Carolina Cold Fury-Team: Max

Ori­gi­nal­ti­tel: Max: A Cold Fury Ho­ckey Novel (Ca­ro­li­na Cold Fury Ho­ckey Book 6)
Über­set­zer: Oli­ver Hoff­mann

Er­schie­nen: 03/2024
Serie: Ca­ro­li­na Cold Fu­ry-Team
Teil der Serie: 6

Genre: Con­tem­pora­ry Ro­mance, Sport Ro­mance
Zu­sätz­lich: Con­tem­pora­ry

Lo­ca­ti­on: USA, Ca­ro­li­na, Ral­eigh


Er­hält­lich als:
pa­per­back & ebook

ISBN:
Print: 978-3-86495-688-1
ebook: 978-3-86495-689-8

Preis:
Print: 16,90 €[D]
ebook: 6,99 €[D]

Er­hält­lich bei u.a.:

und allen gän­gi­gen On­line­händ­lern und im Buch­han­del

Carolina Cold Fury-Team: Max


In­halts­an­ga­be

Der neue Star der Ca­ro­li­na Cold Fury zeigt sei­nen Bad Boy-Team­ka­me­ra­den, dass auch nette Jungs ganz groß raus­kom­men kön­nen.

Das Eis ist eine kalte Ge­lieb­te. Als dem be­gehr­tes­ten Goa­lie der Liga steht Max Four­nier eine ganze Schar wil­li­ger Puck­bun­nies zur Ver­fü­gung. Aber im Mo­ment in­ter­es­siert ihn statt One-Night-Stands nur der nächs­te Meis­ter­ti­tel. Max ist im Grun­de sei­nes Her­zens ein Ro­man­ti­ker und glaubt an die große Liebe, er ist nur nicht gut in Be­zie­hun­gen. Als er end­lich ein net­tes Mäd­chen ken­nen­lernt, das nicht von sei­ner Be­rühmt­heit ge­blen­det ist, spürt er das Pri­ckeln zwi­schen ihnen - und den Wunsch, die­ses nette Mäd­chen vor sich selbst zu ret­ten.

Zwi­schen zwei Jobs und der Er­zie­hung der Kin­der ihrer Schwes­ter hat Ju­li­an­ne Brad­ley keine Zeit für Sport - oder für Män­ner. Alles, was sie über Max weiß, ist, dass er der se­xies­te Kunde der Tank­stel­le ist, an der sie ar­bei­tet. Max igno­riert ihren müden Blick und weckt in Jules die Sehn­sucht nach un­er­reich­ba­ren Din­gen: eine gla­mou­rö­se Af­fä­re, einen lei­den­schaft­li­chen Lieb­ha­ber und die Zeit, bei­des zu ge­nie­ßen. Max gibt ihr das Ge­fühl, Aschen­put­tel zu sein, ob­wohl Jules genug Bal­last mit sich her­um­trägt, um den Glas­pan­tof­fel zu zer­quet­schen.

Zum Glück ist Max je­doch gar kein Prinz, son­dern ein har­ter Kämp­fer, der ihr Herz ge­win­nen will.

Über die Au­to­rin

Seit ihrem De­büt­ro­man im Jahr 2013 hat Sa­wy­er Ben­nett zahl­rei­che Bü­cher von New Adult bis Ero­tic Ro­mance ver­öf­fent­licht und es wie­der­holt auf die Best­sel­ler­lis­ten der New York Times und USA Today ge­schafft.
Sa­wy­er nutzt ihre Er­fah­run­gen als ehe­ma­li­ge Straf­ver­tei­di­ge­rin in...

Wei­te­re Teile der Ca­ro­li­na Cold Fu­ry-Team Serie

Le­se­pro­be

Max

Ich ste­cke den Zapf­hahn in den Tank, drü­cke den Griff her­un­ter und klap­pe zum Fi­xie­ren den Ar­re­tier­ha­ken nach unten. So kann das Ben­zin von al­lein flie­ßen. Ich gehe der­weil über den fast lee­ren Park­platz zum Tank­stel­len-Mi­ni­su­per­markt, der hier drau­ßen an der Pos­sum Track Road wie ein Leucht­feu­er strahlt. Weil ich einen Bä­ren­hun­ger habe und weiß, dass mein Kühl­schrank zu Hause leer ist, werde ich mir etwas Junk­food zum Abend­es­sen kau­fen. Vale darf davon nichts er­fah­ren, denn ich habe keine Lust, mir ihr Ge­me­cker an­zu­hö­ren.
Vale Camp­bell … ver­dammt hübsch und nett an­zu­schau­en, aber ich fürch­te mich davor, mit ihr ab­hän­gen...

...​zu müs­sen. Das liegt daran, dass sie eine der stell­ver­tre­ten­den Ath­le­tik­trai­ne­rin­nen bei Cold Fury ist und mit mir vor allem an mei­ner Kraft und Kon­di­ti­on ar­bei­tet. Sie würde mit Si­cher­heit sagen, dass Sni­ckers, Kä­se­cra­cker und Moun­tain Dew nicht auf mei­nem Spei­se­plan ste­hen und dann würde sie mich Lie­ge­stütz­sprün­ge, Berg­stei­ger und Box­sprün­ge ma­chen las­sen bis ich kotze.
Ich werde ihr also nichts von die­sem klei­nen Fehl­tritt er­zäh­len und nehme gern alles mit, was sie mir im Trai­nings­la­ger mit­gibt. Schließ­lich habe ich mir vor­ge­nom­men, in die­ser Sai­son so stark wie nie zuvor zu sein und ich werde den be­gehr­ten Pos­ten des Stamm­tor­warts be­kom­men, der frei wurde, als Ryker Evans im Som­mer sei­nen Rück­tritt be­kannt ge­ge­ben hat. Die Cold Fury haben die Meis­ter­schaft schon letz­tes Jahr ge­holt und ich rie­che förm­lich, dass das diese Sai­son wie­der drin ist. Da werde ich mich von zwei schwe­ren Ver­let­zun­gen in eben­so vie­len Jah­ren nicht un­ter­krie­gen las­sen.
Nein, ich kehre mit aller Macht zu­rück und werde mich vor mei­ner Mann­schaft und mei­nen Fans be­wei­sen.
Auf­ge­passt, Eis­ho­ckey-Welt … Max Four­nier ist zu­rück.
Als ich die Tür des Tank­stel­len-Mi­ni­su­per­markts öffne, sehe ich zwei Män­ner an der Kühl­the­ke, die den Bier­vor­rat ab­che­cken. Beide tra­gen öl­ver­schmier­te Fein­rip­p­un­ter­hem­den und ver­bli­che­ne Base­ball­kap­pen. Ich ziehe meine Mütze noch wei­ter her­un­ter, um mein Ge­sicht zu ver­ber­gen, denn ich habe heute Abend keine Lust, er­kannt zu wer­den. Es ist spät, ich will mein Junk­food kau­fen und ver­schwin­den. Wir haben mor­gen früh Trai­ning.
Ich wende mich nach rechts in den ers­ten Gang mit den Chips und sons­ti­gen Knab­ber­sa­chen, wohl wis­send, dass die bei­den an­de­ren Kun­den auf dem Weg zur Kasse sind, um zu be­zah­len. Si­cher­heits­hal­ber kehre ich ihnen den Rü­cken zu und schaue mir das An­ge­bot an.
Zwie­bel­rin­ge.
Kar­tof­fel­chips.
Tor­til­la-Chips.
Ge­rös­te­ter Mais.
Als ich nach einer Tüte Kar­tof­fel­chips mit Salz und Essig grei­fe, höre ich, wie einer der Kerle mit dem ty­pi­schen Ak­zent eines North-Ca­ro­li­na-Hin­ter­wäld­lers sagt: „He, Süße. Eine Pa­ckung Marl­bo­ro Red und eine Schach­tel Kon­do­me. Die extra gro­ßen.“
Der Be­glei­ter des Hin­ter­wäld­lers lacht und schnaubt dann. Ich drehe mich halb um und sehe, wie die bei­den ein­an­der ver­schwö­re­risch an­grin­sen und der eine den an­de­ren an­stupst, um ihn an­zu­sta­cheln. Wäh­rend die Ver­käu­fe­rin sich um­dreht, um die Kon­do­me zu holen, lehnt sich der Hin­ter­wäld­ler über den Tre­sen und starrt ihr un­ver­hoh­len auf den Hin­tern. Der an­de­re Kerl sagt laut genug, dass ich es höre – und ich weiß, dass die Frau es auch hört: „Mmm … schö­ner Arsch.“
Ich wende mich der Theke zu und sehe, wie sich der Rü­cken der Frau ver­steift und sie ihr Ge­sicht nach links wen­det, zu einer ge­schlos­se­nen Tür neben dem Zi­ga­ret­ten­re­gal. Ist dort drin viel­leicht ein Ma­na­ger oder ein an­de­rer An­ge­stell­ter und sie hofft auf Hilfe?
Aber sie dreht sich zu den bei­den Arsch­lö­chern um und strafft die Schul­tern.
Gott­ver­dammt … sie ist atem­be­rau­bend. Sieht man ein­mal von ihrer rot-gol­de­nen Po­ly­es­ter­wes­te mit Na­mens­schild – ein­deu­tig eine Uni­form – ab, ist ihr Ge­sicht ma­kel­los. Wei­che, strah­len­de Haut, hohe Wan­gen­kno­chen, eine ge­ra­de Nase, die sich am Ende leicht neigt, und ein ver­dammt sexy Mund, der be­stimmt voll und üppig wäre, wenn ihre Lip­pen nicht zu einer Gri­mas­se ver­zo­gen wären. Ihr Haar ist nicht blond, aber auch nicht brü­nett. Ich würde es als ka­ra­mellfar­ben mit ho­nig­far­be­nen Sträh­nen be­schrei­ben. Es ist zu einem Pfer­de­schwanz zu­sam­men­ge­fasst und sie hat einen lan­gen Pony, der von links nach rechts in ihre Stirn fällt.
Wäh­rend sie den bei­den Män­nern ent­schlos­sen ge­gen­über­tritt, sehe ich in ihren Augen eine ge­wis­se Vor­sicht, als sie die Zi­ga­ret­ten und die Kon­do­me auf den Tre­sen legt. „Wäre das alles?“
Ihre Stim­me hat einen de­zen­ten Süd­staa­ten­ak­zent. Sie schaut zwi­schen den Typen hin und her, ohne den Blick zu sen­ken.
Pro­let Num­mer eins nickt zu dem Zwöl­fer­pack Bier, den er zuvor dort ab­ge­stellt hat, und sagt: „Das war das letz­te Coors. Hast du noch wel­che im Lager?“
„Nein, das war’s“, ant­wor­tet sie mit fes­ter Stim­me und ich merke, dass es eine Lüge ist.
„Si­cher?“, fragt er, stützt sich mit den Ell­bo­gen auf den Tre­sen und sieht sie an. „Viel­leicht könn­test du nach­se­hen … ich könn­te dir hel­fen, wenn du willst, und wir könn­ten die Kon­do­me gleich aus­pro­bie­ren.“
Ich würde mit den Augen rol­len über die Ab­sur­di­tät die­ses Ver­suchs, ein Mäd­chen an­zu­bag­gern, das nicht in sei­ner Liga spielt. Doch ich bin zu an­ge­spannt wegen der Aus­sicht, dass dies mehr sein könn­te als nur ein harm­lo­ses Her­um­al­bern von ein paar be­trun­ke­nen Hin­ter­wäld­lern.
„Was sagst du dazu, Süße?“, fragt er mit einer Stim­me, die ver­füh­re­risch an­mu­ten soll, aber eher nach Ab­schaum klingt.
„Ich sage, da hin­ten ist kein Bier mehr“, presst sie her­vor, wirft einen Blick über die Schul­ter zur ge­schlos­se­nen Tür und dann zu­rück zu den Män­nern.
Das war ein be­sorg­ter Blick.
Ein sehr be­sorg­ter sogar, also be­schlie­ße ich, dass das so nicht wei­ter­ge­hen kann. Ohne hin­zu­se­hen schnap­pe ich mir die nächst­bes­te Tüte Chips und gehe den Gang ent­lang zur Kasse, wäh­rend ich mit der an­de­ren Hand die Kappe ab­neh­me. Ich ste­cke sie in meine Ge­säß­ta­sche und als ich nur noch we­ni­ge Meter von den Män­nern ent­fernt bin huscht der Blick der Frau er­leich­tert zu mir. Mit einem auf­mun­tern­den Lä­cheln lese ich ihr Na­mens­schild.
Ju­li­an­ne.
Ein schö­ner Name für ein schö­nes Mäd­chen.
Das Ge­räusch mei­ner Schrit­te dringt schließ­lich zu den Typen durch, wes­halb sie sich zu vol­ler Größe auf­rich­ten, die immer noch ein paar Zen­ti­me­ter unter der mei­nen liegt, und sich in meine Rich­tung dre­hen. Mein Blick fällt auf den ers­ten und wan­dert dann lang­sam zu dem an­de­ren, wobei ich beide eis­kalt fi­xie­re. Wort­los for­de­re ich die zwei auf, die Schön­heit hin­ter dem Tre­sen nicht wei­ter zu be­läs­ti­gen.
Da ich ver­mu­te, dass die ein­zi­gen Sport­ar­ten, die diese Typen ver­fol­gen, Barsch­an­gel­tur­nie­re und NAS­CAR sind, über­rascht es mich nicht, dass kei­ner von ihnen mich als Tor­wart der Ca­ro­li­na Cold Fury er­kennt. Die rei­zen­de Ju­li­an­ne of­fen­sicht­lich auch nicht aber das ist in Ord­nung.
Das Ge­räusch von Fin­gern, die auf die Kasse klop­fen, er­regt die Auf­merk­sam­keit der bei­den Män­ner und sie dre­hen sich zu ihr um. „Das macht 19,86 Dol­lar.“
Einer der Kerle zieht eine Geld­bör­se aus der Ge­säß­ta­sche sei­ner schlecht­sit­zen­den Jeans, holt einen Zwan­zi­ger her­aus und reicht ihn ihr schwei­gend. Jetzt, wo sie wis­sen, dass sie Pu­bli­kum haben, scheint kei­ner von ihnen das miese Spiel fort­set­zen zu wol­len. Zu­min­dest glau­be ich, dass es ein Spiel war, aber ich bin froh, dass ich hier war, sonst wäre dar­aus mög­li­cher­wei­se ernst ge­wor­den.
Ju­li­an­ne gibt dem Mann sein Wech­sel­geld, die bei­den pa­cken ihre Ein­käu­fe ein und gehen gruß­los.
So­bald sich die Tür ge­schlos­sen hat, ent­span­nen sich Ju­li­an­nes Schul­tern und sie seufzt er­leich­tert. Sie schenkt mir ein schwa­ches Lä­cheln, schaut auf die Chip­stü­te in mei­ner Hand und fragt: „Ist das alles?“
„Ei­gent­lich nicht“, sage ich und grin­se ver­le­gen. „Diese Är­sche haben mich ab­ge­lenkt. Ich brau­che noch ein paar wei­te­re Dinge.“
„Klar“, ant­wor­tet sie mit müder Stim­me und streicht sich die lan­gen Haare zu­rück, ehe sie sich von mir ab­wen­det und sich einem of­fe­nen Kar­ton zu­wen­det, der auf einem Ho­cker zu ihrer Lin­ken steht. Sie greift hin­ein, holt eine Stan­ge Kip­pen her­aus, die sie zügig öff­net, und be­ginnt, das Zi­ga­ret­ten­re­gal hin­ter dem Tre­sen auf­zu­fül­len. Ich bin damit prak­tisch ent­las­sen und habe jetzt nicht mehr den ge­rings­ten Zwei­fel daran, dass sie nicht weiß, wer ich bin.
Also gehe ich zu­rück in den Gang mit den Chips, nehme eine Tüte ge­rös­te­ten Mais und be­ge­be mich zu den Ge­trän­ken. Ich schnap­pe mir eine Fla­sche Moun­tain Dew, wobei ich keine Se­kun­de die Light-Va­ri­an­te in Be­tracht ziehe – das würde den Sinn eines Junk­foo­dabends völ­lig zu­nich­te­ma­chen –, und schlen­de­re dann wei­ter zum Gang mit den Sü­ßig­kei­ten. Zwei Sni­ckers und schon bin ich fer­tig.
Sie muss mich kom­men ge­hört haben, denn sie dreht sich mit dem­sel­ben müden Lä­cheln wie vor­hin um. Wäh­rend sie zur Kasse geht, fällt ihr Blick auf die Ar­ti­kel, die ich auf den Tre­sen lege, und sie tippt wie ein Ro­bo­ter deren Prei­se ein. Ich be­ob­ach­te ihre zar­ten Fin­ger, mit denen sie die Tas­ten be­dient, und ihre hän­gen­den Schul­tern, als sie den letz­ten Ar­ti­kel ein­tippt und den Blick wie­der auf mich rich­tet.
Ihre Augen sind gol­den … nun, ei­gent­lich hell­braun, aber so hell, dass sie wie po­lier­tes Gold wir­ken.
Hin­ter der ge­schlos­se­nen Tür er­tönt ein schril­ler Schrei, so hoch, dass mir die Zähne weh­tun. Ich fahre fast aus der Haut, so un­er­war­tet war das Ge­räusch.
Die Frau, laut Na­mens­schild Ju­li­an­ne, schließt die Augen, senkt den Kopf und stößt einen ge­quäl­ten Seuf­zer aus. Es ist eine so leid­ge­prüf­te Geste, dass ich für einen kur­zen Mo­ment die Hand aus­stre­cken und ihr aus Mit­ge­fühl die Schul­ter drü­cken möch­te. Aber ich ahne nicht, wofür ich Mit­leid emp­fin­de, denn ich weiß nicht, was die­ses un­hei­li­ge Ge­räusch war. Ich öffne den Mund, um zu fra­gen, ob es ihr gut geht, als die ge­schlos­se­ne Tür neben dem Zi­ga­ret­ten­stän­der auf­fliegt und ein klei­nes Etwas her­aus­stürmt.
Nicht mehr als einen Meter hoch, ge­folgt von einem wei­te­ren Ge­schöpf der glei­chen Größe.
Wie­der ein durch­drin­gen­der Schrei aus dem Raum, dies­mal lau­ter, weil die Tür jetzt offen ist, und für einen schreck­li­chen Au­gen­blick fürch­te ich, ge­ra­de Zeuge eines Mor­des ge­we­sen zu sein. Ich mache einen Schritt zur Seite, will den Tre­sen um­run­den.
Ju­li­an­ne streckt blitz­schnell die Hände aus und packt die bei­den klei­nen Kerl­chen am Kra­gen. Als sie zum Still­stand kom­men, sehe ich, dass es zwei klei­ne Jungs sind, beide mit hell­brau­nem Haar und eben­sol­chen Augen. Der eine hält eine Puppe in den Hän­den, der an­de­re etwas, das aus­sieht wie ein Le­go-Lkw.
Sie sieht mich ent­schul­di­gend an und sagt: „Tut mir leid. Geben Sie mir eine Se­kun­de.“
Mit fes­tem, aber sanf­tem Griff dreht sie die klei­nen Jungs in Rich­tung des Rau­mes, schiebt sie hin­ein und ver­schwin­det mit ihnen darin. So­fort höre ich ein be­un­ru­hi­gen­des Kra­chen, einen wei­te­ren Schrei und ein lau­tes Flu­chen der Frau, von der ich weiß, dass sie Ju­li­an­ne heißt: „Ach, Schei­ße.“
Ein wei­te­res Krei­schen von etwas, das ich für einen psy­cho­ti­schen Pte­ro­dak­tylus halte, und meine Füße be­we­gen sich ohne mein Zutun. Ich um­run­de die Theke und gehe zur Tür. Als ich über die Schwel­le trete, stehe ich in einem klei­nen Ka­buff, das als Büro und Pau­sen­raum dient. An einer Wand steht ein klei­ner Schreib­tisch, der mit Pa­pier­kram be­deckt ist, an einer an­de­ren ein Regal, dar­un­ter ein Wasch­be­cken und ein Mi­ni­kühl­schrank und dann sind da noch ein Klapp­tisch mit ros­ti­gen Bei­nen und vier Klapp­stüh­le aus Me­tall.
Plötz­lich wird mir klar, was für ein Wesen die­ses Ge­räusch ver­ur­sacht hat, das mit dem Krat­zen von Nä­geln auf einer Krei­de­ta­fel ver­gleich­bar war.
Ein klei­nes Mäd­chen, klei­ner als die Jungs, ist an einen der Stüh­le ge­fes­selt – mit etwas, das aus­sieht wie Kle­be­band und mehr­mals um die Mitte ihres Bau­ches und um den Stuhl ge­wi­ckelt ist. Ihre Beine sind frei, und der Lärm kam of­fen­bar von einem Sta­pel Spiel­zeug, den sie von der Tisch­plat­te ge­tre­ten hat.
„Rocco … Levy … ihr habt ver­spro­chen, euch zu be­neh­men“, schimpft Ju­li­an­ne mit be­ben­der Stim­me, wäh­rend sie sich neben das klei­ne Mäd­chen kniet und an dem Kle­be­band zu zer­ren be­ginnt. Die Jungs ste­hen mit hän­gen­den Köp­fen da und be­ob­ach­ten, wie ihre Mut­ter ver­sucht, ihre Schwes­ter zu be­frei­en.
Ich kann ein­fach nicht an­ders. Der Ton­fall der Frau, ihre völ­li­ge Er­schöp­fung und Frus­tra­ti­on und die Tat­sa­che, dass diese klei­nen Teu­fels­ker­le ihre Schwes­ter an einen Stuhl ge­fes­selt haben, brin­gen mich in Be­we­gung. Ich gehe neben der Frau auf die Knie und grei­fe nach dem Kle­be­band, um es ab­zu­rei­ßen.
Sie wen­det ruck­ar­tig den Kopf in meine Rich­tung und sagt: „Nicht.“
Mein Blick glei­tet von dem Kle­be­band zu ihr und ich bin fast über­wäl­tigt von dem Glanz der di­cken Trä­nen, die in ihren Augen glit­zern und sich wei­gern, zu fal­len.
„Bitte … macht es Ihnen etwas aus, drau­ßen zu war­ten? Wenn ir­gend­wel­che Kun­den kom­men … sagen Sie ein­fach, ich bin gleich da“, bit­tet sie mich, wobei ein schwa­cher An­flug von Un­ab­hän­gig­keit und dem Be­dürf­nis, die Sache selbst in die Hand zu neh­men durch die Nie­der­ge­schla­gen­heit hin­durch­schim­mert.
„Klar“, ant­wor­te ich so­fort und stehe auf, denn ich will die arme Frau mit den schö­nen, trä­nen­nas­sen Augen nicht noch mehr auf­re­gen. Sie hat auch so schon genug um die Ohren.
Ju­li­an­ne wen­det sich wie­der dem Kle­be­band zu und geht dabei äu­ßerst be­hut­sam mit den Strei­fen auf den Armen des Mäd­chens um, wie ich fest­stel­le. Ich schaue zu den bei­den klei­nen Jungs und ob­wohl ihre Köpfe schein­bar ent­schul­di­gend ge­senkt sind, sehe ich, dass sie ein leich­tes Grin­sen im Ge­sicht haben.
Klei­ne Teu­fel­chen, keine Frage.
Ich ver­las­se den Pau­sen­raum und über­le­ge, ob ich meine Snacks ein­fach auf dem Tre­sen lie­gen las­sen und gehen soll, aber ich ver­wer­fe den Ge­dan­ken. Aus ir­gend­ei­nem Grund will ich mich ver­ge­wis­sern, dass alles in Ord­nung ist, denn wenn ich mich nicht täu­sche, steht die schö­ne Frau kurz vor einem schwe­ren Ner­ven­zu­sam­men­bruch.
Sie lässt mich nicht lange war­ten, nur ein paar Mi­nu­ten, dann kommt sie aus der Tür und zieht sie hin­ter sich zu. Dabei rich­tet sie einen letz­ten Ap­pell an die Kin­der drin­nen: „Be­nehmt euch für den Rest des Abends, dann gehen wir am Wo­chen­en­de für jeden von euch ein neues Spiel­zeug kau­fen, okay?“
Sehr gut. Be­ste­chung funk­tio­niert bei Kin­dern nor­ma­ler­wei­se.
Ich höre keine Ant­wort von drin­nen und mit einem tie­fen Seuf­zer zieht sie die Tür zu und dreht sich zu mir um. Sie zuckt leicht zu­sam­men, viel­leicht ist sie so in Ge­dan­ken ver­sun­ken, dass sie mich ver­ges­sen hat, aber dann fällt ihr Blick auf die Ge­gen­stän­de auf der Theke.
„Es tut mir leid, dass Sie das mit­er­le­ben muss­ten“, sagt sie, wäh­rend sie zur Kasse eilt und den letz­ten Snack ein­tippt, zu dem sie nicht mehr ge­kom­men ist, weil die Höl­len­brut aus­ge­bro­chen ist.
„Kein Pro­blem“, ant­wor­te ich la­chend. „Das haben Sie gut ge­macht.“
Sie seufzt frus­triert, und ihr Pony hebt sich leicht, bevor er her­un­ter­fällt. „Sie kön­nen manch­mal echt an­stren­gend sein.“
Schließ­lich sieht sie mir in die Augen. „Das macht dann 7,59 Dol­lar.“
Wort­los zücke ich mein Porte­mon­naie, nehme einen Zeh­ner und rei­che ihn ihr. Sie nimmt ihn eben­so wort­los, gibt mir das Wech­sel­geld her­aus und packt meine Ein­käu­fe leise in eine Plas­tik­tü­te. Ich nutze die Ge­le­gen­heit, um ihr Ge­sicht ge­nau­er zu be­trach­ten. Sie ist nicht nur bleich, was auf Er­schöp­fung hin­deu­ten könn­te, son­dern hat auch einen blau­en Schim­mer unter den Augen, was ein­deu­tig Schlaf­man­gel ver­rät.
Ich bin nicht si­cher warum, doch das rührt mich, und ich öffne den Mund, um zu fra­gen, ob es ihr gut geht. Aber die Glas­tür des La­dens fliegt auf und zwei Teen­ager kom­men her­ein, von denen einer laut über etwas lacht, das der an­de­re ge­sagt hat.
Das Ra­scheln von Plas­tik er­regt meine Auf­merk­sam­keit und ich drehe mich um. Die Frau hin­ter dem Tre­sen hält mir meine Ein­kaufs­tü­te hin.
„Gute Nacht“, sagt sie mit einem müden Lä­cheln und als ich ihr die Tüte ab­neh­me, ent­lässt sie mich so­fort aus ihrem Fokus und be­ob­ach­tet über meine Schul­ter hin­weg die Teen­ager, die in den Glas­kühl­schrän­ken im hin­te­ren Teil des La­dens die Li­mo­na­den in Au­gen­schein neh­men.
„Ja“, ent­geg­ne ich lang­sam. „Ihnen auch.“
Sie wirft mir nicht ein­mal einen zwei­ten Blick zu und es ist nicht ge­prahlt, wenn ich sage, dass ich nor­ma­ler­wei­se viel mehr Auf­merk­sam­keit von Frau­en be­kom­me als ge­ra­de. Haupt­säch­lich, weil ich be­rühmt bin, aber auch, weil ich heiß bin, wie mir Frau­en mehr als ein­mal ge­sagt haben.
Egal.
Der Punkt ist, dass diese Frau mir kei­nen zwei­ten Blick schenkt, und ich finde, dass ich …
Na ja, ver­dammt … ich stehe auf weib­li­che Auf­merk­sam­keit.
Ich glau­be, ich bin ein wenig schräg. Viele der Sin­gle-Jungs im Team schwel­gen in ihrem Jung­ge­sel­len­da­sein und ge­nie­ßen den un­end­li­chen Nach­schub an Puck-Häs­chen, die gern alles in den Wind schla­gen, um die Chan­ce zu haben, mit einem Eis­ho­ckey­star rum­zu­ma­chen. Doch das ist nicht meine Art. War es noch nie. Ich habe nichts davon, wenn sich eine ober­fläch­li­che Frau an mich ran­schmeißt, ohne sich wirk­lich dafür zu in­ter­es­sie­ren, wer ich bin. Sie sehen einen hei­ßen Tor­wart, der Mil­lio­nen ver­dient, und das ist auch schon alles.
Aber diese Frau … sie sieht nichts an­de­res als einen ge­wöhn­li­chen Kerl. Aus den Augen, aus dem Sinn, und ja … das mag ich total.
Ich wende mich von der Theke ab und ver­las­se den Mi­ni­su­per­markt, wobei ich mir vor­neh­me, in naher Zu­kunft noch ein­mal vor­bei­zu­kom­men, um mit ihr zu reden. Ein paar Schich­ten tie­fer gehen. Viel­leicht bitte ich sie um ein Date.
Ich lache.
Max Four­nier – Eis­ho­ckey­pro­fi und einer der be­gehr­tes­ten Jung­ge­sel­len des Teams – will mit einer Tank­stel­len­an­ge­stell­ten flir­ten, die sich einen Dreck um ihn schert.