Jahrzehntelang war er allein.
Doch endlich ist sie hier - seine Gefährtin.
Es ist an ihm, sie für sich zu gewinnen. Sie zu beschützen.
Für sie zu sorgen und ihr Lust zu bereiten.
Seit Jahren lebt Priest mit der Dunkelheit in seiner Seele. Vom eigenen Bruder verraten, wurde er dazu gezwungen, die brutale Vernichtung seines Clans mitanzusehen. Seit diesem Tag ist ein Teil von ihm an die Dunkelheit gefesselt und Priest kann der Dunkelheit, die ihn sowohl in seiner Menschen- als auch Raubkatzengestalt verfolgt, nicht entkommen. Solange bleibt der Wiederaufbau seines Clans mit ihm als neuem Alpha ein ferner Traum.
Bis eines Tages Licht in Form von Katy Falsen in sein Leben tritt. Katy ist nicht nur die Erfüllung seiner Sehnsüchte, sondern auch der Schlüssel zum Überleben seines Clans.
Katy glaubt ausschließlich an Logik und Fakten. Doch ihr Leben wird auf den Kopf gestellt, als ihre Eltern ermordet werden und sie plötzlich in Lebensgefahr schwebt. Während die Raubkatze in Priest Katys Erregung wittern kann, reicht Katy Priests Erklärung, dass er ihr vorherbestimmter Gefährte ist, nicht aus.
Priest wird ihr seine Liebe zeigen müssen - mit seinen Worten, seinen Taten und seinem Körper.
Vor allem aber muss Priest Katy vor dem Bösen schützen, das in ihm gefangen ist. Doch als weitere verloren geglaubte Clanmitglieder systematisch ermordet werden, muss Priest sich entscheiden, Katy seiner schwarzen Magie auszusetzen - oder zu riskieren, dass sie das nächste Opfer wird.
Die aus Oklahoma stammende Mutter zweier hübscher Töchtern ist attestierte Liebesromansüchtige. Ihr bisheriger Lebenslauf spiegelt ihre Leidenschaft für alles Neue wider: Rhenna Morgan arbeitete u.a. als Immobilienmaklerin, Projektmanagerin sowie beim Radio.
Wie bei den meisten Frauen ist ihr Alltag von morgens...
Anstatt einen Schritt zurückzutreten, griff er mit beiden Händen hinter seinen Nacken. Kurz darauf nahm er eins seiner Halsbänder ab. Die schwarze Lederschnur war schöner als die, die sie trug. Sie wirkte anschmiegsamer, getragen und kürzer. Daran hing ein Medaillon – ein vierzackiger Stern, in dessen Mitte eine Kreatur eingraviert war.
Ehe sie das Tier genauer betrachten konnte, legte Priest ihr das Lederband an. Der Talisman lag schwer an ihrer Kehle und sie konnte noch immer seine Körperwärme an dem glatten Metall fühlen. Sie fuhr mit den Fingerspitzen darüber und erforschte die kleinen Details. „Und was ist das?“
Sein Blick...
...war auf die einfache Geste ihrer Finger fixiert, und das Grau seiner Augen verdunkelte sich wie der Himmel vor einem drohenden Gewittersturm. Erst als sie ihre Hand sinken ließ, sah er ihr ins Gesicht. „Es ist meins.“
Er trat zurück. Seine Atmung wurde heftiger, wie bei ihrer ersten Begegnung. Wie damals wurde sie das Gefühl nicht los, dass nicht mehr nur sie beide im Raum waren.
So seltsam ihr das Empfinden auch vorkam, es machte ihr nichts aus. Wenn überhaupt, dann reizte es sie eher, auf ihn zuzugehen, um ihm dasselbe gute Gefühl zu geben, wie er es für sie getan hatte.
Doch ehe sie ihre Gedanken in die Tat umsetzen konnte, drehte er sich um und ging zur Tür, wobei er nur lange genug innehielt, um ihr einen letzten Blick über die Schulter zuzuwerfen. „Schlaf gut, mihara.“
Schlaf gut, von wegen.
Katy steigerte ihr Tempo vom lässigen Joggen zu einem vollen Sprint. Mit langen Schritten hämmerten ihre Turnschuhe über die kurvige Asphaltstraße zurück zu Priests Haus. Die ganze Nacht hatte sie sich hin und her gewälzt, während in ihrem Innern noch immer dieser Kampf tobte zwischen dem treibenden Bedürfnis, etwas zu tun, und der vernünftigen Herangehensweise zu warten, sich zu gedulden und vorausschauend zu planen.
Oh. Und dann war da noch dieses alles verzehrende Bewusstsein, in Priests Bett zu liegen. Zwischen seinem Geruch nach Leder und Wald, der den Laken anhaftete, und den anhaltenden Empfindungen, die er in ihr Gedächtnis eingeprägt hatte, würde sie in absehbarer Zeit nur gut schlafen können, wenn sie entweder ein paar Drinks zu sich nahm, oder sich ins Koma vögeln ließ. Mit Letzterem würde sie sich auf gar keinen Fall beschäftigen. Sie hatte noch nie einen Mann getroffen, der sie dermaßen gut hatte rannehmen können, um ihr wirklich Linderung zu verschaffen, geschweige denn, sie bis zur völligen Erschöpfung in den Schlaf zu treiben.
Nun, jedenfalls nicht, bis sie Priest traf. Etwas sagte ihr, dass er bei einer Frau nicht aufhören würde, bis sie entweder im Koma lag oder schnurrte wie ein Kätzchen.
Und wie zum Teufel hatte er sie genannt? Nahina, dieses Wort hatte sie ihr ganzes Leben lang gehört, ein zärtliches Kosewort, von dem sie bis vor Kurzem nicht gewusst hatte, dass es ein typisches Äquivalent der Volán für Liebling oder Liebes war. Aber mihara? Das war neu.
Vor ihr wurde das Licht von Scheinwerfern heller und flackerte in der Dunkelheit, gepaart mit dem lauten Geräusch eines Automotors. Sie wurde langsamer und bewegte sich weit von der Straße fort.
In ungefähr fünfzehn Minuten würde die Sonne endlich wieder den neuen Tag beginnen und sie wäre ein weniger gutes Ziel für ahnungslose Autofahrer. Bis dahin musste sie das im Graben aufgetürmte Winterlaub durchpflügen und beten, dass sie sich dabei nicht ein Bein brach, anstatt ihren Frust von der Seele zu laufen.
Schließlich überholte der Wagen und Katy kehrte zurück auf die Straße. Ihr Fuß berührte gerade den Asphalt, als rechts von ihr, keine sechs Meter entfernt, ein leises Rascheln von Blättern ertönte.
Zum dritten Mal, seit sie sich vor etwa fünfundvierzig Minuten aus Priests Haus geschlichen hatte, stellten sich ihr die Nackenhaare auf und ein Prickeln breitete sich auf ihren Schultern aus. Es kam ihr vor, als würde sie beobachtet.
Oder verfolgt.
Aber das war eigentlich unmöglich. Sie war fast eine Stunde lang in einem respektablen Tempo gelaufen und hatte außer dem Rascheln von Blättern nichts weiter gehört. Keine Schritte. Keine Stimmen. Nur der sanfte Wind in den Bäumen und das leise Zirpen der Zikaden und Grillen.
Sie spornte sich härter an, schob ihre Bedenken beiseite und trieb sich trotz nachlassender Energie zu einem schnellen Endspurt an.
Noch fünf Minuten und sie würde wieder am Haus sein, hoffentlich entspannt genug, um einfach eine simple Tasse Kaffee genießen zu können und den Sonnenaufgang zu sehen, ohne dass irgendwelche Leute oder ihre Gedanken ihr Schwierigkeiten machten.
Tatsächlich dauerte es sieben Minuten, ehe sie sich so leise wie möglich zurück ins Haus schlich. Die Turnschuhe hatte sie vor der Haustür zurückgelassen und sie ging nun barfuß in die Küche. Zum Glück hatte derjenige, der die Küche eingerichtet hatte, dies mit gesundem Menschenverstand erledigt. So wurde der Prozess des Kaffeebrühens zu dem friedlichen Ritual, nach dem sie sich sehnte, anstatt zu einer Schnitzeljagd nach den benötigten Utensilien.
Die Maschine machte ihr Ding. Das leise Blubbern und Rauschen, während das Wasser durch den Filter strömte, war ein befriedigender Soundtrack beim Stretchen ihrer noch immer zitternden Beine.
Nachdem sie eine Tasse des fertigen Kaffees mit Milch und einer nicht gerade gesunden Menge Zucker gemischt hatte, erschienen die ersten Anzeichen der Sonne am Horizont.
Jetzt musste sie nur noch ihren Weg zum hoch gelegenen Balkon im Wohnzimmer hinter sich bringen, ohne Priest zu wecken.
Das Sofa war groß genug, um einen Mann seiner Größe zu beherbergen, und es war praktischerweise so gestellt, dass es dem riesigen Kamin an der gegenüberliegenden Wand zugewandt stand. So konnte sie sich leicht daran vorbeischleichen. Das Ende einer Decke baumelte über eine Kante, aber ansonsten waren im offenen Raum keine Geräusche oder Bewegungen wahrzunehmen.
Sie öffnete die Glasschiebetür gerade so weit, dass sie hinausschlüpfen konnte, schloss sie hinter sich und schlenderte hinaus in die frische Morgenluft. Trotz der Abkühlzeit in der Küche war ihre Haut noch immer mit Schweiß bedeckt, aber die Kälte, während der Wind darüber strich, fühlte sich gut an.
Belebend.
Lebendig.
Im Gegensatz zu ihren Eltern.
Diese unwillkommene Erinnerung durchdrang sie. Egal wie oft der rationale Teil in ihr daran festhielt, dass ein ordentliches Verfahren und Gerechtigkeit das Richtige in diesem Fall waren, schienen sich das Schuldgefühl und die Scham wegen des Nichtstuns immer wieder einen Weg zurück zu ihr zu bahnen. Es war wie ein mentaler Ninja, der genau wusste, wann er zuschlagen musste.
Unten in der Schlucht bewegte sich etwas.
Mit der Kaffeetasse auf halbem Weg zu ihren Lippen, erstarrte Katy und versuchte, Umrisse in den Morgenschatten zu erkennen. Was auf immer es war, es war riesig.
Verstohlen und ruhig.
Ein Panther.
Derselbe, der ihren Bruder einen Tag zuvor in der Schlucht auf dem Boden festgenagelt hatte.
Er schlich näher, jeder seiner Schritte wirkte bedacht, und seine grauen Augen waren einzig auf sie gerichtet. Wenn die dunkelste Nacht eine Form und Bewegung besäße, dann wäre es das Tier dort unten.
Wunderschön. Sinnlich. Tödlich.
Der Panther sprang mit einer Kraft ab, die sie nach Luft schnappen ließ, und landete auf einem niedrigen Ast. Er navigierte sich geschickt den Baum empor, bis er auf einem parallel zu ihr langsamer wurde. Das Tier streckte seine gewaltige Länge aus und ließ sich wie eine Katze auf einem Fensterbrett nieder, wartete und schlug mit seinem Schwanz auf eine gereizte Art; jedenfalls empfand sie es so.
„Ich schätze, das bedeutet, dass es eine vergebliche Mühe war, sich an der Couch vorbeizuschleichen“, murmelte sie in die Stille. Sie kam sich dabei auf mehr als nur eine Art dumm vor, weil sie laut gesprochen und gegafft hatte, und fügte dann etwas lauter hinzu: „Kannst du mich verstehen, wenn du so bist?“
Das Schlagen des Schwanzes hörte auf, und sie hätte schwören können, dass selbst die Insekten, die ihr letztes Lied in dieser Nacht sangen, verstummten.
Das Biest starrte sie regungslos an. Erst nach ein paar Sekunden hob es das Kinn und stieß ein leises Schnaufen aus.
Als Reaktion darauf erzitterte sie, denn die heiß glühende Erinnerung daran, wie dieses Geräusch gegen sie geprallt war, als sie sich zum ersten Mal getroffen hatten, flammte erneut lichterloh auf. „Ich nehme an, du warst derjenige, der mir bei meinem Lauf durch den Wald gefolgt ist?“
Anstatt eine verbale Antwort zu geben, nahm die Wildkatze eine noch entspanntere Haltung ein. Eine seiner riesigen Pranken baumelte lässig vom Ast, als wollte sie damit sagen: „Ja, und was gedenkst du dagegen zu tun?“
Vielleicht lag es an diesem Verhalten, dass sie ihn noch ein wenig mehr herausforderte. Entweder das oder sie hatte tatsächlich einen Todeswunsch. „Bleibst du, wo du bist, weil es nicht sicher ist, näher zu kommen, oder weil du denkst, du könntest mich verschrecken?“
Eine ganze Weile starrte er sie nur an, und sein Blick mit den schweren Lidern gab keinerlei Hinweis darauf, was er dachte.
Hatte er überhaupt Gedanken in Gestalt seiner Wildkatze? Vielleicht hatte sie sein Schnaufen fälschlicherweise als Reaktion auf ihre Frage interpretiert, und er wusste nicht, was der Unterschied zwischen Komm und Fass bedeutete.
Sie ging zu dem einzigen Adirondack-Stuhl, der direkt neben dem hohen Geländer des Balkons stand und den Anblick der Schlucht aus der Vogelperspektive bot. Gerade als sie sich setzen wollte, erhob sich die Wildkatze träge.
Katy erstarrte in ihrer Bewegung, ihre Lungen versagten ihr fast den Dienst, während er lautlos vorwärts schlenderte. Jeder Schritt war bewusst. Bedacht und kalkuliert. Und in dieser Sekunde war sie sich nicht sicher, ob es nicht klug wäre, wie vom Teufel verfolgt davonzurennen oder die Vorsicht in den Wind zu schlagen und einfach die Show zu genießen.
Überraschenderweise entschied sie sich für Letzteres. Was deutlich bewies, wie daneben sie war. Bei ihr kam Logik vor Instinkt. Das war der smarte Weg, den ihr Vater ihr beigebracht hatte.
Aber Logik schien bei Priest nicht viel Platz zu haben.
Oder, wenn man es genau nahm, bei jedem Volán.
Priest blieb auf einem Ast direkt über ihr stehen. Wartete.
Auf was? Erlaubnis? Ein Zeichen von Angst? Ihr kam es eher so vor, als schien er zu überlegen, welchen Teil von ihr er zuerst zum Frühstück verspeisen wollte.
Nun, zum Teufel damit. Sie hatte in den letzten Wochen genug weltbewegende Enthüllungen erlebt und ihren Mut bewiesen. Sie würde es nicht zulassen, dass er ihr Selbstvertrauen untergrub. Sie ließ sich auf dem Stuhl nieder und zwang sich dazu, ihre Schultern zu entspannen.
Sie kam bis zum ersten Ausatmen.
Als Nächstes sprang er auf den schützenden Handlauf des Balkongeländers und wanderte darauf vor ihr auf und ab.
Faszinierend.
Schon aus der Ferne betrachtet, war sein Panther beeindruckend gewesen, aber so nah war er ein Wunder. Vor allem angesichts der Art und Weise, wie er die akrobatische Leistung mit der gleichen flinken Anmut und Gelassenheit gemeistert hatte, wie sie sie eher bei einer viel kleineren Katze erwartet hätte. Nicht bei einer Katze, die locker bis zu ihrer Hüfte reichte. „Du bist dir deiner selbst sehr sicher, nicht wahr?“
Das Geräusch, das aus seinem leicht geöffneten Maul drang, konnte man nicht wirklich als Knurren bezeichnen. Es war eher eine Art Grummeln, gepaart mit einer Tiefe, die die Plattform unter ihren Füßen vibrieren ließ. Als wollte er ihren Standpunkt beweisen, sprang er mit Leichtigkeit vom Geländer und landete direkt vor ihr.
Die Logik schrie in ihr auf, sich zu erheben und Abstand zwischen ihnen zu schaffen.
Erneut ignorierte sie diesen Instinkt, denn die pure Faszination überwog jeden anderen Befehl und ließ sie an die Kante ihres Stuhls rutschen. Im Gegensatz zu den grünen Augen, die sie bei einem solchen Tier erwarten würde, entsprachen diese hier genau denen von Priest. Es war ein mystisches Grau, das scheinbar in sich waberte und sich veränderte wie ein sanfter Morgennebel. Sie hob ihre Hand, zögerte nur wenige Zentimeter entfernt vom Kopf der Wildkatze. „Kann ich dich berühren?“
Zahm wie eine Hauskatze senkte der Panther seinen massiven Schädel und stupste ihre Handfläche an, um sie über seinen Nacken zu führen.
Heiliges Kanonenrohr, war er weich. Schwaden aus glänzender schwarzer Seide.
Und er war heiß. Nicht warm wie ein Mann beim Kuscheln in einer kalten Winternacht, sondern so heiß, dass keine Heizung nötig wäre.
Ein Schnurren begann langsam und leicht, dann wurde es mit jedem Streicheln ihrer Hand lauter. Sein warmer Atem wehte gegen ihren Unterarm und ihre Knie. Der offensichtliche Genuss jeder Berührung hallte in der trägen Art wider, wie er seinen Kopf hob und drehte.
„Das magst du, oder?“
Ein weiteres Schnaufen, doch dieses besaß eine gewisse Attitüde. Es hatte ein Gefühl von Du hast ja keine Ahnung, wie sehr an sich, das ihr einen Schauder den Rücken hinabschickte.
Er kam näher, seine breite Brust schob sich zwischen ihre leicht geöffneten Knie, bis er seine Schläfe an ihrer rieb.
„Oh!“ Erschrocken wollte sie sich zurückziehen, aber er passte sich rasch an und wich gerade so weit zurück, dass sie sich entspannen konnte, eher er die Geste auf der anderen Seite wiederholte.
Er markiert dich.
Sie hatte keine Ahnung, woher dieser Gedanke kam. Eigentlich eine dumme Idee, aber eine, die ein schmerzendes Verlangen in ihrem Bauch auslöste. Sie strich mit beiden Händen über die Stellen hinter seinen Ohren und streichelte mit den Fingerkuppen sanft durch das kurze, dicke Fell. „Du bist wunderschön“, flüsterte sie.
Einen kleinen Moment starrte sie in die schönen Augen des Panthers und im nächsten Moment kauerte Priest vor ihr. Nur ein kurzer strahlender, silberner Blitz trennte diese beiden Visionen voneinander. Im Gegensatz zu gestern trug Priest jetzt nur eine weite, graue Jogginghose. Seine Füße und sein Oberkörper waren nackt.
Und oh Mann, was für ein Anblick er war.
Wie bei Tate markierten Tätowierungen sein Schlüsselbein und seine Schultern, doch die von Priest waren anders. Erstens hatte er deutlich mehr davon, zweitens waren sie funktionaler im Design. So, als hätte die Person, die sie gemacht hatte, sich nur auf die Magie konzentriert und weniger auf die Kunst. Und seine Muskeln … Wenn sie die Gelegenheit und genug Mut dazu hätte, würde sie viel Zeit damit verbringen, jede Vertiefung, jede Erhöhung, die seine Schultern und Brust definierten, sehr genau unter die Lupe zu nehmen und sie zu genießen.
Erst als sie die Finger beugte und wieder lockerte, bemerkte sie, dass ihre Hände noch immer um seinen Hinterkopf geschlungen waren. Sie ließ sie auf ihren Schoß sinken und vermisste die Wärme und das Gefühl seines glatten, dicken Fells an ihren Fingerspitzen. Zum Glück war die Sonne noch nicht weit genug am Horizont aufgestiegen, um die brennende Hitze auf ihren Wangen zu offenbaren.
„Sorry.“
„Deine Berührung ist nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest.“ Seine Stimme war dunkel wie die Nacht, rau wie Kies, und doch klang sie beruhigend.
Ein Herzschlag. Dann ein weiterer. Seine Augen blieben auf ihr haften.
Sie brach den Blickkontakt aus purer Notwenigkeit ab. So hart ihr Herz auch in ihrer Brust hämmerte, entweder schaute sie weg, oder sie ging die Gefahr ein, einen Herzstillstand zu erleiden. Allerdings war das nicht die schlechteste Art für eine Frau, abzutreten – während man von einem halb nackten, wahnsinnig heißen Alphamännchen niedergestarrt wird.
Er breitete seine Hand auf ihrem Oberschenkel aus, und die Laufshorts, die sie sich für ihre morgendliche Joggingrunde ausgesucht hatte, ließ einen direkten Hautkontakt zu. „Du hattest keine Angst vor meinem Panther.“
Ähm, nun ja, eigentlich doch, und sie fürchtete sich immer noch. Es schien nur so, dass ihr Selbsterhaltungstrieb keine Rolle spielte, wenn es sich um ihn drehte. Allerdings würde sie den Teufel tun, ihm auch nur den Hauch eines Tipps zu geben, was diese beiden Empfindungen anging. „Er ist hübsch.“
Seine Lippen verzogen sich, jedoch nicht so weit, dass es zu einem Lächeln reichte. „Hübsch.“ Es war nicht als Frage formuliert, sondern eher ausgesprochen mit dieser universellen und trockenen Art Humor, die Männern vorbehalten blieb, die von Frauen überall auf der Welt schachmatt gesetzt werden.
Sein Blick glitt zu der Kaffeetasse, die sie auf dem kleinen Beistelltisch neben ihrem Stuhl stehen gelassen hatte. Er stand auf und schnappte sich den halb leeren Becher, während er sich zu seiner vollen Größe aufrichtete. „Komm mit rein. Deine Haut ist ausgekühlt und dein Kaffee noch kälter.“
Vielleicht war ihre Haut äußerlich ausgekühlt, doch innerlich war sie eher gut geröstet. Dennoch schien ein wenig Abstand eine kluge Idee zu sein, auch wenn es bedeutete, den Rest dieses Sonnenaufgangs zu verpassen.
Katy ließ sich von ihm auf die Füße ziehen und folgte ihm ins Haus. Und, oh Mann, was für eine Gelegenheit sich dadurch bot.
Sie hatte sich selbst nie für die Art Frau gehalten, die Männer anstarrte, aber bei Priest war es wirklich schwer, dies nicht zu tun. Sein langes schwarzes Haar fiel offen bis hinab zu seinen Schulterblättern und bedeckte den größten Teil seiner Tätowierungen auf dem Rücken. Offensichtlich hatte er jedoch mindestens doppelt so viele davon wie Jade und Tate. Sie waren rauer, kantiger.
Doch was sie wirklich sprachlos machte, war sein Hintern und die Art, wie der weiche Stoff seiner Jogginghose über den gerundeten Muskeln spannte und sie regelrecht dazu herausforderte, ihn zu berühren.
Sie räusperte sich, als ob das die Versuchung irgendwie vertreiben könnte. „Trinkst du Kaffee?“
Er ging in die Küche, schwenkte ihre Tasse, studierte den Inhalt und hob sie dann für ein abwägendes Schnüffeln empor. „Ich lebe von dem Zeug.“
Interessant. Irgendwie hatte sie eher erwartet, dass er so ein Kräutertee- und Biolebensmitteltyp war. Sie setzte sich auf einen Barhocker hinter der Frühstückstheke. „Also, warst du das?“
„War ich was?“
„Der mir gefolgt ist. Draußen auf meiner Laufrunde.“
Nachdem er ihr eine frische Tasse mit Kaffee gefüllt hatte, löffelte er überraschenderweise genau die richtige Menge Zucker hinein und füllte den Becher mit Kaffeesahne auf. Erst nachdem er einen Kaffeelöffel aus der Schublade geholt und angefangen hatte, umzurühren, drehte er sich zu ihr um und antwortete ihr. „Außerhalb meiner Schutzzauber ist es für dich nicht sicher. Ich habe gehört, wie du rausgegangen bist. Also ja. Ich bin dir gefolgt.“ Er reichte ihr den Becher und drehte ihn so, dass der Griff frei war, damit sie ihn nehmen konnte. Der Becher musste doch so heiß sein, dass er sich dabei die Finger verbrannte!
Sie nahm den Kaffee entgegen, blies für eine Sekunde darüber und trank vorsichtig einen Schluck davon.
Perfekt.
Die Mischung hätte sie selbst nicht besser hinbekommen. „Du bist sehr aufmerksam.“
„Wenn es sich um dich dreht, absolut.“ Er zog den Barhocker neben ihr hervor und positionierte ihn so, dass seine Knie ihre umschlossen, als er sich setzte.
Mindestens vier oder fünf weitere Talismane ruhten zwischen seinen Brustmuskeln, jeder an seinem eigenen schwarzen Lederband. Gepaart mit dem langen Haar, den Tattoos und der dunklen Haut wirkte Priest eher wie ein Rockstar als wie der Hohepriester eines magischen Clans.
Vorsichtig, als hätte er Angst, sie zu verschrecken, musterte er die Stelle direkt unter einem ihrer Augen. „Du hast nicht geschlafen.“
Oh ja, sehr aufmerksam. Beunruhigend. „Mir geht viel durch den Kopf.“
„Erzähl mir davon.“ Es waren unverblümte Worte. Sie klangen wie ein Befehl, doch irgendwie auch tröstlich und wie eine Ermutigung, die Last abzugeben, die sie lange Zeit mit sich herumgetragen hatte.
„Meine Eltern. Ein Erbe, von dem ich nicht wusste, dass es existiert. Eine Rasse, die Magie und Gestaltwandlung beinhaltet. Das alles verwirrt irgendwie mein Unterbewusstsein und verhilft nicht gerade zu schönen Träumen.“
„Du glaubst nicht an die Magie.“
Hatte sie tatsächlich nicht. Jedenfalls zuerst nicht. Aber es war schwer, sie weiterhin zu ignorieren, nachdem sie hineingeprallt war wie eine Flipperkugel, die zwischen zwei elektronischen Flipperhebeln feststeckte. „Ich glaube schon daran, ich habe nur …“ Sie nippte an ihrem Kaffee und hielt die Tasse mit beiden Händen fest, während sie nach einer Erklärung suchte. „Ich weiß nicht, wie ich das verarbeiten soll. Ich sehe es. Akzeptiere es.“
„Aber du hast Angst davor.“
Bingo!
Die Wahrheit rüttelte sie so dermaßen durch, als hätte Priest ihre Schultern gepackt und sie wie eine Stoffpuppe geschüttelt. Angst war etwas, was sie an niemandem schätzte, und Verleugnung war noch viel schlimmer. Dennoch hatte sie sich beider schuldig gemacht. „Ich verstehe es nicht.“
„Das ist der springende Punkt bei Magie. Sie ist nicht da, um verstanden zu werden. Sie ist da, um akzeptiert zu werden. Du schätzt sie und besitzt sie. Es geht ums Herz, nicht um Logik.“
„Ich mag Logik. Ich mag es, wenn zwei plus zwei vier ist. Und nicht ein Schmetterling oder ein hübscher Vogel.“
„Mhhh.“ Er stützte sich mit einem Ellbogen auf die Theke und musterte sie. „Das ist die Wissenschaftlerin in dir. Aber auch die Natur hält sich nicht immer an die Regeln. Das hast du sicherlich in deinem Hauptfach schon herausgefunden.“
Sie rutschte auf ihrem Hocker hin und her. In ihr tobte eine wilde Mischung aus Neugier und Selbstverteidigung und sie wand sich unter seinem abschätzenden Blick. „Woher weißt du, was ich studiere?“
Er grinste. „Von deiner Großmutter, die ein Quell an Informationen ist, was dich betrifft. Ich habe das voll ausgenutzt.“
Natürlich. Obwohl Nanna die Natur genauso liebte wie Katy, verpasste sie nie eine Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass Katys Leben zu strukturiert verlief. Dass viel zu wenig Spontanität darin war.
Sie trank noch einen Schluck Kaffee und bemerkte, dass Priest sich selbst keinen eingegossen hatte. Katy stellte ihren Becher beiseite und rutschte vom Barhocker. Eine Wiedergutmachung war nur passend. Zumal scheinbar ihre Unfähigkeit, Schlaf zu finden, dafür gesorgt hatte, dass sie ihn aus seiner Nachtruhe gerissen hatte, um sie zu bewachen.
Er schwieg, bis sie die Kaffeekanne zurück auf die Warmhalteplatte der Maschine gestellt hatte. „Was hat dich letzte Nacht noch wachgehalten?“
Eine Gänsehaut breitete sich an ihren Armen entlang aus, und die Muskeln in ihrem Bauch spannten sich an. „Tote Eltern und Magie reichen nicht?“
„Natürlich, aber das ist nicht alles, oder?“
Nein. Nicht einmal annähernd. Es stimmte, dass die Albträume sich in den wenigen Schlaf gemischt hatten, den sie bekommen hatte. Aber es waren eher die lebhaften Träume gewesen, die später gekommen waren, die sie erregt und heiß gemacht hatten und die dafür gesorgt hatten, dass sie nicht mehr einschlafen konnte.
Sie zog den Zuckerspender näher heran. „Milch und Zucker?“
„Weder noch.“
Schade. Keine Extras bedeutete, dass sie sich ihm eher stellen musste.
„Verrat es mir, Kateri. Was hat dich wirklich wachgehalten?“
„Nur Nanna nennt mich Kateri. Alle anderen nennen mich Katy.“
„Kateri schmeckt auf meiner Zunge besser.“
Whoa. Junge.
Ihr Magen verkrampfte sich und schien Salti zu schlagen bei dem Gedanken, irgendetwas mit seiner Zunge zu tun zu haben. Und wenn man bedachte, wie sehr ihre Beine zitterten, war der Sprint, mit dem sie ihren Lauf beendet hatte, ein schwerwiegender taktischer Fehler gewesen. Sie hielt sich mit beiden Händen an der Arbeitsplatte fest.
Seine Stimme ertönte hinter ihr, eine Sekunde ehe seine Hände die ihren auf der Arbeitsfläche einrahmten und er sie regelrecht mit seinem Körper einpferchte. „Ich werde dir sagen, was mich wachgehalten hat.“
Seine Hitze umhüllte sie und vermischte sich mit seinem männlichen Duft. Er atmete tief neben einem ihrer Ohren ein, und dieses subtile, aber sinnliche Geräusch gab ihr das Gefühl, als wäre das Biest direkt bei ihm. „Ich habe mich an deinen Geruch erinnert. Und wie weich du dich an mir angefühlt hast.“
Daran hatte sie auch gedacht. Um ehrlich zu sein, hatte sie dieser Erinnerung einige Bonusszenen hinzugefügt, in denen weitaus weniger Zuschauer und noch weniger Kleidung beteiligt waren.
Er liebkoste ihren Nacken. Seine Stimme war ein samtiges Grollen, das jede Nervenbahn in ihr zu streicheln schien. „Ich habe mir vorgestellt, dass du mich so berührst, wie du heute Morgen meinen Panther gestreichelt hast. Mich erkundest. Furchtlos.“ Seine Lippen glitten hauchzart an ihrem Nacken entlang, waren da und dann gleich wieder fort. „Was hat dich wachgehalten, Kateri?“
„Du.“