Als „avtoritet“ des mächtigsten Verbrechersyndikats in New Orleans dient alles, was Kir Vasilek sagt und tut einem bestimmten Zweck. Niemals verliert er seine Coolness, denn das Leben seiner Brüder - seiner Familie - hängt davon ab. Aber dann spaziert Cassie McClintock zurück in sein Leben, und es ist so gut wie unmöglich, cool zu bleiben. Cassie war diejenige, die entkommen ist - und Kir ist bereit, all seine eigenen Regeln zu brechen, um zu verhindern, dass dies noch einmal passiert.
Es ist eine Sache, über die russische Mafia zu berichten; doch es ist etwas ganz anderes, mit einem von ihnen zu schlafen, besonders mit einem, der so gefährlich und sündhaft sexy ist wie Kir Vasilek. Obwohl die Informationen, die er Cassie einst zur Verfügung stellte, ihre Karriere beflügelten - und die Erinnerung an seine Berührungen sie nachts immer noch wach hält -, weiß Cassie viel zu viel über Kirs Welt.
Aber als Kir sie bittet, einen grausamen Mord zu untersuchen, kann Cassie nicht widerstehen – weder der Mordermittlung, noch der Leidenschaft, die sie direkt in Kirs Arme zurückzieht ... und in sein Herz.
Kir zu zähmen - und dabei zu helfen, die Familie zu retten, wie sie sich selbst nennt - ist nicht die Story, die sie ursprünglich schreiben wollte. Aber nun ist Cassie fest dazu entschlossen, dass diese Story ein Happy End bekommt.
Die aus Oklahoma stammende Mutter zweier hübscher Töchtern ist attestierte Liebesromansüchtige. Ihr bisheriger Lebenslauf spiegelt ihre Leidenschaft für alles Neue wider: Rhenna Morgan arbeitete u.a. als Immobilienmaklerin, Projektmanagerin sowie beim Radio.
Wie bei den meisten Frauen ist ihr Alltag von morgens...
Zwei Minuten und einen kurzen Spaziergang über die Straße später hinterfragte sie ihren Drang, den klimatisierten Fernsehsender hinter sich zu lassen . Sie würde garantiert ihre Frisur und ihr Make-up vor der nächsten Sendung vor der Kamera noch einmal auffrischen lassen müssen.
Der beißende Geruch von Gewürzen und köchelnden Soßen prallte ihr entgegen, als sie die Tür zum Restaurant öffnete, gefolgt von dem emsigen Geschnatter der Angestellten hinter der Theke, die darauf bedacht waren, schnell die Aufträge zu erledigen. Im El Torro war ständig Betrieb, obwohl es keinen Drive-in-Schalter, verrückt vernünftige Preise und anständiges Essen hatte. Vor allem die Leute,...
...die nach einem Barbesuch noch herkamen, mochten das familiengeführte Restaurant besonders. Cassie würde allerdings nie verstehen, wie man sich nach einer durchzechten Nacht noch mexikanisches Essen zutrauen konnte.
In der dritten Reihe von wartenden Kunden studierte Cassie die Speisekarte. Wenn sie sich an die Ein-Dollar-Optionen hielt, konnten Bonnie und sie je einen Zwölferpack Tacos essen, aber wonach ihr tatsächlich der Sinn stand, war die Monsterplatte, die ihr ein bisschen von allem geben konnte.
Zumindest das war eine Sache, die sie Lizbet voraushatte. Noch nie hatte Cassie sie mehr als einen Salat essen sehen. Cassie hingegen konnte morgens, mittags und abends Junkfood futtern und sich immer noch dünn fühlen. Einer der Vorteile eines guten Stoffwechsels.
Eine Sekunde später wurde sie sich einer Präsenz hinter ihr bewusst, bevor eine volle männliche Stimme mit einem köstlichen russischen Akzent in der Nähe ihrer Ohrmuschel rumpelte: „Ich bin mir nicht ganz sicher, ob dieses Unternehmen die Lebensmittelkontrollen bestanden hat.“
Meine Güte, dieser Mann war in direkter Reichweite absolut gefährlich. Auch ohne körperlichen Kontakt schickte er eine Gänsehaut über ihren gesamten Leib und hebelte ihre Aufnahmefähigkeit gänzlich aus. Anstatt sich umzudrehen, blickte sie weiter zur Theke. Es wäre besser gewesen, ihr Lächeln unter Kontrolle zu bekommen, aber was das betraf, hatte sie längst verloren. „Mr. Vasilek, ich hatte dich nicht für einen El-Torro-Fan gehalten.“
„Mr. Vasilek heißt es jetzt plötzlich wieder?“ Er stellte sich neben sie und studierte ebenfalls die Speisekarte. Wie üblich trug er einen makellosen Anzug – dieser war hellgrau und kombiniert mit einem weißen Hemd und einer dunkelgrauen Krawatte. Während sein Tonfall zwanglos wirkte, war seine Lautstärke doch eher diskret. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir beide weit über den Punkt hinaus sind, wo Formalitäten noch erforderlich sind.“
„Ach wirklich?“
„Nun, wir haben uns gegenseitig nackt gesehen, und ich finde, sobald ich meinen Vornamen von den Lippen einer Frau während ihres Höhepunktes gehört habe, verliert mein Nachname all seinen Reiz für mich.“
Nein, Cassie. Nicht daran denken. Das ist gefährliches Gelände.
Aber es war bereits zu spät.
Die berauschende Art, wie er sie berührt hatte, wie er ihre Haut genossen hatte, als wäre es der köstlichste Genuss, und wie er sich Zeit genommen hatte, ihr Verlangen aufzubauen – all das hatte sich in ihr Gehirn gebrannt. Und dieses Gefühl, ihm so nah zu sein, ohne etwas zwischen ihnen – noch nie hatte sie so etwas erlebt. Es war elektrisierend. Eine Verbundenheit jenseits jeder Vorstellungskraft oder Definition.
Sie räusperte sich und sah ihn an. „Ich denke nicht, dass das hier der richtige Ort ist, um unsere Vergangenheit … unsere Zwischenspielchen zu besprechen.“
„Dem stimme ich zu.“ Er erwiderte ihren Blick und deutete dann auf die Tür. „Lass uns an einen geschmackvolleren Ort gehen und über eine beliebige Anzahl von Dingen sprechen … Zwischenspielchen eingeschlossen.“
Oh nein. Daran zu denken, war schon riskant genug. Darüber zu reden, wäre, als würde man an einer Tankstelle ein Lagerfeuer anzünden. „Ich denke, ich bleibe lieber im Rahmen meines Budgets und esse schnell etwas, damit ich wieder zurück zum Sender kann.“ Kaum hatte sie ihren Arbeitsplatz erwähnt, zählte sie eins und eins zusammen. „Was machst du überhaupt in diesem Teil der Stadt?“
„Ich bin dir gefolgt.“
„Du hast was getan?“
„Ich bin dir gefolgt. Ich habe auf dem Parkplatz gewartet in der Hoffnung, dich nach deiner letzten Nachrichtensendung zu erwischen. Dann habe ich gesehen, wie du über die Straße gegangen bist. Also bin ich hier.“
Keine Hinterlist. Keine cleveren Ausreden. Bloß die kalte, nackte Wahrheit.
Die letzten Kunden vor ihr nahmen ihre Tabletts von der Theke, und das rotgesichtige Mädchen, das die Kasse besetzte, stand nun ihr gegenüber. „Hallo, was kann ich Ihnen bringen?“
Nimm die Tacos.
Das ist weniger chaotisch.
Und billiger.
„Ich hätte gern die Monsterplatte zum Hieressen und drei knusprige Rindfleisch-Tacos zum Mitnehmen, bitte.“
Und damit verflog die Möglichkeit, sich diese Woche nach der Arbeit noch einmal mexikanisches Essen gönnen zu können. Sie schüttelte das schlechte Gewissen ab, öffnete ihre Geldbörse und zog ein paar Ein-Dollar-Scheine heraus. „Könnte ich die Bestellung zum Mitnehmen in etwa zwanzig Minuten bekommen?“
„Na klar.“ Die Kassiererin blickte zu Kir. „Irgendetwas für Sie?“
„Nyet.“ Kir steckte die Hand in seine Tasche und holte eine silberne Klammer hervor, die einen ordentlichen Batzen Geldscheine umschloss. Er öffnete die Geldklammer, nahm einen Zwanziger heraus und reichte ihn der Kassiererin. „Das ist alles.“
Cassie sah auf den Geldschein, der in der Kasse verschwand, und dann zurück zu Kir. „Ich kann mein Essen selbst bezahlen.“
„Ich bin mir sicher, dass du das kannst, aber ich lasse dich nicht bezahlen, wenn du mit mir zusammen bist.“ Er nickte in Richtung der Ein-Dollar-Noten, die in ihrer Hand gefaltet waren. „Steck das weg und heb es dir für einen weiteren Ausflug zu einer Darmsanierung auf.“
„Aber …“
„Wir könnten natürlich jetzt darüber diskutieren, doch das ist nicht verhandelbar mit mir. Betrachte es einfach als Verhalten, das tief in mir verwurzelt ist und das ich in meinem Alter nicht mehr ändern werde.“
Cassie warf einen Blick auf eine etwas rundlichere Frau hinter ihr, die die Interaktion zwischen ihnen beobachtet hatte. Sie hob eine Augenbraue, als wollte sie Cassie für verrückt erklären, wenn sie die Einladung ablehnen würde.
Den Kopf gesenkt, stopfte Cassie die Scheine wieder zurück in ihre Geldbörse. „Dankeschön.“
„Gern geschehen.“
Während sie auf ihre Bestellung wartete, schwieg Kir und beobachtete nicht nur das emsige Treiben auf der anderen Seite der Theke, sondern auch die Gäste, die hinter ihnen in den roten Sitzecken saßen.
Als sie ihr Essen bekam, gab es noch zwei Sitzmöglichkeiten – eine in der hinteren Ecke und ein Tisch für zwei in der Nähe der Tür. Kir nahm ihr die Entscheidung ab und führte sie in Richtung des Tisches für zwei.
Sie nahm ein paar Servietten aus dem Spender an der Glaswand. „Also, worüber wolltest du mit mir reden?“
„Du denkst, dass ich eine Agenda habe?“
„Nun, du hast selbst gesagt, dass du auf dem Parkplatz auf mich gewartet hast. Du warst letzte Nacht schrecklich gleichgültig zu mir, also gehe ich davon aus, dass du aus einem professionellen Grund hier bist, oder?“
Kir lehnte sich auf dem Stuhl Richtung Fenster zurück, einen Arm auf der Rückenlehne und den anderen auf dem Tisch vor sich. „Ich würde nicht das Wort gleichgültig verwenden.“
Wenn sie nicht bereit gewesen wäre, ihre eigene Hand zu verspeisen, hätte sie sich auf ein verbales Hin und Her sicherlich eingelassen. Stattdessen machte sie sich über ihr Essen her und warf ihm einen Blick zu, der ihm – wie Tante Frieda es bezeichnete – klarmachen sollte, dass sie nicht den ganzen Tag Zeit hatte.
Das jungenhafte Grinsen, das sie dafür von ihm erntete, war absolut entwaffnend. Die Art von Lächeln, das von frechen Kerlen eingesetzt wird, die sich ihrer Anziehungskraft durchaus bewusst sind und jede Gelegenheit nutzen, um diese einzusetzen.
„Du hast eine geistreiche Art an dir, Cassie. Ich wette, es gibt nicht viele, die sich gern mit dir anlegen.“
„Du hast Lizbet noch nicht getroffen.“
„Wen?“
Cassie winkte das Thema mit der Gabel beiseite und spießte einen weiteren Bissen auf. „Nicht wichtig. Beantworte einfach die Frage.“
„Welche Frage?“
„Wenn du nicht gleichgültig warst, wie würdest du es dann nennen?“
Sein Lächeln verblasste. Er musterte sie einen Moment aufmerksam. „Wütend.“ Damit stieß er einen langen Atemzug aus, und die Spannung, die sich auf seine Schultern gelegt hatte, ließ nach. „Als du deine Gründe jedoch erklärt hattest, konnte ich deine Handlungsweise nachvollziehen.“
Cassie schnappte sich einen Tortillachip. „Ja, nicht gerade meine Glanzstunde.“ Sie senkte ihre Stimme und beugte sich vor. „Aber zu meiner Verteidigung sei gesagt, dass ich nicht jeden Tag herausfinde, dass ich mit jemandem schlafe, der der Mafia angehört.“
Sein Mund zuckte. „Das klingt wie etwas aus einem Thriller. Und fürs Protokoll“, sagte er und ahmte eindeutig ihre vorherige Aussage nach, „du weißt nicht, ob ich mafiya bin. Ebenso vermute ich, dass du keinerlei praktische Erfahrung damit hast, was diese Bezeichnung überhaupt bedeutet.“
„Du leugnest es?“
„Werde ich gerade interviewt?“
Oh, es war verlockend. Sehr verlockend.
Aber es fühlte sich total falsch an. „Nein.“ Sie nahm einen weiteren Bissen zu sich. „Ich möchte nur wissen, mit wem ich es zu tun habe.“
Der Kommentar ernüchterte sofort jeglichen Sinn für ein verbales Spielchen. Obwohl er sich nicht aus seiner entspannten Haltung herausbewegte, lag in seinen himmelblauen Augen eine Intensität, die sie verunsicherte. „Ich bin ein ehrenwerter Mann und – unabhängig von meiner Arbeit oder meiner gegenwärtigen Zugehörigkeit – wirst du in meiner Obhut stets sicher sein.“
In meiner Obhut.
Oberflächlich betrachtet klang es köstlich romantisch und weckte all die Idealvorstellungen vom Ritter in der glänzenden Rüstung, von dem sie einst geträumt hatte. Aber das war sicherlich nicht das, was er damit gemeint hatte. Wahrscheinlich handelte es sich dabei um etwas, was sich nur schwer aus dem Russischen ins Amerikanische übertragen ließ. „Also bist du bereit, das, was geschehen ist, hinter dir zu lassen, und du bist hier, um … was?“ Dort weiterzumachen, wo wir aufgehört haben?
Wollte sie das?
Könnte sie das?
Nur weil er nicht bestätigen wollte, was er beruflich machte, hieß das nicht, dass er so rein wie frisch gefallener Schnee war.
Er musterte sie. Wie ein tödliches Raubtier, das sie eindeutig nicht als Bedrohung wahrnahm, sie aber vielleicht aus purem Spaß zum Mittagessen vertilgen würde. „Du hattest erwähnt, dass unsere letzte Begegnung für dich beruflich sehr lukrativ gewesen ist. Ich glaube, wir haben möglicherweise eine weitere Gelegenheit, zum gegenseitigen Nutzen zusammenzuarbeiten.“
Das fettige Essen drohte, ihre Speiseröhre wieder emporzukriechen, und sie hätte schwören können, dass ihre Lungen auf die Hälfte ihrer Größe geschrumpft waren. Was wirklich absolut dumm war. Eine geschäftliche Beziehung war um Längen besser als eine persönliche. Oder das würde sie sein, sobald sie einen Weg gefunden hätte, alle Erinnerungen daran zu löschen, wie er den gesunden Menschenverstand direkt aus ihr herausgeküsst und gestreichelt hatte.
Sie schob ihre kalten Bohnen auf dem Teller hin und her und versuchte, wieder Appetit zu entwickeln. „Erzähl mir mehr.“
Er rückte mit dem Stuhl näher und verschränkte die Arme auf dem Tisch. „Ich brauche jemanden, der mit mir eine Liste von Personen erstellt, die am meisten von Alfonsis Verschwinden betroffen sind, und du hast eine Menge Zeit damit verbracht, dich mit diesen Leuten zu befassen.“
„Warum?“
„Keine besonders spezifische Frage. Geht es auch konkreter?“
„Warum brauchst du diese Information über die Menschen, die am meisten von Alfonsis Verschwinden betroffen sind?“
Sein Gesichtsausdruck veränderte sich nicht, aber es lag etwas Stahlhartes in seiner Stimme. Wie ein kompromissloser Abgrund, der deutlich machte, dass jemand eine Grenze überschritten hatte, die er besser gemieden hätte. „Weil wütende Menschen dazu neigen, vorschnelle Maßnahmen zu ergreifen. Und vorschnelle Maßnahmen sind nicht gut für meine Familie.“
Romans ernste Mimik, als er letzte Nacht an den Tisch zurückgekommen war, kehrte sofort wieder in ihre Erinnerungen zurück. Sie hatte seine Worte vielleicht nicht verstanden, aber seine Botschaft hatte eine knurrende Dringlichkeit gehabt. Nachdem sie so schnell wie möglich aus der Bar verschwunden war, um weitere Unbeholfenheit oder Verlegenheit zu vermeiden, hatte sie gute zehn Minuten in ihrem Auto gesessen, um sich wieder zu beruhigen. Roman und Kir hatten nur drei Minuten nach ihr die Bar verlassen. „Hat das etwas damit zu tun, dass Roman und du letzte Nacht kurz nach mir gegangen seid?“
„Ich trage viel Verantwortung. Du wärst überrascht, wie oft mich meine Mitarbeiter anrufen und zu sich bitten.“
Eine Antwort, aber keine direkte. Was bedeutete, dass sie nah an die Wahrheit herangekommen war oder den Nagel auf den Kopf getroffen hatte.
Sie schob ihr Tablett weit genug von sich fort, um seine Körperhaltung imitieren zu können. Ihm zu helfen, nachdem sie ihn so schäbig behandelt hatte, wäre eine weitaus bessere Art von Entschuldigung als bloße Worte. Andererseits wäre es eine köstliche Qual, mit ihm zusammenzuarbeiten. „Viele Menschen vertrauen mir ihre Gefühle und Gedanken in diesen Folgestorys an. Warum sollte ich deren Vertrauen missbrauchen, indem ich sie mit dir teile?“
Augenblicklich grinste er, und seine Augen funkelten mit der Befriedigung eines Mannes, der wusste, dass er einen Fisch am Haken hatte. „Weil man nie weiß, wann und wo man eine neue Story aufgreifen kann.“
Eins musste sie ihm lassen, er wusste, welche Knöpfe er bei ihr drücken musste. Bei dem Tempo, mit dem sie Storys fand, würde sie wohl bald eher mit Bonnie um den Platz an der Rezeption buhlen müssen. Wenn er zumindest neue Wege zu guten Ideen eröffnen würde, würde sie diese Chance sicherlich nicht vorbeiziehen lassen.
Sie sah auf ihre Uhr und schnappte sich die Papiertüte, die das Personal ihr inzwischen gebracht hatte, vom Tisch. „Wir können ein ernsthaftes Gespräch darüber führen und sehen, wie es läuft. Aber nicht jetzt. Ich muss zurück. Wie wäre es, wenn wir uns in einem Café treffen oder so?“
„Ich möchte lieber, dass unsere Unterhaltung in einem privaten Rahmen stattfindet. Ich werde zu dir nach Hause kommen.“
„Nein.“
Die ruhige und nachdrückliche Direktheit ihrer Antwort schien ihn zu überraschen. „Warum nicht?“
„Fragst du mich das jetzt allen Ernstes?“
Für einen Moment kam es ihr tatsächlich so vor, als könne er ihre Erwiderung nicht einordnen, doch dann breitete sich Verständnis in seinem Blick aus und seine Lippen formten sich zu einem erfreuten Grinsen. „Du hast Angst, mit mir allein zu sein.“
„Ha!“ Das scharfe Lachen, gepaart mit dem nervigen Schnauben kam bellend über ihre Lippen, hallte leicht von der Fensterfront zurück und zog einige Blicke auf sie. Sie straffte ihre Schultern, erhob sich, senkte jedoch ihre Stimme. „Das hättest du wohl gern.“
Sein Lächeln schwankte nicht, nicht einmal für eine Sekunde. Aber da wuchs auch eine gefährliche Neugier in der Art, wie er sie musterte. „Vielleicht stimmt das tatsächlich. Und angesichts der Rötung deines Halses zu urteilen, bin ich nicht der Einzige.“
Er stand auf und führte sie in Richtung Tür.
Cassie war dankbar für den Ausweg. Sie wollte gerade nach dem Griff der Glastür greifen, um sie aufzustoßen, aber er war schneller und hielt diese weit für sie auf. Es wäre besser gewesen, wenn sie das gesamte Thema sein gelassen hätte, doch ihr Stolz wollte einfach nicht kooperieren. „Dich nicht in meinem Haus haben zu wollen, hat nichts mit Sex zu tun.“
Jedenfalls nicht nur mit Sex.
Er ging neben ihr her, über den Parkplatz bis zur Straße dahinter. „Dann könntest du es mir vielleicht erklären.“
„Wirklich?“
„Bitte. Denn ich bin völlig ratlos in dieser Sache.“
Mit einem Seufzen konzentrierte sie sich auf das weitläufige, einstöckige Gebäude des Senders auf der anderen Straßenseite. Es war sehr wenig getan worden, um die buttergelbe Ziegelsteinfassade auf den neusten Stand zu bringen, die in den späten 1960ern und frühen 1970ern so beliebt gewesen war. Die Hecken waren außergewöhnlich langweilig, aber die riesige amerikanische Flagge, die auf dem Gebäude wehte, brachte zumindest etwas mehr Farbe ins Spiel. „Bitte versteh mich nicht falsch, aber du arbeitest für einen Mann, der verdächtigt wird, eine immer größer werdende kriminelle Familie zu führen. Ich glaube nicht, dass es eine gute Idee ist, dir zu sagen, wo ich wohne.“
„South Franklin Avenue Nummer 1023.“
Cassie blieb so abrupt stehen, dass sie ins Schwanken geriet. „Wie hast du … Ich meine, ich bin dort erst vor Kurzem eingezogen.“
Sein Lächeln wurde weicher und seine Worte wählte er mit sanfter Absicht. „Ich bin ein sehr gründlicher Mann, Cassie. Du kannst doch unmöglich davon ausgehen, dass ich nicht alles über eine Person in Erfahrung bringe, was ich kann, bevor ich wichtige Informationen mit ihr teile.“
Sehr gründlich.
Erschreckend gründlich.
Sie schüttelte die Vorahnung ab und setzte ihren Weg zum Sender fort, wenn auch auf etwas wackligeren Beinen. „Umso mehr Gründe für uns, dass wir uns an einem öffentlichen Ort treffen.“
„Also gut, dann hole ich dich ab und wir gehen irgendwohin.“
„Nicht nötig.“ Sie überprüfte beide Richtungen der Straße und eilte hinüber. „Sag mir einfach, wo du reden willst, und ich treffe dich dort.“
„Ich fürchte, dich abzuholen und dorthin zu begleiten, ist nicht verhandelbar.“
Sie runzelte die Stirn in seine Richtung, ging aber weiter. „Es gibt eine Menge Punkte, über die du nicht verhandelst. Warum ist das einer davon?“
„Weil ich nicht daran interessiert bin, dass jemand anderes zuhört, während ich sehr interessiert daran bin, zu erfahren, was du zu erzählen hast. Also ist der beste Weg, für unsere Privatsphäre zu sorgen, dass niemand sonst weiß, wo wir hingehen werden, einschließlich dir.“
Sie blieb nur einen Meter vor der Eingangstür des Senders stehen. „Du traust mir nicht?“
„Sollte ich?“
Hmm. Er hatte da ein gutes Argument. Und angesichts der Tatsache, wie sie ihn nach ihrem zweiten Date ignoriert hatte, könnte er sich noch immer fragen, ob sie ihn nur benutzt hatte. „Also schön, hol mich morgen um acht bei mir ab. Aber wähl bitte keinen schicken Ort aus, sondern ein Café oder so etwas. Kein Starbucks. Was die für einen Kaffee verlangen, ist kriminell.“
Sein Mund zuckte, als ob es das Einzige wäre, was er tun konnte, um ein Lachen zu unterdrücken. „Du scheinst entschlossen zu sein, mich Einrichtungen mit begrenzten Standards ausliefern zu wollen.“ Er nickte, ein Bildnis voller Sanftmut und Zuversicht. „Ich werde mich bemühen, einen Ort zu wählen, der deinen Erwartungen entspricht.“ Er streckte die Hand aus, Innenfläche nach oben. „Dann bis morgen.“
Er hatte tolle Hände. Nicht so glatte wie jemand, der in ein Büro eingesperrt war, sondern richtige Männerhände. Etwas schwielig, mit langen Fingern und rauen Kuppen. Von all den Dingen aus ihrer gemeinsamen Zeit waren es die Berührungen, die sie sich am häufigsten in Erinnerung rief. Genau aus diesem Grund wäre es klug, zukünftig jeglichen Körperkontakt mit ihm zu meiden.
Masochistisch, wie sie war, und ganz das wohlerzogene Texasmädchen ließ sie ihre Hand in seine gleiten.
Oh ja.
Immer noch großartig.
Elektrisierend und warm. Extrem aufgeladen und voller Versprechen.
Und das war nur eine Berührung ihrer Hand.
„Nochmals vielen Dank für das Abendessen. Es war nicht notwendig, aber ich weiß es zu schätzen.“ Sie hasste die Atemnot in ihrer Stimme und versuchte, seine Hand loszulassen.
Kir hielt sie fest, bewegte seine Daumenkuppe subtil über die sensible Stelle zwischen ihrem Daumen und Zeigefinger. So als würde er sich an andere, intimere Punkte erinnern, an denen er sie berührt hatte. „Ich versichere dir, das Vergnügen war ganz auf meiner Seite.“
Er ließ sie sanft los, drehte sich ohne zu zögern um und schlenderte zurück zum Parkplatz, als könnte er kein Wässerchen trüben.
Ihn zu beobachten war wirklich etwas, das man genießen konnte. Ein Genuss, von dem sie nicht einmal gewusst hatte, dass sie ihn sich gönnte, bis er zum Bürgersteig gelangte, sich umdrehte und die Autotür öffnete.
Na toll, und jetzt hat er dich auch noch dabei erwischt, wie du ihm hinterhergestarrt hast.
Sie zog eine der Glastüren auf und betrat den arktischen Empfangsbereich.
„Mädel, der Typ war ja heiß“, sagte Bonnie, bevor sich Cassies Augen nach dem blendenden Sonnenschein anpassen konnten. „Ist er dein Freund?“
„Oh nein.“ Sie stellte die Papiertüte auf die Theke und schüttelte den Kopf. „Nur ein Kontakt, der mir vor einiger Zeit mit ein paar Storys geholfen hat.“
Und der mich für andere Männer ruiniert hat. Aber warum über Details diskutieren?
Bonnie nahm die Tüte und öffnete sie, doch ihr Kichern als Erwiderung machte deutlich, dass sie kein Wort von dem glaubte, was Cassie gesagt hatte. „Uh-uh. Sah für mich so aus, als würde er einen Plan aushecken, wie er dich aus deinen professionellen Klamotten holen kann.“
Ja, und genauso hatte es sich auch angefühlt. Aber darüber würde sie jetzt nicht nachdenken. Oder überhaupt jemals, wenn sie es verhindern konnte. „Nö, das war nur etwas Geschäftliches.“ Sie wedelte in Richtung Tüte und machte sich auf den Weg zurück zur Nachrichtenredaktion.
„Gute oder schlechte Geschäfte?“
Cassie schob die Tür auf und warf Bonnie einen letzten Blick zu. „Ich habe mich noch nicht entschieden. Könnte ein Lotteriegewinn sein oder der größte Fehler meines Lebens.“