Nachdem sie als Kind zusehen musste, wie ihr Vater ermordet wurde, ist Samantha Vargas, Agentin der Spezialeinheit ATF, fest entschlossen, den Drogenhandel zu zerstören. Ihre Meinung über Biker könnte daher schlechter nicht sein. Ausgerechnet in den Hells Raiders Motorcycle Club muss sie sich gemeinsam mit ihrem Partner Undercover als Biker und dessen Freundin einschleusen. Doch zu Samanthas Entsetzen fühlt sie sich ausgerechnet zu dem Mann hingezogen, gegen den sie eigentlich ermittelt!
Benjamin „Bishop“ Malloy hat hart gearbeitet, um sich einen Platz inner- und außerhalb der MC-Welt zu erarbeiten. Als Mechaniker verbringt er seine Nächte damit, Motorräder zu restaurieren, in der Hoffnung, eines Tages einen eigenen Motorradladen zu besitzen. Als Bishop Samantha sieht, will er sie sofort haben, obwohl sie die Freundin des neuen Clubmitglieds ist, das Bishop unter seine Fittiche genommen hat.
Obwohl sie fest entschlossen ist, die Hells Raiders zu zerstören, begreift Samantha, dass sie riskiert, mehr als nur ihr Herz zu verlieren ...
New York Times-Bestsellerautorin Katie Ashley kehrt ein letztes Mal in die gefährliche und verführerische Welt des Hells Raiders-Motorradclubs zurück.
Katie Ashley ist eine New York Times- und USA Today-Bestsellerautorin und lebt in der Nähe von Atlanta, Georgia. Zusammen mit ihrer Tochter Olivia ist sie Frauchen von Belle und Elsa, zwei Hunden, die sie aus dem Tierschutz übernommen hat. Katie...
Samantha
Als ich noch eine Lage Eyeliner auflegen wollte, klingelte es an der Tür. Ich zuckte zusammen, rutschte ab und malte mir einen schwarzen Strich über die Schläfe. „Fuck“, murmelte ich, nahm ein Reinigungspad und rieb die Linie ab.
Zu sagen, dass ich etwas nervös war vor dem ersten Treffen mit den Raiders, war untertrieben. Ich ärgerte mich darüber, dass sie diese Wirkung auf mich hatten. Immerhin hatte ich bereits Kriminelle verhaftet, die viel angsteinflößender waren als eine Bande Kleinstadt-Biker. Doch heute Abend traf meine Vergangenheit auf meine Gegenwart.
Ich lehnte mich aus dem Badezimmer. „Es ist offen!“, rief ich.
Die...
...Alarmanlage gab einen Piepton von sich, als Gavin die Tür öffnete und eintrat.
„Du wohnst zwar jetzt an der East Side in einem Haus in einer schicken Nachbarschaft, aber du musst trotzdem deine Tür abschließen, Himmel noch mal.“
Ich knurrte und trat ins Bad zurück. „Ich wusste doch, dass du herkommst, Dummerchen.“
Er lachte und kam den Flur entlang zu mir ins Bad. Im Spiegel sah ich, dass er mich von oben bis unten begutachtete. Meine wie aufgemalten schwarzen Jeans, das enge schwarze Top und die kniehohen Stiefel.
Sein Blick traf meinen im Spiegel. Er zwinkerte mir zu. „Siehst scharf aus, Vargas.“
„Du schämst dich also nicht, mich deine Old Lady zu nennen?“
Er drohte mir mit dem Zeigefinger. „Falsche Terminologie. Gäste haben keine Old Ladys. Nur Vollmitglieder.“
„Ja, ja“, murmelte ich.
Gavin strafte mich mit einem Tssss-Geräusch. „Muss ich Peterson sagen, dass du deine Hausaufgaben nicht gemacht hast?“
„Ich habe meine Hausaufgaben gemacht, du Arsch.“ Ich ging an ihm vorbei in den Flur. Normalerweise brachte mich sein Gemecker nicht auf, aber heute lag der Fall anders.
Ich kam nicht weit, da zog Gavin mich an sich. „Willst du darüber reden?“
„Über was?“
„Was auch immer dir an diesem Fall Angst macht.“
Ein Schauder lief mir über den Rücken, doch ich fing mich schnell wieder. „Nichts an einer Bande biersaufender niederer Kreaturen macht mir Angst.“ Ich machte mich von ihm los und ging in den Flur. Als ich meine Handtasche nahm, ließen mich seine nächsten Worte erstarren.
„Also sagt dir der Name Willie Bates nichts.“
Ich kniff die Augen zu und atmete schwer. Es gab keine passende Beschreibung für den emotionalen Shitstorm, der einen traf, wenn die Vergangenheit mit der Gegenwart kollidierte. Ich bemerkte nicht einmal, dass Gavin zu mir kam, doch plötzlich stand er neben mir. „Was weißt du darüber?“, wisperte ich kaum hörbar.
„Alles.“ Als ich es wagte, ihn anzusehen, lächelte er traurig. „Als Peterson uns den Fall gegeben hat, habe ich dich noch nie so reagieren sehen. Also habe ich ein bisschen nachgeforscht.“
„Weiß Peterson es?“
„Nein. Nur ich. Und so soll es auch bleiben.“
Mir wurde warm ums Herz vor Liebe für Gavin und seine Loyalität. Dennoch atmete ich schwer aus und lehnte mich an die Haustür. „Dann wäre es wohl besser, wenn du beantragst, dass man mich von dem Fall abzieht.“ Gavin schüttelte den Kopf, doch ich hielt meine Hand hoch, um sein wie auch immer geartetes Gegenargument zu stoppen. „Ich bin ein Risiko und du kannst dir im Feld kein Risiko leisten.“
Er umfasste mein Gesicht. „Du bist niemals ein Risiko, Vargas. Du bist die Einzige, mit der ich je arbeiten will. Ich weiß einfach, egal was dir als Achtjährige passiert ist, wenn es hart auf hart kommt, nimmst du die Arbeitshaltung ein und behältst die Nerven.“
Ich hasste es, aber Tränen brannten in meinen Augen. „Meinst du das wirklich?“
„Ja, das meine ich.“
Ich wischte mir die mascaraschwarzen Tränen ab. „Entschuldige, dass ich es dir nie erzählt habe.“
„Ich verstehe, warum. Es war furchtbar, was mit deinem Vater passiert ist und dir. Das geht auch wirklich niemanden etwas an.“
Ich versuchte, die Stimmung etwas aufzuhellen, packte ihn an den muskulösen Armen und drückte zu. „Warum nur, warum kannst du nicht hetero sein?“
Gavin lachte herzhaft. „Wir beide sind ein tolles Arbeitsteam, Vargas, aber wir könnten niemals verheiratet sein.“
Ich neigte den Kopf seitlich. „Wirklich nicht?“
„Nein. Und tief innen weißt du das auch.“
Das wusste ich tatsächlich. Wir waren uns zu ähnlich, als dass eine Beziehung funktionieren könnte. Wir standen uns näher als nur freundschaftlich verbunden zu sein, waren mehr wie Bruder und Schwester.
Ich wackelte mit den Augenbrauen. „Nun, ich habe vielleicht nicht von Heiraten gesprochen, aber von heißem, leidenschaftlichem Sex.“ Ich musste über Gavins entsetztes Gesicht lachen. „Jetzt habe ich dich drangekriegt.“
„Überhaupt nicht witzig“, murmelte er.
„Gut zu wissen, wie dich der Gedanke an Sex mit mir abstößt“, neckte ich ihn und ging ins Bad, um mein Augen-Make-up zu reparieren.
„Himmel noch mal, Vargas. Es geht nicht um Sex mit dir, sondern um Sex mit einer Vagina, basta.“
Ich schnaubte und puderte über die Tränenspuren. Gavin erschien in der Tür.
„Aber grundsätzlich bist du die einzige Frau, mit der ich mir vorstellen könnte, hetero zu sein.“
Ich lächelte ihn im Spiegel an. „Ohhh, du kannst so süß sein, wenn du willst, McTavish.“
Er trat näher und drehte mich zu sich um. Nachdem er mir einen Kuss auf die Wange gegeben hatte, zwinkerte er. „Komm schon, heiße Braut. Wir zeigen es jetzt den Bikern.“
Zwar teilte ich seine Zuversicht nicht, doch ich nickte.
Ich schaltete die Alarmanlage scharf und folgte ihm aus der Tür. In meiner Einfahrt stand ein Motorrad, das die Agency Gavin zur Verfügung gestellt hatte. Lediglich mit einem Mechanikergehalt hätte er sich sein eigenes Bike nicht leisten können, also hatte ihm die Agency eins besorgt, das besser zu seiner Tarnung passte – und das er natürlich hasste.
„Was für ein Haufen Schrott“, sagte ich und nahm den Helm von der Sitzbank.
„Ich verabscheue jeden Moment auf dieser Mühle.“
„Du hättest dir bestimmt etwas Gaunerrespekt verschaffen können, wenn du so getan hättest, als ob du dein eigenes Bike geklaut hättest.“
Gavin setzte sich auf den abgenutzten Sitz und knurrte. „Glaub nicht, das hätte ich bei Peterson nicht versucht.“
Ich lachte und stieg hinter ihm auf. Ich umarmte seine Taille fest. Hinten auf einem Bike mitzufahren hasste ich fast so sehr, wie mich wie eine Nutte anzuziehen. Gavin und ich hatten an ein paar Abenden geübt, sodass ich auf dem Bike natürlich wirkte. Doch das waren nur Kurztrips in der Gegend und in der Stadt gewesen. Heute würde es die längste Strecke sein, die ich je auf einem Bike gesessen hatte.
Wir rasten in die Nacht, ließen mein Haus hinter mir, mein komfortables Leben und meine Kaliber-40-Glock. Das Clubhaus der Raiders lag gute fünfundvierzig Minuten nördlich von Marietta, dem Vorort von Atlanta, in dem ich wohnte.
Gavin ängstigte mich zu Tode, indem er sich durch den Freitagabendverkehr schlängelte. Ich schloss die Augen und dachte an das Briefing, das wir heute mit Peterson gehabt hatten. Heute Abend bot sich eine gute Gelegenheit für unseren Fall. Seit Wochen befreundete sich Gavin langsam mit Bishop Malloy, und endlich war Gavin, der sich ihm als Marley vorgestellt hatte, weil ihn angeblich jeder so nannte, von Bishop ins Clubhaus eingeladen worden.
Während Gavin Augen und Ohren offen halten sollte, was alle Mitglieder betraf, nicht nur Bishop, sollte ich mich allein auf Bishop konzentrieren. Als Sergeant at Arms hatte er am meisten mit dem Waffenhandel zu tun, außer natürlich dem Präsidenten und Vizepräsidenten. Aufgrund seines speziellen Rufs bei Frauen sollte ich meine weiblichen Waffen einsetzen. Seine beiden Brüder Deacon und Rev waren verheiratet und Bishop war der Inbegriff des Frauenhelden. Seine größten Freuden im Leben neben dem Club waren Flirten und Vögeln, und genau das wollte ich gegen ihn einsetzen. Das alte Klischee einer Frau, die einen Mann so ablenkte, dass er einen Fehler machte und man ihn festnageln konnte.
Als wir von der Schnellstraße abbogen, änderte sich die Gegend. Wir fuhren durch enge Kurven und über kleinere Hügel. In der Ferne konnte ich die Gebirgskette sehen. Es war schwer vorstellbar, dass sich ein MC auf dem Land breitmachte, doch genau dort hatte sich das Georgia-Chapter der Raiders niedergelassen.
Schon aus der Ferne erkannte ich das Clubhaus als solches. Es war hell erleuchtet und auf dem Parkplatz standen etliche Bikes. Gavin überraschte mich damit, nicht dort zu parken, sondern etwas weiter weg. Doch dann fiel mir wieder ein, was ich in den Informationen gelesen hatte. Nur Vollmitglieder parkten ihre Bikes zusammen, die dann von einem Anwärter bewacht wurden. Alle anderen Leute waren auf sich allein gestellt.
Gavin stellte den Motor ab und sah mich an. „Wie geht’s dir?“
„Gut.“ Eine Lüge. Meine Aufregung befand sich auf dem Höhepunkt, wo ich jetzt auf dem Gelände der Raiders stand.
Gavin lachte leise, und ich wusste, dass er mich durchschaut hatte. Er stieg vom Bike, nahm den Helm ab und half mir herunter. „Du schaffst das schon, Vargas.“
Ich hielt eine Hand hoch. „Bitte keine Ansprachen mehr. Ich kann dir gar nicht sagen, wie dankbar ich dafür bin, dass wir nicht verkabelt sind. Ich würde lieber sterben, als dass Peterson und die anderen mich in diesem zerbrechlichen Zustand sehen.“
„Ich verspreche dir, niemandem zu erzählen, dass meine toughe Kollegin Schiss gekriegt hat. Okay?“
Ich lachte und stieß ihn am Arm an. „Danke.“
„Okay, los geht’s.“
Wir gingen über den Parkplatz auf das Haus zu. Ich versuchte, ruhig zu atmen, und Gavin legte den Arm um meine Taille. Für Beobachter musste es so aussehen, also ob er mit dieser Bewegung seinen Besitzanspruch klarmachte, doch ich wusste, dass er es nur tat, um mich zu beruhigen.
An der Tür stand ein stattlicher, tätowierter Kerl mit vielen Piercings Wache. „Kann ich euch helfen?“
Ohne zu zögern sprach Gavin. „Ja, wir wollen zur Party.“
Der Tattoo-Typ grinste Gavin skeptisch an. „Ach ja?“
„Klar, Mann. Frag doch Bishop.“
„Bist du Marley?“ Gavin nickte und der Typ trat zur Seite. „Viel Spaß.“
„Danke“, sagte Gavin.
Als wir eintraten, erwartete ich fast, dass sich alle umdrehten und uns anstarrten und damit unser Außenseitertum bestätigten. Doch niemand sah wirklich in unsere Richtung, und die paar, die es taten, nickten uns freundlich zu. Am anderen Ende des Raumes spielte eine Hausband und in der Mitte tanzten Paare. Andere saßen an der Bar, tranken Bier und Cocktails.
Gavin trat einen Schritt vor, doch ich war wie festgewurzelt. Jedes Mal, wenn ich ins Gesicht eines Bikers sah, wurde er zum Mörder meines Vaters. Mein Herz raste, und ich hatte Mühe, zu atmen. Ich zog den Kopf ein, kniff die Augen zu und zählte innerlich bis zehn.
„Sam, alles okay?“, wisperte Gavin mir ins Ohr.
Dass er mich beim Vornamen nannte, bedeutete, dass er sich echte Sorgen machte.
„Toilette, wo ist die Toilette?“, hauchte ich. Er führte mich durch den Raum. Ich schüttelte den Kopf. „Nein, ich gehe allein. Mach du weiter. Ich stoße nachher wieder zu dir.“
Gavin weitete die Augen. „Bist du sicher?“
„Ja. Gib mir nur zehn Minuten, um mich wieder einzukriegen.“
Er sah aus, als wollte er widersprechen, also riss ich mich los und ging weiter. Am Büfett stand die Frau des Vizepräsidenten, Alexandra, und schaukelte sanft ein dunkelhaariges Kleinkind auf der Hüfte. Ich wusste alles über sie aus den Akten, und genau wie bei der Frau des Präsidenten wunderte ich mich, wieso jemand wie sie, eine Lehrerin aus einer respektablen Mittelklassefamilie, sich mit einem Biker eingelassen hatte.
„Entschuldige bitte, wo sind die Toiletten?“, fragte ich.
Ihre dunklen Augen richteten sich auf mich, und sie sah verwirrt aus. Das wunderte mich nicht. Mit Sicherheit kannte sie alle Frauen hier. Doch der Ausdruck wurde schnell durch ein Lächeln ersetzt.
„Von der Küche aus einfach den Gang hinunter.“ Sie zeigte nach rechts.
„Danke.“ Ohne ein weiteres Wort zu ihr oder den anderen anwesenden Frauen eilte ich direkt zu den Toiletten. Ich stürzte durch die Tür, die deutlich machte, dass es die für Frauen war. Ein gigantisches Paar holzgeschnitzter Möpse hing daran. Innen war der Raum voller spärlich bekleideter Frauen, die sich um einen Platz vor dem Spiegel drängelten und an Haaren und Make-up arbeiteten. Ich ging an ihnen vorbei in eine der Kabinen.
Als ich mich darin eingeschlossen hatte, stützte ich die Hände gegen die Graffitiwände. Ich senkte den Kopf und atmete bewusst und ruhig. Ich wiederholte geistig das Mantra, das ich mir vor Jahren angeschafft hatte. Ich bin stärker als meine Angst.
Nach einer gefühlten Ewigkeit, doch wahrscheinlich waren es nur ein paar Minuten, verzog sich die überwältigende Panik. Langsam fühlte ich mich wieder wie ich selbst. Stark, mutig und selbstbewusst. Ich hob den Kopf, rollte die Schultern und schüttelte die Anspannung aus meinen Gliedern.
Mit neuem Mut konzentrierte ich mich auf meine Aufgabe. Ich öffnete die Kabine und verließ die Toilettenräume.
Im großen Saal zuckte ich nicht einmal zusammen, als ein riesenhafter Biker mit silbernen Piercings und tätowierten Armen gegen mich stieß.
„Sorry, Süße“, murmelte er.
Ich schenkte ihm mein nettestes Lächeln und hielt nach Gavin Ausschau. Er saß allein an einem Tisch und trank ein Bier. Als ich näher kam, hob er den Kopf, als hätte er meine Anwesenheit gespürt.
Ich setzte mich neben ihn.
„Alles okay?“
„Es ging mir nie besser.“ Ich schubste seine Hand fort, schnappte mir sein Bier und trank einen schaumigen Schluck. Gavins Augenbrauen schossen fragend nach oben. „Es war genau so, wie ich gesagt habe. Ich musste mich nur kurz sammeln. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.“
Er grinste bei meinem aggressiven Ton. „Ich habe nicht gesagt, dass ich mir Sorgen mache.“
„Das war auch nicht nötig. Ich habe es dir angesehen und du hast mich Sam genannt.“
Gavin nahm mir seine Bierflasche ab. „Fertig?“
„Und wie. Was ist inzwischen passiert?“
„Bishop hat mir das Bier ausgegeben und gesagt, ich soll mich hier hinsetzen. Ich dachte, er kommt dann zu mir und wir reden ein bisschen, aber er wurde weggerufen.“
Ich verengte die Augen. „Zu einem Hinterzimmer-Meeting?“
Gavin lachte leise. „Es war eher eine heiße Tussi mit Titten, die ihr aus dem Top quellen, die ihn zum Tanzen aufgefordert hat.“
Ich schnaubte und verdrehte die Augen. „Männer. Denkt ihr eigentlich auch mal mit etwas anderem als mit euren Schwänzen?“
„Nee.“ Gavin zwinkerte mir zu.
Ich richtete meinen Blick auf die Tanzfläche. Nach nur einer Sekunde hatte ich Bishop unter den Bikern erkannt. Gavin hatte die Frau bei ihm korrekt beschrieben. Momentan rieben sie sich aneinander, als ob sie auch gleich Sex auf der Tanzfläche hätten haben können. Plötzlich, wie aus dem Nichts, überkam mich Hitze, als Bishops Hände über den Körper der Frau glitten. Mir schien noch heißer zu werden, als ich zusah, wie seine Hüften expertenhaft an ihre stießen.
Ich beugte mich auf dem Stuhl vor und studierte meine Zielperson. Die Fotos der Agency wurden Bishop nicht ganz gerecht. Obwohl es das Letzte sein sollte, woran ich dachte, fiel mir doch auf, dass er in Wirklichkeit noch besser aussah. Jedenfalls wirkte er viel stattlicher, seine Muskeln hervorstechender, sein Brustkorb breiter und seine Schenkel dicker. Sein Körper strahlte Kraft und Stärke aus. Zwei Eigenschaften, die er als Boxer und Sergeant at Arms gut gebrauchen konnte.
Ich konnte ein Schnauben über mich selbst nicht verhindern, denn ich kam mir vor wie ein kopfloser Teenager bei diesen lustvollen Gedanken.
„Er sieht absolut gut fickbar aus, oder?“, fragte Gavin leise.
Verdammte Hölle, und wie. Enorm fickbar. Ich unterdrückte den Drang, mich auf dem Stuhl zu winden. Ich musste meine unangebrachten Gedanken vor Gavin verbergen. „Wie kommst du denn darauf?“
Gavin wackelte mit den Augenbrauen. „Na, ich sehe doch, wie du ihn anstarrst.“
„Ich studiere nur mein Zielobjekt, Schlaumeier.“
„Blödsinn. Du hast ein feuchtes Höschen, weil du daran denkst, wie es wäre, anstelle dieser Frau zu sein.“
Welche Frau würde das nicht?
„Du hast ja den Verstand verloren“, widersprach ich.
Gavin lehnte sich dicht an mein Ohr. „Ich spiele zwar im anderen Team, aber ich erkenne trotzdem, wenn eine Frau auf einen Mann scharf ist.“
Ich verdrehte die Augen und schob ihn von mir. „Er ist die Zielperson in unserem Fall. Ganz zu schweigen davon, dass er der Feind ist.“
„Ja, und Sex aus Hass kann so was von geil sein.“
„Du bist unmöglich.“
Gavin grinste unverschämt. „Auch wenn das als verpönt gilt, finde ich nichts Verwerfliches daran, einen guten Fick von ihm zu ergattern, um an Informationen zu kommen.“
„Wenn wir nicht wie ein Liebespaar wirken müssten, würde ich dir jetzt eine runterhauen.“
Gavin küsste meine Wange und zwinkerte. „Nichts macht mir so viel Freude, wie dich zu ärgern.“
„Arschloch“, antwortete ich, obwohl ich lächeln musste.
Er nickte Richtung Bishop. „Wenn er damit fertig ist, die Tussi trockenzuvögeln, soll ich dann den Ball ins Rollen bringen und dich ihm vorstellen?“ Ich hob eine Augenbraue. „Ich meinte, den Ball des Falls ins Rollen zu bringen, nicht, dass du ihn anbaggern sollst. Gott, Vargas, ich kann auch mal ernst sein, wenn es sein muss.“
„Klar, aber die Doppeldeutigkeit hat dir auch irre viel Spaß gemacht.“
Gavin grinste. „Kann sein.“ Das Lied der Band kam zum Ende. „Also, wollen wir anfangen?“
Ich blickte wieder zu Bishop. „Nein. Noch nicht.“
„Hast du eine andere Idee?“
Ich riss den Blick von Bishop los und sah Gavin an. „Ich will ihn erst ein bisschen irritieren, ehe ich mich an ihn ranmache.“
„Klingt nach einem guten Plan.“
„Ich würde es nicht unbedingt einen Plan nennen.“ Ich sah zu Bishop und lächelte. „Es ist mehr ein Spiel. Eins, das ich gut genug kenne, um es zu gewinnen.“
Gavin zwinkerte mir erneut zu. „Du kennst dein Spiel, Vargas. Geh und wirf die Würfel.“
Bishop
Zum verfluchten hundertsten Mal spürte ich einen Blick auf mir, der jede meiner Bewegungen beobachtete. So abgecheckt zu werden, ließ meine feinen Härchen zu Berge stehen. Wäre ich nicht in der Sicherheit des Clubhauses und bei meinen Brüdern, hätte ich bei dem unheimlichen Gefühl eine Hand auf meine Waffe in der Kutte gelegt. Doch in diesem Fall wusste ich, dass ich in keiner echten Gefahr schwebte.
Unauffällig blickte ich mich in der Menge um. Für einen Samstagabend war die Kapazität des Clubhauses voll ausgeschöpft. Die Band spielte und in der Mitte rieben sich Paare aneinander. Rev befand sich auf Hochzeitsreise und Deacon war mit seiner Tochter Willow beim Kindercamping, sodass ich der einzige anwesende Malloy war. Dass unser Präsident und der Vize nicht da waren, hielt uns Raiders jedoch nicht von unserer Wochenendparty ab.
Selbst ohne direkt hinzusehen, konnte ich erraten, wer mich anstarrte. Vor einem Monat hatte ein neuer Mechaniker in der Werkstatt angefangen, in der ich eine Lehre machte. Er hieß Marley und war früher in der Army gewesen. Allein dafür hatte er schon meinen Respekt, doch dann aßen wir eines Tages zusammen zu Mittag und alberten herum. Ich fand heraus, dass er Motorräder liebte und dass sein Wissen das von so manchem Raider in den Schatten stellte. Und vor einer Woche erarbeitete er sich endgültig meinen Respekt, als er mir den Arsch rettete.
Ich machte einen Ölwechsel an einem Dodge Challenger, als ein Kerl zu mir kam. Er kam mir vage bekannt vor, als wäre er schon mal in der Werkstatt gewesen. „Kann ich Ihnen helfen?“
„Ja, du bist der Arsch, der mein Auto kaputt gemacht hat.“
„Wie bitte?“
„Das Getriebe ist im Eimer. Mir ist klar, dass du hier neu bist und so, aber ich habe keine Ahnung, wie du das geschafft hast.“
„Sir, Ihr Auto war völlig in Ordnung, als Sie vom Hof gefahren sind. Ich weiß nicht, wie Sie darauf kommen, dass ich etwas falsch gemacht hätte.“
Der Mann blickte düster. „Ist mir scheißegal, was du denkst. Hol mir den Boss. Sofort.“
Ich biss mir auf die Zunge, um dem Kerl nicht zu sagen, er solle sich ins Knie ficken, wie ich es normalerweise in so einer Situation tat. Doch da ich eine neue Seite aufschlagen wollte, knurrte ich: „Einen Moment bitte.“
Ich ging an Marley vorbei, der unter dem Wagen hervorkam, an dem er arbeitete.
Ich klopfte an die Tür des Bosses. „Rick?“
Er hob den Blick von einem Stapel Rechnungen. „Ja?“
„Da ist einer, der dich sprechen will.“ Rick hob fragend die Augenbrauen. Ich seufzte. „Er glaubt, ich hätte seinen Wagen kaputt gemacht.“
„Stimmt das?“
„Himmel, nein. Es war nur ein Ölwechsel und Reifen von vorn nach hinten tauschen. Ich hatte ihm gesagt, dass die Motorleuchte an war, aber er meinte, das sei nur wegen des Öls.“
Rick knurrte genervt und stand auf. Ich folgte ihm in die Werkstatt. Kaum erblickte ihn der Kunde, fing dieser an zu schimpfen und zu lamentieren, wie ich angeblich beim Ölwechsel sein Getriebe geschrottet hätte.
Er war noch mitten am Fluchen, als Marley vortrat. „Das ist alles gelogen.“
Dem Mann klappte der Mund auf. „Wie bitte?“
Marley verschränkte die Arme vor der Brust. „Es ist völlig unmöglich, dass Bishop den Schaden angerichtet hat, von dem Sie reden.“
„Ach ja?“
Marley nickte und sah Rick an. „Als er hier ankam, hat sein Auto geröchelt wie ein Kettenraucher. Also war der Schaden da schon vorhanden.“
Rick sah von Marley zu mir. „Hast du das Geräusch auch gehört?“
Ich verzog das Gesicht. „Nein.“
„Zu Bishops Verteidigung wäre zu sagen, dass er zu dem Zeitpunkt hinten war. Da konnte er das gar nicht hören“, erklärte Marley.
Jetzt klappte mir der Mund auf, weil Marley für mich die Wahrheit etwas dehnte. Ja, ich war mit der Inventur beschäftigt gewesen, aber ich hätte das Geräusch trotzdem hören müssen, als der Kerl wegfuhr. Keine Ahnung, wo mir an dem Tag der Kopf stand, dass ich nicht darauf geachtet hatte.
Ich sah Marley an, und sein Blick warnte mich, seiner Version zu widersprechen. Also nickte ich nur.
Der Mann war aufgebracht. „Das bedeutet gar nichts. Er hat trotzdem meinen Wagen kaputt gemacht!“
Rick verengte die Augen. „Sie müssen mich für einen Idioten halten, wenn Sie mir weismachen wollen, dass man mit einem simplen Ölwechsel einen Motor beschädigen kann. Verschwinden Sie und lassen Sie sich nie mehr hier blicken in dem Versuch, mich noch mal übers Ohr hauen zu wollen.“
Nachdem der Mann gegangen und Rick in seinem Büro war, waren Marley und ich allein. Er wollte wieder an die Arbeit gehen, doch ich hielt ihn zurück. „Warum hast du für mich gelogen?“
„Ich würde es nicht lügen nennen. Es war mehr die Wahrheit etwas umformen.“
„Und warum hast du das für mich gemacht?“
Marley hatte gelächelt. „Irgendwann waren wir alle mal der Neue. Ja, wahrscheinlich hättest du das Geräusch hören sollen, als er weggefahren ist, aber vielleicht hattest du einen schlechten Tag. Vielleicht waren deine Gedanken woanders. Oder du warst auf dem Klo und konntest an nichts anderes denken.“
„Hey!“ Ich lachte.
Marley lachte in sich hinein. „Das eine Mal heißt ja nicht, dass du nicht ein verdammt guter Mechaniker bist, der sich auskennt.“
„Bei einem Motorrad hätte ich nie so einen Mist gebaut“, knurrte ich.
„Das stimmt wahrscheinlich, wenn man bedenkt, was für einen Steifen du bei Bikes kriegst, aber ich garantiere dir, dass dir ab jetzt jeder Motorschaden sofort auffallen wird.“
„Verdammt, ja.“ Ich reichte ihm meine Hand. „Danke, Mann. Ich schulde dir was.“
Er schüttelte meine Hand. „Gern geschehen.“
Dann machte er sich wieder an die Arbeit an dem Wagen.
Ich betrachtete seinen Rücken und dachte über ihn nach und darüber, dass er bestimmt eines Tages ein tolles Mitglied der Raiders sein könnte. Nach der Sache mit Mendoza suchten wir aktiv nach neuen Männern, um die Dinge zu stabilisieren, während sich die Lage abkühlte. Wir arbeiteten immer noch langsam, aber sicher daran, legal zu bleiben. Marleys Persönlichkeit würde da gut reinpassen.
In meiner nächsten Pause brauchte es nur einen Anruf bei meinem Bruder. Rev ging beim dritten Klingeln ran.
„Was gibt’s, B?“, fragte er.
„Ich will was mit dir besprechen.“
„Schieß los.“
„Ich glaube, ich habe jemanden gefunden, der interessiert ist, sich uns anzuschließen.“
„Wirklich?“
„Ja.“ Dann erzählte ich Rev alles über Marley. „Kann ich ihn zu einer Party einladen, um ihn besser kennenzulernen?“
„Klar. Warum nicht? Wir setzen Archer gleich auf ihn an. Du weißt ja, dass er glaubt, Ratten erschnüffeln zu können.“
Ich lachte. „Okay. Klingt gut.“
Nach dem Gespräch steckte ich das Handy ein und ging wieder rein. Marley stand unter einem hochgebockten Wagen.
„Hey, hast du schon mal drüber nachgedacht, einem Motorradclub beizutreten?“
„Kann schon sein. Warum?“
„Zufällig bin ich in einem. Eigentlich bin ich sogar etwas mehr als nur ein Mitglied in einem. Ich bin ein Officer bei den Hells Raiders.“
„Von denen habe ich, glaube ich, schon mal was gehört.“
„Wahrscheinlich nichts allzu Gutes.“
Er drehte sich um. „Nur ein bisschen was.“
Ich hob die Augenbrauen. „Vielleicht ist nicht alles, was du gehört hast, wahr.“
„Ich bin ganz Ohr.“
Ich trat näher, sodass ich leiser sprechen konnte. „Die Aufnahme ist ein langer Prozess. Man fängt ganz unten als Besucher an. Wenn alle zustimmen, steigt man zum Anwärter auf. Das ist der schwerste Teil, denn als solcher ist man jedermanns Sklave.“
Marley lächelte und zuckte mit den Schultern. „Ja, ich habe schon von der Anwärterzeit gehört. Ehrlich gesagt habe ich nie über die Clubszene nachgedacht. Ich liebe einfach nur das Motorradfahren.“
„Und darum geht es im Club auch vor allem.“
Marley wirkte eine Weile nachdenklich. „Ich könnte es ja mal ausprobieren.“
„Das freut mich.“ Ich achtete darauf, dass wir wirklich allein waren, ehe ich noch mehr sagte. „Am Samstag steigt eine Party. Magst du kommen und dich mal umsehen?“
Marley überdachte die Einladung kurz. „Okay. Klingt gut.“
Jetzt, im Clubhaus, trank Marley sein Bier. Ich hatte ihm einen Tisch organisiert und ein Bier ausgegeben. Zumindest das schuldete ich ihm dafür, dass er mir den Arsch gerettet hatte. Ich hatte ihn ein paar Jungs vorgestellt und er schien sich zu amüsieren. Eigentlich hatte ich mich zu ihm setzen wollen, aber meine neueste Eroberung hatte mich auf die Tanzfläche gezerrt. Mein Schwanz war nicht in der Lage gewesen, Nein zu sagen.
Doch die Blicke, die mich beobachteten, kamen nicht von Marley. Tatsächlich hatte er nicht ein Mal in meine Richtung geschaut. Nein, es war die superklasse Frau neben ihm, die mich mit den Augen fickte.
Heute hatte ich zum ersten Mal das Vergnügen und die Qual, seine Freundin zu sehen. Er hatte sie in unseren Mittagspausen öfter erwähnt. Ich hatte nicht so genau zugehört und wusste nicht mehr, ob sie Sandy oder Samantha hieß. Da sie in seinem Alter war, war sie mindestens fünf Jahre älter als ich, und ich hätte mich gern freiwillig als ihr jugendliches Spielzeug zur Verfügung gestellt.
Wenn man sie mit einem Wort beschreiben wollte, wäre es exotisch. Sie war eine ethnische Mischung, aber eine sehr attraktive. Am meisten wirkte sie spanisch, doch ihre mandelförmigen Augen gaben ihr einen asiatischen Touch. Mir war nicht entgangen, dass sich einige der Brüder den Hals nach ihr verrenkt hatten. Ich hoffte, dass das Marley nicht auf die Palme brachte.
Als sie merkte, dass ich sie ansah, erschien ein katzenhaftes Lächeln auf ihren rubinroten Lippen. Sie warf sich das seidige, rabenschwarze Haar über die Schulter. Marley neben ihr schien nicht zu bemerken, was sie da tat.
Auch wenn er kein Patch tragender Bruder war, hätte ich sie nicht so ansehen sollen. Man machte nicht mit einer Frau herum, die einem Bruder gehörte. Das führte immer zu Ärger der fäustefliegenden Art.
Obwohl es hier mehr als genug willige und ungebundene Frauen gab, konnte ich nicht verhindern, dass meine Gedanken über diese Frau in Bereiche wanderten, wo sie nichts zu suchen hatten.
Meine Ohren nahmen den Schrei eines Babys wahr. Ich kannte ihn, denn er kam von meinem Neffen Wyatt. Ich ging durch den Raum Richtung Küche, wo Alexandra in der Tür stand und sich gleich darauf wieder in Bewegung setzte, herumlief, um das quengelige Kind zu beruhigen.
„Was hat denn der kleine Mann?“, fragte ich.
Alexandra schnaubte entnervt. „Keine Ahnung. Er hat zu essen bekommen und eine frische Windel. Aber er will unbedingt weiterjammern.“ Sie küsste den dunkelhaarigen Kopf ihres Sohnes. „Wahrscheinlich hat er die Nase voll von mir. Da Willow und Deacon beim Camping sind, hatte er die letzten drei Tage nur mich zur Unterhaltung.“
„Gib ihn mir mal.“
Alexandra hob erstaunt die Brauen. „Wirklich?“ Als ich nickte, gab sie ihn mir in die Arme. Sofort verstummte er und sah mich an. „Wer hätte gedacht, dass du so gut mit Babys umgehen kannst?“, sinnierte Alexandra.
Ich zwinkerte ihr zu. „Nee, das ist nur, weil er zu viele Möpse gesehen hat. Er muss mal eine Weile bei einem Mann sein.“
„Du bist unmöglich.“ Sie schlug mir gegen den Arm.
„Du magst mich aber trotzdem“, neckte ich sie.
Alexandra gab mir einen Kuss auf die Wange. „Das stimmt. Sehr sogar.“ Sie tätschelte Wyatts Rücken. „Bring ihn mir wieder, wenn du keine Lust mehr auf ihn hast oder er auf dich.“
„Mach ich.“
Ich wanderte mit Wyatt durch den Raum, und ein paar Brüder hielten an und plauderten mit mir, und ihre Old Ladys oder Freundinnen schäkerten mit Wyatt. Obwohl er äußerlich ganz die Mama war, konnte er wie sein alter Herr Menschen bezaubern. Er grinste, winkte und entlockte jedem ein Lächeln.
„Was für ein süßer kleiner Kerl“, sagte eine Stimme hinter mir.
Ich drehte mich um und fand meine Bewunderin vor. Verdammt, aus der Nähe war sie noch heißer. „Danke.“
„Ist das deiner?“, fragte sie.
„Oh Gott, nein. Er gehört meinem Bruder.“
Sie lächelte und streichelte Wyatts Pausbäckchen. „Du hast keine Kinder?“
„Da muss ich schon wieder ‚Oh Gott, nein‘, sagen.“
„Aber du kommst echt gut mit ihm zurecht.“
„Ich mag Kinder, solange sie anderen Leuten gehören“, antwortete ich ehrlich. Als sich Wyatt nach ihr streckte, sah sie mich fragend an. „Klar. Du kannst ihn ruhig mal halten.“
Wyatt warf sich willig in ihre Arme.
„Du bist ja ein richtiger Charmeur.“
Wyatt quietschte fröhlich.
„Wir haben uns noch gar nicht vorgestellt“, sagte ich, während sie mit Wyatt Süßholz raspelte.
„Ich bin Samantha.“
Ich hielt ihr meine Hand hin. „Ich bin Bishop.“
„Schön, dich kennenzulernen.“ Sie balancierte Wyatt auf einem Arm, um mir ihre noch freie Hand reichen zu können.
An ihrer Art, sich vorzustellen, erkannte ich, dass ihr der MC-Lebensstil genauso neu war wie Marley. Die meisten Frauen, mit denen wir zu tun hatten, wussten, dass sie dazusagen mussten, zu welchem Mann sie gehörten und zu welchem Chapter, je nach Art der Party. „Du bist Marleys Freundin.“
Sie nickte. „Genau.“
„Ich habe schon viel von dir gehört.“
Sie zog die Augenbrauen zusammen. „Ach ja?“
Ich zwinkerte. „Nur Gutes, versprochen.“
Samantha lächelte. „Das freut mich zu hören.“
„Das ist also deine erste MC-Party?“
„Ja.“
„Und wie gefällt es dir?“
Sie sah sich um. „Ich finde es interessant.“
Ich lachte. „Diese Party ist recht lahm. Warte erst, bis du zu einer Versammlung kommst.“
„Was ist dann anders?“
„Nun ja, es ist mehr ein Freie-Drinks-für-alle-Fest mit jeder Menge halb nackter Leute, die es ganz offen miteinander treiben.“ Sie weitete die Augen. „Das muss man gesehen haben, um es zu glauben.“
Sie rümpfte die Nase. „Irgendwie weiß ich nicht, ob mir das gefällt.“
„Du gewöhnst dich dran. Besonders, wenn Marley ein Anwärter wird.“
Sie nickte. „Versteh mich nicht falsch. Ich liebe gute Partys. Ich weiß nur nicht, ob ich zusehen will, wie es eine Horde Fremder miteinander treibt.“ Sie grinste. „Pornos sehe ich mir lieber zu Hause an.“
Ich lachte. „Deine Denke gefällt mir.“
Marley erschien neben uns. „Hey, B, wie ich sehe, hast du endlich mein Mädchen kennengelernt.“
„Du bist ein Glückspilz, Mann.“
Marley grinste mich an und setzte dann einen fetten Kuss auf Samanthas Lippen, wobei sie leicht zurückzuckte. Eine seltsame Reaktion. Doch dann lächelte sie ihn strahlend an.
„Ich gebe dir den Süßen jetzt besser wieder“, sagte sie. Ich nahm Wyatt auf den Arm. „Danke, dass ich ihn halten durfte.“
„Jederzeit.“
Sie legte den Arm um Marleys Taille und die beiden schlenderten davon. Nach ein paar Metern sah sie mich über die Schulter hinweg an und lächelte wieder katzenhaft. Ich nickte ihr kurz zu.
Sie sah wieder nach vorn und ich stöhnte auf. Wyatt sah mich überrascht an. Ich lächelte. „Kleiner Mann, dein Onkel steckt schwer in der Scheiße.“
Den Rest des Abends versuchte ich, weder an Samantha zu denken noch über sie zu fantasieren. Doch ich verlor den Kampf. Sogar als ich versuchte, mich abzulenken, meine Runde drehte und mit Clubmitgliedern plauderte, konnte ich nicht aufhören, an sie zu denken. Die meisten Gedanken drehten sich darum, sie auf den Rücken zu legen und um den Verstand zu vögeln.