Rennfieber: Formula Fling

Ori­gi­nal­ti­tel: For­mu­la Fling (Race Fever Book 1)
Über­set­zer: Oli­ver Hoff­mann

Er­scheint: 04/2025
Serie: Renn­fie­ber
Teil der Serie: 1

Genre: Con­tem­pora­ry Ro­mance, Sport Ro­mance

Er­hält­lich als:
pa­per­back & ebook

ISBN:
Print: 978-3-86495-750-5
ebook: 978-3-86495-751-2

Preis:
Print: 16,90 €[D]
ebook: 6,99 €[D]

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und allen gän­gi­gen On­line­händ­lern und im Buch­han­del

Rennfieber: Formula Fling


In­halts­an­ga­be

Will­kom­men bei der FI, der For­mel In­ter­na­tio­nal, wo Le­gen­den ge­bo­ren wer­den und Ge­schwin­dig­keit König ist!

Posey Evans steht an einem Wen­de­punkt in ihrer Kar­rie­re als Lie­bes­ro­man­au­to­rin: Sie wagt den Schritt von his­to­ri­schen Lie­bes­ge­schich­ten hin zu der auf­re­gen­den Welt des Renn­sports, in der alles auf dem Spiel steht. Um tie­fer in die­sen ra­san­ten Sport ein­zu­tau­chen, ver­schafft sich Posey Zu­gang zum re­nom­mier­ten Crown Ve­lo­ci­ty Ra­c­ing Team – und das unter dem Deck­man­tel einer Jour­na­lis­tin. Als sie die ein­ma­li­ge Ge­le­gen­heit be­kommt, un­be­grenzt Zeit mit einem der bes­ten Fah­rer des Teams zu ver­brin­gen, ist Posey glei­cher­ma­ßen fas­zi­niert wie ver­un­si­chert. Denn ob­wohl sie end­lich das be­kommt, was sie sich er­träumt hat, darf ihr Ge­heim­nis kei­nes­falls ans Licht kom­men.

Lex Ha­mil­ton lebt für den Ad­re­na­lin­kick. Als einer der schnells­ten und er­folg­reichs­ten Renn­fah­rer in die­sem Sport hat er nur ein Ziel, näm­lich den obers­ten Platz auf dem Sie­ges­po­dest. Doch ab­seits der Renn­stre­cke? Nun, da ma­chen seine Es­ka­pa­den die Team­lei­tung von Crown Ve­lo­ci­ty ziem­lich ner­vös. Er ist ein­ge­bil­det, über­aus gut­aus­se­hend, trieft vor Selbst­be­wusstein - und ist wenig be­geis­tert davon, dass ihn eine Ba­by­sit­te­rin auf Schritt und Tritt ver­folgt. Doch Posey lässt sich nicht von sei­nem ar­ro­gan­ten Auf­tre­ten ab­schre­cken. Als er je­doch ihr Ge­heim­nis ent­deckt, han­deln sie einen Deal aus: Er wird ihre wahre Iden­ti­tät nicht preis­ge­ben, wenn sie ihm hilft, aus brenz­li­gen Si­tua­tio­nen her­aus­zu­kom­men und sei­nen Job zu si­chern.

Wäh­rend zahl­lo­se Frau­en ihm zu Füßen lie­gen, in­ter­es­siert sich Posey ein­zig und al­lein für Lex' Wis­sen über den Renn­sport. Zu­min­dest meis­tens. Denn als plötz­lich die Lei­den­schaft zwi­schen ihnen auf­flammt, führt es die bei­den auf di­rek­tem Weg ins Bett. Was als be­ruf­li­ches Ar­ran­ge­ment be­gann, könn­te plötz­lich die Gren­ze zwi­schen rei­nem Ver­lan­gen und tie­fen Ge­füh­len über­schrei­ten. Wer­den ihre Ge­füh­le sie bis zur Ziel­li­nie füh­ren?

 

Über die Au­to­rin

Seit ihrem De­büt­ro­man im Jahr 2013 hat Sa­wy­er Ben­nett zahl­rei­che Bü­cher von New Adult bis Ero­tic Ro­mance ver­öf­fent­licht und es wie­der­holt auf die Best­sel­ler­lis­ten der New York Times und USA Today ge­schafft.
Sa­wy­er nutzt ihre Er­fah­run­gen als ehe­ma­li­ge Straf­ver­tei­di­ge­rin in...

Wei­te­re Teile der Renn­fie­ber Serie

Le­se­pro­be

Posey

Schließ­lich führt mich Ro­sa­lind durch eine an­de­re Tür und in einen ab­ge­le­ge­ne­ren Be­reich. „Das ist der Ru­he­raum.“
Da sitzt er auf einer Couch und surft auf sei­nem Handy: Lex Ha­mil­ton. In na­tu­ra sieht er noch bes­ser aus als auf den Fotos. Mit sei­nem strub­be­li­gen dunk­len Haar, dem mar­kan­ten Kinn und den ste­chend blau­en Augen wirkt er, als käme er ge­ra­de vom Cover der GQ. Ob­wohl er mit aus­ge­streck­ten Bei­nen da­sitzt, spüre ich so­fort das Selbst­be­wusst­sein, das von ihm aus­geht – und die Ar­ro­ganz. Seine Aus­strah­lung ist ein­deu­tig.
„Ms. Evans, das ist Lex Ha­mil­ton“, sagt Ro­sa­lind in sach­li­chem Ton. „Lex, das...

...​ist die Jour­na­lis­tin, die Sie be­glei­ten wird, Eliz­a­beth Evans.“
„Alle nen­nen mich Posey“, füge ich hinzu.
Ein fla­ckern­der Blick streift mich, und für einen Se­kun­den­bruch­teil glau­be ich, ein Fünk­chen von etwas zu sehen – In­ter­es­se? Be­lus­ti­gung? Aber es ist ge­nau­so schnell wie­der ver­schwun­den, wie es auf­ge­taucht ist, und wird er­setzt durch Lan­ge­wei­le.
„An­ge­nehm“, be­haup­tet er, und seine Worte trie­fen vor fal­schem Charme. Er steht nicht ein­mal auf, um mich zu be­grü­ßen.
„Ganz mei­ner­seits“, ant­wor­te ich schüch­tern. In­ner­lich tadle ich mich selbst für diese Schwä­che.
Ro­sa­lind räus­pert sich wie eine miss­bil­li­gen­de Leh­re­rin. „Ms. Pa­trick woll­te, dass ich Sie daran er­in­ne­re, wie wich­tig Ms. Evans’ Auf­ent­halt bei uns und ihr Ar­ti­kel sind.“
Ich bin ziem­lich gut darin, Stim­mun­gen, Un­ter­tö­ne und Schwin­gun­gen zu lesen, und wenn ich mich nicht irre, war in die­ser Er­in­ne­rung eine War­nung ver­steckt.
Lex dreht den Kopf und lässt sich auf ein Blick­du­ell mit Ro­sa­lind ein. Ihr Ge­sicht ist wie aus Stein ge­mei­ßelt, ihre Augen sind wie zwei Laser auf seine ge­rich­tet. Müss­te ich auf je­man­den set­zen, dann ganz klar auf Ro­sa­lind. Schließ­lich er­hebt sich Lex seuf­zend von der Couch und steckt sein Handy weg.
Ihm ge­lingt sogar ein Lä­cheln, ob­wohl es seine Augen nicht er­reicht, und er streckt mir die Hand hin. „Es ist schön, Sie ken­nen­zu­ler­nen … ähm …“ Er wen­det sich an Ro­sa­lind. „Wie sag­ten Sie noch mal, ist ihr Name?“
Mir fällt leicht die Kinn­la­de her­un­ter, denn das war pas­siv-ag­gres­siv, un­höf­lich und ab­wei­send. Warum fragt er nicht ein­fach mich, wie ich heiße?
In mir sträubt sich alles. Ich igno­rie­re seine Hand, be­ant­wor­te aber seine Frage. „Posey Evans.“
Sein Blick kehrt zu mir zu­rück, und er sieht, dass ich die Hände ge­fal­tet halte und mich wei­ge­re, seine zu schüt­teln. Er hebt leicht den Mund­win­kel und lässt die Hand sin­ken. „Rich­tig. Posey. Wie die Blume.“
„Ei­gent­lich ist es eher ein al­ter­tüm­li­ches Wort für ein Blu­men­sträuß­chen“, brum­me ich, „und man schreibt es im Ge­gen­satz zu mei­nem Namen ohne das e in der Mitte.“ Er starrt mich nur aus­drucks­los an.
„Dann ist ja alles klar“, sagt Ro­sa­lind fröh­lich und wen­det sich mir zu. „Viel Glück. Sie wer­den es brau­chen. Ver­ges­sen Sie nicht, dass Ms. Pa­trick ge­sagt hat, sie steht Ihnen zur Ver­fü­gung, falls ir­gend­wel­che Pro­ble­me auf­tre­ten soll­ten.“
Dabei wirft sie Lex einen wei­te­ren spit­zen Blick zu. Er grinst.
Als Ro­sa­lind weg ist, ver­schwin­det Lex’ Grin­sen.
„Las­sen Sie uns eines klar­stel­len“, sagt er leise. „Ich bin nicht glück­lich über diese ganze Sache. Mein Job ist es, Ren­nen zu fah­ren, nicht, auf eine Jour­na­lis­tin auf­zu­pas­sen.“
Ich lasse mich nicht ein­schüch­tern. Der Evans-Mut reckt sein Haupt. „Ich bin auch hier, um mei­nen Job zu ma­chen.“
„Ihren Job, soso“, wie­der­holt er und mus­tert mich von oben bis unten. „Was genau ist denn Ihr Job? Schrei­ben Sie fluf­fi­ge Ar­ti­kel für Leute, die sich nicht für den Sport in­ter­es­sie­ren?“
Ich be­kom­me Angst, mein Puls be­schleu­nigt sich. „Nein, ich in­ter­es­sie­re mich für Sport, ins­be­son­de­re für FI-Ren­nen.“
„Klar“, ant­wor­tet er ab­wei­send, sicht­lich un­be­ein­druckt und of­fen­sicht­lich nicht glück­lich über die ganze Ver­ein­ba­rung. „Nun, ich schät­ze, wir müs­sen das wohl durch­zie­hen. Ste­hen Sie mir ein­fach nicht im Weg.“
„Würde mir im Traum nicht ein­fal­len“, blaf­fe ich, ge­nervt von sei­ner Ar­ro­ganz. „Aber ich er­in­ne­re Sie daran, dass ich hier bin, um zu ler­nen, und Sie sind dafür ver­ant­wort­lich, dass das pas­siert.“
Er mus­tert mich noch einen Au­gen­blick lang, dann weist er auf die Tür, durch die ich ge­ra­de ein­ge­tre­ten bin. „Kom­men Sie“, for­dert er mich auf, sein Ton­fall ist wie­der aus­drucks­los. „Ich zeige Ihnen den Si­mu­la­tor. Sie müs­sen die Grund­la­gen des­sen ver­ste­hen, was ich hier mache, wenn Sie etwas schrei­ben wol­len, das sich zu lesen lohnt.“
Ich folge ihm den Gang hin­un­ter und ver­su­che, mir sein Ver­hal­ten nicht zu Her­zen zu neh­men. Es fällt mir schwer, die­sen atem­be­rau­bend at­trak­ti­ven Renn­fah­rer mit sei­nem en­gels­glei­chen Ge­sicht in Ein­klang zu brin­gen mit den ne­ga­ti­ven Schwin­gun­gen, die er aus­strahlt.
Wir kom­men in einen Raum, der mich an einen Sci­ence-Fic­tion-Film er­in­nert. In der Mitte steht etwas, das ich nur als High­tech-Fahr­zeug be­schrei­ben kann, kom­plett mit Lenk­rad, Pe­da­len und rie­si­gen Bild­schir­men rings­um. Das Ganze ist auf einer Platt­form mon­tiert, die aus­sieht, als wäre sie be­weg­lich, und alles um sie herum ist glatt, glän­zend und ein­schüch­ternd.
„Das“, sagt Lex mit einem An­flug von Stolz in der Stim­me und zeigt auf die An­la­ge, „ist der Si­mu­la­tor.“
Ich sehe ihn an und hebe eine Au­gen­braue. „Si­mu­la­tor? Sie mei­nen, wie ein rich­tig schi­ckes Vi­deo­spiel?“
Er grinst und schüt­telt den Kopf. „Es ist ein biss­chen fort­schritt­li­cher als das. Die­ses Sys­tem spie­gelt die ex­ak­ten Ab­mes­sun­gen und Be­dien­ele­men­te des ak­tu­el­len FI-Au­tos von Crown Ve­lo­ci­ty wider, um uns ein völ­lig rea­lis­ti­sches Er­leb­nis zu bie­ten.“ Er deu­tet auf die Bild­schir­me. „Die pro­ji­zie­ren hoch­auf­lö­sen­de Bil­der von jeder Renn­stre­cke, auf der wir fah­ren, kom­plett mit Wet­ter­be­din­gun­gen, an­de­ren Autos und Renn­dy­na­mik in Echt­zeit.“
„Wow.“ Ich bin be­ein­druckt.
Lex lä­chelt zum ers­ten Mal rich­tig. „Das Cock­pit ist auf einer hy­drau­li­schen Platt­form mon­tiert, die sich ent­spre­chend der vir­tu­el­len Stre­cke be­wegt und neigt. Das si­mu­liert die G-Kräf­te, die ich in der Rea­li­tät beim Kur­ven­fah­ren, Be­schleu­ni­gen und Brem­sen spü­ren würde. Es ahmt sogar die Stöße, Bo­den­u­n­eben­hei­ten und Vi­bra­tio­nen eines ech­ten Ren­nens nach.“
„Das ist un­glaub­lich“, ant­wor­te ich, hole mei­nen No­tiz­block her­vor und no­tie­re mir ei­ni­ge Ideen. „Darf ich fo­to­gra­fie­ren?“
„Lei­der nein. Ich bin si­cher, dass Sie eine Ver­trau­lich­keits­ver­ein­ba­rung un­ter­schrei­ben muss­ten, denn das sind alles streng ge­hei­me In­for­ma­tio­nen.“
„Ver­stan­den“, sage ich und mache mir eine ent­spre­chen­de Notiz. Ich wende mich zu Lex um. „Aber warum fah­ren Sie nicht ein­fach mit dem Auto auf eine Renn­stre­cke? Ich meine, so rea­lis­tisch das alles auch sein mag, es geht doch nichts über echte Be­din­gun­gen.“
Lex lehnt sich gegen die Seite des Si­mu­la­tors und ver­schränkt die Arme. „So ein­fach ist das nicht. Zum einen gibt es Re­geln, wie oft wir auf der Stre­cke tes­ten dür­fen. Die Liga schränkt das ein, damit der Wett­be­werb fair bleibt.“
„Das ver­ste­he ich nicht.“
„Es ist teuer, das Auto auf einer ech­ten Stre­cke zu tes­ten. Man denke nur an den Trans­port des Wa­gens, des Teams und der Aus­rüs­tung, an Rei­fen und Treib­stoff … das sum­miert sich. Dazu kommt der Ver­schleiß des Fahr­zeugs. Jedes Mal, wenn wir es ans Limit brin­gen, ris­kie­ren wir Schä­den. Man­che Teams kön­nen sich das leis­ten, an­de­re nicht. Das Test­zeit­li­mit sorgt für einen fai­re­ren Wett­be­werb.“
„Okay“, ant­wor­te ich und lege den Kopf schief, wäh­rend ich zu be­grei­fen ver­su­che, was er sagt. „Doch Sie müs­sen das Auto trotz­dem ir­gend­wann auf einer rich­ti­gen Stre­cke fah­ren, oder?“
„Na­tür­lich“, ent­geg­net er. „Wir tes­ten auch unter rea­len Be­din­gun­gen, aber eben nur be­grenzt. Im Si­mu­la­tor kann ich so viele Run­den fah­ren, wie ich will, ohne Teile oder Rei­fen zu ver­schlei­ßen. Wir kön­nen hier so­fort Än­de­run­gen am Set-up vor­neh­men und ver­schie­de­ne Stra­te­gi­en aus­pro­bie­ren. Ich kann im Regen üben, auch wenn es drau­ßen son­nig ist, oder einen kniff­li­gen Stre­cken­ab­schnitt immer wie­der pro­bie­ren, bis ich ihn rich­tig hin­be­kom­me.“
Ich star­re die Ma­schi­ne an und ver­ste­he all­mäh­lich. „Das ist also wie Trai­ning ohne die Kon­se­quen­zen?“
„Genau“, be­stä­tigt Lex und nickt. „Kein Un­fall­ri­si­ko, keine ge­platz­ten Rei­fen, kein be­schä­dig­tes Auto, und wir kön­nen Set-ups tes­ten, nur um zu sehen, was pas­siert. Das wür­den wir uns auf einer ech­ten Renn­stre­cke nicht trau­en.“
Be­ein­druckt stoße ich einen lei­sen Pfiff aus. „Ich hatte keine Ah­nung, dass das alles so hoch tech­ni­siert ist.“
„Will­kom­men bei der For­mel In­ter­na­tio­nal“, sagt er und wen­det sich wie­der dem Si­mu­la­tor zu. „Wol­len Sie es mal aus­pro­bie­ren?“
Ner­vös la­chend hebe ich die Hände. „Ich glau­be, ich blei­be erst mal beim Schrei­ben.“
Lex zuckt die Ach­seln, das ein­ge­bil­de­te Lä­cheln immer noch im Ge­sicht, da klin­gelt sein Handy. „Wie Sie wol­len“, ant­wor­tet er, bevor er das Mo­bil­te­le­fon aus der Ta­sche fischt. Er nimmt den Anruf an. „Yo … Kum­pel. Wie läuftְ’s?“
Ich höre die an­de­re Hälf­te des Ge­sprächs nicht, aber aus dem leich­ten Grin­sen, das sich auf sein Ge­sicht schleicht, schlie­ße ich, dass es hier nicht um Be­ruf­li­ches geht.
„Du machst Witze.“ Lex senkt ein wenig die Stim­me. „Heute Abend?“
Er sieht mich an und wen­det sich dann schnell ab, als hätte er sich ge­ra­de daran er­in­nert, dass ich zu­hö­re.
„Ich bin dabei. Dafür bin ich immer zu haben“, fährt er fort, und in sei­nem Ton schwingt Auf­re­gung mit. „Wo?“
Es ent­steht eine Pause, wäh­rend sein Ge­sprächs­part­ner ihm of­fen­bar De­tails nennt. Ich stehe un­be­hol­fen da­ne­ben und ver­su­che, nicht zu lau­schen, aber es ist un­mög­lich, nicht zu be­mer­ken, wie leb­haft Lex plötz­lich ist. Worum auch immer es geht – ich ver­mu­te, dass es eine Party ist –, es be­inhal­tet genau das, wofür er be­kannt ist. Wil­des, rück­sichts­lo­ses, un­or­tho­do­xes Ver­hal­ten.
„Per­fekt.“ Lex lacht, dann fällt sein Blick wie­der auf mich, und das Grin­sen ver­schwin­det. Er räus­pert sich und klingt plötz­lich zö­ger­lich. „Äh … ja, nur eine Sache. Ich habe ein klei­nes Pro­blem.“ Lex reibt sich den Na­cken, sein Ton­fall ist ein­deu­tig ge­nervt. „Ich habe in den nächs­ten Wo­chen eine Re­por­te­rin am Ha­cken. Das ist Teil der PR-Ak­ti­on des Teams. Sie wird mich be­glei­ten. Ja, Kum­pel“, sagt Lex mit einem ent­täusch­ten Seuf­zer. „Ist mir klar, glau­be mir. Aber mach dir keine Sor­gen, ich komme trotz­dem. Nur … kein Chaos heute Abend, in Ord­nung?“
Was immer die an­de­re Per­son ant­wor­tet, bringt Lex zum La­chen. „Zeig dich von dei­ner bes­ten Seite. Du bist eine Be­dro­hung.“ Er hört noch einen Mo­ment lang zu, bevor er das Ge­spräch mit einem „Bis dann“ be­en­det.
Lex steckt das Handy wie­der ein und be­gut­ach­tet mich. „Mei­nen In­for­ma­tio­nen nach wer­den Sie stän­dig an mei­ner Seite sein. Ich hoffe, Sie sind für heute Abend be­reit. Sie wer­den einen Blick hin­ter die Ku­lis­sen wer­fen kön­nen.“
Lex Ha­mil­tons Vor­stel­lung von Spaß ist genau das, wovon die Bou­le­vard­pres­se lebt, und der Ge­dan­ke, ihm in diese Welt zu fol­gen, schüch­tert mich etwas ein. Ich bin zwar ent­schlos­sen, alles aus die­ser Ge­le­gen­heit her­aus­zu­ho­len, aber ich weiß, dass ich im Grun­de über­for­dert bin.
Er hat mein Zö­gern wohl ge­spürt und stürzt sich dar­auf. „Es sei denn, Sie wol­len nichts damit zu tun haben. Wenn Sie wol­len, dass sich un­se­re Ge­sprä­che auf die ge­schäft­li­che Seite der Dinge kon­zen­trie­ren …“
„Ich komme mit“, sage ich schnell, ehe ich es mir an­ders über­le­gen kann. Ich ste­cke be­reits zu tief in der gan­zen An­ge­le­gen­heit drin, um sein An­ge­bot nicht an­zu­neh­men, und wenn ich die­ses Buch schrei­ben will, muss ich das alles er­le­ben.
Lex seufzt. „Dach­te ich mir schon.“ Doch dann kehrt sein Grin­sen zu­rück, und in sei­nen Augen blitzt noch etwas an­de­res auf – viel­leicht wird dies ein Test, um zu sehen, ob ich mit die­ser Seite sei­nes Le­bens um­ge­hen kann. „Keine Sorge, ich werde Sie scho­nen. Mehr oder we­ni­ger.“
Seine Worte hän­gen in der Luft, als er an mir vor­bei­geht, und ich frage mich, wor­auf ich mich da ein­ge­las­sen habe.

***

Ich bin nicht si­cher, was ich er­war­tet habe, als Lex sagte, wir wür­den heute Abend aus­ge­hen, aber ga­ran­tiert nicht das. In mei­nen Jeans, die in knie­ho­hen Stie­feln ste­cken, fühle ich mich in­mit­ten die­ses an­ge­sag­ten Lon­do­ner Nacht­clubs wie eine un­be­hol­fe­ne Ame­ri­ka­ne­rin. Ich glau­be, ich bin die ein­zi­ge Frau, die kein knap­pes Kleid trägt, doch ich habe we­nigs­tens eine Sa­t­in­blu­se und pas­sen­de Ohr­rin­ge an­ge­zo­gen.
Die Musik ist laut und pul­siert durch den Raum, die Lich­ter blin­ken im Takt und tau­chen alles in neon­pin­ke und -blaue Farb­tö­ne. Die Leute hier sind schick ge­klei­det – glit­zern­de Klei­der, De­si­gner­schu­he, Le­der­ja­cken –, und dann bin da noch ich. Mei­nen No­tiz­block habe ich in mei­ner Ta­sche, und ich bin je­der­zeit be­reit, ihn her­vor­zu­ho­len, wenn ich pro­fes­sio­nell wir­ken muss.
Lex da­ge­gen sieht aus, als ge­hör­te er hier­her. Er trägt ein schwar­zes Hemd, des­sen Ärmel bis zu den Ell­bo­gen hoch­ge­krem­pelt sind – was, wenn ich ehr­lich bin, rat­ten­schar­fe Un­ter­ar­me ent­blößt –, und eine dunk­le Jeans, die sich an sei­nen ath­le­ti­schen Kör­per schmiegt. An sei­nem Hand­ge­lenk fun­kelt eine sil­ber­ne Uhr, und sein Haar ist per­fekt zer­zaust, wirkt nicht ein­mal an­satz­wei­se fri­siert. Er fügt sich nicht ein, er fällt auf. Mäd­chen in engen, frei­zü­gi­gen Klei­dern wer­fen sich ihm an den Hals, und es scheint ihn nicht im Ge­rings­ten zu stö­ren.
Nein, er ge­nießt es, und ich finde das ty­pisch und kli­schee­haft.
Wir sit­zen an einem pri­va­ten Tisch, den das Ma­nage­ment des Clubs in einem ab­ge­sperr­ten Be­reich für uns re­ser­viert hat, und ich ver­su­che, das Beste aus einer un­an­ge­neh­men Si­tua­ti­on zu ma­chen. Ich passe nicht in diese Grup­pe. Ich habe nichts mit Lex ge­mein­sam, und mein klei­ner Be­trugs­ver­such wird alles an­de­re als ein­fach wer­den.
Was noch schlim­mer ist: Sein Freund Ronan Bar­nes, der zwei­te Fah­rer von Crown Ve­lo­ci­ty, ist ein to­ta­les Arsch­loch, und Lex scheint das über­haupt nicht zu stö­ren.
Ronan ist groß, von ähn­li­cher Sta­tur wie Lex, aber etwas … kul­ti­vier­ter. Er trägt einen teu­ren Bla­zer, na­tür­lich ein De­si­gner­stück, als wäre er in sei­ner Frei­zeit Model. Sein blon­des Haar ist zu­rück­ge­kämmt, und alles an ihm schreit Ar­ro­ganz.
Er war bei der Vor­stel­lung durch Lex ex­trem un­höf­lich und hat kei­ner­lei Kon­ven­tio­nen be­ach­tet. Im Club folg­te ich Lex in den pri­va­ten Be­reich. Wir gin­gen zu dem Tisch, an dem Ronan be­reits saß. Er sah mich an wie ein In­sekt und frag­te: „Wer ist die Maus?“
Ein emp­find­li­che­res Mäd­chen wäre unter sei­nem kri­ti­schen Blick und an­ge­sichts der se­xis­ti­schen Be­zeich­nung wahr­schein­lich da­hin­ge­welkt, doch ich bin aus här­te­rem Holz ge­schnitzt. Ich weiß, dass ich nicht so au­ßer­ge­wöhn­lich und sexy bin wie die Frau­en, die sich um Lex und Ronan scha­ren, aber ich finde mich auch nicht ge­ra­de furcht­bar. Die Leute sagen immer, ich sähe aus wie das Col­le­ge-Mäd­chen von ne­ben­an. Mein dun­kel­brau­nes Haar ist dicht und glän­zend, meine Haut ist rein, und ich habe ein paar Som­mer­spros­sen auf der Nase, die mich manch­mal viel jün­ger aus­se­hen las­sen als drei­und­zwan­zig. Meine Augen sind mei­ner Mei­nung nach das Beste an mir, sie lie­gen im Farb­spek­trum zwi­schen Gold und Grün. Ha­sel­nuss­braun ist wohl die gän­gi­ge Be­zeich­nung, aber es ist kein Braun darin, nur dun­kel­bern­stein­far­be­ne Spren­kel.
Lex hat Ronan nicht für seine grobe Be­mer­kung ge­ta­delt, son­dern mit dem Dau­men auf mich ge­deu­tet. „Das ist Posey Evans. Jour­na­lis­tin. Sie schreibt einen gro­ßen Ar­ti­kel über Crown Ve­lo­ci­ty. Wir müs­sen uns ihr ge­gen­über von un­se­rer bes­ten Seite zei­gen.“
„Scheiß drauf“, sagte Ronan in sei­nem vor­neh­men bri­ti­schen Ak­zent, wäh­rend er mich mus­ter­te, und das war das Ende sei­ner Wür­di­gung mei­ner An­we­sen­heit.
Seit­dem haben sich Lex und Ronan im Club her­um­ge­trie­ben, mit ver­schie­de­nen Gra­zi­en ge­tanzt und sind ab und zu an den Tisch zu­rück­ge­kehrt, um ein paar Kurze zu kip­pen. Zur­zeit sind sie mit zwei Blon­di­nen auf der Tanz­flä­che, die so be­trun­ken sind, dass sie um­zu­fal­len dro­hen, und ich schaue in­ter­es­siert zu.
„Sie müs­sen die Re­por­te­rin sein.“
Ich drehe mich um und sehe, wie sich ein at­trak­ti­ver Mann Mitte zwan­zig auf den Stuhl neben mir setzt. Na­tür­lich er­ken­ne ich ihn so­fort, denn ich kenne alle FI-Fah­rer. Ich nippe an mei­nem Club Soda und rei­che ihm die Hand. „Posey Evans.“
„Car­los Mo­re­no“, ant­wor­tet er mit einem war­men Lä­cheln.
„Ich weiß. Der beste Fah­rer von Union Jack Mo­tor­sports hier in Groß­bri­tan­ni­en“, er­wi­de­re ich, wäh­rend wir ein­an­der die Hand schüt­teln.
„Sieht aus, als hätte da je­mand seine Haus­auf­ga­ben ge­macht“, ent­geg­net er la­chend.
„Es war eine Menge zu ler­nen“, gebe ich ver­le­gen zu. „Keine leich­te Auf­ga­be, sich die Namen, Ge­sich­ter und Sta­tis­ti­ken von zwan­zig Fah­rern zu mer­ken.“
In Wahr­heit habe ich mir das alles im Laufe der Zeit an­ge­eig­net, wäh­rend ich mir die Do­ku­men­tar­se­rie über FI-Ren­nen an­ge­se­hen habe. Zehn Teams be­strei­ten die FI, und jedes hat zwei Fah­rer, die gleich­zei­tig an Ren­nen teil­neh­men. Tech­nisch ge­se­hen tre­ten sie ge­gen­ein­an­der an, da es sich um einen Ein­zel­sport han­delt, aber oft tref­fen sie auf der Stre­cke im Geis­te der Team­ar­beit stra­te­gi­sche Ent­schei­dun­gen und fah­ren be­stimm­te Ma­nö­ver. Denn neben der Fah­rer­meis­ter­schaft gibt es den Kon­struk­teurs­po­kal, den Preis, den die Team­be­sit­zer wirk­lich wol­len.
Car­los war einer mei­ner Fa­vo­ri­ten in der Do­ku­men­ta­ti­on, weil er einer der net­tes­ten und be­schei­dens­ten Fah­rer ist. Er sieht ge­nau­so gut aus wie Lex und Ronan, viel­leicht sogar noch bes­ser. Sein dunk­les Haar ist lo­ckig, und im war­men Blick sei­ner brau­nen Augen liegt eine Mi­schung aus Humor und In­ten­si­tät. Sein Kör­per­bau ist ath­le­ti­scher als der von Lex und Ronan, und er trägt einen ge­pfleg­ten Kinn­bart, der die kan­ti­gen Li­ni­en sei­nes Kie­fers und sei­ner Wan­gen­kno­chen be­tont. Seine Haut hat im pul­sie­ren­den Licht die warme, satte Farbe von Bron­ze, und seine Augen wer­den von dich­ten schwar­zen Wim­pern um­rahmt, die ihm zu­sam­men mit den dunk­len Au­gen­brau­en ein mar­kan­tes, aus­drucks­star­kes Ge­sicht ver­lei­hen.
„Sagen Sie mir, was Sie über einen von ihnen wis­sen wol­len“, sagt Car­los scherz­haft, sein me­xi­ka­ni­scher Ak­zent hat eine ro­man­ti­sche Note. „Ich werde Ihnen alles ver­ra­ten.“
La­chend schaue ich zu Lex und Ronan hin­über. „Die bei­den schei­nen die Bad Boys des Renn­sports zu sein.“
Car­los senkt den Blick, seine Lip­pen ver­zie­hen sich vor Be­lus­ti­gung. Er zwin­kert mir zu. „Wir Fah­rer sind alle bis zu einem ge­wis­sen Grad Bad Boys, oder? Aber die bei­den sind manch­mal wirk­lich schlimm.“
Als hät­ten sie ge­spürt, dass wir über sie reden, kom­men Lex und Ronan an den Tisch und klop­fen Car­los auf die Schul­ter. Sie neh­men Platz, und die drei un­ter­hal­ten sich über Ren­nen. Ihr Ge­spräch ist vol­ler Fach­jar­gon, von dem ich kein Wort ver­ste­he.
Ich be­ob­ach­te sie schwei­gend, wäh­rend ich an mei­nem Club Soda nippe. Car­los lan­det mit Ronan und Lex auf der Tanz­flä­che, wobei er mich aus Höf­lich­keit auf­for­dert, mich ihnen an­zu­schlie­ßen. Ich lehne dan­kend ab. Meine Tanz­küns­te sind nicht kom­plett un­zu­läng­lich, aber ich kann mit die­sen gla­mou­rö­sen Leu­ten nicht mit­hal­ten.
Ich schaue mich statt­des­sen im Club um, nehme die Szene in mich auf und ver­su­che, zu über­le­gen, wie ich das in mei­nem Buch fest­hal­ten kann, ohne dass meine Prot­ago­nis­tin dabei völ­lig über­for­dert rü­ber­kommt. Im fla­ckern­den Licht be­trach­te ich Lex’ Ge­sicht in der Menge, un­glaub­lich at­trak­tiv und voll­kom­men un­be­küm­mert la­chend. Sein Blick fällt auf mich, er hat wohl ge­spürt, dass ich ihn be­ob­ach­te. Schnell schaue ich weg, doch Lex kommt be­reits auf mich zu.
Er lässt sich auf den Stuhl neben mir fal­len, sein Ge­sicht ge­rö­tet, sein Haar noch per­fek­ter zer­zaust als zuvor. Er trinkt einen gro­ßen Schluck und sieht mich dann mit einem ver­schmitz­ten Lä­cheln an.
„Nicht deine Szene, nehme ich an?“, fragt er und lässt sei­nen Blick über mein Out­fit glei­ten. Seit der Ein­la­dung in den Club ist er zum ver­trau­ten Du über­ge­gan­gen, und da ich wenig da­ge­gen tun konn­te, habe ich be­schlos­sen, das­sel­be zu tun.
„Nicht wirk­lich“, gebe ich zu und ver­su­che, nicht de­fen­siv zu klin­gen. „Aber ein­deu­tig deine.“
Er streckt die Hand aus. „Mein Kö­nig­reich.“ Un­be­ein­druckt rolle ich mit den Augen, was ihn zum La­chen bringt. „Ach, komm schon. Das tun Renn­fah­rer eben. Wie ei­gent­lich alle Pro­fi­sport­ler. Wir fei­ern, wir trin­ken.“ Lex’ Blick glei­tet über die Tanz­flä­che und bleibt an einer schö­nen Frau am Rand hän­gen. Er starrt sie an und streicht sich nach­denk­lich mit einem Fin­ger über die Un­ter­lip­pe. „Wir neh­men, was sich uns bie­tet, denn wenn man so gut ist wie wir, liegt einem die Welt zu Füßen.“
„Das ist so ty­pisch“, flüs­te­re ich of­fen­sicht­lich nicht leise genug.
Er dreht den Kopf in meine Rich­tung. „Ty­pisch? Ich höre Ver­ach­tung in dei­ner Stim­me, also er­klä­re mir das bitte.“
Wo soll ich an­fan­gen? Ich deute vage auf die Men­schen rings­um. „Es ist nur … das ist, was ich er­war­tet habe. Was wohl die meis­ten Frau­en er­war­ten.“ Ich nicke in Rich­tung der tan­zen­den Menge. „Du hast ge­sagt, euch liegt die Welt zu Füßen, weil ihr FI-Fah­rer seid, und dass ihr nehmt, was ihr krie­gen könnt. Das scheint der Traum eines jeden Man­nes zu sein. Dut­zen­de von Frau­en, alle gleich ge­klei­det, die um Auf­merk­sam­keit buh­len. Ihr wählt eine aus, doch in Wahr­heit ist sie nicht an­ders als die an­de­ren. Ihr er­wählt sie wahr­schein­lich aus einer Laune her­aus und habt sie am nächs­ten Mor­gen ge­nau­so schnell wie­der ver­ges­sen. Ich ver­ste­he, dass ihr von bil­li­gen Frau­en und Spaß redet, aber im Grun­de … tut ihr nichts Groß­ar­ti­ges, um das zu ver­die­nen.“
Er lehnt sich zu­rück und lässt sei­nen Blick über mich schwei­fen. „Das ist eine star­ke Mei­nung.“
Ich zucke die Ach­seln. „Nur meine.“
Lex hebt eine Au­gen­braue, lä­chelt noch brei­ter. „Mir war nicht klar, dass mein Pri­vat­le­ben nach Fei­er­abend für dei­nen Ar­ti­kel ein Thema ist.“
„Ge­naue Be­richt­er­stat­tung“, sage ich, zücke mei­nen No­tiz­block und krit­ze­le etwas, bloß um etwas zu tun zu haben.
Er lacht leise und trinkt einen wei­te­ren Schluck. „Du soll­test tan­zen kom­men.“
Das An­ge­bot scheint ernst ge­meint zu sein, und ich will es ge­ra­de aus Prin­zip ab­leh­nen, um mich nicht zu bla­mie­ren, da fällt es mir auf … Er ist an­ge­trun­ken.
Ich mus­te­re ihn kri­ti­scher. Seine gla­si­gen Augen, seine ge­rö­te­te Haut und sein Ver­hal­ten … Er ist bei­na­he schon nett zu mir.
„Nein, danke“, ant­wor­te ich zag­haft.
Lex zuckt die Ach­seln und er­hebt sich. „Wie du willst. Ich glau­be, du könn­test ein biss­chen Spaß ge­brau­chen, aber viel­leicht weißt du ja gar nicht, was das ist.“
Ehe ich etwas er­wi­dern kann, schreit Ronan von der Tanz­flä­che und winkt Lex wie­der zu sich. „He, Ha­mil­ton! Hör auf zu la­bern und komm her!“
Lex grinst, seine Be­geis­te­rung kehrt zu­rück. „Warte nicht auf mich“, sagt er, bevor er den Rest sei­nes Drinks in sich hin­ein kippt. Dann eilt er auf die Tanz­flä­che. Er ist aus­ge­las­sen und hüpft förm­lich zu Ronan hin­über, schreit ir­gend­et­was und hebt die Faust, als hät­ten sie ge­ra­de ein Ren­nen ge­won­nen.
Ich be­ob­ach­te, wie ein paar Jungs Lex, Car­los und Ronan ei­fer­süch­tig von der Seite be­äu­gen, sich ge­gen­sei­tig etwas zu­flüs­tern und ihnen böse Bli­cke zu­wer­fen. Einen Au­gen­blick lang sehe ich mir das an, ein Kno­ten zieht sich in mei­nem Bauch zu­sam­men. Mei­ner Er­fah­rung nach enden sol­che Näch­te nie gut. Die Auf­merk­sam­keit, die sie von den Frau­en be­kom­men, ist nicht ge­ra­de för­der­lich. Die Si­tua­ti­on fühlt sich an wie ein Pul­ver­fass, das dar­auf war­tet, zu ex­plo­die­ren, und es ist ein­fach … ty­pisch. Wahr­schein­lich ver­lie­re ich mich des­halb beim Schrei­ben von Lie­bes­ro­ma­nen so sehr in der Fan­ta­sie, wie ein Mann sein soll­te, und halte mich nicht an die Rea­li­tät.
Von un­se­rem pri­va­ten Tisch aus be­ob­ach­te ich, wie Lex alles mit­nimmt, was sich ihm bie­tet.

***

Lex’ Arm liegt um meine Schul­tern, und er hängt so schwer auf mir, dass ich nicht si­cher bin, ob ich ihn stüt­ze oder ob wir beide gleich zu­sam­men­bre­chen. Er ver­la­gert bei jedem Schritt un­si­cher sein Ge­wicht, wäh­rend ich mit der Schlüs­sel­kar­te für mein Ho­tel­zim­mer her­um­fumm­le. Ich stoße die Tür auf, und wir stol­pern hin­ein, wobei Lex fast stürzt.
„Hast du ge­merkt? Ich habe mich heute Abend nicht ge­prü­gelt“, spru­delt er un­deut­lich her­vor und lehnt sich noch enger an mich. Er grinst, als wäre das eine große Leis­tung, und in ge­wis­ser Weise ist es das wohl auch.
„Gute Ar­beit“, brum­me ich und führe ihn zur Couch. „Kon­zen­trie­ren wir uns jetzt aufs Gehen.“
„Darin bin ich gut“, nu­schelt er, meine Schul­ter dämpft seine Stim­me. „Ich kann vie­les gut. Bei In­ter­es­se kann ich dir zei­gen, was ich meine.“
Ich igno­rie­re die Tat­sa­che, dass sich das ver­däch­tig nach Flir­ten an­hört, und peile die klei­ne Couch an. Er ist kaum in der Lage, sich auf­recht zu hal­ten, und ich bin er­schöpft von mei­nen Be­mü­hun­gen, ihn heute Abend aus dem Club zu zer­ren. Car­los war schon weg und Ronan keine Hilfe, also muss­te ich Lex über­zeu­gen, dass es Zeit war, zu gehen. Ich war ihm nichts schul­dig, aber selt­sa­mer­wei­se fühl­te ich mich für ihn ver­ant­wort­lich.
Im Taxi ist er ein­ge­schla­fen und ich konn­te ihn nicht auf­we­cken, so­dass ich keine Ah­nung hatte, wie ich ihn nach Hause brin­gen soll­te, da ich nicht wuss­te, wo er wohn­te. Nur mit gro­ßem Wi­der­wil­len nahm ich ihn mit in mein Hotel.
Wir er­rei­chen die Couch, und ich lasse ihn mit dem Ge­sicht nach unten dar­auf sin­ken. Er lan­det schwer, sein Arm bau­melt an der Seite herab, und in­ner­halb von Se­kun­den ist er tief ein­ge­schla­fen und schnarcht leise.
Ich stehe einen Au­gen­blick lang da und star­re auf ihn hin­un­ter. Er ist wahn­sin­nig stolz auf sich, dass er heute Nacht nicht in Schwie­rig­kei­ten ge­ra­ten ist, aber ich muss­te ihn aus der Schuss­li­nie schaf­fen, bevor die Dinge aus dem Ruder lie­fen. Seuf­zend schütt­le ich den Kopf, trete zu­rück und sehe mich um. Es ist weit ent­fernt von den ele­gan­ten Clubs und Lu­xus­au­tos, die ich heute Abend zu Ge­sicht be­kom­men habe – nur ein be­schei­de­nes Zim­mer mit einem Dop­pel­bett, einem klei­nen Bad, einer Couch mit einem ohn­mäch­ti­gen Renn­fah­rer und einem ver­zier­ten Schreib­tisch am Fens­ter mit Blick auf eine ru­hi­ge Stra­ße.
Ich bin nicht müde. Wenn über­haupt, dann bin ich etwas auf­ge­regt. Ich lasse meine Ta­sche auf den Tisch fal­len, setze mich an den Schreib­tisch und ziehe mei­nen Lap­top zu mir heran. Der Bild­schirm fla­ckert auf, und mein Do­ku­ment er­scheint: der grobe Ent­wurf mei­nes neu­es­ten Pro­jekts, For­mel Flirt. Noch ist es nur das Ge­rüst einer Ge­schich­te, ein paar Ka­pi­tel hier und da, aber der heu­ti­ge Abend … der heu­ti­ge Abend fühlt sich wie eine In­spi­ra­ti­on an.
Ich tippe drauf­los, die Worte flie­ßen so leicht wie seit Tagen nicht mehr.
Er führ­te sie auf die Tanz­flä­che, die Musik pul­sier­te um sie herum und über­tön­te alles bis auf den gleich­mä­ßi­gen Schlag ihres Her­zens. Sie spür­te seine Hand an ihrem Rü­cken, die sie näher an ihn her­an­zog, und sei­nen war­men Atem, als er ihr etwas zu­flüs­ter­te, das nur für ihre Ohren be­stimmt war.
Ich halte inne und werfe Lex über die Schul­ter einen Blick zu. Er war heute Abend ein Wrack, aber ich frage mich un­will­kür­lich … wenn ich hüb­scher oder an­zie­hen­der wäre, hätte er mich dann an­ders an­ge­se­hen? Hätte er mich zum Tan­zen auf­ge­for­dert statt die­ser aus­tausch­ba­ren Mäd­chen? Schnell schütt­le ich den Ge­dan­ken ab und komme mir lä­cher­lich vor, weil ich ihn über­haupt in Er­wä­gung ziehe. Das hier ist ein Job, keine Fan­ta­sie-Ro­man­ze.
Au­ßer­dem ist Lex durch und durch un­sym­pa­thisch. Er ist kein Held für einen Lie­bes­ro­man.
Ich wende mich wie­der mei­nem Lap­top zu. Sie sah zu ihm auf, und ihr Puls be­schleu­nig­te sich, als seine Fin­ger lang­sa­me, ne­cki­sche Mus­ter auf ihre Haut zeich­ne­ten. Sein Blick traf den ihren, und das spie­le­ri­sche Lä­cheln auf sei­nen Lip­pen jagte einen Strom­stoß durch ihren Kör­per.
Ich schrei­be wei­ter, lasse die Szene sich ent­fal­ten und stel­le mir eine Ver­si­on des heu­ti­gen Abends vor, in der die Hel­din – die mir ver­däch­tig ähn­lich ist – die Auf­merk­sam­keit des un­fass­bar gut aus­se­hen­den Renn­fah­rers er­regt. Er sieht sie nicht nur als Jour­na­lis­tin oder als je­mand, der schlicht und un­auf­fäl­lig oder gar leicht zu haben ist, son­dern als eine fas­zi­nie­ren­de Frau.
Eine Frau, die es wert ist, sich um sie zu be­mü­hen.
„Du bist an­ders als die an­de­ren“, flüs­ter­te er, und seine Lip­pen streif­ten ihre Ohr­mu­schel, was ihr einen Schau­er über den Rü­cken jagte. „Nicht wie die.“
Die Vor­stel­lung, dass einer wie Lex so etwas zu je­man­dem wie mir sagt, ist wirk­lich ab­surd. Aber in die­ser – mei­ner – Ge­schich­te ist alles mög­lich.
Ich be­en­de die Szene mit einem kri­ti­schen Blick. Na­tür­lich be­kommt die Hel­din den Mann. Er fühlt sich zu ihr hin­ge­zo­gen, weil sie an­ders ist. Be­son­ders. Es ist die Art von Ro­man­ze, die es nur in Bü­chern gibt.
Ich spei­che­re das Do­ku­ment und ver­schrän­ke dann die Arme über dem Kopf, wäh­rend ich ein Gäh­nen un­ter­drü­cke. Es ist spät, und im Ho­tel­zim­mer ist es bis auf Lex’ gleich­mä­ßi­ges Atmen still. Ich sehe ihn noch ein­mal an und schütt­le den Kopf über die Ab­sur­di­tät des Gan­zen.
Ein welt­be­rühm­ter For­mel-I-Fah­rer ist auf mei­ner Couch ein­ge­schla­fen, und ich schrei­be eine Lie­bes­ge­schich­te über je­man­den, der ist wie er. Wenn meine Hel­din nur wüss­te, wor­auf sie sich da ein­lässt.
Mit einem letz­ten Deh­nen falle ich ins Bett. Es ist ät­zend, in Kla­mot­ten zu schla­fen, aber ich habe keine Lust, mei­nen Schlaf­an­zug an­zu­zie­hen, wäh­rend Lex im Zim­mer ist.
Ich frage mich, was er davon hal­ten wird, dass ich ihn hier­her­ge­bracht habe.
Ob er dann net­ter zu mir sein wird?
Mor­gen wird ein in­ter­es­san­ter Tag, das steht fest.

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