Miami High Flyers: Dubious Decision

Er­schie­nen: 07/2022
Serie: Miami High Fly­ers
Teil der Serie: 2

Genre: Con­tem­pora­ry Ro­mance, Sport Ro­mance

Lo­ca­ti­on: USA, Flo­ri­da, Miami


Er­hält­lich als:
pa­per­back & ebook

ISBN:
Print: 978-3-86495-548-8
ebook: 978-3-86495-549-5

Preis:
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Miami High Flyers: Dubious Decision


In­halts­an­ga­be

Chel­sey Har­per ver­folgt nur ein Ziel: End­lich ihre Fach­arzt­aus­bil­dung ab­schlie­ßen. Dafür steckt sie in allen Be­lan­gen zu­rück. Par­tys, Män­ner und auch ihre Freun­de müs­sen hin­ten­an­ste­hen.

Jor­dan Lewis, Frau­en­schwarm und Cen­ter des Bas­ket­ball­teams der Miami High Fly­ers, wird nach einem Ver­kehrs­un­fall in das Kran­ken­haus ein­ge­lie­fert, in dem Chel­sey ar­bei­tet. Das ge­sam­te weib­li­che Per­so­nal schwärmt von dem at­trak­ti­ven Sport­ler – bis auf Chel­sey.

Na­tür­lich ist Chel­sey nicht blind und auch sie fin­det den Bas­ket­bal­ler an­zie­hend, doch sie hat einen ei­ser­nen Vor­satz, den sie nicht zu bre­chen ge­denkt. Da Chel­sey Jor­dans Re­ha­bi­li­ta­ti­on be­treu­en muss, ist sie sei­nen Flir­tof­fen­si­ven voll­stän­dig aus­ge­lie­fert.

Mit der Zeit ge­lingt es Jor­dan, Chel­sey um den klei­nen Fin­ger zu wi­ckeln. Die bei­den be­gin­nen eine heiße Af­fä­re, wor­auf­hin plötz­lich viel mehr auf dem Spiel steht als ihre bis­he­ri­ge Freund­schaft. Die bei­den müs­sen eine Ent­schei­dung tref­fen, die ihr Leben für immer ver­än­dern könn­te.

Über die Au­to­rin

Ari­zo­na Moore ist das Pseud­onym einer deutsch­spra­chi­gen Au­to­rin und steht für Liebe, Herz­schmerz, Drama und einen Hauch ero­ti­schem Pri­ckeln.
Bü­cher sind und waren schon immer ihre größ­te Lei­den­schaft. An­fäng­lich hat sie ihre Ge­schich­ten nur für sich selbst zu Pa­pier...

Wei­te­re Teile der Miami High Fly­ers Serie

Le­se­pro­be

Dann sam­me­le ich meine Kla­mot­ten ein und ziehe mich schnel­ler wie­der an, als ich mich aus­ge­zo­gen habe. An­schlie­ßend schlei­che ich mich aus dem Gäs­te­zim­mer und lasse Mandy zu­rück. Ich weiß, dass das nicht die feine Art ist, aber ich brau­che einen Mo­ment für mich, um mich und mein sel­ten däm­li­ches Ver­hal­ten zu re­flek­tie­ren.
Wie­der im Zen­trum des Par­ty­ge­sche­hens an­ge­kom­men, gehe ich in den Gar­ten und suche nach einem ru­hi­gen Platz, um mich zu sor­tie­ren und um zu ver­schnau­fen. Ei­ni­ge Meter von der Ter­ras­se ent­fernt, steht eine Holz­bank, die mir die ge­wünsch­te Ab­ge­schie­den­heit bie­tet. Ich gehe auf die Bank zu...

...​und sehe, kurz bevor ich sie er­rei­che, dass sie be­reits be­legt ist. Um­zu­dre­hen, um mir einen an­de­ren Ort zu su­chen, wäre ko­misch. Des­we­gen halte ich den Kurs. Mit mei­ner schlech­ten Laune werde ich die Per­son, die es sich hier ge­müt­lich ge­macht hat, si­cher­lich ver­grau­len kön­nen. Ich werde ein­fach den an­ge­piss­ten Jor­dan raus­hän­gen las­sen, der ich nun mal ge­ra­de bin.
Als ich vor der Bank stehe, sehe ich Max, den Gast­ge­ber, dort ho­cken. Er sieht aus, als wäre auch ihm eine Laus über die Leber ge­lau­fen. Seine Ge­sichts­zü­ge sind hart, die Mund­win­kel sind her­un­ter­ge­zo­gen und er blickt ver­dammt fins­ter drein.
„Was ist los, Kum­pel?“, frage ich ihn und setze mich neben ihn. „Gab es Kom­pli­ka­tio­nen bei eurem Drei­er?“
„Nee, das ist es nicht.“ Er schüt­telt den Kopf. „Ich habe heute einen der­ben An­schiss vom Coach kas­siert. Ich hatte ge­hofft, dass der Drei­er meine Laune hebt, aber das war nur kurz­zei­tig der Fall. An­geb­lich waren meine Leis­tun­gen im Trai­ning so un­ter­ir­disch schlecht, dass ich beim nächs­ten Spiel die Er­satz­bank wär­men muss. Fuck, ich stehe immer in der Start­auf­stel­lung und spie­le nie die zwei­te Geige.“
Das ver­ste­he ich nur zu gut. Für jeden Sport­ler ist es im­mens wich­tig, das Spiel zu er­öff­nen. Wer es nicht in die Star­ting Five schafft, fühlt sich min­der­wer­tig. Na­tür­lich tra­gen die Re­ser­vis­ten auch ihren Teil zum Teamer­folg bei, doch jeder möch­te ein An­füh­rer, ein Spiel­ma­cher sein. Da Max der beste Small For­ward der Liga ist, kann ich die Ent­schei­dung des Head­coachs nicht nach­voll­zie­hen. Max’ Stär­ken sind seine Schnel­lig­keit und die Drib­bel­ge­nau­ig­keit. Nie­mand zieht so flink zum Korb und ver­wan­delt mehr Mit­tel­dis­tanz­wür­fe wie er. Au­ßer­dem ist er ein Ass an der Drei­er­li­nie. Seine Zu­rück­stel­lung ist eine enor­me Schwä­chung der Mann­schaft.
„Und was ist dein Grund, dich in eine dunk­le Ecke zu ver­krü­meln? Stress mit der Tussi, mit der du vor­hin so wild rum­ge­knutscht hast?“, will Max wis­sen.
„Ich habe ein­fach kei­nen Bock auf den gan­zen Tru­bel“, flun­ke­re ich. Nichts liegt mir fer­ner, als ihm die Wahr­heit zu sagen. Was ak­tu­ell in mei­nem Kopf ab­geht, geht nur mich etwas an. „Ich bin ge­ra­de erst aus dem Kran­ken­haus ent­las­sen wor­den und sehne mich nach Ruhe. Trotz­dem Danke, dass ihr euch so viel Mühe bei der Or­ga­ni­sa­ti­on der Party ge­macht habt.“
„Seit wann? Nor­ma­ler­wei­se kann es dir doch nicht laut und bunt genug sein.“ Max lacht. „Sag mal, stimmt es, dass Chel­sey deine Phy­sio­the­ra­pie ko­or­di­niert? Wie hast du sie denn dazu be­kom­men?“
„Mit mei­nem un­wi­der­steh­li­chen Charme.“ Ich zwin­ke­re ihm zu.
„Wel­chem Charme?“, kon­tert er la­chend. „Ich glau­be ja nicht, dass du sie ohne einen Hin­ter­ge­dan­ken als dei­nen Phy­sio­coach ver­haf­tet hast. Ist es nicht eher so, dass du neu­er­dings ein Fai­ble für Ladys im Kran­ken­haus­dress hast? Aiden hat mir er­zählt, dass du eine Kran­ken­schwes­ter ver­na­schen woll­test.“
„Falls du dar­auf an­spie­len willst, dass ich scharf auf Chel­sey bin, muss ich dich lei­der ent­täu­schen. Sie ist über­haupt nicht mein Typ, viel zu prüde und ver­klemmt“, nehme ich ihm so­fort den Wind aus den Se­geln und hoffe, dass er mir die Flun­ke­rei ab­nimmt.
„Willst du mich ver­ar­schen? Jetzt er­zähl mir doch kei­nen vom Pferd. Ich bin mir si­cher, dass du sie ab­sicht­lich in die Si­tua­ti­on hin­ein­ma­nö­vriert hast, denn mir ist nicht ent­gan­gen, wie du sie neu­lich bei der Vi­si­te mit dei­nen Bli­cken aus­ge­zo­gen hast. Dir lief sogar ein wenig Sab­ber aus den Mund­win­keln.“ Max zieht eine Au­gen­braue in die Höhe und mus­tert mich mit einem wis­sen­den Grin­sen.
„Bull­s­hit, ich stehe nicht auf Chel­sey. Würde sie mir etwas be­deu­ten, hätte ich ganz be­stimmt nicht die blon­de Gra­na­te in dei­nem Gäs­te­zim­mer ge­knallt, oder?“, ver­su­che ich, mei­nen Kopf aus der ver­damm­ten Schlin­ge zu zie­hen, und bete, dass er es damit end­lich auf sich be­ru­hen lasst. „Sie ist nichts wei­ter als eine gute Freun­din. Wie schon ge­sagt, sie ist mir viel zu zu­ge­knöpft und lieb. Ich will eine Frau fürs Bett, und kein Mäd­chen.“
Autsch, das war echt mies von mir, aber ich wuss­te mir nicht an­ders zu hel­fen. Max die Wahr­heit zu sagen, näm­lich dass sie mir ir­gend­wie unter die Haut geht, war keine Op­ti­on. Wüss­te er davon, würde das schnel­ler die Runde ma­chen als ein Busch­feu­er. Max und Carl sind die Klatsch­tan­ten des Teams. Kein Ge­heim­nis ist bei den bei­den si­cher. Wenn es etwas zu trat­schen gibt, mi­schen sie an vor­ders­ter Front mit. Ich glau­be nicht, dass sie mut­wil­lig oder vor­sätz­lich die ihnen an­ver­trau­ten Dinge aus­plau­dern, son­dern dass sie ein­fach echt mies darin sind, sie für sich zu be­hal­ten.
Na­tür­lich ist Chel­sey alles an­de­re als ein klei­nes Mäd­chen. Sie ist ver­dammt sexy, klug, hu­mor­voll und zieht jeden Mann mit ihrer kras­sen Aus­strah­lung in den Bann. Je­doch würde ich mir eher ins Knie schie­ßen, als das vor Max zu­zu­ge­ben. Mein Kum­pel würde die Schwär­me­rei bei jeder sich ihm bie­ten­den Ge­le­gen­heit gegen mich ver­wen­den und mich damit auf­zie­hen. Und dar­auf kann ich gut und gerne ver­zich­ten.
„Na klar, wenn du das sagst.“ Er zuckt la­chend mit den Schul­tern. Damit steht für mich fest, dass er mir kein Wort glaubt. „Wie sieht es aus? An­statt hier drau­ßen Trüb­sal zu bla­sen, soll­ten wir uns lie­ber wie­der ins Ge­tüm­mel stür­zen und ein paar Shots kip­pen. Bist du dabei?“
„Immer“, ent­geg­ne ich und stehe auf.
Max und ich gehen ge­mein­sam durch den Gar­ten zum Haus und su­chen die Küche auf, um sei­nen Vor­schlag in die Tat um­zu­set­zen. Als wir den Raum be­tre­ten, sehe ich Kayla, Aiden und Har­low an der Koch­in­sel ste­hen, wo sie sich bei einer Fla­sche Bier an­ge­regt un­ter­hal­ten.
„Hi, Leute, alles fit bei euch? Wo habt ihr denn Chel­sey ge­las­sen?“, frage ich in die Runde und schen­ke mir einen Wodka ein.
In der Regel hän­gen die Mä­dels immer zu­sam­men rum. Zwi­schen die drei passt kein Blatt Pa­pier. Manch­mal zie­hen wir Aiden in der Um­klei­de­ka­bi­ne damit auf, dass er nicht nur mit Kayla zu­sam­men ist, son­dern auch ir­gend­wie mit Har­low und Chel­sey. Sie sind näm­lich nicht bloß Freun­din­nen, die sich ab und an zum Shop­pen tref­fen oder ihre Mens­trua­ti­ons­pro­ble­me mit­ein­an­der tei­len, son­dern See­len­ver­wand­te. Manch­mal sind sie mir ein wenig un­heim­lich. Es ist, als wären sie in ihren Ge­dan­ken ver­bun­den, denn es kommt nicht sel­ten vor, dass die eine den Satz der an­de­ren ver­voll­stän­digt.
„Chel­sey woll­te einen Mo­ment in den Gar­ten und fri­sche Luft schnap­pen“, meint Har­low, der ich einen Shot rei­che. Wir sto­ßen mit­ein­an­der an und kip­pen den Kur­zen her­un­ter.
Nach­dem ich ein paar Schnäp­se mit mei­nen Freun­den ge­trun­ken habe, bin ich ver­dammt an­ge­hei­tert. Mir ist sogar ein wenig übel und ir­gend­wie ist mir schum­me­rig. Des­we­gen ent­schei­de ich mich dazu, für den Rest der Nacht die Fin­ger vom Al­ko­hol zu las­sen und mich wie­der auf die Bank in den Gar­ten zu set­zen. Ein wenig fri­sche Luft wird mir ge­wiss dabei hel­fen, aus­zu­nüch­tern.
Auch die­ses Mal ist die Sitz­ge­le­gen­heit fern­ab des Tru­bels be­reits be­legt. Als ich nur noch ein paar Schrit­te von der Bank ent­fernt bin, sehe ich, wer sie für sich be­an­sprucht hat. Auch wenn ich nichts lie­ber täte, als eine an­de­re Rich­tung ein­zu­schla­gen, be­we­gen sich meine Beine wie von selbst zu dem Möbel. Mit einem Äch­zen lasse ich mich neben Chel­sey plump­sen.
Chel­sey dreht ihren Kopf zu mir und starrt mich aus wü­tend fun­keln­den Augen an. Sie schaut mich so an­ge­pisst an, als hätte sich das größ­te Arsch­loch der Na­ti­on neben sie ge­setzt. Ihr Blick sagt aus, dass ich mich ver­pis­sen soll. Aber warum?
„Alles gut bei dir?“, er­grei­fe ich nach einem viel zu lan­gen Mo­ment des Schwei­gens das Wort, da ich die Stil­le, die zwi­schen uns herrscht, als un­an­ge­nehm und be­klem­mend emp­fin­de.
Sie zuckt mit den Schul­tern. „Was küm­mert es dich?“ Dann steht sie auf, um zu gehen, doch das lasse ich nicht zu.
Ich grei­fe nach ihrer Hand, lege die Fin­ger fest um ihr Hand­ge­lenk und halte sie zu­rück. „Geh nicht“, bitte ich sie bei­na­he fle­hend. „Was ist los?“
„Warum soll­te ich blei­ben? Nenne mir nur einen Grund. Im­mer­hin bin ich doch so ver­dammt zu­ge­knöpft und prüde. Ich würde dich nur lang­wei­len. Es gibt si­cher­lich rich­ti­ge Frau­en auf der Party, die deine Ge­sell­schaft mehr zu schät­zen wis­sen als ein Mäd­chen, wie ich es bin.“
Fuck. Fuck. Fuck.
Mir kommt das Ge­spräch mit Max wie­der in den Sinn. Ent­we­der hat mein Kum­pel ihr von der Un­ter­hal­tung er­zählt oder sie hat sie be­lauscht. Ganz gleich, wie es ge­we­sen ist, ich ste­cke nun ver­flucht tief in der Schei­ße. Dabei habe ich nicht ein Wort so ge­meint. Zu­zu­ge­ben, dass sie mir den Kopf ver­dreht hat, kommt al­ler­dings nicht in­fra­ge. Daher muss eine Aus­re­de her, um die Wogen wie­der zu glät­ten.
„Ach komm schon, Chel­sey, hab dich nicht so. Du weißt doch, dass ich es nicht so ge­meint habe. Wir Jungs la­bern hin und wie­der geis­ti­gen Dünn­pfiff, wenn wir einen im Tee haben“, ver­su­che ich, die Sache her­un­ter­zu­spie­len. „Du bist alles an­de­re als sprö­de und dir dei­ner weib­li­chen Reize doch si­cher­lich be­wusst.“
Ich rich­te mei­nen Blick in die Ferne, weil ich es nicht län­ger aus­hal­ten kann, die Ent­täu­schung in ihrem Ge­sicht zu sehen. Wie ver­letzt sie auf­grund mei­nes Ge­sprä­ches mit Max ist, ist lei­der nicht zu über­se­hen.
Chel­seys Blick ruht wei­ter­hin auf mir, das weiß ich. Dafür muss ich sie nicht an­gu­cken. Ihre Prä­senz ist so un­glaub­lich ver­ein­nah­mend, dass ich sie spü­ren könn­te, selbst wenn ich blind wäre.
„Spar dir die Aus­re­den und ver­giss ein­fach, was ich ge­sagt habe. Du bist voll wie zehn Rus­sen und hast mor­gen so­wie­so kei­ner­lei Er­in­ne­rung mehr an unser Auf­ein­an­der­tref­fen. Das hier bringt doch über­haupt nichts“, meint sie und seufzt.
Sie hat voll­kom­men recht, denn ich bin be­sof­fe­ner, als gut für mich ist. „In einem Punkt kann ich dir nicht wi­der­spre­chen, ich bin stern­ha­gel­voll. Aber ich würde nie eine Un­ter­hal­tung mit dir ver­ges­sen. Ent­schul­di­ge bitte, dass ich so einen Scheiß vom Sta­pel ge­las­sen und dich damit ver­letzt habe. Sind wir wie­der Freun­de?“
„Na­tür­lich, Jor­dan. Wir wer­den immer nur Freun­de sein“, nu­schelt sie und rauscht davon.
Ich könn­te mich selbst dafür ohr­fei­gen, dass ich sie zie­hen lasse. Warum habe ich nicht die Eier in der Hose, das Miss­ver­ständ­nis auf­zu­klä­ren und ihr zu sagen, dass ich viel mehr als ein guter Kum­pel für sie sein will?
Ver­damm­te Schei­ße! Die Idee, dass sie meine Phy­sio­the­ra­pie über­nimmt, kommt mir jetzt rich­tig be­schis­sen vor. Denn ich weiß, dass ich nicht nur mit den Fol­gen des Un­falls, son­dern vor­ran­gig mit mei­nem immer stär­ker wer­den­den Ver­lan­gen nach ihr zu kämp­fen haben werde. Und das ist gar nicht gut.



Chel­sey

Ei­gent­lich hatte die Party zu Jor­dans Ehren ganz gut be­gon­nen. Ich hatte mich aus­gie­big mit Kayla und Har­low auf der Tanz­flä­che amü­siert, ein paar Glä­ser Sekt ge­trun­ken und mich an­ge­regt mit Aiden und Carl un­ter­hal­ten. Als ich dann aber nach drau­ßen ge­gan­gen bin, um der sti­cki­gen Schwü­le der Küche für eine Weile zu ent­flie­hen, nahm der Abend eine nicht ganz so schö­ne Wen­dung.
Als Jor­dan sich neben mich auf die Bank setz­te und immer dich­ter an mich her­an­rück­te, woll­te ich nichts lie­ber, als die letz­ten Zen­ti­me­ter der Dis­tanz zu über­win­den, um ihn zu küs­sen. Ich woll­te un­be­dingt spü­ren, wie sich seine Lip­pen auf mei­nen an­füh­len und wie sich seine star­ken Arme schüt­zend um mei­nen Ober­kör­per legen. Doch dann kamen mir wie­der die Worte in den Sinn, die er zu Max ge­sagt hatte: Bull­s­hit, ich stehe nicht auf Chel­sey. Würde sie mir etwas be­deu­ten, hätte ich doch ganz be­stimmt nicht die blon­de Gra­na­te in dei­nem Gäs­te­zim­mer ge­knallt, oder? Sie ist nichts wei­ter als eine gute Freun­din. Wie schon ge­sagt, sie ist mir viel zu zu­ge­knöpft und lieb. Ich will eine Frau fürs Bett, und kein Mäd­chen.
Ich woll­te die Un­ter­hal­tung zwi­schen Max und Jor­dan nicht be­lau­schen. Es war ein Zu­fall, dass ich sie mit­ge­hört habe. Ich war näm­lich auf der Suche nach Har­low, weil Aiden mein­te, es gehe ihr nicht gut. Da ich meine Freun­din kenne, die sich gern in eine dunk­le Ecke ver­krü­melt, wenn sie lei­det, habe ich sie auf der Bank ver­mu­tet. Als ich sah, wer dort statt ihrer hock­te, woll­te ich eine an­de­re Rich­tung ein­schla­gen, konn­te es aber nicht, als ich mei­nen Namen hörte. Die Neu­gier war zu groß, als dass ich weg­ge­hen konn­te. Wie sich her­aus­stell­te, war das Lau­schen ein gro­ßer Feh­ler.
Mir war immer klar, dass ich nicht Jor­dans Beu­te­sche­ma ent­spre­che, denn dafür feh­len mir die ge­mach­ten Brüs­te, die auf­ge­spritz­ten Lip­pen und ein gro­ßer Grad an Nai­vi­tät. Doch dass er mich für ver­klemmt hält, hat mich ver­letzt und mir gleich­zei­tig die Augen ge­öff­net. Was Jor­dan in Wahr­heit über mich denkt, wird mir näm­lich nun dabei hel­fen, meine Ge­füh­le für ihn end­gül­tig im Keim zu er­sti­cken. Es wäre bloß ver­schwen­de­te Le­bens­zeit, sich wei­ter aus­zu­ma­len, wie gut er küs­sen kann oder wie sich seine Be­rüh­run­gen an­füh­len wür­den. Dazu wird es aber nie kom­men, daher kann ich meine Zeit nun sinn­vol­ler nut­zen, indem ich mich auf we­sent­li­che­re Dinge, wie das Ler­nen, kon­zen­trie­re.
Ich suche das Wohn­zim­mer nach mei­nen Freun­din­nen ab, doch von Kayla und Har­low fehlt jede Spur. Da ich jetzt nicht den Nerv dazu habe, jeden Raum des Hau­ses nach ihnen ab­zu­su­chen, hole ich mein Handy aus der Ho­sen­ta­sche und schrei­be eine Nach­richt in un­se­re ge­mein­sa­me Whats­App-Grup­pe, um mich zu ver­ab­schie­den. Ich lasse sie wis­sen, dass ich müde bin und mich des­we­gen auf den Heim­weg ge­macht habe.
Ich steh­le mich aus dem Haus und fühle mich dabei wie eine Ver­bre­che­rin auf der Flucht. Je­doch ist die­ser stil­le Ab­gang nötig, um nicht von mei­nen Freun­den zum Blei­ben ge­drängt zu wer­den. Ich sehne mich nach mei­nem ku­sche­li­gen Bett, einer Tafel Voll­milch­scho­ko­la­de und einer guten Net­flix-Se­rie, um meine schlech­te Laune wett­zu­ma­chen.
Als Kin­der haben mein Bru­der und ich eine stren­ge Er­zie­hung ge­nos­sen. Mein Dad war Be­zirks­staats­an­walt und meine Mut­ter Kri­mi­nal­be­am­tin. Un­se­re El­tern leg­ten gro­ßen Wert auf Ma­nie­ren und Um­gangs­for­men. Ihnen war es stets ein An­lie­gen, uns für die böse, ge­fähr­li­che und raue Welt ab­zu­här­ten. Dem­entspre­chend impf­ten sie uns ein, immer den Schein zu wah­ren. Sie for­der­ten uns auf, un­se­re Her­zen zu schüt­zen und uns nie un­ter­krie­gen zu las­sen. Dad mein­te, dass jeder nur eine Rolle spielt und aus die­ser erst aus­bre­chen könn­te, wenn man al­lein sei, da wir Men­schen dar­auf ge­polt sind, im Bei­sein an­de­rer einen po­si­ti­ven Ein­druck zu schin­den.
Das hat mich nun davor be­wahrt, vor Jor­dan in Trä­nen aus­zu­bre­chen. Mit sei­nen Wor­ten hat er mich sehr ver­letzt, aber ich setz­te alles daran, meine Rolle brav wei­ter­zu­spie­len und ihm nicht zu zei­gen, wie sehr er mich ge­trof­fen hat. Au­ßer­dem habe ich mei­nen Stolz und werde mir die­sen ganz be­stimmt nicht von einem mus­kel­be­pack­ten Sport­ler neh­men las­sen, auch wenn er noch so schö­ne Augen, ein un­heim­lich an­ste­cken­des La­chen oder un­glaub­lich an­zie­hen­de Lip­pen hat.
Ab so­fort werde ich, un­se­re The­ra­pie­sit­zun­gen aus­ge­nom­men, die Dis­tanz zu ihm wah­ren. Ich werde mei­nen Ge­füh­len für ihn kei­nen Raum mehr las­sen und vor­erst un­se­re Freund­schaft nur noch ober­fläch­lich pfle­gen. Zu­min­dest so lange, bis ich mich und meine blö­den Ge­füh­le wie­der im Griff habe. Mein Ver­stand sagt mir, dass das genau die rich­ti­ge Her­an­ge­hens­wei­se ist, doch mein Herz will das noch nicht so wirk­lich ein­se­hen. Ihm wäre es lie­ber, ich würde in die Vol­len gehen, um ihn von mir zu über­zeu­gen.