Kings of Retribution MC: Prospect

Ori­gi­nal­ti­tel: Pro­s­pect (Kings of Re­tri­bu­ti­on MC)
Über­set­zer: Sven­ja Ohl­sen

Er­schie­nen: 12/2023
Serie: Kings of Re­tri­bu­ti­on MC
Teil der Serie: 7

Genre: Con­tem­pora­ry Ro­mance, Motor­cy­cle Club Ro­mance
Zu­sätz­lich: Krimi

Lo­ca­ti­on: USA, Mon­ta­na


Er­hält­lich als:
pa­per­back & ebook

ISBN:
Print: 978-3-86495-658-4
ebook: 978-3-86495-659-1

Preis:
Print: 16,90 €[D]
ebook: 6,99 €[D]

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Kings of Retribution MC: Prospect

,

In­halts­an­ga­be

Sam McG­re­gor wi­der­setz­te sich den Er­war­tun­gen sei­nes Va­ters und ver­ließ seine Hei­mat Texas, um ein neues Leben zu be­gin­nen. Seine Freund­schaft zu Alba führ­te ihn nach Pol­son, Mon­ta­na, wo er sich dem Kings of Re­tri­bu­ti­on MC an­schloss. Sam fand hier alles, wo­nach er such­te, bis Sofia Tor­res in sein Leben trat.

So­fi­as Schick­sal war be­sie­gelt, als ihr Vater ein Ver­bre­chen gegen einen kri­mi­nel­len Out­law Mo­tor­rad­club be­ging. Durch Stär­ke und Ent­schlos­sen­heit über­leb­te sie alle Höl­len­qua­len, die ihr die skru­pel­lo­sen Los De­mo­ni­os zu­füg­ten, bis sie zu den Kings of Re­tri­bu­ti­on kam und eine neue Fa­mi­lie fand. Sie baute ihr Leben in Pol­son neu auf, aber Sofia hätte nie er­war­tet, dass sie sich in einen der Biker ver­lie­ben könn­te.

Doch dann wer­den Sofia und der Club be­droht und alle Men­schen, die Sam so wich­tig ge­wor­den sind, schwe­ben in Ge­fahr. An der Seite sei­ner aus­er­wähl­ten Fa­mi­lie schwört er, die Frau, die er liebt, und sei­nen Club zu be­schüt­zen, koste es, was es wolle ...

Über die Au­to­rin

Crys­tal Da­ni­els und Sandy Al­va­rez sind ein Schwes­tern-Duo und die USA To­day-Best­sel­ler­au­to­rin­nen der be­lieb­ten "Kings of Re­tri­bu­ti­on MC"-Se­rie.
Seit 2017 hat das Duo zahl­rei­che Ro­ma­ne ver­öf­fent­licht. Ihre ge­mein­sa­me Lei­den­schaft für Bü­cher und das Ge­schich­ten­er­zäh­len führ­te sie auf eine auf­re­gen­de Reise,...

Crys­tal Da­ni­els und Sandy Al­va­rez sind ein Schwes­tern-Duo und die USA To­day-Best­sel­ler­au­to­rin­nen der be­lieb­ten "Kings of Re­tri­bu­ti­on MC"-Se­rie.
Seit 2017 hat das Duo zahl­rei­che Ro­ma­ne ver­öf­fent­licht. Ihre ge­mein­sa­me Lei­den­schaft für Bü­cher und das Ge­schich­ten­er­zäh­len führ­te sie auf eine auf­re­gen­de Reise,...

Wei­te­re Teile der Kings of Re­tri­bu­ti­on MC Serie

Le­se­pro­be

Sofia

Als ich auf den Park­platz von The Pier ein­fah­re, sehe ich Carol, die eine große Krei­de­ta­fel mit den Ta­ges­an­ge­bo­ten auf­stellt. Sie winkt in meine Rich­tung, als ich auf mei­nem üb­li­chen Platz in der Nähe des Ge­bäu­des parke.
„Guten Mor­gen, Süße“, be­grüßt Carol mich mit einer herz­li­chen Um­ar­mung, so­bald ich den letz­ten Schritt auf das rie­si­ge, um­lau­fen­de Son­nen­deck ge­macht habe, das mit einem lan­gen Steg über die Bucht ver­bun­den ist. „Du siehst wie immer wun­der­schön aus. Komm mit rein, wir haben einen an­stren­gen­den Tag vor uns. Das ein­wö­chi­ge Ha­fen­fest be­ginnt heute, was be­deu­tet, dass wir die ganze Woche über dop­pelt...

...​so viele Kun­den haben wer­den.“
Seit ich hier in Pol­son wohne, habe ich von die­ser Ver­an­stal­tung ge­hört, aber sie noch nie mit­er­lebt. Und da ich erst nach den Er­eig­nis­sen im letz­ten Jahr an­ge­fan­gen habe, hier für Carol zu ar­bei­ten, habe ich keine Ah­nung, was mich er­war­tet. Pol­sons vier­und­drei­ßigs­tes jähr­li­ches Fest in der Bucht dau­ert eine volle Woche. So­weit ich weiß, neh­men die Boots­fah­rer an Spaß und Spie­len an Land sowie an Au­to­shows, Boots­aus­stel­lun­gen und einem fünf Ki­lo­me­ter lan­gen Wohl­tä­tig­keits­lauf teil. Men­schen aus ganz Mon­ta­na kom­men, um dabei zu sein. Das Ein­zi­ge, was ich letz­tes Jahr mit­be­kom­men habe, war das Feu­er­werk zum Ab­schluss der Woche. Eine Grup­pe von uns aus der Schu­le, zu­sam­men mit Leah und Sam, schau­te sich das Spek­ta­kel vom Ende des Docks aus an, genau hier. Das war der Som­mer, in dem ich be­gann, Sam mit an­de­ren Augen zu sehen.
Wahn­sinn. Carol hat nicht ge­lo­gen, als sie sagte, dass wir heute viel zu tun haben wür­den. Der Mit­tags­an­sturm war drei­mal so groß wie sonst. Ich fahre mit den Fin­gern durch mein Haar, drehe es zu einem lo­cke­ren Dutt und be­fes­ti­ge ihn mit ein paar Haar­na­deln, die ich aus mei­ner Ta­sche im Pau­sen­raum ge­holt habe. Ich schaue vom Auf­bin­den mei­ner Schür­ze auf, als Amy, Ca­rols Toch­ter, die meine beste Freun­din ge­wor­den ist, her­ein­kommt.
„Hey, Sof. Be­reit für un­se­re Mit­tags­pau­se?“ Sie wirft ihre Schür­ze in ihren Spind. Amy ist die­je­ni­ge, die mir ge­hol­fen hat, den Job als Kell­ne­rin hier zu be­kom­men.
„Mehr als be­reit.“
Amy und ich gehen in die Küche, fül­len un­se­re Be­cher mit kal­ter, fri­scher Kir­sch­li­mo­na­de und schnap­pen uns ein zwei Körbe mit knusp­ri­gen Hähn­chen­tei­len und Pom­mes. Wir neh­men unser Essen mit nach drau­ßen und gehen bis zum Ende des Stegs.
„Willst du heute Abend mit Ben und mir aus­ge­hen? Wir wol­len zur Bow­ling­bahn fah­ren?“, fragt Amy.
Ich ste­cke mir eine Pom­mes in den Mund. „Der Club hat heute Abend eine Fa­mi­li­en­fei­er. Au­ßer­dem will ich nicht das drit­te Rad bei dei­nem Date sein.“ Ich lasse meine Beine über die Kante bau­meln.
„Das bist du nicht, Sof.“
Ich werfe eine Pom­mes ins Was­ser und be­ob­ach­te, wie zwei Fi­sche unter der Was­ser­ober­flä­che nach ihr schnap­pen.
„Dann viel­leicht beim nächs­ten Mal. Du könn­test auch Sam mit­brin­gen.“ Sie stupst mich spie­le­risch mit der Schul­ter an.
Ich ver­dre­he die Augen und sage ihr: „Sam hat Bes­se­res zu tun, als sich von mir zur Bow­ling­bahn schlep­pen zu las­sen.“
Amy seufzt. „Sof, Sam würde alles tun, worum du ihn bit­test. Die­ser Mann betet dich re­gel­recht an.“
Amy ver­steht nicht, warum ich zö­ge­re, eine echte Be­zie­hung zu Sam auf­zu­bau­en. Sie sieht seine Zu­nei­gung zu mir und ich habe ihr an­ver­traut, dass ich ihn mag, aber ich habe mich nicht dazu durch­rin­gen kön­nen, ihm zu ge­ste­hen, was ich fühle, ob­wohl ich ver­mu­te, dass es ihm be­reits be­wusst ist. Amy weiß, dass ich in mei­ner Ver­gan­gen­heit ei­ni­ges durch­ge­macht habe, aber ich habe noch nie mit ihr dar­über ge­spro­chen und ich bin nicht si­cher, ob ich das je­mals tun werde. Ich weiß, dass es gut ist, offen zu kom­mu­ni­zie­ren, und dass es an­de­ren hel­fen kann, eben­falls offen zu sein, aber es fällt mir oft schwer. Es macht einen sehr ver­letz­lich, der Welt seine un­sicht­ba­ren Nar­ben zu zei­gen. Was ich durch­ge­macht habe, war nicht meine Schuld. Das weiß ich. Trotz­dem habe ich große Angst davor, was an­de­re von mir den­ken könn­ten, wenn sie es er­fah­ren.
Wir sit­zen ei­ni­ge Mi­nu­ten lang schwei­gend da, wäh­rend wir unser Essen mamp­fen. In der Ferne be­ob­ach­te ich die Boots­fah­rer, die die­sen schö­nen Tag ganz sorg­los ge­nie­ßen.
„Bist du be­reit für drei wei­te­re Stun­den?“ Amy schiebt ihre Es­sens­res­te in ihre Tüte, steht auf und wirft sie in den Müll­ei­mer neben ihr. Ich lege meine Reste in die Pa­ckung und klap­pe den De­ckel her­un­ter. Amy reicht mir die Hand und zieht mich auf die Beine.
Als sie merkt, dass sich meine Stim­mung ver­än­dert hat, hält Amy meine Hand fest und schwingt die Arme zwi­schen uns hin und her, wäh­rend wir zu­rück zum Re­stau­rant gehen. „Er­in­nerst du dich an den letz­ten Som­mer auf dem Jahr­markt, als du auf einer ge­schmol­ze­nen Scho­ko­la­den­eis­waf­fel ge­ses­sen hast?“ Sie lacht.
„Ich sah aus, als hätte ich in Kacke ge­ses­sen, das war nicht lus­tig.“ Ich fange eben­falls an zu la­chen und schon zau­bert mir meine beste Freun­din ein Lä­cheln ins Ge­sicht.
„Ja, aber du hast dich davon nicht ab­hal­ten las­sen, Spaß zu haben“, sagt sie laut und nach­drück­lich.
„Danke, Amy.“
„Dafür sind Freun­de doch da.“

Ein paar Stun­den spä­ter fahre ich vor dem Club­haus vor. Vom hin­te­ren Teil des Grund­stücks ist Ge­läch­ter zu hören und der Ge­ruch von ge­grill­tem Essen liegt in der Luft. Die Kings ver­an­stal­ten fast bei jeder Ge­le­gen­heit Par­tys, vor allem Fa­mi­li­en­fei­ern. Neben der Bru­der­schaft ist die Fa­mi­lie die wich­tigs­te Grund­la­ge für sie alle und für sie bin ich ein Teil davon.
Als ich auf dem Rück­sitz nach dem Blech­ku­chen grei­fe, den Carol mir heute zu ba­cken ge­hol­fen hat, werde ich von einer Stim­me auf­ge­schreckt. „Hallo, Süße.“ Ich lege meine Hand auf mein Herz und drehe mich um. „Schei­ße. Tut mir leid, Sofia, ich woll­te dich nicht er­schre­cken. Hier, ich nehme den Ku­chen für dich.“ sagt Quinn und hebt den Papp­de­ckel an.
„Fin­ger weg vom Zu­cker­guss“, schimp­fe ich in dem Mo­ment, als er einen Teil der Gla­sur aus der Ecke krat­zen will.
„Was ist das für ein Ku­chen?“ Quinn klappt den De­ckel zu. „Scho­ko­la­den­ku­chen mit Scho­ko­la­den-But­ter­creme-Gla­sur.“
„Mein Lieb­lings­ku­chen“, ent­geg­net er, als ich neben ihm in Rich­tung Hin­ter­hof gehe.
Ich werfe den Kopf zu­rück und lache. „Jeder Ku­chen ist dein Lieb­lings­ku­chen, Quinn.“
„Hast du ihn ge­macht?“, fragt er.
„Jep“, nicke ich stolz.
„Dann ist es heute mein Lieb­lings­ku­chen.“ Er schenkt mir sein strah­len­des Son­nen­schein­lä­cheln.
Als ich um die Ecke des Ge­bäu­des komme, ent­deckt Bel­las Toch­ter Bre­an­na mich und stürmt auf mich zu. „Sofi, Sofi, Sofi!“ Sie ki­chert, als sie mei­nen Namen ruft. Mit aus­ge­streck­ten Armen hebe ich sie in die Höhe.
„Hey, Zwerg­lein. Hast du Spaß?“
„Jep.“ Bre­an­na lä­chelt. Ich ver­göt­te­re sie. Ich liebe alle Kin­der in mei­ner gro­ßen, ver­rück­ten Ad­op­tiv­fa­mi­lie. Bre­an­na drückt mich an sich, wa­ckelt hin und her und will sich wie­der zu den an­de­ren Kin­dern ge­sel­len. Ich schaue mich auf dem Hof um und stel­le fest, dass außer Leah alle da sind, aber um ehr­lich zu sein, suche ich vor allem nach einer Per­son – Sam.
„Sofia.“ Bella winkt und er­regt damit meine Auf­merk­sam­keit. Sie und die an­de­ren Frau­en sit­zen in den Gar­ten­stüh­len um die Feu­er­stel­le. Ich über­que­re den Rasen und ge­sel­le mich zu ihnen.
„Hey Leute.“ Ich winke ihnen zu und lasse mich dann in einen der bei­den lee­ren Stüh­le neben Alba sin­ken.
„Du siehst müde aus“, be­merkt sie und nimmt einen Schluck von ihrem Ge­tränk. „Ja. Der erste Tag des Ha­fen­fes­tes“, er­klä­re ich ihr. „Weißt du, wir haben alle daran ge­dacht, uns für den Fünf-Ki­lo­me­ter-Lauf an­zu­mel­den. Die Wohl­tä­tig­keits­or­ga­ni­sa­ti­on, für die ge­spen­det wird, ist unser ei­ge­nes New Hope House“, ver­kün­det Mila.
Ich lehne mich in mei­nem Sitz vor. „Wirk­lich?“
„Mhmm.“ Mila nippt an ihrem Wein. „Wir haben ver­sucht, die Jungs zu über­re­den, es auch zu tun.“
„Und wie ist das ge­lau­fen?“ Ich ki­che­re, weil ich weiß, wie so ein Ge­spräch ab­lau­fen würde. Nicht, dass die Kings nichts zu­rück­ge­ben wol­len. Diese Män­ner tun viel für diese Ge­mein­de.
Alba lacht. „Die ein­zi­ge Ant­wort, die ich von Ga­bri­el be­kom­men habe, war ein Grun­zen.“ Wir la­chen alle mit ihr.
Ich sehe, wie Logan hin­ter Bel­las Stuhl her­an­tritt. Er zupft an ihrem Pfer­de­schwanz, neigt ihren Kopf nach hin­ten und küsst sie. „Wollt ihr noch eine Runde Drinks? Es sieht au­ßer­dem so aus, als könn­tet ihr auch noch etwas Holz für das Feuer ge­brau­chen.“ Er dreht sich um und ruft über den Hof zu Quinn. „Hey, Quinn, sag Sam, dass die Damen Drinks brau­chen!“
„Geht klar!“, ruft Quinn.
Logan sieht in meine Rich­tung. „Was möch­test du, Süße?“
„Limo wäre gut“, ant­wor­te ich ihm.
Er brüllt zu Quinn her­über: „Sofia will eine Li­mo­na­de. Sag ihm, er soll auch den Kühl­schrank auf­fül­len, wenn er leer ist!“ Mit einem Blick auf seine Frau sagt Logan zu ihr: „Küss mich, Engel. Reid und Quinn sind fast fer­tig mit dem Gril­len, also fange ich an, Ti­sche und Stüh­le auf­zu­stel­len.“ Bella lehnt ihren Kopf ein wei­te­res Mal zu­rück und war­tet dar­auf, dass Logan sie küsst.
Au­gen­bli­cke spä­ter schrei­tet Sam auf uns zu, in der einen Hand eine Kühl­box, unter dem an­de­ren Arm meh­re­re Holz­schei­te für das Feuer. Un­se­re Bli­cke tref­fen sich und las­sen die ver­trau­ten Schmet­ter­lin­ge in mei­nem Bauch auf­flat­tern. Erst als er die Kühl­box neben Grace auf den Boden stellt und be­ginnt, die Holz­schei­te ins Feuer zu legen, be­mer­ke ich, was er anhat. Eine Le­der­kut­te, genau wie die an­de­ren Män­ner, nur ohne Logo. Nur ein Auf­nä­her. Das ein­zel­ne Wort Pro­s­pect auf der un­te­ren Hälf­te. Ich bin sprach­los. Wann ist das pas­siert?
So­bald das Feuer sei­nen Vor­stel­lun­gen ent­spricht, nimmt Sam wie­der Blick­kon­takt mit mir auf. „Schei­ße, ich habe dei­nen Drink ver­ges­sen“, sagt er und joggt zu­rück zum Haus.
Ich bli­cke in die Runde zu all den Frau­en. „Sam ist jetzt Pro­s­pect?“
Emer­son steht von ihrem Stuhl auf, öff­net die Kühl­box und be­ginnt, Ge­trän­ke zu ver­tei­len. „Ja, und ich glau­be, er wird ein groß­ar­ti­ges Mit­glied sein.“ Die an­de­ren ni­cken zu­stim­mend.
Als Sam wie­der zu­rück­kommt, öff­net er den De­ckel der Dose und reicht sie mir. Un­se­re Fin­ger­spit­zen be­rüh­ren sich und schi­cken elek­tri­sche Im­pul­se durch sie hin­durch. Das lässt mein Herz rasen. „Danke.“
„Gern ge­sche­hen, Glüh­würm­chen.“ Sein Spitz­na­me für mich bringt mich zum Lä­cheln. Sam dreht sich um und geht hin­über, um Logan und Reid beim Tisch­de­cken zu hel­fen.
Ich schlie­ße die Augen und lasse mich in mei­nem Stuhl zu­rücks­in­ken. Als ich sie öffne, star­ren mich Bella, Alba, Mila, Grace und Emer­son an – alle mit einem Grin­sen im Ge­sicht.
„Was?“ Ich setze die Dose an meine Lip­pen und nehme einen wei­te­ren Schluck, in der Hoff­nung, dass sie es vor­erst dabei be­las­sen, was sie auch tun, denn Alba fährt fort, über den Fünf-Ki­lo­me­ter-Lauf zu spre­chen.
„Also, wer­den wir uns zu die­sem Wohl­tä­tig­keits­lauf an­mel­den?“, fragt sie.
Einer nach der an­de­ren wil­ligt ein, nur meine Ant­wort steht noch aus. Es ist für einen guten Zweck und zu­sätz­lich dazu auch noch für un­se­re Stif­tung, also sage ich zu ihnen: „Ich bin auch dabei.“
Kurz dar­auf wird das Abend­es­sen an­ge­kün­digt und ich helfe den Frau­en, die Kin­der zu­sam­men­zu­trei­ben und ihnen Tel­ler mit Essen hin­zu­stel­len, bevor wir un­se­re Tel­ler fül­len und uns set­zen. „Sam, warum ist Leah nicht mit dir ge­kom­men?“, frage ich, als er sich neben mich an das Ende des Ti­sches setzt.
„Ich habe bei ihr vor­bei­ge­schaut, als ich Eis ge­holt habe und sie hat ge­sagt, dass es ihr nicht so gut geht“, er­klärt er mir mit einem wis­sen­den Blick. Sam ahnt, dass sie nicht die Wahr­heit ge­sagt hat, aber er woll­te sie auch nicht be­drän­gen.
Ich nehme einen gro­ßen Bis­sen von dem schmack­haf­ten, ku­ba­ni­schen Ge­richt Ropa Vieja, das Alba zu­be­rei­tet hat. Als sich alle un­ter­hal­ten, komme ich end­lich dazu, Sam nach sei­nem fri­schen Pro­s­pect-Sta­tus zu fra­gen. „Also – Pro­s­pect, hm?“
Sams Schul­tern zit­tern, als er ki­chert. „Ich bin über­rascht, dass du es so lange aus­ge­hal­ten hast, bevor du mich da­nach ge­fragt hast, Glüh­würm­chen. Je­den­falls ist der Club an mich her­an­ge­tre­ten und sie glau­ben, dass ich Po­ten­zi­al habe. Die Kings ste­hen für alles, woran ich glau­be: eine Bru­der­schaft und das, was eine Fa­mi­lie aus­ma­chen soll­te. Ich zweif­le nicht daran, dass ich genau hier sein soll­te und hin­ge­hö­re.“
„Du wirst ein groß­ar­ti­ger King sein, Sam“, ver­si­che­re ich.
„Das be­deu­tet mir sehr viel, wenn es von dir kommt, Glüh­würm­chen.“
Ehe wir uns ver­se­hen, ist das Abend­es­sen vor­bei, und die Sonne ist hin­ter den Bäu­men ver­schwun­den. Ich sitze in der Nähe der Feu­er­stel­le auf einem gro­ßen Baum­stamm, der als Sitz­ge­le­gen­heit dient und be­ob­ach­te das Fun­keln der Glüh­würm­chen, die knapp über dem Boden schwe­ben, wäh­rend ich höre, wie sich die Jungs hin­ter mir ver­gnü­gen und ihre Frau­en mit ihnen la­chen. Müde und bett­reif, be­schlie­ße ich, zu mir nach Hause zu fah­ren, bevor es zu spät wird. Ich stehe auf, drehe mich um und wende mich der Runde zu. „Ich gehe jetzt nach Hause. Ich muss mor­gen wie­der ar­bei­ten.“
Jake blickt zu Sam hin­über. „Be­glei­te Sofia nach Hause.“ Sam nickt, steht auf und wir gehen ne­ben­ein­an­der um das Ge­bäu­de herum. Als wir an mei­nem Auto an­hal­ten, öff­net Sam meine Tür und war­tet, bis ich mich hin­ein­ge­setzt und an­ge­schnallt habe, bevor er sie wie­der schließt.
„Ge­hört das alles zu dei­nen Pflich­ten als Pro­s­pect?“, scher­ze ich, denn ich weiß, dass er mich oh­ne­hin nach Hause be­glei­ten würde. Das tut er immer.
„Ich bin di­rekt hin­ter dir, meine Schö­ne.“ Sam steigt auf sein Mo­tor­rad, das er schon seit ei­ni­ger Zeit hat und war­tet dar­auf, dass ich mein Auto star­te. Ich fahre vom Ge­län­de und er folgt mir. Es sind min­des­tens drei­ßig Mi­nu­ten vom Club­haus bis zu mei­ner Woh­nung. Wäh­rend wir die Stra­ße ent­lang­fah­ren, bli­cke ich auf das fla­che, of­fe­ne Land hin­aus. Die Dun­kel­heit bricht her­ein und der Ho­ri­zont ver­schluckt die Sonne. Ein wei­te­rer Tag geht zu Ende und der Him­mel ist in satte, tief­vio­let­te und blaue Nu­an­cen ge­taucht, die bis zu den Ster­nen hin­auf im Nacht­schwarz ver­schwin­den.

Schon bald fahre ich die Ein­fahrt hin­auf und parke in der Ga­ra­ge. Wie immer warte ich, bis Sam den Au­ßen­be­reich kon­trol­liert hat, bevor ich aus dem Auto stei­ge. Da ich weiß, dass er auch das In­ne­re des Hau­ses über­prü­fen wird, über­ge­be ich ihm meine Schlüs­sel und folge ihm hin­ein, wäh­rend sich das Ga­ra­gen­tor lang­sam senkt. Ich be­ob­ach­te ihn, wäh­rend er sich im Haus be­wegt. Ir­gend­et­was ist heute Abend an­ders an ihm. Die Art, wie er sich gibt, ist an­ders. Die Art, wie er sich be­wegt. Viel­leicht hat er mehr Selbst­ver­trau­en?
Viel­leicht liegt es gar nicht an ihm. Viel­leicht liegt es an mir.
Er sieht gut aus mit der Kutte. Ich schaue weg, bevor er mei­nen Blick be­merkt, durch­que­re das Wohn­zim­mer und warte an der Ein­gangs­tür.
„Gehst du mor­gen mit mir essen?“
„Ich muss ar­bei­ten“, er­klä­re ich ihm.
„Ich kann ja zu dir kom­men.“
Wie­der krib­belt es in mei­nem Magen, als er mir eine Haar­sträh­ne aus dem Ge­sicht streicht. „Okay“, stim­me ich zu.
„Schließ hin­ter mir ab.“
Sam öff­net die Tür und tritt auf die Ve­ran­da hin­aus. Da ich weiß, dass er sich nicht rüh­ren wird, bis er hört, dass die Schlös­ser ein­ras­ten, ver­rie­ge­le ich lang­sam die Tür. Nach­dem die Quer­rie­gel ver­schlos­sen und die Alarm­an­la­ge ein­ge­stellt ist, lau­sche ich dem Dröh­nen sei­ner Har­ley und warte, bis das Ge­räusch ver­klun­gen ist, bevor ich in mein Schlaf­zim­mer gehe. Im Haus ist es ruhig, so­wohl in Emmas als auch in Lunas Zim­mer ist das Licht aus. Nach­dem ich mei­nen Schlaf­an­zug an­ge­zo­gen habe und durch den Flur ins Bad ge­gan­gen bin, um mir das Ge­sicht zu wa­schen und die Zähne zu put­zen, schlie­ße ich meine Zim­mer­tür ab und klet­te­re ins Bett. Der letz­te Ge­dan­ke, den ich vor dem Ein­schla­fen habe, gilt Sam.

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