Devil's Hellions MC: Dirty Perfect Storm

Ori­gi­nal­ti­tel: Dirty Per­fect Storm: A Grum­py-Sunshi­ne Ro­mance (Devil's Hel­li­ons MC Book 1)
Über­set­zer: J.M. Meyer

Er­schie­nen: 12/2023
Serie: Devil's Hel­li­ons MC
Teil der Serie: 1

Genre: Con­tem­pora­ry Ro­mance, Motor­cy­cle Club Ro­mance, Ro­man­tic Thrill
Zu­sätz­lich: Krimi

Lo­ca­ti­on: USA, Texas


Er­hält­lich als:
pa­per­back & ebook

ISBN:
Print: 978-3-86495-648-5
ebook: 978-3-86495-649-2

Preis:
Print: 16,90 €[D]
ebook: 6,99 €[D]

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und allen gän­gi­gen On­line­händ­lern und im Buch­han­del

Devil's Hellions MC: Dirty Perfect Storm


In­halts­an­ga­be

Le­ga­cy

Le­ga­cy, Ver­mächt­nis, ist nicht nur mein Name - ich lebe und atme für den Mo­tor­rad­club, in den ich hin­ein­ge­bo­ren wurde, die Devil's Hel­li­ons. Ver­rat, Ge­walt, Sex und Ge­fahr sind mein All­tag.

Nach einem Un­fall mit der schö­nen Henli fällt es mir schwer, mein Ver­lan­gen nach ihr und meine Ar­beit als Vi­ze­prä­si­dents des Clubs in Ein­klang zu brin­gen. Henli ist zu süß und zu un­schul­dig, um mit dem ge­fähr­li­chen und schmut­zi­gen Club-All­tag be­las­tet zu wer­den. Ich werde sie auf kei­nen Fall in Ge­fahr brin­gen und halte sie des­halb un­wis­send und fern von mei­nem Club. Aber ich werde heim­lich alles in mei­ner Macht ste­hen­de tun, um Henli trotz­dem vor den zahl­rei­chen Fein­den mei­nes Clubs zu be­schüt­zen. Denn in der Welt der Devil's Hel­li­ons gibt es keine Gnade.

Henli

Man sagt, dass kein Sturm ewig an­dau­ert. Dass nach jedem Sturm die Sonne wie­der scheint. Aber nie­mand kennt die­sen spe­zi­el­len Sturm, der über mich hin­weg­fegt. Der Name mei­nes Sturms ist Le­ga­cy. Le­ga­cy ist ab­so­lut köst­lich ver­dor­ben. Le­ga­cy wird mich rui­nie­ren - und am Ende werde ich ihn sogar an­fle­hen, genau das zu tun.

"Dirty Per­fect Storm" ist der Auf­takt einer pa­cken­den und mit­rei­ßen­den vier­tei­li­gen Mo­tor­rad­club-Rei­he. Hay­ley Fai­man ent­führt euch in eine Welt vol­ler Lei­den­schaft, Ge­fahr und rauer Biker. Taucht ein in die Welt der Mo­tor­rad­clubs, in der die Re­geln an­ders sind und die Lei­den­schaft hei­ßer brennt.

Über die Au­to­rin

Als Ein­zel­kind muss­te Hay­ley Fai­man sich mit sich selbst be­schäf­ti­gen. Im Alter von sechs Jah­ren be­gann sie, Ge­schich­ten zu schrei­ben, und hörte nie wirk­lich damit auf. Die ge­bür­ti­ge Ka­li­for­nie­rin lern­te ihren heu­ti­gen Ehe­mann im Alter von sech­zehn Jah­ren ken­nen und hei­ra­te­te...

Wei­te­re Teile der Devil's Hel­li­ons MC Serie

Le­se­pro­be

Henli

Das Mäd­chen, das mir ge­schrie­ben hat, dass es sich voll­fres­sen will, scheint wohl nicht zu un­se­rer Ver­ab­re­dung er­schie­nen zu sein. Grace hat einen gro­ßen Bogen um un­ge­sun­des Zeug ge­macht, sie hat ein­mal daran ge­ro­chen.
Nicht, dass ich ihr das übel­neh­men würde.
Es gab eine Zeit in mei­nem Leben, in der ich selbst nichts an­ge­rührt habe, was auch nur an Koh­len­hy­dra­te er­in­ner­te. Es war eine düs­te­re Zeit, weil ich an nichts an­de­res als an Ka­lo­ri­en den­ken konn­te und sogar von ihnen ge­träumt habe. Ich schät­ze, ich bin ein­fach bloß ein wenig über­rascht, dass sie das Brot ver­schmäht hat, be­son­ders nach un­se­rem...

...​Nachrich­ten­aus­tausch. Jetzt ge­ra­de reibt sie sich auf der Tanz­flä­che an jenem Typen, der sie per Text­nach­richt ab­ser­viert hat. Ihr Freund sieht ge­nau­so aus, wie ich ihn mir vor­ge­stellt habe: Wie ein rie­si­ges Arsch­loch.
Und dann wären da noch die Freun­de des Trot­tels. Sie sehen ge­nau­so aus wie er und ver­hal­ten sich auch so.
Einer der Kerle beugt sich zu mir her­un­ter, um mir etwas ins Ohr zu flüs­tern. Sein war­mer Atem streift über meine Haut, wor­auf­hin ich mir au­gen­blick­lich wün­sche, er würde das un­ter­las­sen. Er dringt in meine per­sön­li­che Kom­fort­zo­ne ein. Das würde mir viel­leicht ge­fal­len, wenn ich auch nur einen Müh at­trak­tiv fände. Doch die­ser Mann hält sich für eine Sah­ne­schnit­te und das turnt mich total ab.
Au­ßer­dem ist er über­haupt nicht mein Typ – also so gar nicht. Ich meine, in der High­school hätte ich ihn viel­leicht süß ge­fun­den, aber ich lebe mitt­ler­wei­le zu lange in der rea­len Welt. Kerle wie ihn habe ich schon oft ken­nen­ge­lernt und daher weiß ich, dass er bloß ein nar­ziss­ti­scher Arsch ist, der dich mit Haut und Haar ver­zehrt, wie­der aus­spuckt und noch ein paar Mal auf dir her­um­tram­pelt, bevor er dich links lie­gen lässt.
Ich rücke so weit wie mög­lich von ihm ab, rümp­fe die Nase und führe mein Was­ser­glas an die Lip­pen. Al­ler­dings scheint er den Wink mit dem Zaun­pfahl nicht zu ver­ste­hen.
Er kommt wie­der näher heran, sein Blick ruht auf mei­nem Ge­tränk. Die Si­tua­ti­on ist mir nicht nur un­an­ge­nehm, son­dern auch ge­ra­de­zu un­heim­lich. Er lehnt sich zu­rück, was mir ein oder zwei Zen­ti­me­ter Luft zum Atmen ver­schafft, und ich nippe an mei­nem Was­ser.
Er sieht mir dabei zu, wie ich die Flüs­sig­keit her­un­ter­schlu­cke. Wäh­rend ich einen Schluck nach dem an­de­ren nehme, be­ob­ach­tet er mich ge­naus­tens.
Ir­gend­wie wird mir warm. Ich bin mir nicht si­cher, ob es daran liegt, dass der Typ mir so dicht auf die Pelle ge­rückt ist, oder ob je­mand die Hei­zung an­ge­stellt hat oder so. Ich brau­che drin­gend Ab­stand. Des­halb leere ich mein Glas ganz schnell, wor­auf­hin er ko­mi­scher­wei­se seine Lip­pen zu einem Lä­cheln ver­zieht. Ich igno­rie­re sein selt­sa­mes Grin­sen und denke dar­über nach, wie ich hier weg­kom­me.
Kaum, dass ich mein Glas weg­ge­stellt habe, ist er auch schon wie­der ganz dicht bei mir. So­zu­sa­gen di­rekt vor mir. Ich kann mich nicht auf sein Ge­la­ber kon­zen­trie­ren, weil es mir scheiß­egal ist und weil sich die Luft in die­ser Bar schlag­ar­tig ver­än­dert.
Die Stim­mung wird eine an­de­re, und als ich der Ur­sa­che dafür auf den Grund gehen möch­te, ist die­ser völ­lig banal.
Der Biker.
Er ist hier.
Der von heute Vor­mit­tag, der sich dafür ent­schul­digt hat, mich fast über den Hau­fen ge­fah­ren zu haben. Und er ist ab­so­lut atem­be­rau­bend. Er ist noch ge­nau­so rie­sig wie in mei­ner Er­in­ne­rung. Seine Mus­keln sind nicht zu über­se­hen. Sein kur­zes Haar ist durch­ein­an­der und per­fekt, als wäre er mit dem Mo­tor­rad hier­her ge­fah­ren. Ich bin mir si­cher, dass er mit sei­nem Bike hier ist.
Ich er­in­ne­re mich noch sehr de­tail­liert an ihn.
Er checkt die Bar ab, sein Blick schweift durch den Raum. Ich habe den al­ber­nen Wunsch, dass er mich ent­deckt, hier­her­über ge­rannt kommt, mich in seine Arme zieht und fest­hält. Dass er mir nah ist, dass er mich gegen sich drückt.
Ich stel­le mir vor, wie er sei­nen Mund auf mei­nen legt und meine Lip­pen mit einem rauen und ver­füh­re­ri­schen Kuss ver­sie­gelt. An­schlie­ßend trägt er mich aus der Bar zu sei­nem Mo­tor­rad, wor­auf­hin wir in der Dun­kel­heit da­von­fah­ren.
All das pas­siert in mei­ner Fan­ta­sie.
Die Rea­li­tät ist ver­mut­lich viel düs­te­rer.
In Wahr­heit be­ob­ach­te ich aus der Ferne, wie er sich auf einen Bar­ho­cker setzt. Er lässt das Sitz­mö­bel total klein er­schei­nen, die Bar wirkt win­zig. Ich sehe, wie ihm ein Bier ser­viert wird. Seine lan­gen, kräf­ti­gen Fin­ger um­schlie­ßen die Fla­sche, die er an seine Lip­pen führt, um einen Schluck zu neh­men. Das Bier rinnt ihm die Kehle hinab. Es ist sinn­lich oder viel­leicht bin ich auch ein­fach nur so scharf auf ihn, dass es mir so vor­kommt.
Er ist in Be­glei­tung von ein paar Jungs, die al­le­samt kräf­ti­ge, sexy Mus­kel­pa­ke­te sind. Von mir nimmt er keine Notiz. Er weiß nicht, dass ich hier bin, und das ist wahr­schein­lich auch bes­ser so. Ich be­zweif­le, dass ich über­haupt wüss­te, wie man mit so einem Mann um­zu­ge­hen hat.
Ich stoße einen Seuf­zer aus und wende mich wie­der dem Trot­tel zu, der mir ein Ohr ab­kaut. Ich habe kei­nen blas­sen Schim­mer, was er bis­her zu mir ge­sagt hat. Ich habe ihn und das Ge­spräch, das er eher mit sich selbst als mit mir führt, aus­ge­blen­det, weil ich ihm keine Auf­merk­sam­keit schen­ken will.
Ein Song nach dem nächs­ten dröhnt aus den Boxen.
Grace und ihr Arsch­loch sind noch nicht wie­der zu­rück. Sie rei­ben ihre Kör­per auf der Tanz­flä­che an­ein­an­der, sogar zu schnel­len, pop­pi­gen Lie­dern. Es ist so bi­zarr. Es ist mir un­an­ge­nehm, ihnen bei ihrem Balz­tanz zu­zu­gu­cken. Al­ler­dings bin ich nicht dazu in der Lage, weg­zu­se­hen. Wie bei einem Zug­un­glück.
Der beste Kum­pel vom Arsch­loch hat end­lich auf­ge­ge­ben, mich an­zu­bag­gern. Er sitzt zwar immer noch recht nah bei mir, un­ter­hält sich aber mitt­ler­wei­le mit sei­nen Freun­den.
Laut gäh­nend be­schlie­ße ich, dass der Abend für mich zu Ende ist. Ich muss mor­gen ar­bei­ten und es ist be­reits spät. Ich schnap­pe mir meine Hand­ta­sche und schul­te­re sie. Al­ler­dings kommt es mir so vor, als würde ich meine Be­we­gun­gen in Zeit­lu­pe aus­füh­ren.
„So, meine Her­ren, es hat Spaß ge­macht“, sage ich. Wäh­rend ich spre­che, fühlt sich meine Zunge an, als wäre sie viel zu groß für mei­nen Mund. Es ist ein selt­sa­mes Ge­fühl, dass ich noch nie zuvor ver­spürt habe. Das ist nicht nor­mal und ich weiß nicht, was mit mir los ist. Ich wünsch­te, ich wäre be­reits zu Hause im Py­ja­ma.
Als ich auf­ste­he, füh­len sich meine Beine wie Wa­ckel­pud­ding an. Fast geben sie unter mir nach. So, als wären sie ein­ge­schla­fen.
Die Musik klingt, als würde sie in wei­ter Ferne ge­spielt.
Ich wende mich von den Jungs ab und mar­schie­re in Rich­tung Toi­let­ten davon. Plötz­lich wird mir ganz warm. Nein, nicht bloß warm. Mir wird un­glaub­lich heiß. Viel­leicht soll­te ich mir etwas kal­tes Was­ser ins Ge­sicht sprit­zen, bevor ich nach Hause fahre. Ver­mut­lich wird mich das etwas her­un­ter­küh­len und gleich­zei­tig wie­der wa­cher wer­den las­sen.
Ich stol­pe­re re­gel­recht durch die Bar. Mein Kör­per re­agiert nicht so, wie ich das will. Mir ent­gleist die Kon­trol­le trotz der fla­chen Schu­he, die ich trage, ob­wohl ich nor­ma­ler­wei­se immer sehr be­herrscht bin. Als ich auf der Tanz­flä­che mit je­man­dem zu­sam­men­sto­ße, ringe ich nach Atem. Ich sehe den Mann an, mit dem ich kol­li­diert bin.
„Es tut mir so leid“, pro­bie­re ich zu sagen. Die Worte ver­las­sen aber meine Lip­pen nicht auf die glei­che Weise, wie ich sie im Kopf habe.
Der Frem­de starrt mich an, seine Hand liegt um mei­nen El­len­bo­gen. Sein Ge­sichts­aus­druck si­gna­li­siert Ver­wir­rung. Er fragt mich, ob es mir gut geht. Seine Stim­me klingt schal­lend, als würde er in einem Tun­nel ste­hen. Der Griff um mei­nen El­len­bo­gen wird fes­ter. Er hebt den Kopf und spricht mit je­man­dem, aber ich ver­ste­he nicht, was er sagt.
Mir ist schlei­er­haft, was hier vor sich geht. Ich reiße mich von ihm los und ver­su­che, zu den Toi­let­ten zu ge­lan­gen. Bei jedem Schritt, den ich tue, schwan­ke und stol­pe­re ich. Doch ich gebe mir große Mühe, mich auf­recht zu hal­ten.
Als ich end­lich in den spär­lich be­leuch­te­ten Flur ein­bie­ge, ver­wei­gern meine Beine den Dienst. Ich kann mich nicht län­ger auf ihnen hal­ten. Egal, wie sehr ich mich auch an­stren­ge, mein Kör­per ge­horcht mir nicht mehr. Als ich nach der Tür­klin­ke grei­fe, kni­cken meine Beine weg und ich falle zu Boden.
Plötz­lich tau­chen die Freun­de vom Arsch­loch neben mir auf.
Alle drei.
Der Typ, der mir den gan­zen Abend über einen Knopf an die Backe ge­la­bert hat und seine zwei Freun­de.
„Schei­ße, Baby, du bist ja völ­lig im Arsch. Wir brin­gen dich hier raus“, sagt der­je­ni­ge, der die ganze Zeit über an mir kleb­te.
Meine Hirn-zu-Mund-Ko­or­di­na­ti­on funk­tio­niert nicht wirk­lich. Ich ver­su­che, ihm mit­zu­tei­len, dass ich kei­nen Trop­fen Al­ko­hol ge­trun­ken habe – ich hatte nur Spru­del­was­ser -, aber ich brin­ge die Worte nicht her­aus.
Mein Kopf kippt zur Seite weg und ich spüre, wie meine Augen sich dre­hen. Ich weiß nicht, wieso ich das fühle, doch mein Kör­per scheint emp­find­li­cher als üb­lich zu sein. Zudem kommt es mir so vor, als würde ich die Szene aus wei­ter Ferne be­ob­ach­ten, wie eine un­be­tei­lig­te Zu­schaue­rin.
Es ist bei­na­he eine au­ßer­kör­per­li­che Er­fah­rung.
Ich nehme alles wahr. Al­ler­dings ist mir das Spre­chen und Be­we­gen un­mög­lich. Ich pro­bie­re, meine Augen zu öff­nen, be­kom­me sie aber nur einen Spalt breit auf. Dann ver­su­che ich, den Kopf an­zu­he­ben, was je­doch auch nicht so rich­tig funk­tio­niert.
Der beste Freund vom Arsch­loch zerrt mich aus dem hin­te­ren Teil der Bar weg. Die an­de­ren Kerle sind ihm dicht auf den Fer­sen. Ich ver­su­che, meine Füße auf den Boden zu stel­len, doch es klappt nicht.
Ich wünsch­te wirk­lich, ich hätte mir sei­nen Namen ge­merkt – ir­gend­ei­nen ihrer Namen -, aber da ich wuss­te, dass ich sie nach heute Abend oh­ne­hin nie wie­der sehen wür­den, spiel­ten sie keine Rolle.
Plötz­lich ist er fort. Sie sind alle weg und ich falle um. Ich kann nicht ein­mal meine Arme aus­stre­cken, um den Sturz ab­zu­puf­fern. Kurz bevor ich je­doch auf dem Boden auf­schla­ge, legen sich zwei star­ke Arme um mei­nen Kör­per.
„Es wird alles wie­der gut, Babe.“
Die Stim­me, die zu den Armen ge­hört, ist tief und rau. Ich kann sie nie­man­dem zu­ord­nen, aber sie wirkt den­noch tröst­lich auf mich. Aus wel­chem Grund auch immer fühle ich mich so­wohl geis­tig als auch kör­per­lich si­cher. Und dann wird alles um mich herum pech­schwarz.

 

Le­ga­cy

Nach­dem ich die Bar be­tre­ten habe, che­cke ich die Lage. Ich ent­de­cke sie – die Frau von heute Vor­mit­tag – in­mit­ten einer Grup­pe Kerle. Sie wir­ken al­le­samt wie ver­damm­te Arsch­lö­cher.
Was sie mit Si­cher­heit auch sind.
Ich blei­be, wo ich bin, und be­ob­ach­te die Si­tua­ti­on aus der Ferne, denn ich weiß, dass ich diese Frau nicht ver­die­ne. Ich würde sie bloß zer­stö­ren, würde ich mich an sie ran­ma­chen. Aus­nahms­wei­se bin ich be­müht, ein an­stän­di­ger Kerl zu sein.
Aber nur die­ses eine Mal.
Ich weiß nicht ein­mal, ob ich über­mor­gen noch hier sein werde. Das mit ihr und mir wäre eine ein­ma­li­ge Sache und ich habe das Ge­fühl, dass mir das nicht rei­chen wird. Sie hat, ohne Zwei­fel, mehr zu bie­ten als einen gei­len Hin­tern.
Ich habe nicht die Zeit, ihr die Auf­merk­sam­keit zu schen­ken, die es braucht, um sie zu mei­ner Ci­ti­zen Wife zu ma­chen. Vor allem, weil wir ein paar Stun­den aus­ein­an­der woh­nen.
Ich muss auf­hö­ren, über sol­che Op­tio­nen nach­zu­den­ken. Aber nun, da ich sie wie­der­se­he … Fuck … ich will sie.
Je län­ger ich sie be­ob­ach­te, desto mehr wird mir be­wusst, dass sie sich äu­ßerst un­wohl zu füh­len scheint. Mit die­sen Män­nern ist sie wohl nicht be­freun­det. Sie sieht so aus, als wäre sie lie­ber wo­an­ders, aber ich mi­sche mich da nicht ein.
Zu­min­dest noch nicht.
Die Art und Weise, wie einer der Typen mit ihr um­geht, ist plötz­lich an­ders. Er lehnt sich ent­spannt zu­rück, wäh­rend sie völ­lig weg­ge­tre­ten wirkt. Nicht mehr so un­be­hag­lich wie noch vor ein paar Au­gen­bli­cken. Ihre Au­gen­li­der sen­ken sich lang­sam, ihre Be­we­gun­gen wer­den trä­ger und ihre Re­ak­ti­ons­zeit wirkt ver­min­dert. Es ist schwer zu be­schrei­ben, aber wie schon ge­sagt, sie scheint völ­lig weg­ge­tre­ten zu sein.
Ich winke den Bar­kee­per zu mir heran. „Ich möch­te die­ser Dame dort einen Drink spen­die­ren“, sage ich und deute auf die Frau von heute Vor­mit­tag. „Was trinkt sie denn so?“
War­den, der neben mir sitzt, räus­pert sich, sagt aber nichts wei­ter. Er hat mir den ver­damm­ten gan­zen Abend über ge­sagt, ich solle meine Nase nicht in An­ge­le­gen­hei­ten ste­cken, die mich nichts an­ge­hen. Er scheint mit­be­kom­men zu haben, dass ich sie be­ob­ach­te. Dem­entspre­chend wird er wis­sen, dass sie nicht in mei­ner gott­ver­damm­ten Liga spielt.
Road­kill sitzt zu mei­ner an­de­ren Seite und knurrt. Er hasst diese Art von Arsch­lö­chern ganz be­son­ders. Laut ihm ver­fol­gen sol­che Leute nur ihre ei­ge­nen In­ter­es­sen und glau­ben, sie seien die Ober­kra­cher. In Wahr­heit sind sie aber Nie­ten. Ich kann sol­che Typen eben­falls nicht aus­ste­hen, aber wie ge­sagt, ich ver­su­che, mich nicht ein­zu­mi­schen.
„Die Brü­net­te?“, hakt der Bar­kee­per nach. Brum­mend rich­te ich mei­nen Blick wie­der auf sie. „Drinks? Sie hatte nur Was­ser.“
So­fort bin ich in höchs­ter Alarm­be­reit­schaft. Sie sieht näm­lich nicht wie ein Mäd­chen aus, das nur Was­ser ge­trun­ken hat. Auf ein­mal steht sie auf und durch­quert die Bar in Rich­tung Toi­let­ten.
Auf der Tanz­flä­che stößt sie mit einem Mann zu­sam­men, wor­auf­hin mein Blick von ihr zu den Mist­ker­len wan­dert, mit denen sie ge­ra­de noch zu­sam­men­saß. Sie grin­sen für mei­nen Ge­schmack ein biss­chen zu über­heb­lich, ste­hen al­le­samt auf und eilen ihr hin­ter­her. Sie stol­pert vor sich hin und wirkt ver­dammt ver­lo­ren. Dann ver­schwin­det sie in den Flur.
„Scheiß drauf“, knur­re ich und stehe auf.
Ich höre Schrit­te hin­ter mir und weiß so­fort, dass War­den und Road­kill mit von der Par­tie sind. So wie immer. Als wir den Kor­ri­dor er­rei­chen, ist einer der Voll­idio­ten ge­ra­de dabei, sie hoch­zu­he­ben. Ihre Beine sind wa­cke­lig, wie ver­damm­te Spa­ghet­ti.
„Schei­ße, Baby, du bist ja völ­lig im Arsch. Wir brin­gen dich hier raus“, sagt einer der Wich­ser la­chend.
Die an­de­ren bei­den schlapp­schwän­zi­gen Voll­idio­ten la­chen eben­falls. Scheiß auf diese Drecks­sä­cke.
Ich grei­fe nach den Schul­tern des An­füh­rer­bas­tards und reiße ihn zu mir herum. Ich sehe, wie dar­auf­hin das Mäd­chen aus sei­nen Armen glei­tet und zur Seite kippt, doch glück­li­cher­wei­se ist Road­kill zur Stel­le um sie auf­zu­fan­gen. Er flüs­tert ihr etwas zu, das ich lei­der nicht hören kann. Ich kon­zen­trie­re mich voll und ganz auf das Arsch­loch vor mir.
Ich hole aus, balle meine Hand zur Faust und schla­ge sie di­rekt gegen den Kopf des Wi­chers. War­den macht das­sel­be mit den an­de­ren bei­den Scheiß­ker­len. Sie gehen so­fort zu Boden. Ich lache laut auf, denn ver­dammt, wir haben über­haupt nicht fest zu­ge­schla­gen.
„Bitte nicht. Du kannst sie haben. Sie ist vor­be­rei­tet und start­klar“, wim­mert er.
Dann höre ich Was­ser plät­schern. Ich bli­cke auf sei­nen Schritt und muss beim An­blick der Pisse, die seine Hose flu­tet, la­chen.
„Du woll­test sie also ver­ge­wal­ti­gen?“, frage ich ihn.
Sein Blick wan­dert zwi­schen uns Bi­kern umher. Von einem zum an­de­ren. Dann sieht er wie­der mich an. „Ich, äh … ich, äh …“ Er stam­melt vor sich hin, die­ses gott­ver­damm­te Weich­ei.
„Also, ja“, schnau­be ich. „Du bist ein wert­lo­ses Stück Schei­ße.“
Aber­mals hole ich aus und lasse meine Faust seit­lich gegen sei­nen Kopf kra­chen. Ohne dem noch etwas hin­zu­zu­fü­gen, gehe ich zu Road­kill, der das Mäd­chen noch immer fest im Arm hält. Ich gehe in die Knie, lege meine Schul­ter an ihren Bauch und hebe sie hoch. Sie bau­melt kopf­über an mei­nem Rü­cken.
„Wie willst du sie hier weg­schaf­fen?“, will Road­kill wis­sen.
Ich schaue ihn an und grin­se. „Ich schät­ze, ich rufe mir ein gott­ver­damm­tes Uber.“
Er nickt. „Wir war­ten mit dir.“
Es dau­ert nicht lange, bis der be­stell­te Wagen ein­trifft. Ich kann die Ner­vo­si­tät des Uber­fah­rers re­gel­recht spü­ren, wäh­rend er uns zum Hotel fährt. Das hier sieht gar nicht gut aus: Die Frau ist total weg­ge­tre­ten und ich bin ein be­kann­tes Mit­glied der Devil’s Hel­li­ons. Aber er wird nichts sagen. Dafür werde ich schon sor­gen.
Ich krame einen fünf­zig Dol­lar­schein aus mei­ner Brief­ta­sche und drü­cke ihm das Geld dan­kend in die Hand, nach­dem er vor dem Hotel vor­ge­fah­ren ist. Ich zerre das Mäd­chen aus dem Auto und trage sie hin­ein. Die Jungs sind uns auf ihren Bikes hin­ter­her­ge­fah­ren und stel­len die Ma­schi­nen auf dem Park­platz ab.
War­den öff­net un­se­re Ho­tel­zim­mer­tür und tritt dann einen Schritt zu­rück. „Ich penne heute Nacht bei Road­kill. Wenn du etwas brauchst, schreib mir eine Nach­richt.“
Am liebs­ten würde ich ihn bit­ten, nicht zu gehen, denn ich habe keine Ah­nung, was die Typen ihr ge­ge­ben haben oder ob und wann es ihr schlecht gehen wird. Sie würde wahr­schein­lich lie­ber ster­ben, als sich vor ir­gend­wem die Seele aus dem Leib zu kot­zen. Schon gar nicht vor War­den oder mir, da wir beide zwei ver­fluch­te Frem­de sind.
Ni­ckend trage ich sie ins Zim­mer und lege sie sanft auf dem Bett ab. Sie stöhnt auf, sagt aber nichts.
Ich be­rüh­re mit mei­nen Fin­gern ihren Hals und über­prü­fe ihren Puls. Er ist da und stark, was schon mal gut ist. Ich ziehe ihr die Schu­he aus, werfe sie zu Boden und be­trach­te die Frau.
Sie ist wun­der­schön. Al­ler­dings hat sie sich nicht für eine Par­ty­nacht ent­spre­chend ge­klei­det. Ich komme nicht drum herum, mich zu fra­gen, was zum Teu­fel sie heute Abend in die­ser Bar und vor allem mit die­sen Voll­idio­ten zu su­chen hatte.
Da sie wei­ter­hin ohn­mäch­tig ist, schnap­pe ich mir meine Jog­ging­ho­se, ziehe meine Kutte aus und hänge sie an den Tür­knauf der Zim­mer­tür.
Nach­dem ich mir die be­que­me Hose an­ge­zo­gen habe, ziehe ich mir das Shirt über den Kopf und werfe es in meine Rei­se­ta­sche. Dann sehe ich sie wie­der an. Sie liegt voll­kom­men ruhig da. Sie sieht fast wie eine gott­ver­damm­te Puppe aus. Eine wun­der­schö­ne, lang­bei­ni­ge, ver­dammt sexy Puppe.
Ich hole den lee­ren Müll­ei­mer aus dem Bad und stel­le ihn neben ihr auf den Fuß­bo­den. An­schlie­ßend ziehe ich sie aus, weil ich sie nicht in ihren Kla­mot­ten schla­fen las­sen kann. Wenn sie sich voll­kotzt, hat sie mor­gen nichts zum An­zie­hen.
Ob­wohl ich mir si­cher bin, dass sie nackt noch bes­ser als an­ge­zo­gen aus­sieht, will ich sie auf kei­nen Fall nackt nach Hause gehen las­sen.
Ich ver­su­che, der Sache nichts Se­xu­el­les bei­zu­mes­sen und ziehe ihr die Kla­mot­ten aus. Es fällt mir ver­dammt schwer, nicht auf ihre Tit­ten, die in einem ver­flucht ver­füh­re­ri­schen BH ste­cken, zu star­ren, wäh­rend ich sie des Ober­teils ent­le­di­ge. Als ich ihr die Hose aus­zie­he, er­regt auch ihr Slip meine Auf­merk­sam­keit.
Fuck.
Ihr Kör­per ist kur­ven­reich und eine echte Ver­su­chung. Ich möch­te meine Zähne in ihrer Haut ver­sen­ken, wie­der und wie­der. Ich will sie le­cken, alles von ihr kos­ten und sie fi­cken. Ich hole ein T-Shirt aus mei­ner Ta­sche und ziehe es ihr über den Kopf, um sie zu be­de­cken. Auch wenn es mir per­sön­lich lie­ber wäre, alles von ihr zu sehen … dass sie wei­ter nackt bleibt – nur für mich.
Ich stei­ge ins Bett, schal­te den Fern­se­her ein und suche nach etwas, das ich mir an­schau­en kann. Nach ein paar Au­gen­bli­cken ent­schei­de ich mich für eine Sit­com aus den Neun­zi­gern. Wenig spä­ter brummt mein Te­le­fon.

War­den: Wie geht es der Pa­ti­en­tin?

Ich lache auf, ehe ich ihm ant­wor­te. Mein Dau­men fliegt schnell über das Dis­play.

Ich: Sie schläft.

War­den: Sie be­deu­tet wahr­schein­lich Ärger.

Ich: Ver­mut­lich.

War­den: Du bist genau wie dein Vater. Ich bin stolz auf dich.

Ich: Das kannst du auch sein.

Ich lege mein Te­le­fon auf den Nacht­tisch­schrank, rücke mir das Kopf­kis­sen zu­recht und lege mich hin. Wahr­schein­lich werde ich heute Nacht kein Auge zu be­kom­men, aber ich soll­te mich trotz­dem ein wenig aus­ru­hen. Die Sit­com läuft leise im Hin­ter­grund wei­ter, wäh­rend ich ver­su­che, mich zu ent­span­nen.
Ich schaue noch eine Weile fern und schla­fe dann ir­gend­wann doch ein. 

 

Henli

Mir tut alles weh, ich ster­be.
Zu­min­dest fühlt es sich so an. Mein Mund ist so tro­cken, als hätte mir je­mand Wat­te­bäll­chen hin­ein­ge­stopft. Meine Mus­keln und sogar meine Kno­chen schmer­zen. Ein­fach jeder Teil mei­nes Kör­pers tut auf ir­gend­ei­ne Weise weh.
Ich öffne die Augen und pres­se so­fort dar­auf fest meine Lip­pen auf­ein­an­der. Ir­gend­et­was ist falsch. Etwas stimmt ganz und gar nicht.
Was zum Teu­fel?
Wo zur Hölle bin ich?
Ich schaue nach links und nach rechts und ver­su­che, den Ort, an dem ich mich be­fin­de, auf mich wir­ken zu las­sen, ohne mich dabei zu rüh­ren. Ich habe ab­so­lut keine Ah­nung, wo ich bin oder wer mit mir hier ist und mich im Blick be­hält. Ob­wohl ich nicht das Ge­fühl habe, be­ob­ach­tet zu wer­den, spit­ze ich den­noch die Ohren und halte den Atem an, aber ich höre rein gar nichts. Ich spüre auch nicht, dass je­mand in der Nähe ist. Ich schei­ne al­lein zu sein, an die­sem frem­den Ort.
Lang­sam drehe ich den Kopf, um das Zim­mer in Au­gen­schein zu neh­men. Ich sehe ein Bett und es sieht da­nach aus, als hätte je­mand darin ge­schla­fen. Al­ler­dings kann ich nie­man­den aus­ma­chen, der noch darin liegt. Mitt­ler­wei­le bin ich mir si­cher, dass ich in einem Ho­tel­zim­mer bin.
Doch wo?
So vor­sich­tig ich kann, rich­te ich mich auf und setze mich hin. Ich bin tat­säch­lich al­lein. Aber so sehr mich die­ses Wis­sen auch trös­ten soll­te, tut es das nicht wirk­lich. Ich schlu­cke. Zu­sätz­lich zu dem staub­tro­cke­nen Wat­tem­und habe ich schreck­li­che Kopf­schmer­zen und einen Kloß im Hals, der ein­fach nicht ver­schwin­den will.
Ich habe Angst.
Ich bin in einem Hotel, ir­gend­wo. Ich könn­te mich über­all im Land be­fin­den. Das Letz­te, an das ich mich er­in­ne­re, ist, dass ich mit die­sen Trot­teln an einem Tisch in die­ser Bar saß. Und ich kenne nicht ein­mal ihre Namen.
Ich hole tief Luft und schla­ge mir eine Hand vor den Mund. Ich frage mich, ob sie mich viel­leicht hier­her ver­schleppt haben, um mich zu ver­ge­wal­ti­gen.
Viel­leicht haben sie es schon getan.
Oh mein Gott.
Als ich an mir her­un­ter­bli­cke, stel­le ich fest, dass ich meine Kla­mot­ten nicht mehr trage. Mein Herz be­ginnt zu rasen. Ich fahre mir mit der Hand über die Brust und seuf­ze auf, da ich mei­nen BH er­tas­te. Dann lege ich die Hände auf meine Hüf­ten und seuf­ze aber­mals er­leich­tert auf, weil ich auch noch mei­nen Slip an­ha­be.
Ich weiß, dass das nicht zwangs­läu­fig be­deu­tet, dass ich nicht ver­ge­wal­tigt wurde, aber es ist zu­min­dest ein gutes Zei­chen. We­nigs­tens gibt mir das ein biss­chen See­len­frie­den.
Ich stei­ge aus dem Bett und ver­su­che, mich auf mei­nen zitt­ri­gen Bei­nen zu hal­ten, strau­che­le aber rück­wärts. Ich grei­fe nach dem Kopf­teil des Ho­tel­bet­tes, um das Gleich­ge­wicht wie­der zu er­lan­gen.
In mei­nem Ober­stüb­chen häm­mert es so stark, dass ich das Ge­fühl habe, mich über­ge­ben zu müs­sen. Ich zwin­ge mich dazu, einen Schritt nach vorn zu ma­chen, dann noch einen. Meine Schen­kel und Knie sind so wa­cke­lig, dass ich mir nicht si­cher bin, ob ich es bis ins Bad schaf­fen werde.
Ich blei­be kurz ste­hen, als das Be­dürf­nis, mich über­ge­ben zu wol­len, mich er­neut über­mannt. Jetzt weiß ich, dass al­ler­höchs­te Eile ge­bo­ten ist. Ich spüre näm­lich, wie mir die Ma­gen­säu­re die Kehle hin­auf­steigt. Sie schmeckt säu­er­lich und brennt, aber zum Glück tra­gen mich meine Beine so schnell voran, dass ich mich nicht auf dem Boden er­bre­che.
Ich renne ins Bad und lasse mich vor der Toi­let­te auf die Knie sin­ken. Ge­ra­de noch recht­zei­tig, um mei­nen Ma­gen­in­halt zu ent­lee­ren.
Die ganze Pasta, das Brot und das Was­ser von ges­tern Abend kom­men wie­der her­aus und ich bin fast weh­mü­tig, weil das Essen so gran­di­os war. Und sehr teuer.
Meine Mut­ter hat mir vor lan­ger Zeit ein­ge­impft, dass man gutes Essen nie­mals wie­der er­bricht. Ich habe mich daran ge­hal­ten und war immer stolz dar­auf. Wenn ich schon nicht all ihre Re­geln be­her­zigt habe, dann zu­min­dest diese.
Das kann ich nun nicht mehr von mir be­haup­ten.
Stöh­nend spüle ich ab und stehe auf, wobei meine Beine nun etwas we­ni­ger zit­tern als noch vor ein paar Au­gen­bli­cken.
Ich schaue mich er­neut um und bin dank­bar, dass sich zu­min­dest mein Kopf etwas bes­ser an­fühlt. Ich zwin­ge mich dazu, auf­zu­ste­hen, wende mich dem Wasch­be­cken zu und nehme eine Hand­voll Lei­tungs­was­ser in den Mund, um den eke­li­gen Ge­schmack vom Kot­zen los­zu­wer­den.
Als ich mich im Spie­gel be­trach­te, er­schau­de­re ich. Meine Augen wei­ten sich und ich stoße auf­grund des schreck­li­chen Spie­gel­bilds einen ent­setz­ten Schrei aus. Dann drehe ich mich um, kehre ins Schlaf­zim­mer zu­rück und er­star­re, da ich nun nicht län­ger al­lein bin.

 

Le­ga­cy

Als ich ins Ho­tel­zim­mer zu­rück­keh­re, ist das Bett ver­waist. Ich habe ihr einen die­ser Kaf­fees mit Ka­ra­mel­la­ro­ma, Schlag­sah­ne und ein paar ver­damm­ten Scho­kostreu­seln drauf be­sorgt, den Mä­dels so gern mögen. Au­ßer­dem habe ich ihr Muf­fins ge­kauft, um die Kopf­schmer­zen zu ver­trei­ben, die sie höchst­wahr­schein­lich haben wird.
Plötz­lich höre ich es: Das Ge­räusch, wie je­mand die Toi­let­te voll­kotzt.
Sie haben ihr ir­gend­ei­ne Ver­ge­wal­ti­gungs­dro­ge ver­ab­reicht, um sie zu be­nut­zen. Diese Wich­ser hat­ten vor­ge­habt, ihr weh zu tun. Nach­dem ich sie gleich nach Hause, in Si­cher­heit, ge­bracht habe, werde ich die Kerle auf­spü­ren müs­sen, denn mir reicht es nicht, dass einer sich die Hose voll­ge­pisst hat.
Man muss ihnen die Pisse aus dem Leib prü­geln.
„Was in aller Welt?“, fragt sie flüs­ternd.
Meine Lip­pen ver­zie­hen sich zu einem Lä­cheln und ich mache einen Schritt auf sie zu. „Kaf­fee und Muf­fins“, murm­le ich und halte bei­des in die Höhe.
Ihr Blick ruht auf mei­nen Fin­gern und ihr scho­ckier­ter Ge­sichts­aus­druck geht ganz lang­sam in Ver­lan­gen über. Ich habe das Ge­fühl, dass die An­zie­hungs­kraft dies­mal nicht von mir aus­geht. Sie sieht so aus, als könn­te sie Muf­fins und Kaf­fee wirk­lich ge­brau­chen.
Ich gehe auf sie zu und halte ihr die Tüte mit den Back­wa­ren sowie den Kaf­fee­be­cher hin.
„Danke“, haucht sie.
Sie nimmt mir die Sa­chen ab und geht zu dem klei­nen Tisch mit den bei­den Stüh­len hin­über. Sie setzt sich, öff­net die Tüte und atmet den Duft des In­halts stöh­nend ein.
Nach­dem sie Platz ge­nom­men hat und damit be­ginnt, die Tüte aus­zu­pa­cken, lasse ich mich auf dem Stuhl ihr ge­gen­über nie­der, führe mei­nen Kaf­fee­be­cher an meine Lip­pen und nehme einen Schluck. Wäh­rend­des­sen be­ob­ach­te ich sie. Selbst unter Dro­gen­ein­fluss oder nach­dem sie ge­kotzt hat, ist sie immer noch ver­dammt schön.
„Möch­te ich wis­sen, was pas­siert ist?“
Ich neige den Kopf zur Seite und schaue sie einen Mo­ment lang an. „Wer waren die Typen von ges­tern Abend?“
Keine Ah­nung, wie gut sie sie kennt – ob sie mit einem von ihnen ein Date hatte oder was zum Teu­fel das sonst war. Also warte ich ihre Ant­wort ab. Mir ju­cken die Fin­ger, weil ich sie so drin­gend be­rüh­ren will. Doch an­statt das zu tun, klop­fe ich sanft mit den Fin­ger­spit­zen auf die Tisch­plat­te.
Sie blickt auf ihren Muf­fin und hebt an­schlie­ßend den Blick, um mei­nem zu be­geg­nen. Sie sieht ein wenig ver­un­si­chert aus. Ich kann mir beim bes­ten Wil­len kei­nen Reim dar­auf ma­chen, was sie mir wohl er­zäh­len wird.
„Ich kann­te sie nicht. Noch nie zuvor bin ich auf sie ge­trof­fen. Ich war nur dort, weil meine Ar­beits­kol­le­gin, Grace, und ihr Freund sich ge­trennt hat­ten. Ich lud sie zu einem Abend vol­ler Män­ner­ver­ach­tung ein. Bevor ich mich mit ihr traf, waren sie al­ler­dings schon wie­der zu­sam­men, und er und seine Freun­de kreuz­ten in der Bar auf. Diese Typen ge­hör­ten zu ihrem Freund. Ich habe sie wirk­lich noch nie zuvor ge­se­hen“, er­klärt sie mir.
Fuck.
Was für Arsch­lö­cher.
Sie sind genau das, für was ich sie ge­hal­ten habe. Also soll­te ich keine ver­damm­ten Skru­pel haben, sie alle zu ver­prü­geln. Und auch keine gott­ver­damm­te Zu­rück­hal­tung wegen des Bas­tards ver­spü­ren, der sich wie eine ver­fluch­te blöde Pussy ein­ge­pisst hat. Wenn ich die Zeit zu­rück­dre­hen könn­te, hätte ich ihnen schon vor Ort die Är­sche auf­ge­ris­sen.
In­ner­lich ni­ckend be­schlie­ße ich, dass ich sie fin­den und mich um sie küm­mern werde. Sie wer­den die­sen Scheiß nie wie­der mit einer Frau ab­zie­hen.
„Ich bin mir ziem­lich si­cher, dass sie dir ir­gend­et­was ins Was­ser ge­kippt haben. Sie hat­ten dich schon fast aus der Bar ge­schleift, als ich sie auf­hielt.“
Sie kom­men­tiert das nicht. Statt­des­sen sto­chert sie in ihrem Muf­fin herum, bis sie mich mit trä­nen­ver­schlei­er­ten Augen an­sieht. „Du hast mich ge­ret­tet?“
Ihre Worte sind zwar nicht lau­ter als ein Flüs­tern, aber ich kann ihnen den­noch deut­lich die Emo­tio­nen ent­neh­men. Sie ist ver­dammt wü­tend. Das wäre ich auch, wenn je­mand mich mit bösen Ab­sich­ten voll­stän­dig außer Ge­fecht ge­setzt hätte.
An­statt sie in meine Arme zu schlie­ßen und sie auf mei­nen Schoss zu zie­hen, wie ich es gern tun würde, blei­be ich, wo ich bin, und be­las­se es dabei, sie an­zu­se­hen. Ich will sie nicht noch wei­ter ver­ängs­ti­gen. Statt­des­sen möch­te ich si­cher­stel­len, dass es ihr gut geht.
Sie scheint kurz vor einem Zu­sam­men­bruch zu ste­hen.
Plötz­lich holt sie tief Luft, schaut mich an und ver­zieht die Lip­pen zu einem klei­nen, zitt­ri­gen Lä­cheln. Sie scheint sich zu sam­meln, ehe sie das Wort er­greift. „Ich weiß nicht ein­mal, wie du heißt“, haucht sie mit wei­cher, süßer Stim­me.
„Le­ga­cy“, er­wi­de­re ich.
Sie neigt den Kopf zur Seite. „Le­ga­cy? Das Ver­mächt­nis? Ist das wirk­lich der Name, der auf dei­ner Ge­burts­ur­kun­de steht?“
Nun bin ich der­je­ni­ge, der grinst.
Kopf­schüt­telnd nehme ich einen wei­te­ren Schluck von mei­nem Kaf­fee.
Ich muss mich ent­schei­den, was sie für mich ist. Eine stink­nor­ma­le, Ci­ti­zen Wife, ein Nie­mand oder mehr als das? Ist sie es wert, mein Ein und Alles zu sein? Eine schwie­ri­ge Ent­schei­dung, da ich nicht ein­mal ihren ver­damm­ten Vor­na­men kenne, ge­schwei­ge denn weiß, wie gut wir im Bett mit­ein­an­der har­mo­nie­ren.
„Nein, er steht nicht auf mei­ner Ge­burts­ur­kun­de, Babe“, lau­tet meine ein­zi­ge Er­klä­rung.
Sie schaut auf ihren Muf­fin herab, reißt sich ein Stück ab und steckt es sich in den Mund. „Ich heiße üb­ri­gens Henli.“
Ein süßer Name.
„Schön, dich ken­nen­zu­ler­nen.“
Ihre Wan­gen fär­ben sich rot, was zum Kon­trast ihrer blas­sen Haut und den dunk­len Haa­ren ver­flucht gut aus­sieht. Sie führt den Muf­fin an ihre Lip­pen und nimmt einen gro­ßen Bis­sen.
Das ist höl­lisch nied­lich.
Wirk­lich gott­ver­dammt hin­rei­ßend.
Ich weiß nicht, ob ich je zuvor eine Frau nied­lich oder süß ge­fun­den habe. Ge­nau­so wenig wie ich noch nie eine Frau hin­rei­ßend und sexy zu gleich wahr­ge­nom­men habe, aber so geht es mir nun mal mit ihr – mit Henli.
Ich sehe ihr dabei zu, wie sie ihr Früh­stück isst und den Kaf­fee trinkt. Ich nehme an, dass sie über ges­tern Abend nach­denkt, und sie scheint damit klar­zu­kom­men. Doch plötz­lich wei­ten sich ihre Augen und sie zuckt zu­sam­men.
Henli beugt sich vor. „Hast du mich ges­tern Nacht aus­ge­zo­gen?“
La­chend zucke ich mit den Schul­tern. „Ich wuss­te nicht, ob du deine Kla­mot­ten voll­kot­zen wirst oder nicht. Ich woll­te sie bloß vor Scha­den be­wah­ren, damit du nicht in voll­ge­rei­er­ten Sa­chen nach Hause fah­ren musst“, er­klä­re ich ihr.
Ihr Blick wird wie­der etwas ent­spann­ter, eben­so wie der Rest ihres Ge­sichts. „Das war wirk­lich sehr nett von dir. Es ist aber nichts zwi­schen uns ge­lau­fen, oder?“
„Ich habe nichts mit Frau­en, die unter dem Ein­fluss einer Ver­ge­wal­ti­gungs­dro­ge ste­hen. Also nein, es ist nichts zwi­schen uns pas­siert.“
Ich weiß nicht wieso, aber ich fühle mich durch ihre Frage ein wenig be­lei­digt. Ob­wohl es eine be­rech­tig­te Frage ist. Im­mer­hin habe ich ihr die ver­damm­ten Kla­mot­ten aus­ge­zo­gen und ich bin ein Frem­der. Sie hat ab­so­lut keine Ah­nung davon, was für eine Sorte Mann ich bin. Sie weiß gar nichts über mich.
Sie nickt. „Ich habe mich noch nie in einer sol­chen Si­tua­ti­on be­fun­den. Es tut mir leid.“
Ihre Worte klin­gen weich und trau­rig. Ich möch­te, dass sie weiß, dass ich nicht im Ge­rings­ten sauer bin. Sie wirkt auf mich, als wäre sie den Trä­nen nah und das ist der Mo­ment, in dem ich meine Ent­schei­dung tref­fe. Wenn, dann kann ich sie nur zur Frau neh­men. Das ist mir jetzt klar. Sie ist nicht taff genug, um meine Old Lady zu sein.
Dafür ist sie zu weich. Zu zart. Zu süß.
Henli ist nicht aus dem Holz ge­schnitzt, aus dem die Club­mäd­chen und Old La­dies ge­macht sind. Die­ser Au­gen­blick hat mich ein­se­hen las­sen, dass sie nicht stark genug ist. Ich muss sie von die­sem Teil mei­nes Le­bens fern­hal­ten, sie davor be­schüt­zen.
„Alles in Ord­nung, Babe.“
Sie nickt und blickt wie­der auf ihr Essen, um den letz­ten Rest ihres Muf­fins zu ver­put­zen.
„Wie geht es jetzt wei­ter?“, will sie wis­sen. Sie macht auf mich den Ein­druck, als wäre sie un­ter­wür­fig, als würde sie sich klei­ner ma­chen, als sie ei­gent­lich ist.
Ich läch­le ihr zu. „Du trinkst in Ruhe den Kaf­fee aus, dann ziehst du dich an und ich brin­ge dich nach Hause.“
„Ich kann mir auch ein Uber rufen.“
„Du wirst dir sogar ein Uber rufen, weil ich dich nicht auf mei­nem Bike mit­neh­men kann. Schließ­lich muss ich noch den gan­zen Kram von hier mit­neh­men. Aber ich werde dich trotz­dem be­glei­ten.“
Ihre Lip­pen for­men ein stum­mes Oh.
Ver­dammt noch mal.
Ich weiß nicht, ob ich sie hin­ter mir las­sen kann. Sie hat etwas an sich, das mir ges­tern auch schon auf­ge­fal­len und bis heute nicht ver­schwun­den ist.
Einen Mo­ment lang star­re ich sie an und frage mich, auf was zum Teu­fel ich mich ge­ra­de ein­ge­las­sen habe. Denn ich habe das Ge­fühl, dass das, was auch immer es ist, einen ver­dammt hef­ti­gen Sturm mit sich bringt. Und ich habe keine Ah­nung, ob ich des­we­gen auf­ge­regt oder zu Tode er­schro­cken sein soll­te. Ak­tu­ell bin ich je­den­falls ver­flucht eu­pho­risch.
Ich kann kaum er­war­ten, dass un­se­re Reise end­lich los geht.

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