Manche Menschen verleihen dir Flügel - doch was ist, wenn man sie dir wieder nimmt und du abstürzt?
Lange hat Blair Reynolds das Leben als Escortdame und den damit verbundenen Luxus genossen. Aber tief in ihrem Inneren sehnt sie sich nach echter Zuneigung und Liebe - selbst wenn sie das nicht zugeben würde und auch nicht daran glaubt, dass es für sie einen Märchenprinzen gibt.
Ihrer Überzeugung zum Trotz, lässt sie sich nach einer heißen Pokerrunde auf den attraktiven Aiden Montgomery ein. Schnell folgt jedoch die Ernüchterung, offensichtlich wusste er von ihrer Vergangenheit und hat ihre leidenschaftliche Nacht als Geschäft angesehen. Wütend und verletzt schmeißt sie ihn aus ihrem Hotelzimmer.
Eigentlich will Blair den Mann, der verwirrende Gefühle in ihr auslöst, nie mehr wiedersehen, doch gegen seinen Charme und die Chemie zwischen ihnen kann sie sich nicht lange wehren.
Alles scheint perfekt, bis Blair plötzlich merkt, dass sie nicht die einzige Frau ist, der Aidens Herz gehört ...
Teil 2 der "Safe Harbor"-Reihe.
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Cheryl Kingston wurde 1990 in einer kleinen nordrhein-westfälischen Stadt geboren und studiert Kommunikations- und Multimediamanagement. Bereits in ihrer frühen Kindheit hat sie die Liebe zu Büchern entdeckt. Die Idee, ebenfalls Geschichten schreiben zu wollen, entwickelte sich in ihrer Jugend und...
Blair
Ich hatte wirklich seit langer, langer Zeit kein so schönes Wochenende.
Leider kommen wir viel zu schnell vor meinem Wohngebäude an, widerwillig schnalle ich mich los und steige aus. Als ich um den Wagen herumtrete, hat Aiden bereits meinen Koffer auf den Bürgersteig gestellt und schließt die Heckklappe.
»Ich trag dir noch den Koffer hoch.« Ohne mir die Chance zum Widerspruch zu geben, schnappt Aiden mir mein Gepäck vor der Nase weg und geht voran.
Kurz genieße ich den Anblick seines Hinterns in den verwaschenen Jeans, beeile mich dann...
...aber, zu ihm aufzuschließen. Aiden passiert mit einem Gruß den Portier und steuert zielstrebig die Aufzüge an. Da er mich Donnerstagmorgen vor der Tür abgeholt hat, weiß er sowohl meine Etage als auch meine Wohnungsnummer. Oben angekommen, küsst er mich zärtlich, aber vor allem viel zu kurz auf die Lippen und verabschiedet sich ohne große Worte. Ich bin enttäuscht, dass er nicht versucht, mit reinzukommen, umso mehr freut es mich, als er noch mal stehen bleibt und mit einem Blick über die Schulter sagt: »Ich hole dich Donnerstag um sechs ab. Ich würde gerne vor Inferno mit dir essen gehen.«
»Du bittest mich nicht, mit dir auszugehen, sondern bestimmst, dass wir es tun?«, frage ich mit einem strahlenden Lächeln.
»Ich kann nicht riskieren, dass du Nein sagst.«
»Na, wenn das so ist, muss ich wohl am Donnerstag um sechs zum Aufbruch bereit sein.« Kurz zögere ich, doch dann gehe ich entschlossen auf ihn zu, schlinge meine Arme um seinen Nacken und ziehe ihn zu mir herab, sodass ich ihm einen richtigen Abschiedskuss geben kann - einen Abschiedskuss, bei dem ihm Hören und Sehen vergehen und der ihn in freudiger Erwartung auf unser Date zurücklässt. »Ich freue mich«, hauche ich an seinem Mund und löse mich von ihm. Ohne noch mal zurückzublicken, gehe ich in meine Wohnung und schließe mit einem leisen Klicken die Tür. Scheiße, wie sehr ich diesen Kerl will!
Aiden
Die vergangenen drei Tage sind anstrengend gewesen. Mit dem Spiel läuft zwar alles gut, dennoch gibt es genug zu tun.
»Heute seht ihr euch wieder?« Cody steht im Türrahmen und schaut mich nachdenklich an.
»Ich hole Blair um sechs zu Hause ab, wir wollen etwas essen und uns dann Inferno anschauen.«
»Viel Spaß.« Auch wenn es sich so angehört hat, als würde Cody dem nichts mehr hinzufügen wollen, steht er immer noch in der Tür. Ich versuche, ihn zu ignorieren, fühle mich aber so sehr beobachtet, dass ich die Augenbraue fragend hochziehe. »Was ist?«, frage ich.
»Sie bedeutet dir etwas, oder?«
»Ja, ich genieße die Zeit mit ihr.«
»Gut, das ist sehr gut.« Langsam beginnt Cody, mich zu nerven. Warum spuckt er nicht einfach aus, was er mir unbedingt mitteilen will? »Wir hatten uns schon Sorgen gemacht … nach der Sache mit Liliana …«
»Lass das!«, fahre ich ihn an. »Ich will nicht über sie sprechen!« Zu schmerzhaft ist immer noch der Gedanke an meine erste große Liebe.
»Okay, alles gut, sorry!«, rudert Cody zurück. »Ich wollte bloß sagen, egal ob Ethan, Wade oder ich dich ärgern und aufziehen, wir sind froh, dass du glücklich zu sein scheinst.«
»Danke.« Ich nicke und hoffe, dass er endlich verschwindet. Cody hat es gut gemeint, das weiß ich, trotzdem hat er mir gerade gehörig die Laune versaut. Um mich abzulenken, schaue ich auf mein Handy und entdecke eine Nachricht von Blair.
Ich freue mich auf heute Abend! Bin auch schon halb verhungert, werde heute keine Pause haben. - B
Es ist erstaunlich, wie schnell ich wieder lächeln kann. Ich tippe eine Antwort.
Hast du auf etwas Spezielles Lust? Ich habe an italienisch gedacht, bin aber offen für etwas anderes. Sag mir einfach Bescheid. - A
Blair scheint sehr eingespannt zu sein, denn als ich eine Stunde später wieder aufs Handy schaue, hat sie immer noch nicht geantwortet. Ich weiß, dass ich keinen Grund habe, enttäuscht zu sein, trotzdem bin ich es. Meine Augen brennen von der langen Arbeit am PC, deshalb entschließe ich mich, eine Pause zu machen und zu der Patisserie um die Ecke zu gehen. Blair hat sich bisher immer gefreut, wenn ich ihr Pralinen mitgebracht habe, und ich finde, besonders heute hat sie sich welche verdient, immerhin arbeitet sie sehr hart. Kurz frage ich mich, ob es übertrieben ist, ihr innerhalb eines knappen Monats drei Mal Trüffel zu schenken. Doch dann denke ich mir: Scheiß drauf, mit Blair läuft gar nichts auf die konventionelle Art, warum soll ich also hier anfangen, über Verhaltensregeln nachzudenken? Auf dem Weg zurück ins Büro fällt mir auf der gegenüberliegenden Seite ein Blumenladen ins Auge. Da ich glaube, dass sie nicht der Rosentyp ist, nehme ich mir eine alte Geschichte meiner Mutter zu Herzen und kaufe ihr einen Strauß rosaweißer Lilien.
Mir ist bekannt, dass Lilien oft zu Beerdigungen verschenkt werden, meine Mutter hat uns vor Jahren aber auch eine andere Bedeutung erklärt, nämlich, dass Lilien damals im viktorianischen Zeitalter, in dem man Liebe nicht öffentlich bekundete, genutzt wurden, um Zuneigung auszudrücken. Ich hoffe, Blair erkennt die Bedeutung dahinter. Kurz darauf nehme ich den Strauß entgegen und versuche, Pralinen und Blumen so zu arrangieren, dass ich mein Handy aus der Hose fischen kann. Die Vibration an meinem Oberschenkel hat nämlich eine neue Mitteilung angekündigt.
Italienisch ist super, ich habe mega Lust auf Pasta mit Meeresfrüchten! <3 - B
Ich brauche einige Sekunden, um zu erkennen, dass die zwei komischen Zeichen ein Herz darstellen sollen. Bisher hat mir noch nie jemand so ein Symbol geschickt, umso mehr bedeutet es mir, dass Blair die Erste ist. Dabei ist mir ganz egal, dass die Möglichkeit besteht, dass sie sich auf die Pasta bezogen hat und nicht auf mich.
Bin, wie gehabt, um sechs bei dir, antworte ich.
Ab diesen Moment ziehen sich die restlichen Stunden bis zum Feierabend wie Kaugummi. Ich stecke bis zum Hals in Arbeit und trotzdem will die Zeit nicht vergehen. Um halb fünf kann ich dann endlich Schluss machen und nach Hause fahren. Da Blair offensichtlich Hemden an mir mag, entscheide ich mich heute für ein Jeanshemd und eine hellbraune Stoffhose. Zur Abwechslung setze ich mir sogar Kontaktlinsen ein und die sind wahrscheinlich auch der Grund, weshalb sie mich im ersten Moment irritiert anschaut.
»Aiden, du trägst heute gar keine Brille«, kommentiert sie das Offensichtliche und lächelt.
»Stimmt. Ich dachte, ich ziehe alle Register, es ist immerhin unser erstes offizielles Date, und ohne lästige Brille, die im Weg ist, küsst es sich besser«, scherze ich, gebe ihr aber zum Beweis einen flüchtigen Kuss auf den Mundwinkel. »Und wie es sich gehört, habe ich hier Blumen und Pralinen für dich.«
»Du bist doch bescheuert!«, ruft sie lachend und zieht mich am Hemdkragen zu sich, um mich noch mal zu küssen.
»Woher wusstest du, dass Lilien meine Lieblingsblumen sind?«
»Wusste ich nicht, ich war bloß der Meinung, dass du sie origineller finden könntest als Rosen.«
»Das sind sie in der Tat. Komm doch bitte rein, ich brauche noch einen Moment und würde die Blumen gerne in eine Vase stellen.«
Ich folge ihrer Einladung und schließe die Tür hinter mir. Mein Blick wandert bereits durch die weit geschnittene und moderne Wohnung mit dem schicken und weiblichen Einrichtungsstil. Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, aber ich fühle mich sofort wohl, fast schon heimisch. »Du hast eine sehr schöne Wohnung.«
»Danke«, ruft sie mir aus der Küche entgegen.
Statt mich weiter umzuschauen, folge ich ihr und betrachte sie vom Türrahmen aus. Heute trägt sie eine Jeans im Used Look und ein einfaches enganliegendes T-Shirt in Grau, dazu Armbänder und eine Kette aus Gold. Nicht zum ersten Mal frage ich mich, ob sie einer dieser Modezeitschriften entsprungen ist, die meine Mutter so gerne liest.
Blair dreht sich um und wirft sich die langen blonden Locken über die Schulter. Sie ist noch barfuß und wirkt daher kleiner als sonst. Dieser krasse Größenunterschied macht mich an, löst aber gleichzeitig auch einen Beschützerinstinkt in mir aus. Gerade in diesem Moment würde ich sie jedoch am liebsten auf die Anrichte heben und hart vögeln. Erst danach würde ich sanft sein können und mir Zeit nehmen. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich meinen, sie hätte meine Gedanken gelesen, anders kann ich mir nicht erklären, dass sie sich über die Lippen leckt und mich mit funkelnden Augen anschaut.
»Wenn du das noch mal machst, müssen wir den Film sausen lassen«, stöhne ich und kann meinen Blick nicht von ihren Lippen abwenden.
»Was denn?«, fragt sie unschuldig und leckt sich ein weiteres Mal über die Lippen, nur um mich im Anschluss herausfordernd anzugrinsen.
»Genau das!« Ich bin weit davon entfernt, die Kontrolle zu verlieren, dennoch quält mich ihre Geste auf eine süße Weise.
Lasziv macht Blair zwei Schritte auf mich zu und küsst mich im nächsten Moment stürmisch. Bevor ich jedoch nach ihr greifen kann, hat sie sich an mir vorbei in den Flur geschoben. Mit einem katzenhaften Lächeln schaut sie mich nun an und steigt in ein Paar roter High Heels. »Ich habe Hunger und möchte den Film sehen, später ist noch genug Zeit zum Spielen.«
Wir wissen beide, was sie gerade versprochen hat, und ich lasse mich nur zu gerne darauf ein. Der ganze Abend wird eine spezielle Art des Vorspiels sein, und wenn wir später wieder hier in ihrer Küche stehen, werde ich sie so sehr erregt haben, dass sie keine weitere Sekunde ohne meinen Schwanz in sich aushalten wird.
Blair
Seit wir meine Wohnung verlassen haben, sieht Aiden mich wie ein verhungerndes Raubtier an. Ich weiß, dass ich mit dem Feuer spiele und ihm mit meiner Aussage etwas versprochen habe, dennoch kann ich nicht aufhören, ihn immer weiter zu reizen. In den vergangenen drei Tagen ist mir bewusst geworden, dass Aiden sich bereits in mein Leben geschlichen hat und ich nicht bereit bin, ihn gehen zu lassen – zumindest noch nicht, wenn überhaupt. Ich habe nach wie vor Angst vor dem, was mich erwartet, sobald ich meinen Gefühlen nachgebe, da ich aber nie der Typ Frau gewesen bin, der kneift, werde ich es auch jetzt nicht tun. Allein, weil ich mich niemals fragen will: Was wäre, wenn?
Die wundervollen gemeinsamen Tage in New York und das Essen mit Oliv und Kane haben mich zuerst sehr verwirrt und aufgewühlt, mit ein bisschen Abstand habe ich jedoch erkannt, dass ich es nicht sein sollte. Aiden wird kein anderer Mensch werden, nur weil ich alles totanalysiere und mich damit selbst verwirre. Außerdem gehen mir Olivs Worte von unserem Gespräch am Montag nicht mehr aus dem Kopf. Blair, da ist ein rattenscharfer, reicher und mega kluger Kerl, der offensichtlich auf dich steht. Greif zu und sei nicht so dumm, dir eine wirklich atemberaubende Chance durch die Lappen gehen zu lassen! Ihr kennt euch erst seit einem knappen Monat, und dennoch sieht er dich an, als würde er dein persönlicher Superheld sein wollen. Dieser Vergleich hatte mich zum Lachen gebracht und das Nagen in meiner Brust gelindert. Superheld, diese Beschreibung würde Aiden gefallen. Gleichzeitig ist mir bewusst geworden, dass Olivia recht hat. Aiden hat sich seit unserem zweiten Treffen wirklich helden- und ehrenhaft mir gegenüber verhalten. Wir haben drei Nächte im selben Bett geschlafen und er hat mich zu nichts gedrängt. Doch was viel wichtiger ist, er respektiert mich und sieht mehr in mir als die meisten anderen Menschen zuvor. Er ist der erste Mann, von dem ich gesehen werden will. Das ist auch die Erklärung dafür, dass ich ihm von meiner Vergangenheit erzählt und ihn damit so nahe an mich herangelassen habe, dass ich nun verletzlich für ihn bin. Wenn er also bisher noch kein Reißaus genommen hat, stehen die Chancen vielleicht wirklich gut, dass er es - zumindest vorerst – nicht tun wird. Im Leben gibt es nie eine Garantie, und ich schätze, wenn ich jetzt aufgebe, wird irgendwann der Punkt kommen, an dem ich mich selbst dafür hasse.
Heute soll das Feuer zwischen uns neu entflammen, und über alles, was danach geschieht, mache ich mir auch erst dann Gedanken. Durch mein offensives Verhalten, zusammen mit dem Versprechen, was später folgen wird, hat sich die Stimmung geändert. Aiden ist wieder mehr der Mann, denn ich vor fast vier Wochen im Casino kennengelernt habe. Er strahlt sowohl Entschlossenheit als auch heiße Leidenschaft und Zuneigung aus – eine erregende Mischung.
»Hast du bereits gewählt?«, fragt er und blickt über die Menükarte des Italieners zu mir herüber.
»Ja, ich bleibe bei den Spaghetti mit Meeresfrüchten.«
»Sehr gute Wahl, ich nehme die Fettuccine in Steinpilzsoße mit Rinderfiletspitzen. Wollen wir uns vorher einen Vorspeisenteller teilen?«
»Gute Idee, die Oliven und die getrockneten Tomaten musst du aber übernehmen.«
»Lass uns lieber einen individuellen Teller zusammenstellen. Oliven und getrocknete Tomaten mag ich nämlich auch nicht.«
»Du wirst mir immer sympathischer«, necke ich ihn. »Ich liebe Vitello tonnato und Büffelmozzarella.«
»Wenn ich dann noch das Rindercarpaccio und die Gambas mit Knoblauchbrot nehme, dürfte das reichen, oder hast du weitere Wünsche?«
»Ich bin vollauf zufrieden, wahrscheinlich musst du sowieso den Löwenanteil davon essen.«
»Solange ich nicht der Einzige bin, der beim Knoblauchbrot zuschlägt, soll mir das recht sein.« Mit seinem ganz speziellen Lächeln zwinkert er mir zu und umschließt meine Fingerspitzen mit seiner Hand.
Sofort flattern tausend Schmetterlinge in meinem Bauch. Aiden überrascht mich in jeglicher Hinsicht, vor allem bin ich erstaunt, wie genügsam er ist. Seinen Erzählungen und dem Erfolg seines Computerspiels zufolge, hat er mehrere Millionen auf dem Konto und ist trotzdem bodenständig geblieben. Bisher deuten allein sein teurer SUV und einige seiner Accessoires auf sein Vermögen hin. Er trägt zwar wie ich Markenkleidung, stellt sie aber nicht so zur Schau wie zum Beispiel der penible Kane. Was nicht heißen soll, dass ich Kane oder auch Aiden kritisieren will, es ist mir bloß aufgefallen.
»Wie kommt es, dass du nicht abgehoben bist?« Noch bevor ich es verhindern kann, habe ich einen Teil meiner Gedanken laut ausgesprochen.
»Bitte?« Verwirrt sieht er mich an.
»Du und Cody, ihr seid beide erfolgreich und trotzdem total normal.«
»Ich hoffe, du willst mir damit nicht sagen, dass ich ein Langweiler bin«, zieht er mich auf.
»Nein.« Mittlerweile ist es mir peinlich, dass ich ihn darauf angesprochen habe; Geld ist ein sensibles Thema.
Bevor Aiden antwortet, nimmt er einen Schluck aus seinem Weinglas. »Weißt du, ich bin einfach glücklich, dass ich meinen Traum leben und das tun kann, was ich liebe. Das Geld ist bloß ein Bonus. Wenn es nach mir gehen würde, hätte ich immer noch T-Shirts mit Comic-Print und schlecht sitzende Jeans an. Zugegeben, die T-Shirts trage ich weiterhin gerne, aber ansonsten muss ich halt ein annehmbares Bild abgeben. Zu einem Date zieht man sich angemessen an, genauso wie zu einem Meeting mit Kunden oder einem Casinobesuch. Meine Mutter hat uns sehr streng erzogen und viel Wert daraufgelegt, dass wir selbst mit wenig zufrieden sind. Laut ihr gab es während unserer Kindheit Phasen, in denen das Bauunternehmen meines Vaters nur mäßig lief. Rückblickend kann ich mich nicht daran erinnern, denn wir hatten trotzdem immer alles.«
Ich lasse mir seine Worte durch den Kopf gehen. »Ich wünschte, diese Erkenntnis hätte ich bereits früher gehabt. Mittlerweile habe ich ähnliche Ansichten. Ich bin nicht mehr ganz so materialistisch, sondern freue mich lieber über Dinge, die man mit Geld nicht kaufen kann. Aber damals, in meiner späten Jugend, konnte ich von Luxus nicht genug bekommen, ich war geradezu süchtig danach.«
»Ich kann das nachvollziehen.« Nachdenklich sieht Aiden mich an und lässt sein Besteck sinken. »Ich schätze, es ist vergleichbar mit den Kindern in Willy Wonkas Schokoladenfabrik. Im offensichtlichen Paradies angekommen, verlieren sie jegliche Kontrolle über sich und können nicht genug von Schokolade und Süßigkeiten bekommen. Macht dieser Vergleich Sinn?«
Wieder bin ich erstaunt, wie gut er mich versteht. »Ja, tut er. Warum sagst du immer das Richtige?«
»Vielleicht, weil ich dich tatsächlich verstehe oder es zumindest versuche.«
Es knackt in meiner Brust. Ich merke, wie meine Schutzmauern weitere Risse bekommen und die ersten Stücke herausbrechen. Kann ich Aiden wirklich vertrauen?
Aiden
Die Zeit, bis wir uns auf den Rückweg zu Blairs Wohnung machen, ist tatsächlich weniger Vorspiel, sondern mehr ein stetes Festigen unserer aufkeimenden Gefühle füreinander. Natürlich fliegen nach wie vor die Funken, und die sexuelle Spannung ist für mich kaum mehr ertragbar, trotzdem liebe ich es, mit ihr zusammen zu sein, ein gutes Abendessen zu genießen und einen Film zu sehen. Allein deshalb hoffe ich, dass Blair sich langsam eingesteht, dass das zwischen uns niemals nur Sex oder Freundschaft mit gewissen Vorzügen sein kann.
Das Licht im Kinosaal wird wieder eingeschaltet, und ich realisiere, dass bereits der Abspann von Inferno läuft –mitbekommen habe ich offenbar kaum etwas von dem Film, viel zu stark hat mich Blairs Nähe abgelenkt. Wie sehr ich sie und diese Zweisamkeit in den letzten Tagen vermisst habe, wird mir gerade erst bewusst. Auch wenn es mich wirklich verrückt gemacht hat, dass sie ihre Hand auf meinen Oberschenkel gelegt und ihn durchgehend mit dem Daumen gestreichelt hat, kann ich mir kaum etwas Schöneres vorstellen. Vor allem bin ich mir noch nicht mal sicher, ob Blair sich überhaupt darüber bewusst gewesen ist, was – wieder mal – mehr aussagen würde als jedes ihrer Worte.
»Und, wie hat dir der Film gefallen?«, frage ich sie in dem Versuch, mich von meinem halb steifen Schwanz abzulenken.
»Gut, auch wenn ich mir mit dem Buch als Grundlage und aufgrund der vorangegangenen Filme mehr erhofft habe. Inferno war super, ein wenig geheimnisvoll, actionreich und spannend, dennoch muss ich sagen, dass mein Favorit wohl Illuminati bleibt.« Zu meiner Überraschung nimmt sie meinen Arm und legt ihn sich über die Schulter. »Wie fandest du ihn?«
»Gut.« Wenn ich denn mehr von ihm mitbekommen hätte. »Ich sehe das ähnlich wie du. Ich würde ihn mir trotzdem noch mal anschauen und hoffe auf weitere Verfilmungen der Robert-Langdon-Reihe.«
»Auf jeden Fall. Als Nächstes freue ich mich auf Resident Evil – The Final Chapter.«
»Ich bin leider kein Fan der Filme, würde ihn aber mit dir anschauen.«
»Darauf nagle ich dich fest!«, verspricht sie heiter und ich muss wieder an ganze andere – nicht jugendfreie – Dinge denken. Seit wann springe ich so sehr auf ein einfaches Wort an? Nageln, oh Mann!
»Das hoffe ich«, erwidere ich und versuche unauffällig, tief durchzuatmen. Vollkommen darauf konzentriert, mich nicht durch irgendeine unbedachte Äußerung zu blamieren – zum Beispiel doch noch etwas Unangebrachtes auf das Nageln zu antworten -, führe ich sie zu meinem Wagen. Wie immer will ich ihr die Beifahrertür öffnen, werde jedoch von Blair aufgehalten, die ihre Hand bestimmt auf den Türgriff legt. In der ersten Sekunde bin ich überrumpelt und gerate peinlicherweise sogar ins Straucheln, doch schnell verstehe ich, was sie geplant hat. Vor allem erkenne ich, dass ihr sehr deutlich bewusst gewesen ist, was sie mir und meinem Körper im Kino mit ihren unschuldigen Berührungen angetan hat.
Verlangend drückt sie sich an mich, schlingt mir die Arme um den Hals, presst ihre Lippen auf meine und küsst mich so ausgehungert, wie ich mich fühle. Ihre flinke Zunge schlüpft zwischen meine Lippen und fordert mich auf, sie zurückzuküssen – das lasse ich mir natürlich kein zweites Mal sagen. Ich lege ihr die Hände an die Wangen und kippe ihren Kopf nach hinten, sodass ich besseren Zugang zu ihrem Mund habe und das Spiel unserer Zungen intensivieren kann - sie schmeckt nach dem Popcorn und der Schokolade, die sie während des Films gegessen hat. Eine Tatsache, die mich sofort noch süchtiger nach ihr macht. Stöhnend drücke ich sie gegen die Seite meines Wagens; selbst wenn sie wollte, könnte sie mir jetzt nicht mehr entkommen.
»Ich will dich!«, gibt sie mir unmissverständlich zu verstehen und gleitet mit einer Hand meinen Körper hinab, um meine Erektion durch den Stoff meiner Hose zu massieren.
Zischend ziehe ich die Luft ein und beiße ihr in die Unterlippe. Dieses vorwitzige Mädchen wird mein Untergang sein. »Pass auf, was du dir wünschst, sonst nehme ich dich an Ort und Stelle.«
»Was ist, wenn ich genau das will?« Bestimmt schlingt sie die Arme zurück um meinen Hals und reibt sich wollüstig an mir.