trinken angefangen habe. Nein. Es ist ein Zusammenspiel von vielen Faktoren gewesen. So blöd es auch klingt, aber es beginnt mit meiner Mutter. Das mit Chelle ist mittlerweile ein Jahrzehnt her und ich sollte längst über die Scheiße hinweg sein.“
„Es ist doch viel länger her, dass deine Mom verschwunden ist. Bist du wirklich über Chelle hinweg? Denn über deine Mutter bist du es ganz sicher nicht“, hakt er nach.
Ich lege meine Hand in meinen Nacken und massiere mir selbst sanft die Verspannungen weg, die sich gebildet haben. „Ich bin über Chelle hinweg. Wenn sie in diesen Raum hineinspaziert käme, würde ich sie nicht zurückhaben wollen. Doch ich bin nicht über das hinweg, was sie mir angetan hat. Was mir beide Frauen angetan haben. Ich arbeite mich durch die Sache durch und ich werde es schaffen.“
„Gut.“ Er nickt.
„Was ist mit dir, Ford? Wie geht es dir?“
„Womit?“, will er wissen.
Meine Lippen verziehen sich zu einem kleinen Lächeln. „Es ist ein Jahrzehnt her, dass du die berüchtigte Sterling LaRue das letzte Mal gesehen hast“, erwidere ich.
Er runzelt die Stirn. „Wir sprechen hier nicht über mich.“
Ich schnaube. „Dann sollten wir das dringend tun.“
„Wir sehen uns draußen, Arschloch.“
Lachend sehe ich ihm hinterher, als er geht. Er zeigt mir den Mittelfinger, bevor er um die Ecke biegt. Ich scheine seinen wunden Punkt getroffen zu haben. Genau wie Chelle meiner, Sammi Wyatts und scheinbar Tulip Louis´ ist.
Vielleicht sind wir alle verdammt noch mal verloren in dieser Welt und versuchen, über die schmerzenden Wunden unserer Vergangenheit hinwegzukommen.
Wenn Wyatt vergeben ist und weitermachen kann, dann gibt es vielleicht auch für den Rest von uns noch Hoffnung? Oder vielleicht ist nur er einer der Glücklichen.
Ich habe keine Ahnung.

Hutton

„Du brauchst etwas Mut in flüssiger Form“, ruft Laurie über die laute Musik hinweg.
Die Geheimband hat noch nicht zu spielen angefangen, dennoch wird der Raum bereits mit lauter Rockmusik geflutet. Leute tanzen, trinken und schreien herum. Überall sind Brüste, Ärsche und viele Körper. Dieser Ort hier macht mich extrem nervös.
„Nein, danke“, sage ich und rümpfe die Nase.
Channing blickt zu mir, dann zu Laurie und letztlich wieder zu mir. „Trinkst du keinen Alkohol?“, will sie wissen, führt ihr Wasser an die Lippen und nimmt einen großen Schluck.
Ich schüttele den Kopf. „Nein. Meine Eltern haben viel getrunken.“
Sie nickt und sieht mich mitfühlend an. „Ich habe Freunde, die das Gleiche durchgemacht haben“, lässt sie mich wissen, wobei ihr Blick von mir zu Exeter und dann wieder zu mir huscht. Für einen Moment senke ich den Blick, dann sehe ich wieder auf.
„Meine Großeltern haben mich größtenteils großgezogen. So gut sie es eben konnten“, teile ich ihr mit.
Sie lächelt. „Deshalb besuchst du deinen Opa auch so oft?“
Schon bei der Erwähnung meines Großvaters verziehen sich meine Lippen zu einem kleinen Lächeln. Ich nicke. „Er ist einer meiner besten Freunde. Ich besuche ihn gerne und kümmere mich um alles, was eben erledigt werden muss. Im Großen und Ganzen kann er recht gut allein leben, doch er braucht ein wenig Unterstützung beim Putzen und ist einsam.“
„Das ist süß“, sagt sie und ich spüre, dass sie es ernst meint.
Ich erzähle ihr nicht, dass auch hin und wieder meine Cousins und Cousinen bei ihm vorbeischauen, aber keiner von ihnen je einen Besen oder eine Kehrschaufel in die Hand nehmen würde. Lediglich einer der Jungs mäht einmal im Monat seinen Rasen.
„Exeters Großmutter ist vor kurzem in eine betreute Wohneinheit gezogen. Sie hat dort eine Menge Spaß“, entgegnet sie.
Das Gespräch kommt zum Erliegen, als Rylan auftaucht. Seine Hand legt sich auf Channings Taille und seine Lippen berühren ihren Nacken. Da die Geste intim ist, wende ich den Blick ab. Ich fühle mich irgendwie unwohl, sie dabei zu beobachten.
„Kannst du dich von neulich noch an Hutton erinnern?“, fragt sie ihn.
Ich schaue die beiden wieder an und lächele, als sich Rylans Lippen zu einem Grinsen verziehen. „Ja, ich erinnere mich. Bist du bereit für die Show?“, will er von mir wissen. Seine braunen Augen funkeln beinahe.
Ich schüttele den Kopf. „Ich wäre fast nicht hergekommen“, gestehe ich ihm.
Er runzelt die Stirn, dann blickt er zu Channing herab. Ich sehe, wie sie ihm etwas zuflüstert. Vermutlich erzählt sie ihm brühwarm von meinem Kleidungsdebakel. Als ich meinen Blick von dem Paar abwende, entdecke ich Exeter und Laurie, die sich mit Wyatt und zwei anderen Männern unterhalten. Einen davon erkenne ich als Ford Matthews. Mein Gesicht wird heiß.
Fords Blick findet den meinen. Er scheint mich ebenfalls wiederzuerkennen, denn seine Lippen verziehen sich zu einem Lächeln.
O Gott, wie peinlich.
Als ich ihm den Rücken zukehre, bemerke ich, wie Channing und Rylan Ford und mich ansehen und ihre Blicke zwischen uns hin- und herhuschen. Bis ich Fords Anwesenheit neben mir spüre. Er legt seine Hand an meinen unteren Rücken. Ich drehe mich leicht und neige meinen Kopf, um zu ihm aufsehen zu können.
„Hey, Ford“, begrüße ich ihn mit einem falschen Lächeln.
Er grinst, und sein Grinsen scheint echt zu sein. „Hey, Hutton, wie geht es dir, Süße?“, fragt er.
Channing räuspert sich, dann vernehme ich Rylans tiefe Stimme, die etwas im Hintergrund murmelt, während ich weiter zu Ford aufschaue.
„Mir geht es gut, und dir?“ Ich gebe alles, damit mein Gesicht nicht feuerrot wird, aber ich weiß bereits, dass es das längst ist.
„Auch gut. Bist du mit Channing und Exeter hier?“, will er wissen, wobei sein Lächeln erblasst und er leicht das Gesicht verzieht.
Ich nicke und möchte ihn nach dem Warum fragen, doch die Lautsprecheransage unterbricht mich in dem Vorhaben. Ich bin der Person, die auf die Bühne tritt und über das bevorstehende Konzert zu sprechen beginnt, dankbar. Ich kann seine Worte nicht wirklich verstehen, denn sie klingen wie ein Haufen Rauschen.
Ehrlich gesagt bin ich gerade vollends damit beschäftigt, nicht vor Verlegenheit zu sterben. Vor sechs Jahren bin ich Ford in einem Tanzlokal mit Laurie begegnet. Sie zwang mich dazu, an ihrem Geburtstag mit ihr auszugehen. Zum Glück war es ihr letzter Versuch, eine normale Freundin aus mir zu machen.
Wir hatten viel Spaß, bis zum Auftritt der Line-Dancer und der Mädchentanzgruppe. Später am Abend füllte sich das Lokal mit Männern und viele von Lauries Freundinnen verschwanden mit ihnen für die Nacht. Auch Laurie fand jemanden. Und plötzlich tauchte Ford neben mir an der Bar auf, während ich mir ein Mineralwasser bestellte.
Ich konnte nicht einmal die Ausrede benutzen, voll gewesen zu sein, denn das war ich nicht. Wir haben uns stundenlang unterhalten. Ich kannte ihn bereits, wusste von der Matthews-Ranch draußen auf dem Land, wusste, dass er ein paar Jahre älter war als ich.
Wir verließen das Lokal zusammen und fuhren zu ihm nach Hause, wo ich ausflippte. Ich weinte, weil er nicht Beaumont war. Ich erzählte ihm, dass ich außer mit Beau nur mit einem anderen Kerl zusammen gewesen war und dass es in einer absoluten Katastrophe geendet ist.
Ich habe ihn zu Tode erschreckt.
Er bekam einen wirklich komischen Gesichtsausdruck, als ich ihm erzählte, dass ich nach drei Jahren noch immer so hoffnungslos in Beau verschossen war, dass ich es aus der Verzweiflung heraus mit Gelegenheitssex probiert und es nicht funktioniert hatte. Dann sagte ich ihm, dass ich mir eine richtige Beziehung wünsche, und, falls ihn das noch nicht gänzlich abschreckte, dass ich heiraten und Kinder haben wolle.
Er fuhr mich nach Hause. Zugegeben, er war die ganze Zeit über ziemlich süß, auch wenn er erschrocken wirkte. Er begleitete mich sogar bis zu meiner Haustür und als wir vor dieser standen, hat er meine Wange gestreichelt, mir in die Augen geschaut und mir gesagt, dass Beaumont mich nicht verdienen würde.
Das ist meine Ford-Matthews-Geschichte, und jetzt, sechs Jahre später, steht er wieder neben mir und drückt seine Hand auf meinen Rücken.
Er ist umwerfend, groß, gut gebaut, stark und robust. Er trägt eine Baseballcap, eine abgenutzte Jeans und ein perlenbesetztes Hemd, das in einem Ledergürtel steckt. Der Gürtel hat eine runde Schnalle, in dessen Mitte der Buchstabe M eingraviert ist.
Er ist der Traum eines jeden Mädchens vom Land. Seine schwielige Hand ist warm, aber ich spüre keinerlei Anziehung. Rein gar nichts. Dann sagt der Ansager etwas, das alle aufschreien lässt. Ich schaue zur Bühne herüber, mein ganzer Körper erstarrt und die Luft entweicht meinen Lungen, als ein Mann auf das Mikrofon zugeht.
„Hey, Gallup, verdammt, es fühlt sich so gut an, wieder zu Hause zu sein.“

Beaumont

Die Menge kreischt, der Lärm und die Vibrationen erfüllen mich von innen heraus und beruhigen meine vernarbte Seele. Mein Team, das Label und mein Manager wollten die Show wegen des Geldes, aber ich brauche sie, um mein Innerstes zu heilen.
Fuck, das hier hatte ich nötig.
All meine Ängste verfliegen mit dem ersten Schlag von Austins Drumsticks, dem ersten Akkord von Jesse, meinem Bassisten. Ich grinse in die Menge; das Licht ist zu hell, als dass ich viel erkennen könnte, doch ich entdecke sofort meine Freunde ganz hinten in der Nähe der Bar.
Ich winke ihnen zu, als die Band die Eröffnungsnummer zu spielen beginnt.
Meine Finger streichen über die Gitarrensaiten, während ich mich in Richtung Mikrofon bewege. Ich schließe meine Augen und beginne den Text zu singen. Ich lasse die Musik sprechen, während meine Finger Musik aus der Gitarre zaubern.
Als der erste Song endet, lege ich meine Hand um den Griff des Mikrofons und scanne die Menge, bis ich endlich meine Freunde wiederfinde.
„Ich bin verdammt froh, wieder hier zu sein. Wieder zu Hause zu sein. Die letzten Monate waren hart, doch jetzt fühle ich mich wieder verflucht gut. Wie geht es euch allen?“, frage ich das Publikum.
Die Menge bricht in Jubel aus und ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen. „Ich habe heute eine ganze Reihe von Freunden hier, die mich unterstützen. Könnt ihr mal bitte meine Freunde anleuchten?“, frage ich und deute mit dem Kinn in ihre Richtung.
Sobald der Lichtkegel auf sie fällt, krampft sich mein Magen zusammen. Da, direkt neben Ford, steht eine Frau, von der ich dachte, dass ich sie nie wiedersehen würde.
Hutton Bakers grüne Augen finden meine, und mir entgeht leider nicht der Schmerz, der über ihr Gesicht huscht. Es ist neun Jahre her, doch als sich unsere Blicke begegnen, fühlt es sich so an, als hätte ich sie erst gestern verlassen.
Ich weiß nicht, wieso sie mit ihnen hier ist, aber ich kann keine Reaktion darauf zeigen. Zumindest im Moment noch nicht. Während ich mit dem Set weitermache, beobachte ich Ford. Er schenkt mir ein beschissenes Grinsen, das mich glauben lässt, dass er genau weiß, wer Hutton für mich ist und was sie mir bedeutet, während er neben ihr steht und sie berührt.
Nach meiner Zugabe werfe ich mein Gitarrenplektrum in die Menge, bevor ich ihnen eine gute Nacht wünsche und die Bühne verlasse. Ich bin vollkommen durchgeschwitzt, von Kopf bis Fuß, und meine Gitarre fühlt sich wie ein hundertpfündiges Gewicht an. Ich nehme sie ab und stelle sie in die Halterung, damit ein Roadie sie sicher verstauen und ich sie beim nächsten Gig wieder benutzen kann.
Knurrend fahre ich mir mit den Fingern durch mein nasses Haar und male mir aus, wie ich meinen besten Freund erwürgen werde. Er hat die ganze Zeit über an Huttons Seite geklebt. Und Hutton … Verdammte Scheiße, sie sieht gut aus. So gut, um sie zu vernaschen, dann zu ficken, dann noch ein paar Mal zu vernaschen und wieder zu ficken.
Sie sieht nicht mehr wie die junge Frau aus, die ich einst kannte. Sie ist fülliger geworden, ihr Körper hat an Rundungen gewonnen. Ihre Kurven sind gottverdammt verlockend. Aber die grünen Augen sind noch immer dieselben: Welterschütternd und voll von Naivität.
In der Umkleidekabine angekommen, ziehe ich mir das nasse Hemd aus und tausche es gegen ein sauberes, trockenes ein.
„Lass hören, wie ist er im Vergleich zu früher, Hutt?“, fragt eine mir fremde Stimme.
Ich drehe mich um und runzele die Stirn, als ich sehe, dass meine Umkleide voll von Menschen ist, die ich liebe, und ein paar anderen. Channing, Exeter, Louis, Wyatt, Rylan, Hutton, dieses merkwürdige Mädchen und dann der Mann, den ich töten werde: Ford.
Hutton spricht kein Wort. Ihre Augen sind auf mich gerichtet, und zwar nur auf mich. Sie sieht aus, als wäre sie nur einen Wimpernschlag davon entfernt, in Tränen auszubrechen. Sie schüttelt den Kopf und versucht, einen Schritt zurückzutreten, aber Ford lässt das nicht zu.
Wenn er nicht aufpasst, ist er bald ein Rancher, der eine gottverdammte Hand verliert – seine eigene.
„Vielleicht sollten wir für heute Schluss machen und uns morgen zum Abendessen treffen?“, schlägt Exeter vor, die offensichtlich die extreme Anspannung im Raum zu spüren scheint.
Das seltsame Mädchen kommt auf mich zu und neigt den Kopf zur Seite, ehe sie eine Bierflasche an ihre Lippen führt und einen Schluck nimmt. Es führt mich nicht in Versuchung. Bier ist wie Wasser. Es war der Whiskey, den ich im Überfluss in mich hineingekippt habe. Es ist der Whiskey, den ich jetzt gerne hätte.
„Du bist also der berüchtigte Beaumont Griffin“, murmelt sie gerade so laut, dass ich es hören kann.
„Und du bist?“
„Wenn du nicht vor Jahren meine Freundin nur benutzt hättest, sondern ihr Freund gewesen wärst, wüsstest du, dass ich ihre beste Freundin Laurie bin“, spuckt sie mir entgegen.
„Ooookay, Zeit für uns alle zu gehen“, verkündet Louis.
Ich blicke dieser Laurie nicht länger ins Gesicht, sondern schaue über ihre Schulter, um Hutton in die Augen sehen zu können. Leider ist das nicht möglich. Sie blickt zu Boden und ich bemerke, dass ihre Schultern zittern.
„Alle raus hier“, brülle ich.
Laurie zuckt zusammen und ohne ein weiteres Wort zu verlieren, macht sie auf dem Absatz kehrt und marschiert aus dem Raum. Auch die anderen gehen, doch als Hutton sich bewegt, springt mir das Herz, bei dem Gedanken daran, dass sie verschwindet, fast aus der Brust.
„Außer Hutton, du bleibst“, belle ich schroffer als eigentlich beabsichtigt.