Surrender: The Gilded Chain

Ori­gi­nal­ti­tel: The Gil­ded Chain (Sur­ren­der #3)
Über­set­zer: Julia Wei­sen­ber­ger

Er­schie­nen: 10/2021
Serie: Sur­ren­der
Teil der Serie: 3

Genre: Con­tem­pora­ry Ro­mance, Dark Ero­ti­ca, Soft-SM / BDSM
Zu­sätz­lich: Do­mi­nanz & Un­ter­wer­fung

Lo­ca­ti­on: Frank­reich, Paris


Er­hält­lich als:
pa­per­back & ebook

ISBN:
Print: 978-3-86495-479-5
ebook: 978-3-86495-480-1

Preis:
Print: 15,90 €[D]
ebook: 6,99 €[D]

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Surrender: The Gilded Chain


In­halts­an­ga­be

Will­kom­men in einer ver­bor­ge­nen Welt ero­ti­scher Fan­ta­si­en und un­ge­zü­gel­ter Lei­den­schaft ...

Cal­lie Tay­lor ist seit Jah­ren von einem Mann be­ses­sen, der ihre Liebe nie er­wi­dern wird. Aber alles än­dert sich, als Cal­lie Wes Thor­ne trifft, der nicht nur ein eben­so wohl­ha­ben­der wie mys­te­riö­ser Kunst­samm­ler ist, son­dern auch ein be­kann­ter Do­mi­nus. Trotz all der Näch­te, in denen sie von einem an­de­ren Mann ge­träumt hat, ist es Wes' räu­be­ri­scher Blick, der plötz­lich jeden ihrer Ge­dan­ken be­stimmt und ihren Kör­per in Brand setzt. Eine Be­rüh­rung von ihm ver­spricht un­ver­gess­li­che Lei­den­schaft, aber Cal­lie weiß, dass Lei­den­schaft oft ihren Preis hat: Die Wel­ten, in denen die ein­fa­che Cal­lie und der rei­che Wes leben, sind zu ver­schie­den.

Vom ers­ten Mo­ment an ist Wes fas­zi­niert von Cal­lies künst­le­ri­schem Ta­lent und ihrer ent­zü­cken­den Un­schuld. Nach einem ge­stoh­le­nen Kuss will Wes Cal­lie auf eine Weise für sich be­an­spru­chen, wie noch keine Frau zuvor. Aber zu­erst muss er sie über­zeu­gen, ihre Kon­trol­le auf­zu­ge­ben. Und wo könn­te man eine Künst­ler­see­le wie die von Cal­lie bes­ser ver­füh­ren als in Paris? Wes nimmt Cal­lie mit nach Paris - drei­ßig Tage hat Wes Zeit, um die Lei­den­schaft in der Un­schuld vom Lande zu we­cken und sie lust­voll zu un­ter­wer­fen.

Über die Au­to­rin

USA Today Best­sel­ler-Au­to­rin Lau­ren Smith ist tags­über eine An­wäl­tin aus Okla­ho­ma und nachts eine Au­to­rin, die im Licht ihrer Smart­pho­ne-Ta­schen­lam­pen-App aben­teu­er­li­che und heiße Lie­bes­ge­schich­ten schreibt. In dem Mo­ment, als sie ver­such­te, die ge­sam­te Hand­lung von "Ti­ta­nic" neu zu schrei­ben, nur...

Wei­te­re Teile der Sur­ren­der Serie

Le­se­pro­be

Wes Thor­ne stand auf der Ve­ran­da einer der brand­neu­en, fast fer­tig­ge­stell­ten Lu­xus­hüt­ten, die auf der Rück­sei­te des Ge­län­des der Bro­ken Spur Ranch mit Blick auf die Berge ge­baut wur­den. Das Holz des Ve­ran­da­ge­län­ders war etwas rau, soll­te aber bald mit einem Schleif­ge­rät ge­glät­tet wer­den. Das Ei­che­holz war mas­siv und so­li­de und hatte eine satte brau­ne Farbe, die dem Auge schmei­chel­te. Diese Hüt­ten wür­den für Jim und Cal­lie un­glaub­lich lu­kra­tiv sein.
Der Plan war die Idee sei­ner Schwes­ter Hay­den ge­we­sen, als sie be­merkt hatte, dass Jim Ge­fahr lief, die Ranch zu ver­lie­ren, weil sie mit ihren hohen Hy­po­the­ken­zah­lun­gen in Ver­zug ge­ra­ten...

...​waren. Hay­den hatte Wes vor­ge­schla­gen, auf dem Grund­stück Hüt­ten zu bauen und sie als Aus­flugs­ziel für stress­be­las­te­te Workaho­lics zu nut­zen, die einen Ur­laub von E-Mails und su­per­star­kem Han­dy­netz rund um die Uhr be­nö­tig­ten. Das war na­tür­lich bril­lant, aber er war nicht über­rascht. Hay­den war schluss­end­lich bes­ser, was Ge­schäf­te be­traf, als er es war. Er lieb­te die Kunst mehr als das Busi­ness und zum Glück hatte er in sei­nem ei­ge­nen Beruf als Kunst­ex­per­te gro­ßen Er­folg.
Wäh­rend seine Schwes­ter mit ihren Hoch­zeits­plä­nen be­schäf­tigt war, hatte er sich be­reit er­klärt, her­zu­kom­men und den Fort­schritt der Hüt­ten zu über­prü­fen. Er hatte ge­wusst, dass es nicht gut enden würde, Cal­lie von der Ver­lo­bung von Fenn und Hay­den zu er­zäh­len. Von dem Mo­ment an, als er die wilde, tem­pe­ra­ment­vol­le Cal­lie ken­nen­ge­lernt hatte, hatte er er­kannt, dass sie in Fenn ver­liebt war. Sie trug ihre Ge­füh­le so offen zur Schau, dass die ganze Welt es sehen konn­te, und er hatte es ge­hasst, die Per­son sein zu müs­sen, die die Nach­richt über­brin­gen muss­te, die ihr süßes, un­schul­di­ges klei­nes Herz in Stü­cke schnei­den würde.
Es hatte sie schlim­mer ge­trof­fen, als er er­war­tet hatte. Er war hin­auf­ge­gan­gen, um nach ihr zu sehen, und als sie die Tür öff­ne­te, waren ihre Augen ge­rö­tet und ihre Wan­gen immer noch von glän­zen­den Trä­nen be­fleckt. In ihrem Schmerz lag eine Wild­heit, die atem­be­rau­bend schön war, und etwas in ihm hatte ge­grollt wie ein tie­fes Beben unter der Erde. Ihr Schmerz hatte ihn ver­un­si­chert, und nur we­ni­ge Dinge hat­ten ihn je­mals ver­un­si­chert. Des­halb hatte er be­schlos­sen, ein paar Tage zu blei­ben, um si­cher­zu­ge­hen, dass es ihr gut gehen würde. Falls je­mand frag­te, war er na­tür­lich nur hier, um nach den Neu­bau­ten zu sehen. Das war seine Ge­schich­te und er würde da­bei­blei­ben. Er schüt­tel­te den Kopf. Er konn­te sie nicht ver­las­sen, wenn sie … Wes stopp­te sich selbst. Sie brauch­te ihn nicht. Zum Teu­fel, er be­zwei­fel­te, dass sie ihn über­haupt moch­te. Sie lief immer davon, ver­steck­te sich oder ver­mied Blick­kon­takt, als ob sie in sei­ner Nähe ner­vös wäre.
Nichts davon än­der­te etwas an der Tat­sa­che, dass er sie woll­te. In den letz­ten Wo­chen hatte er in sei­ner Fan­ta­sie ge­schwelgt, sie in sei­nem Bett zu haben, mit ge­fes­sel­ten Hand­ge­len­ken und Bei­nen, mit völ­lig ent­blöß­tem Kör­per und be­reit, jeden Zen­ti­me­ter von ihr mit sei­nem Mund und sei­nen Hän­den zu er­kun­den, wäh­rend er sie in seine dunk­le­re Welt der Lust ein­führ­te. Die Dinge, die er mit ihr tun woll­te … die er ihr un­be­dingt antun woll­te, trie­ben ihn lang­sam in den Wahn­sinn.
Er hatte noch nie so sehr nach einer Frau ge­lüs­tet wie nach Cal­lie, und er durch­schau­te nicht, warum das so war. Sie war jung, un­schul­dig, nicht sein ei­gent­li­cher Typ Frau. Warum also zuck­ten dann seine Hände mit dem Drang, sie zu be­rüh­ren, wann immer sie in der Nähe war? Und der Hauch ihres Duf­tes, nach­dem sie frisch ge­duscht und an sei­nem Zim­mer vor­bei­ge­gan­gen war, schien sich in seine Kno­chen zu rit­zen. Wäh­rend er von ihr ge­trennt ge­we­sen war, hatte er ver­sucht, sich selbst davon zu über­zeu­gen, dass es eine dumme Be­ses­sen­heit war. Wäh­rend er mit­ten in der Nacht in sei­nem lee­ren Bett hoch­ge­schreckt und hart und frus­triert war, weil sie nicht neben ihm lag, hatte er sich ein­ge­re­det, es sei nichts wei­ter als ein Juck­reiz, den er krat­zen müsse, um ihn aus sei­nem Sys­tem her­aus­zu­kom­men. Aber jetzt, wo er hier bei ihr war, so nah, dass er all diese un­ver­hüll­ten Emo­tio­nen auf ihrem Ge­sicht sehen konn­te, be­son­ders den Schmerz, den er durch sein Kom­men ver­ur­sacht hatte … es war un­mög­lich, sie wie­der zu ver­las­sen. Und das Ju­cken … es war nicht nur vor­über­ge­hend.
Er würde sie haben. Es war nur eine Frage der Zeit. Er hatte ge­schwo­ren, dass sie ihm ge­hö­ren würde, so­bald er sie zu Ge­sicht be­kom­men hatte. Er muss­te sie zäh­men, sie in seine Welt brin­gen. Es würde eine lange, lang­sa­me Ver­füh­rung er­for­dern, aber Cal­lie würde ihm ge­hö­ren. Sie muss­te es. Ihre Un­schuld ge­mischt mit ihrer na­tür­li­chen Sinn­lich­keit war im Be­griff, ihn um­zu­brin­gen. Wenn er sie nur dazu brin­gen könn­te, Fenn zu ver­ges­sen, und ihr all die ver­ruch­ten Freu­den zei­gen könn­te, die das Leben brin­gen konn­te, dann würde er sie mit Leib und Seele be­sit­zen.
Als er von der Ve­ran­da trat und sich die Hände an der Jeans ab­wisch­te, sah er, wie Cal­lie das Haus der Ranch ver­ließ und zur Scheu­ne ging. Ihre Schrit­te waren fest, ihr Ge­sicht hoch er­ho­ben, und sie sah ent­schlos­sen aus. Wel­chen Herz­schmerz auch immer sie ge­ra­de durch­litt, sie zeig­te ihn nicht und schien sich enorm zu­sam­men­zu­rei­ßen.
Das ist mein Mäd­chen. Der Ge­dan­ke rutsch­te ihm durch, bevor er ihn zu­rück­hal­ten konn­te. Sie ge­hör­te ihm nicht. Aber sie würde es. Und zwar bald. Mit einem klei­nen Lä­cheln blieb er wei­ter in der Nähe der Hüt­ten und wink­te ei­ni­gen Bau­ar­bei­tern zu, die ge­ra­de an­ge­kom­men waren, aber er be­hielt die Scheu­ne im Auge. Sie wür­den bald reden, und er würde seine Pläne sie zu be­kom­men, in die Tat um­set­zen.

Cal­lie konn­te nicht an­ders, als Wes dabei zu be­ob­ach­ten, wenn er mit den Bau­ar­bei­tern zu tun hatte. Sie füt­ter­te die Hüh­ner in den Stäl­len, ar­bei­te­te mit einem neuen Foh­len, das vor ei­ni­gen Wo­chen ge­bo­ren wor­den war, und kon­trol­lier­te über meh­re­re Stun­den die Fut­ter- und Was­ser­trö­ge der Rin­der, und all diese Auf­ga­ben hiel­ten sie in sei­ner Sicht­wei­te.
Er trug nicht sei­nen üb­li­chen Anzug, der ihn reich und ge­heim­nis­voll aus­se­hen ließ. Nein, er trug eine Jeans, T-Shirt und Stie­fel und … Ihr Mund wurde tro­cken, als sie merk­te, dass er durch die le­ge­re Klei­dung nicht nor­ma­ler und zu­gäng­li­cher aus­sah, son­dern da­durch etwas Ge­fähr­li­ches aus­strahl­te, das zu sagen schien: „Ich habe keine Angst davor, etwas Dre­cki­ges zu tun und dich in diese Welt mit­zu­neh­men, Süße.“ Der Ge­dan­ke ließ sie er­rö­ten. Das war lä­cher­lich. Er war nur ein wei­te­rer gut aus­se­hen­der Mann in Jeans, dem sie ge­ra­de aus dem Weg ging. Das war der ganze Sinn, dass sie Män­nern ab­ge­schwo­ren hatte. Keine sexy, rauen und ge­fähr­li­chen Män­ner für sie. Sie hatte ihr Herz in eine Stahl­kis­te ge­sperrt und diese für immer ver­schlos­sen. Kein Mann würde zu ihr durch­kom­men, damit er sie zer­trüm­mern könn­te. Nie wie­der.
Doch trotz ihres Schwurs konn­te sie ihre Bli­cke nicht von Wes fern­hal­ten. Es war doch si­cher harm­los, ihn nur zu be­ob­ach­ten, oder? Lust und Liebe waren schließ­lich zwei total ver­schie­de­ne Dinge … oder etwa nicht?
Sie be­ob­ach­te­te ihn, wie er mit zwei Bau­un­ter­neh­mern an der Ve­ran­da einer der Neu­bau­ten in die Hocke ging und ihnen etwas ges­ti­ku­lier­te. Sogar von dort, wo sie stand, konn­te sie die Beu­gung der Mus­keln an sei­nem Un­ter­arm und das Glit­zern der teu­ren Uhr an sei­nem Hand­ge­lenk sehen. Sie leck­te sich die tro­cke­nen Lip­pen und blick­te weg, nur um sich gleich dabei zu er­tap­pen, wie sie sich ihm er­neut zu­wand­te. Die leich­te Brise trug ge­ra­de so viel von ihrem Ge­spräch zu ihr her­über, dass sie er­kann­te, dass sie über die Holz­ver­klei­dung am Stein­so­ckel der Hüt­ten dis­ku­tier­ten. Na­tür­lich schien Wes alles über das Thema zu wis­sen. Gab es etwas, in dem Wes Thor­ne kein Ex­per­te war? Sein schein­bar gren­zen­lo­ses Wis­sen war be­reits unter den bes­ten Um­stän­den un­glaub­lich ein­schüch­ternd, aber nach­dem er ges­tern ihren Zu­sam­men­bruch mit­er­lebt hatte … nun ja, Cal­lie würde ihn nicht so bald zum Tri­vi­al Pur­su­it her­aus­for­dern.
Cal­lie hatte es sich nicht leis­ten kön­nen, zu stu­die­ren. Und wenn sie es hätte tun kön­nen, hätte sie ihren Vater auf kei­nen Fall zu­rück­las­sen kön­nen, nicht als er zu wenig Mit­ar­bei­ter ge­habt hatte und die Ranch in Ge­fahr ge­we­sen war. Jetzt war sie hier, im Alter von zwan­zig Jah­ren, und saß in der­sel­ben Stadt fest, in der sie ihr gan­zes Leben ge­lebt hatte.
Ein Teil von ihr lieb­te das Leben auf der Ranch, aber die an­de­re Hälf­te woll­te in die Welt hin­aus, ihre Gren­zen aus­tes­ten und ihr Leben leben.
Wes stand plötz­lich auf, schüt­tel­te den bei­den Män­nern, mit denen er ge­spro­chen hatte, die Hand und ver­schwand dann aus ihrem Blick­feld. Das war auch gut so. Sie muss­te wirk­lich wie­der an die Ar­beit. Mit einem klei­nen Seuf­zer dreh­te sie sich um, um zu­rück in die Scheu­ne zu gehen, und prall­te di­rekt gegen eine feste, warme männ­li­che Brust.
„Umpf!“ Sie gab ein nicht la­dy­li­kes Ge­räusch von sich, wäh­rend ihre Kör­per kol­li­dier­ten und sie zu­rück stol­per­te.
Star­ke Hände um­fass­ten ihre Tail­le. „Was ma­chen Sie da? Haben Sie sich hin­ter die­sem Truck ver­steckt?“ Dunk­le Be­lus­ti­gung lag in sei­ner Stim­me, als ob er sich voll be­wusst wäre, dass sie ihm nach­spio­niert hatte.
Sie schnaub­te, hob ihr Kinn an und ver­such­te, seine Hände von sich zu lösen. Er er­laub­te es, und sie war sich die­ser Tat­sa­che mehr als alles an­de­re be­wusst.
„Ich habe nach dem Heu ge­se­hen.“ Ich habe dich nicht in dei­nen engen Jeans an­ge­gafft.
„Mmm.“ Er mach­te ein leicht keh­li­ges Ge­räusch, als ob er ihr zu­stim­men würde, aber sie hörte den Un­glau­ben darin.
„Wenn Sie mich ent­schul­di­gen, ich muss noch ei­ni­ges im Stall er­le­di­gen.“ Sie stapf­te um ihn herum und ging di­rekt auf die of­fe­nen Türen ihres Fluchtor­tes zu. Er würde ihr nicht nach­kom­men. Er hatte auch Dinge zu er­le­di­gen. Das hier würde bald vor­bei sein. Sie würde wie­der al­lein sein, in Ruhe ge­las­sen und frei von selt­sam in­ten­si­ven Män­nern. Dem Him­mel sei Dank dafür, dach­te sie.
Auf dem Weg zur Box von Volt ent­schied sie sich, ihn zu strie­geln; das würde sie sehr be­schäf­tigt aus­se­hen las­sen. Sie schob die Bo­xen­tür auf den Gleit­schie­nen auf und schnapp­te sich ihren Bürs­ten­ei­mer. Dann mach­te sie sich be­reit, Volt rich­tig zu ver­wöh­nen. Das Pferd schenk­te ihr nicht viel Auf­merk­sam­keit, wäh­rend es seine Nase in sei­nem Ha­fe­rei­mer ver­grub und laut mampf­te.
Das Ge­räusch von Schrit­ten hin­ter ihr ließ sie sich um­dre­hen. Wes stand in der of­fe­nen Bo­xen­tür und be­ob­ach­te­te sie.
„Geht es Ihnen gut?“
Sie hielt ge­ra­de noch ein bit­te­res La­chen zu­rück. „Gut? Na­tür­lich geht es mir gut. Warum soll­te es mir nicht gut gehen?“
Aus den Au­gen­win­keln sah sie ihn einen Schritt näher kom­men, und sie hörte das wei­che Ra­scheln sei­ner Stie­fel auf dem mit Heu be­streu­ten Boden. Wes war zu in­ten­siv für das ru­hi­ge Leben auf einer Ranch.
„Las­sen Sie mich mal.“ Plötz­lich war er di­rekt hin­ter ihr. Die Hitze sei­nes Kör­pers ver­seng­te ihre Haut durch die dünne Schicht ihrer Jeans und ihres Shirts. Seine rech­te Hand legte sich sanft über ihre, griff nach der Bürs­te und schob sie von ihrer Hand­flä­che. Sie legte die Fin­ger auf Volts Fell, wäh­rend Wes sie im Rah­men sei­ner Arme ge­fan­gen hielt, wäh­rend er das Pferd wei­ter strie­gel­te. Sie be­ob­ach­te­te, wie seine Hand die Bürs­te schnell über die Flan­ken des Tie­res be­weg­te. Wuss­te er viel über Pfer­de?
Ko­misch, sie hatte nicht daran ge­dacht, zu fra­gen. Als sie das letz­te Mal in sei­ner Nähe ge­we­sen war, schien er eher ein dunk­ler Schat­ten zu sein, eine Prä­senz, die außer Sicht­wei­te blieb, wäh­rend sie sich auf Fenn und die Be­dro­hung sei­nes Le­bens kon­zen­triert hatte. Jetzt muss­te sie al­ler­dings zu­ge­ben, dass sie neu­gie­rig war, auch wenn er ihr ein wenig Angst mach­te. Er klopf­te dem Pferd auf den Rü­cken, wand­te sich dann ihr zu und reich­te ihr die Bürs­te.
„Sie schei­nen zu wis­sen, was Sie tun“, sagte sie schließ­lich und blick­te ihm über die Schul­ter ins Ge­sicht.
Als sie sein Pro­fil be­ob­ach­te­te, be­merk­te sie, dass er seine sinn­li­chen Lip­pen zu einer blo­ßen An­deu­tung eines Lä­chelns ver­zo­gen hatte.
„Ich be­sit­ze sechs davon. Ich soll­te hof­fent­lich wirk­lich wis­sen, was ich tue.“ Seine Worte ent­zün­de­ten ein selt­sa­mes Feuer tief in ihrem Bauch, und sie wuss­te, dass sie gegen ihn sto­ßen würde, wenn sie sich auch nur einen Zen­ti­me­ter zu­rück­lehn­te.
Cal­lie nahm ihm die Bürs­te ab und legte sie in das Pfle­ge­set vor Volts Box. Sie klopf­te ihre Hände an ihrer Jeans ab, wäh­rend sie dar­auf war­te­te, dass Wes die Pfer­de­box ver­ließ.
„Sie be­sit­zen wirk­lich Pfer­de? Warum haben Sie das nicht frü­her ge­sagt?“ Sie hätte ihn dazu brin­gen kön­nen, die Boxen aus­zu­mis­ten … Das Bild von ihm, Heu­ga­bel in der Hand, Mist schau­felnd, brach­te sie dazu, sich ein klei­nes Lä­cheln zu ver­knei­fen.
Er lach­te tat­säch­lich. Der voll­tö­ni­ge Klang stell­te lus­ti­ge Sa­chen mit ihrem Magen an. Er zog sich zu­sam­men und lang­sam be­weg­te sich eine Hit­ze­wel­le über ihr Ge­sicht.
„Sie wir­ken über­rascht“, be­merk­te er, wäh­rend er die Stall­tür schloss und dann ver­rie­gel­te.
Cal­lie zog sich ein paar Schrit­te zu­rück, denn die Scheu­ne fühl­te sich plötz­lich viel wär­mer an als noch vor einer Mi­nu­te.
„Sie haben noch nie etwas von Pfer­den er­wähnt. Und Sie sehen nicht so aus, als wür­den Sie viel rei­ten.“ Sie ließ ihren Blick über sein schwar­zes T-Shirt glei­ten, das die aus­ge­präg­ten Bauch­mus­keln dar­un­ter nicht ge­ra­de ver­deck­te. Be­gaff ihn nicht, Cal­lie. Hör auf, warn­te sie sich selbst. Sie sah höher, be­merk­te seine kräf­ti­gen Un­ter­ar­me und konn­te nicht ver­ges­sen, dass seine Hände auf ihrer Haut sie in den kur­zen Zei­ten, in denen er sie be­rührt hatte, immer zu ver­bren­nen schie­nen. Oh ja, Wes Thor­ne ver­un­si­cher­te sie, und das ge­fiel ihr nicht. Wenn sie immer wie­der davon über­wäl­tigt wurde, wie at­trak­tiv seine Bauch­mus­keln und Arme waren, war es ihr un­mög­lich, ihr Ge­lüb­de ein­zu­hal­ten. Sie muss­te hier raus, und zwar schnell. Sie schnapp­te sich den Sat­tel und mach­te sich auf den Weg zur Sat­tel­kam­mer, in der Hoff­nung, er würde den Wink ver­ste­hen und ihr nicht fol­gen.
Die­ses stil­le Gebet blieb un­ge­hört, weil er den Tür­rah­men zu dem Raum aus­füll­te, als woll­te er sie daran hin­dern, ihm wie­der zu ent­kom­men. Sie kon­zen­trier­te sich dar­auf, ihren Sat­tel weg­zu­le­gen.
„Sie und ich haben über­haupt nicht viel ge­re­det, und schon gar nicht über Pfer­de. Ich würde mich freu­en, mich jetzt zu un­ter­hal­ten … über Pfer­de. Ich spie­le Polo. Dafür muss man sehr gut auf die­sen Tie­ren sein.“ Er mach­te eine Pause und das er­reg­te ihre Auf­merk­sam­keit. Als ihr Blick den sei­nen traf, fuhr er fort. „Ich ge­nie­ße das Rei­ten, und zwar nicht nur Pfer­de.“
Eine Se­kun­de lang hatte sie keine Ah­nung, was er mein­te. Rei­ten … Dann be­griff sie und er­rö­te­te vor Scham. Er deu­te­te an, dass … oh!
„Nun, es tut mir leid, Sie zu ent­täu­schen, Mr. Thor­ne, aber ich habe keine Lust, heute oder je­mals wie­der ge­rit­ten zu wer­den. Ich bin nicht daran in­ter­es­siert, Punkt.“ Statt ihn so zu ver­är­gern, dass er ging, kam er näher.
„Nein, du ver­spürst diese Lust nicht, noch nicht.“
Als sie sich zu ihm um­dreh­te, schoss sie ihm den grim­migs­ten Blick zu, den sie hin­be­kam. „Ich glau­be, Sie be­grei­fen nicht. Ich möch­te in Ruhe ge­las­sen wer­den. Keine Män­ner mehr, keine Ro­man­tik, nichts mehr …“ Plötz­lich klan­gen ihre Worte ein wenig er­stickt, als ob sie nicht atmen könn­te. Sie war ge­ra­de dabei, ihm, dem letz­ten Men­schen auf Erden, der ver­ste­hen würde, was sie durch­mach­te, ihren Herz­schmerz zu beich­ten. Seine Schwes­ter hatte Cal­lie alles über Wes er­zählt. Von den Frau­en, mit denen er sich traf, dass er sich nie in je­man­den ver­lieb­te. Er war nicht wie Fenn. Wes war kein Mann der Liebe, son­dern der Be­gier­de, und das woll­te sie auch nicht er­le­ben.
Wes neig­te sein lin­kes Hand­ge­lenk, um seine teure Uhr zu kon­sul­tie­ren und die Zeit zu über­prü­fen.
„Das klingt für mich ein biss­chen wie eine Her­aus­for­de­rung. Willst du mich her­aus­for­dern?“ Es war keine Dro­hung, nein, aber etwas an der Art und Weise, wie er „her­aus­for­dern“ sagte, ließ ihr In­ne­res sich zu­sam­men­zie­hen.
„Her­aus­for­dern? Ich weiß nicht, wovon Sie spre­chen.“ Hart­nä­ckig blieb sie beim Sie­zen, wie um ihn sich vom Leib zu hal­ten.
Wes’ Lip­pen zuck­ten. „Du hast also be­schlos­sen, dich nicht mehr zu ver­lie­ben? Ist es das? Keine Män­ner mehr für dich, weil ein Mann dir das Herz ge­bro­chen hat?“
An­statt ihm zu ant­wor­ten, schluck­te sie nur schwer und holte tief Luft.
„Eine klei­ne freund­schaft­li­che Wette würde dich dann nicht in Ge­fahr brin­gen, oder? Was, wenn ich sagen würde, dass ich deine Mei­nung in drei­ßig Tagen än­dern könn­te? Dass du dann wie­der einen Mann willst. Nicht ir­gend­ei­nen Mann, son­dern mich.“
Cal­lie kon­zen­trier­te sich auf den Ein­gang und über­leg­te, ob sie ihm ent­kom­men könn­te, aber es schien nicht wahr­schein­lich. Was wäre, wenn sie ihn ein­fach sein klei­nes Spiel spie­len las­sen würde? Es würde ihr nicht weh­tun; er würde ihr nicht na­he­kom­men kön­nen.
Ich bin in Si­cher­heit. Er wird nicht zu mei­nem Her­zen ge­lan­gen. Da war sie sich si­cher. Si­cher genug, dass sie schließ­lich sei­nem Blick be­geg­ne­te und nick­te.
„Sie glau­ben, Sie kön­nen mich in drei­ßig Tagen ver­füh­ren? Na schön. Die Wette gilt. Viel Glück dabei, Mr. Thor­ne.“
„Vie­len Dank, aber ich habe noch nie Glück ge­braucht.“ Als sie um ihn herum gehen woll­te, hielt er sie mit aus­ge­streck­tem Arm zu­rück. „Einen Mo­ment noch, wir müs­sen die Be­din­gun­gen aus­han­deln. Wenn ich ver­lie­re, lasse ich dir von einem mei­ner Kon­tak­te an der Kunst­schu­le auf Long Is­land eine Emp­feh­lung für die Auf­nah­me in ihr Pro­gramm schrei­ben.“
„Kunst­schu­le?“ Wie konn­te er das an­bie­ten? Sie würde nie in der Lage sein, sich das leis­ten zu kön­nen.
„Ja, es gibt dort ein Sti­pen­di­en­pro­gramm, für das du dich qua­li­fi­zie­ren wür­dest, und die Emp­feh­lung mei­nes Freun­des würde deine Auf­nah­me be­sie­geln.“
Cal­lie ließ all das auf sich wir­ken. Wenn sie der Ver­su­chung wi­der­ste­hen würde, mit ihm zu schla­fen, würde er ihr hel­fen, in die Kunst­schu­le zu kom­men? Die eine Sache, die sie mehr als alles an­de­re woll­te? Da muss­te es einen Haken geben.
„Und wenn Sie ge­win­nen?“ Sie konn­te die Worte ‚wenn ich ver­lie­re‘ nicht aus­spre­chen.
„Wenn ich ge­win­ne, wirst du eine Lei­den­schaft er­le­ben, die deine kühns­ten Träu­me über­tref­fen wird. Ich weiß, wie man einer Frau Lust be­rei­tet, Cal­lie. Jeder Trick, jedes Spiel­zeug, jede klei­ne Fan­ta­sie, die du je hat­test, sie kön­nen alle dir ge­hö­ren. Ich kann dir ver­spre­chen, dass dein Leben, so­lan­ge wir zu­sam­men sind, nie wie­der das­sel­be sein wird. Alles, was du willst, ich kann es dir geben. Alles.“ Er war so zu­ver­sicht­lich, so kühn, dass sie ihm fast glaub­te.
Aber es gab eine Sache, die er ihr nicht geben konn­te, und zum Glück war das die eine Sache, die sie nie wie­der er­le­ben woll­te. Liebe.
„Das klingt nicht nach einer schwer zu ge­win­nen­den Wette“, ant­wor­te­te sie. Warum sie das Be­dürf­nis ver­spür­te, ihn zu ne­cken, wuss­te sie nicht.
Er lach­te leise und schien ganz und gar nicht ver­är­gert. „Wenn du glaubst, dass diese Her­aus­for­de­rung so leicht zu ge­win­nen ist, lehnst du nichts von dem ab, was ich dir vor­schla­ge?“
Vor­schla­gen? Was dach­te er, was er vor­schla­gen könn­te? „Was mei­nen Sie?“
„Ich muss in der nächs­ten Woche nach Paris rei­sen, und ich denke, es ist nur fair, dich mit­zu­neh­men. Ich habe deine Kunst­wer­ke ge­se­hen. Ich weiß, dass es dir ge­fal­len würde, die Mu­se­en und Se­hens­wür­dig­kei­ten zu be­sich­ti­gen. Es ist der per­fek­te Ort für einen Künst­ler.“
Paris … Was er ihr anbot … Die Welt, von der sie immer ge­träumt hatte, als wäre es ganz ein­fach, sie ihr zu geben … Es war un­mög­lich. Sie könn­te sich nie­mals leis­ten, diese Reise zu ma­chen.
Scham er­hitz­te ihre Wan­gen und sie zog den Kopf ein. „Es tut mir leid, aber ich kann mir das nicht leis­ten…“
Mit einem tie­fen Knur­ren zwang er ihr Kinn hoch, so dass sie ihm wie­der in die Augen sehen muss­te. „Ich bin viel­leicht kein Mann mit eh­ren­haf­ten Ab­sich­ten dir ge­gen­über, aber wenn auch sonst nichts, so bin ich doch ein Gen­tle­man. Die Reise und alles wäh­rend­des­sen wird auf meine Kos­ten gehen. Alles, was du tun musst, ist, mich zu be­glei­ten.“
„Eine kos­ten­lo­se Reise nach Paris?“ Sie konn­te nicht an­ders, als die­sem hüb­schen ge­schenk­ten Gaul ins Maul zu schau­en. Er ant­wor­te­te mit einem Ni­cken.
Paris. Wie konn­te sie das ab­leh­nen? Er hatte den ein­zi­gen Ort auf der gan­zen Welt ge­wählt, zu dem sie nicht nein sagen konn­te.
„Alles, was ich tun muss, ist, Sie zu be­glei­ten?“ Ihr Herz schlug so schnell, dass sie sich zwin­gen muss­te, sich zu be­ru­hi­gen.
„Ja, komm mit mir. Gib mir drei­ßig Tage Zeit, dir den Hof zu ma­chen, wie du es ver­dienst.“ Er klang so fei­er­lich, so ernst wegen die­ser al­ber­nen Wette, aber die Flam­men, die in sei­nen Augen bro­del­ten, waren viel­ver­spre­chend und mach­ten ihr ein wenig Angst.
Er kommt mir nicht nahe, ver­sprach sie sich. Nein. Ich bin in Si­cher­heit.
„Okay. Ich komme mit.“ Die Worte er­tön­ten, und sie fühl­te sich, als lebte sie in einer Art selt­sa­men Traum. Sie würde mit Wes Thor­ne nach Paris rei­sen. Pas­sier­te das alles wirk­lich?
„Gut. Ich kann bei dir blei­ben und dir mit Volt hel­fen, wenn du möch­test.“ Er trat nicht auf die Seite, als sie wie­der ver­such­te, an ihm vor­bei­zu­kom­men.
Cal­lie muss­te von ihm weg. Nur weil sie ein­ge­wil­ligt hatte, mit ihm nach Paris zu rei­sen, be­deu­te­te das nicht, dass sie woll­te, dass er ihr den gan­zen Tag hin­ter­her­lief. Sie woll­te in Ruhe ge­las­sen wer­den. Sie woll­te sich nicht von einem Mann ein­schüch­tern las­sen, der die Ver­kör­pe­rung von Sünde war, ob­wohl sie erst ges­tern ge­schwo­ren hatte, Män­ner wie ihn zu mei­den. Diese Wette war wahr­schein­lich nur eine Mög­lich­keit für ihn, sich zu amü­sie­ren. Er woll­te be­stimmt nur mit ihr spie­len. Mehr nicht. Es gab keine Mög­lich­keit, dass ein Mann wie er In­ter­es­se an ihr hatte, und sie woll­te das auch nicht. Wes würde ein hoch­ge­wach­se­nes, schi­ckes Model wol­len, eine schlan­ke Schön­heit der High So­cie­ty, kein klei­nes, kur­ven­rei­ches Mäd­chen in Jeans mit schwie­li­gen Hän­den. Es mach­te ein­fach kei­nen Sinn, dass er sich für sie in­ter­es­sier­te. Er muss­te sich hier wirk­lich lang­wei­len, wenn er ihr Auf­merk­sam­keit schenk­te. Ich muss mei­len­weit die ein­zi­ge Frau sein, wenn das so ist. Es war ein de­pri­mie­ren­der Ge­dan­ke.
„Es tut mir leid. Ich bin nicht in der bes­ten Stim­mung. Sie soll­ten wahr­schein­lich ein­fach gehen.“ Bitte geh ein­fach, fleh­te sie in­ner­lich. Sie fürch­te­te, dass ihr Plan, Män­ner wie ihn zu mei­den, nicht von Dauer sein würde, wenn sie noch ein­mal darum bit­ten müss­te. Sie würde wie­der zum Trot­tel wer­den, ihr Herz an etwas hän­gen und spä­ter ver­letzt wer­den. Schluss damit, das liebe Mäd­chen zu sein. Ich muss mich schüt­zen!
Der in­ten­si­ve wöl­fi­sche Schim­mer in sei­nen Augen wurde sanf­ter und er nä­her­te sich ihr. Bevor sie sich be­we­gen konn­te, drück­te er sie gegen eines der Ge­stel­le, auf dem ein alter Sat­tel hing, den sie zuvor an die­sem Tag ein­ge­ölt hatte. Der schwe­re Duft des Heus, der in­ten­si­ve Ge­ruch des Öls und Wes’ Atem ver­zehr­ten sie, lie­ßen ihr Uni­ver­sum zu die­ser einen un­end­li­chen und doch ge­schlos­se­nen Zeit­span­ne zu­sam­men­schrump­fen. Er legte eine Hand auf den Sat­tel auf ihrer Tail­len­hö­he, so nah, aber er be­rühr­te nicht ihre Hüfte. Seine an­de­re Hand legte er unter ihr Kinn und hob es sanft an, so dass sie den Kopf nach hin­ten nei­gen muss­te, um ihm in die Augen zu schau­en. Seine sanf­te, aber un­er­schüt­ter­li­che Be­rüh­rung ließ die neu er­rich­te­te Zie­gel­stein­mau­er um ihr Herz er­be­ben.
Nein, ich kann nicht zu­las­sen, dass er mir zu Kopf steigt. Sie muss­te ihre Emo­tio­nen und ihre Re­ak­ti­on auf ihn kon­trol­lie­ren.
„Ver­gie­ße deine Trä­nen für ihn, Cal­lie. So viel darfst du“, flüs­ter­te er. Sein war­mer Atem strich über ihre Lip­pen, als sich sein Ge­sicht dem ihren nä­her­te.
„Dür­fen?“ Sie sträub­te sich und drück­te fest gegen seine Brust. Er rühr­te sich nicht.
„Ja.“ Er lä­chel­te fast kalt. „Du darfst wei­nen, wenn dein Herz ge­bro­chen ist, aber du sollst wis­sen, dass die ganze Welt auf dich war­tet, wenn du be­reit bist.“
Wes legte die Hand an ihre Wange, trat dicht an sie heran und press­te seine Lip­pen auf ihre. Es war kein keu­scher Kuss. Seine Zunge glitt nach innen, strei­chel­te ihre, und sie zuck­te an ihm zu­sam­men. Er at­ta­ckier­te ihre Sinne. Seine Hände waren plötz­lich über­all, glit­ten lang­sam über ihren Rü­cken, folg­ten ihren Hüf­ten, strei­chel­ten die emp­find­li­che Haut in ihrem Na­cken. Ihr Herz­schlag dröhn­te in ihren Ohren wie das Echo von don­nern­den Hufen eines Mus­tangs auf den Fel­dern auf der an­de­ren Seite der Berge.
Seine Zähne san­ken in ihre Un­ter­lip­pe. Der klei­ne Stich ließ sie vor Schreck nach Luft schnap­pen, und ein ver­rä­te­ri­scher Hauch von Be­wusst­heit und Lust durch­ström­te sie. Er um­schmei­chel­te ihre Lip­pen, neck­te und spiel­te mit ihrem Mund und schien sich ihren Kör­per mit der Art ein­zu­prä­gen, wie seine Hand­flä­chen ihre Kur­ven und Wöl­bun­gen nach­zeich­ne­ten. Sie konn­te nicht den­ken, konn­te nicht atmen. Sie muss­te das un­ter­bin­den. Sie muss­te … Als sie zu zit­tern be­gann, trat er plötz­lich zu­rück und legte seine Stirn gegen ihre. Ihre ge­mein­sa­men Atem­zü­ge be­stan­den zu glei­chen Tei­len aus sanf­tem Keu­chen.
„Du bist noch nicht be­reit. Noch nicht.“ Er strich eine Locke ihres Haa­res aus ihrem Ge­sicht und steck­te sie hin­ter eines ihrer Ohren. Die Geste war intim und zärt­lich. Sie zit­ter­te.
„Be­reit für was?“, woll­te sie wis­sen, aber ihre Stim­me klang atem­los.
„Für mich. Aber du wirst es sein. Ich habe drei­ßig Tage, um es dir zu be­wei­sen. Lei­der muss ich für ein paar Tage nach Wes­t­on zu­rück­keh­ren, aber ich komme zu­rück und hole dich ab.“ Er zog sich aus ihrem per­sön­li­chen Be­reich zu­rück und blick­te sie noch einen Mo­ment lang an, bevor er aus der Sat­tel­kam­mer her­aus­trat und ging.
Cal­lie hob ihre Fin­ger­spit­zen zu den Lip­pen, ihre Hand zit­ter­te. Was hatte sie getan? Wes hatte sie ge­küsst. Er hatte sie ge­küsst. Ihr ers­ter Kuss. Es war nicht so ver­lau­fen, wie sie es ge­plant hatte, und er war nicht von dem Mann ge­kom­men, den sie woll­te, dem Mann, den sie lieb­te. Ihr Herz bebte in ihrer Brust. Es fühl­te sich an, als hätte sie Fenn be­tro­gen, aber das hatte sie nicht. Ein Mensch konn­te nie­man­den ver­ra­ten, mit dem man nie in einer Be­zie­hung ge­we­sen war. Das war die harte Rea­li­tät, die sie ak­zep­tie­ren muss­te. Sie moch­te Fenn ge­liebt haben, aber er lieb­te sie nicht zu­rück, nicht auf ro­man­ti­sche Art. Sie würde immer nur eine klei­ne Schwes­ter für ihn sein. Und das hatte ihr Herz in tau­send Stü­cke zer­schmet­tert. Was würde es mit ihr an­stel­len, in Wes’ Nähe zu sein, wenn sie nicht kalt und von sei­ner Lei­den­schaft un­be­ein­druckt blei­ben konn­te?
Was soll ich nur tun?
Sie konn­te immer noch den Druck sei­ner Lip­pen auf ihren spü­ren, als hätte er sie mit einem ein­zi­gen sinn­li­chen Kuss ge­brand­markt. Sie hass­te sich selbst dafür, wie ihr Kör­per mit sei­nem ver­schmol­zen war, und für das krib­beln­de Be­dürf­nis di­rekt unter ihrer Haut, das sich nach sei­ner Be­rüh­rung, sei­ner Lieb­ko­sung sehn­te. Aber sie woll­te es nicht, sie woll­te ihn nicht. Und das soll­te sie auch nicht.
Wes Thor­ne war ge­fähr­lich. Be­ängs­ti­gend in­ten­siv und von allem zu viel. Da war immer noch die­ses un­aus­ge­spro­che­ne Wort, das in der Luft um sie herum surr­te. Er hatte es nie aus­ge­spro­chen, aber sie hatte es in sei­nem Kuss ge­fühlt.
Bald. Erst nach­dem sie wie­der ins Haus zu­rück­ge­kehrt war, wurde ihr klar, dass sie viel­leicht die Ver­lo­bungs­par­ty von Fenn und Hay­den ver­pas­sen würde, wenn sie mit Wes nach Paris ging. Hatte er das mit Ab­sicht getan? Gab er ihr eine Ab­len­kung, um sie davon ab­zu­hal­ten, sich etwas ent­ge­gen­zu­stel­len, das ihr Herz zu Staub zer­mah­len würde? Viel­leicht war Wes doch nicht so herz­los … oder er war lis­ti­ger, als sie es sich je er­träumt hatte.