Pittsburgh Titans: Cannon

Ori­gi­nal­ti­tel: Can­non: A Pitts­burgh Ti­tans Novel
Über­set­zer: San­dra Mar­tin

Er­schie­nen: 08/2023
Serie: Pitts­burgh Ti­tans
Teil der Serie: 6

Genre: Con­tem­pora­ry Ro­mance, Sport Ro­mance
Zu­sätz­lich: Con­tem­pora­ry

Lo­ca­ti­on: USA, Pitts­burgh


Er­hält­lich als:
pa­per­back & ebook

ISBN:
Print: 978-3-86495-642-3
ebook: 978-3-86495-643-0

Preis:
Print: 16,90 €[D]
ebook: 6,99 €[D]

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Pittsburgh Titans: Cannon


In­halts­an­ga­be

Can­non West gab seine Kar­rie­re als Eis­ho­ckey­spie­ler auf, um bei sei­ner ster­ben­den Frau zu sein. Seit­her hat er auf der Trai­ner­bank Er­folg. Nun hofft er, als jüngs­ter Chef­trai­ner der Li­ga-Ge­schich­te die Pitts­burgh Ti­tans zu einer er­folg­rei­chen Sai­son zu füh­ren. Das Letz­te, wo­nach er sucht, ist eine Be­zie­hung, aber das Leben führt uns manch­mal in eine an­de­re Rich­tung.

Die Pitts­burgh Ti­tans ar­bei­ten immer noch daran, das tra­gi­sche Flug­zeug­un­glück zu ver­ar­bei­ten. Als Wit­wer weiß ich alles über Trau­er und Schuld­ge­füh­le, was mich dazu be­fä­higt, die­ses Team auf die nächs­te Stufe zu heben. So­bald ich das erste Mal das Sta­di­on der Ti­tans be­tre­te, weiß ich, dass ich hier­her ge­hö­re.

In der mir noch frem­den Stadt muss ich alles neu ent­de­cken, aber eines wird schnell zur Rou­ti­ne: Der mor­gend­li­che Be­such im Café und meine dor­ti­gen Schwätz­chen mit der hüb­sche Ge­schäfts­füh­re­rin. Aber egal, wie sehr ich meine - zu­ge­ge­be­ner­ma­ßen un­be­hol­fe­nen - Flirt­ver­su­che mit Ava Ca­va­n­augh ge­nie­ße, ist mir be­wusst, dass es nie mehr als ein hei­ßes Ge­plän­kel sein darf. Mein Job nimmt meine ge­sam­te Zeit in An­spruch, und ich weiß aus ers­ter Hand, was das für eine Be­zie­hung be­deu­tet.

Das heißt aber nicht, dass ich nicht für ein biss­chen Spaß zu haben bin. Meine Kar­rie­re steht an ers­ter Stel­le, aber Ava ak­zep­tiert meine Gren­zen und ich gebe der Ver­su­chung nach. Lei­der ver­schwim­men die Gren­zen mei­ner selbst ge­setz­ten Re­geln und meine ge­misch­ten Si­gna­le ver­let­zen Ava tief.

Nun muss ich die Kraft fin­den, meine Ängs­te zu über­win­den - oder ich ris­kie­re, meine zwei­te Chan­ce auf Liebe mit der Frau zu ver­lie­ren, die mein Herz ge­stoh­len hat ...

Über die Au­to­rin

Seit ihrem De­büt­ro­man im Jahr 2013 hat Sa­wy­er Ben­nett zahl­rei­che Bü­cher von New Adult bis Ero­tic Ro­mance ver­öf­fent­licht und es wie­der­holt auf die Best­sel­ler­lis­ten der New York Times und USA Today ge­schafft.
Sa­wy­er nutzt ihre Er­fah­run­gen als ehe­ma­li­ge Straf­ver­tei­di­ge­rin in...

Wei­te­re Teile der Pitts­burgh Ti­tans Serie

Le­se­pro­be

Can­non

Ich mag das Stadt­le­ben. Ich be­su­che zwar nur sel­ten die schi­cken Re­stau­rants und an­ge­sag­ten Knei­pen, die alle nur ein paar Häu­ser­blocks von mei­ner Woh­nung ent­fernt lie­gen, aber mir ge­fällt die Tat­sa­che, dass ich sie be­quem zu Fuß er­rei­chen kann.
Als ich vor ein­ein­halb Mo­na­ten hier­her­zog, habe ich schon nach kur­zer Zeit ein Café gleich um die Ecke ge­fun­den. Ich bin kaf­fee­süch­tig und in die­ser Hin­sicht etwas wäh­le­risch, und so wurde The Grind die An­lauf­stel­le für mei­nen ers­ten Kof­fe­in­schub des Tages.
Wenn ich in der Stadt bin, gehe ich jeden Mor­gen dort vor­bei, denn der Laden öff­net be­reits um...

...​sechs Uhr.
Als ich an die­sem Mor­gen um sechs Uhr drei­ßig das Café be­tre­te, fällt mein Blick so­fort auf Ava. Sie sitzt an ihrem üb­li­chen Eck­tisch vor einem iPad, das über Blue­tooth mit einer Tas­ta­tur ver­bun­den ist, und hat einen Sta­pel Pa­pie­re neben sich lie­gen. Wie immer, wenn sie kon­zen­triert ar­bei­tet, kaut sie auf ihrem Stift herum und tippt etwas, nach­dem sie eines der Pa­pie­re durch­ge­le­sen hat.
Vor mir war­tet nur ein Mann, der bei der Ba­ris­ta ge­ra­de sei­nen Cap­puc­ci­no be­zahlt und dann bei­sei­te­tritt, um auf sein Ge­tränk zu war­ten.
Das Mäd­chen schenkt mir ein strah­len­des Lä­cheln. „Hi, Can­non. Das Üb­li­che?“
Ich bin tat­säch­lich oft hier. „Ja, bitte. Und dazu noch einen klei­nen Es­pres­so.“
„Lange Nacht?“, mut­maßt sie mit einem mit­füh­len­den Blick.
„Nichts, was euer Kaf­fee nicht be­he­ben könn­te.“
Sie stößt ein La­chen aus, und ich stim­me mit ein, als ich meine Kre­dit­kar­te an das Le­se­ge­rät pres­se.
Dann gehe ich wei­ter zum Ab­hol­schal­ter. Der Kunde vor mir hat den Kopf über sein Handy ge­beugt. Als ich mich neben ihn stel­le, sieht er kurz auf und senkt wie­der den Blick, nur um er­neut den Kopf zu heben und mich mit einem fra­gen­den Aus­druck an­zu­star­ren. Of­fen­bar komme ich ihm be­kannt vor, doch zu­gleich ist er sich nicht ganz si­cher, wer ich bin.
Als ich als neuer Chef­trai­ner zu den Ti­tans ge­sto­ßen bin, wurde viel über mich be­rich­tet, doch die Ge­sich­ter des Trai­ner­stabs sind we­ni­ger be­kannt als die der Spie­ler, es sei denn, man ist ein ein­ge­fleisch­ter Eis­ho­ckey­fan. Aber wie immer an einem nor­ma­len Ar­beits­tag, an dem wir kein Spiel haben, trage ich eine Carg­o­ho­se und ein Po­lo­shirt mit dem Team­lo­go. Und wenn es, wie heute, etwas küh­ler ist, ziehe ich mir zudem eine Jacke oder einen Man­tel an, auf dem eben­falls das Logo der Ti­tans prangt.
Es ist un­glaub­lich, wie viel Mann­schafts­klei­dung ich von den Ti­tans be­kom­me, doch sie weist mich nicht un­be­dingt als Mit­glied des Teams aus. Min­des­tens jede fünf­te Per­son, der ich auf der Stra­ße be­geg­ne, trägt die Fan­be­klei­dung eines Sport­teams aus Pitts­burgh, sei es nun ein Base­ball-, Foot­ball- oder Eis­ho­ckey­team. Die ganze Stadt ist sport­ver­rückt.
Ich schen­ke ihm ein Lä­cheln, doch bevor er etwas sagen kann, wird sein Name auf­ge­ru­fen. Er schnappt sich sei­nen Kaf­fee und macht sich auf den Weg zum Aus­gang, wobei er mir im Vor­bei­ge­hen zu­nickt. Ich wette, spä­ter wird er je­man­dem er­zäh­len: „Alter … ich glau­be, ich stand heute neben Can­non West, aber ich bin mir nicht si­cher. Er hatte eine Mütze auf, doch er trug eine Jacke der Ti­tans. Mög­lich, dass er es war.“
Ehr­lich ge­sagt, ziehe ich die An­ony­mi­tät eines Trai­ners dem Ruhm eines Spie­lers vor. Da­durch sind so ba­na­le Dinge wie das Be­stel­len einer Tasse Kaf­fee we­sent­lich ein­fa­cher.
Ein jun­ger Mann schiebt mir den Kaf­fee über den Tre­sen. „Hier bitte, Can­non.“
Ich habe keine Ah­nung, ob die An­ge­stell­ten wis­sen, wer ich bin. In all den Wo­chen, in denen ich jetzt schon hier mei­nen Kaf­fee hole, haben sie mich nicht ein­mal da­nach ge­fragt. Sie ken­nen mei­nen Vor­na­men nur, weil sie ihn mit schwar­zem Filz­stift auf mei­nen Be­cher schrei­ben. Sie tu­scheln weder mit­ein­an­der, noch wer­fen sie ein­an­der ver­schwö­re­ri­sche Bli­cke zu, wenn sie glau­ben, dass ich nicht hin­se­he, und sie haben mich noch nie um ein Au­to­gramm ge­be­ten. Auch des­halb mag ich die­sen Laden, hier kann ich ein­fach ich selbst sein.
Wie üb­lich setze ich mich an den Tisch neben Ava und be­trach­te sie, wäh­rend sie sich auf ihre Ar­beit kon­zen­triert. Sie hat ihr dunk­les Haar zu einem hohen Pfer­de­schwanz zu­sam­men­ge­bun­den und trägt die glei­che ma­ri­neblaue Schirm­müt­ze, auf deren Vor­der­sei­te das Fir­men­lo­go prangt, wie die an­de­ren Ba­ris­tas. Zu ihrer Uni­form ge­hö­ren zudem ein ma­ri­neblau­es Po­lo­hemd mit dem Logo über der lin­ken Brust, eine Carg­o­ho­se und Turn­schu­he. Auf der an­de­ren Seite der Brust ist ein Schild mit ihrem Namen an­ge­bracht, unter dem in klei­ne­rer Schrift „As­sis­tenz­ma­na­ger“ steht.
„Sie hel­fen mei­nem Ego nicht, wenn Sie mich igno­rie­ren“, sage ich, als ich mich auf mei­nem Stuhl nie­der­las­se.
Sie hebt zwar nicht den Kopf, um mei­nem Blick zu be­geg­nen, doch ich kann sehen, wie sie die Lip­pen zu einem Lä­cheln ver­zieht. „Sie haben kein Ego.“
„Das ist wahr, aber Sie könn­ten mich mit einem ‚Hallo, Can­non, wie geht es Ihnen heute Mor­gen?‘ be­grü­ßen.“
Ava blickt zu mir auf, und genau wie an jenem Tag, an dem wir uns zum ers­ten Mal hier be­geg­net sind, bin ich für einen Au­gen­blick sprach­los. Sie ist wun­der­schön, wobei vor allem ihre hell­grü­nen Augen her­vor­ste­chen. Ich habe diese Farbe noch nie bei einem an­de­ren Men­schen ge­se­hen. Meine ha­sel­nuss­brau­nen Augen haben zwar einen grü­nen Schim­mer, doch sie sind mat­ter und fun­keln nicht wie ihre Iri­den.
Sie ver­zieht die Lip­pen zu einem Lä­cheln und ent­blößt ihre ge­ra­den wei­ßen Zähne, bevor sie mir die Worte aus dem Mund nimmt: „Hallo, Can­non, wie geht es Ihnen heute Mor­gen?“
„Gleich viel bes­ser, da Sie mich jetzt be­ach­ten und mein Ego strei­cheln“, scher­ze ich.
Ava ver­dreht die Augen und wid­met sich wie­der ihrer Ar­beit. Aber sie igno­riert mich nicht, son­dern er­wi­dert: „Wie be­reits ge­sagt, Sie haben kein Ego und wis­sen ver­dammt gut, wie char­mant Sie sind.“
„Das hört sich schon bes­ser an“, ent­geg­ne ich scherz­haft, wobei ich einen Ell­bo­gen auf dem Tisch ab­stüt­ze und das Kinn in die Hand­flä­che lege, um sie an­zu­star­ren „Was sonst noch?“
Ava be­ginnt zu tip­pen und hat den Blick auf den Bild­schirm ge­hef­tet, doch dann lacht sie leise. „Mal sehen … Sie haben Humor – selbst wenn Sie mir damit manch­mal auf die Ner­ven gehen –, Sie sind sym­pa­thisch, und hin und wie­der ma­chen Sie sogar einen ziem­lich in­tel­li­gen­ten Ein­druck.“
Ich lehne mich mit einem Schnau­ben zu­rück, nippe an mei­nem Kaf­fee und be­ob­ach­te sie. Denn ich weiß, dass ich damit auch an ihren Ner­ven zerre.
Ava und ich haben uns an jenem Tag ken­nen­ge­lernt, an dem ich um halb sie­ben an einem Diens­tag­mor­gen zum ers­ten Mal die­ses Café be­trat. Sie saß an genau dem­sel­ben Tisch, an dem sie jetzt sitzt, doch ich habe sie an­fangs gar nicht wahr­ge­nom­men. Ich war ge­ra­de mit­ten in ein Te­le­fon­ge­spräch mit Cal­lum Der­rin­ger ver­tieft, als ich mich an den Tisch neben ihr setz­te und mei­nen Be­cher um­kipp­te. Flu­chend sprang ich auf, ehe der Kaf­fee auf meine Hose rin­nen konn­te, und im nächs­ten Mo­ment stand Ava vor mir und wisch­te den Tisch ab.
Noch bevor ich mein Ge­spräch mit Cal­lum be­en­det hatte, hat sie mir einen fri­schen Kaf­fee ge­bracht.
„Geht aufs Haus“, sagte sie und setz­te sich mit ihrem iPad zu­rück an ihren Eck­tisch.
Mir war klar, dass sie eine An­ge­stell­te war, was man nicht nur an ihrer Uni­form er­ken­nen konn­te, son­dern auch daran, dass sie mir einen Kaf­fee aus­gab. Aber sie war mehr als nur eine Ba­ris­ta, denn sie er­le­dig­te Pa­pier­kram.
Ich stell­te mich vor, wobei wir le­dig­lich un­se­re Vor­na­men aus­tausch­ten, doch das war alles, was wir an jenem Tag ge­sagt haben.
Ir­gend­wann wäh­rend der ver­gan­ge­nen Wo­chen haben wir be­gon­nen, mit­ein­an­der zu flir­ten. Hin und wie­der läs­tert sie spie­le­risch über mich und ver­zieht dann die Lip­pen zu einem ver­schmitz­ten Grin­sen. Un­se­re Ge­sprä­che gehen nie in die Tiefe, doch wir frot­zeln jeden Tag mit­ein­an­der, wenn ich den Laden be­tre­te und sie vor ihrer Ar­beit sitzt. Ich muss zu­ge­ben, dass ich nicht ge­ra­de ein Meis­ter im Flir­ten bin. Tat­säch­lich sind meine Fä­hig­kei­ten so ein­ge­ros­tet, dass sie schon quiet­schen­de Laute von sich geben. Den­noch er­wi­dert Ava mein Ge­schä­ker, indem sie mich auf er­hei­tern­de Weise auf­zieht.
Wir tau­schen immer nur ein paar Worte aus, bis ich mei­nen Kaf­fee ge­trun­ken habe. Ich weiß ihren schar­fen Ver­stand zu schät­zen, doch sie ist auch ver­dammt sexy. Ich frage mich, warum sie hier ar­bei­tet, denn ich habe mich oft genug mit ihr un­ter­hal­ten, um zu wis­sen, dass sie zu klug ist, um in einem Café zu ar­bei­ten.
Ava blickt auf und ver­zieht die Lip­pen zu einem Grin­sen, wäh­rend ich sie wei­ter­hin an­star­re. „Ich habe heute Ihr Ego ge­strei­chelt. Wie wäre es, wenn Sie zur Ab­wechs­lung auch mei­nes strei­cheln?“
„Das wären eine ganze Menge Strei­chel­ein­hei­ten, und ich bin mir nicht si­cher, ob ich Sie gut genug kenne“, ent­geg­ne ich.
Sie wirft den Kopf in den Na­cken und stößt ein rau­chi­ges La­chen aus, das oben­drein ver­dammt sinn­lich ist. Dann ver­dreht sie die Augen. „Ich habe Ihnen vor etwa sechs Wo­chen einen Kaf­fee spen­diert. Sie ken­nen mich gut genug.“
„Also schön.“ Mit einer aus­la­den­den Hand­be­we­gung zeige ich auf den Tisch, an dem sie ar­bei­tet. „Sie tip­pen sehr hübsch.“
Ava ver­zieht den Mund und schüt­telt amü­siert den Kopf, wäh­rend sie sich wie­der ihrem iPad zu­wen­det. „Sie sind nicht ge­ra­de ein Flirt­ex­per­te.“
„Einen Mo­ment mal … flir­ten wir etwa mit­ein­an­der?“, frage ich mit ge­spiel­ter Über­ra­schung.
„Sie ganz si­cher nicht. Kein Mäd­chen will von einem Mann hören, dass es hübsch tippt.“
Ich grin­se und trin­ke noch einen Schluck Kaf­fee. „Wie wäre es, wenn ich Sie ir­gend­wann auf einen Drink ein­la­de? Ich werde ver­su­chen, bis dahin an mei­nen Fä­hig­kei­ten zu ar­bei­ten.“
Ava wen­det sich mir ruck­ar­tig zu und sieht mich mit einem ent­geis­ter­ten Fun­keln in den Augen an. „Wie bitte?“
Ich bin selbst ein wenig über­rascht, denn ich bin nicht mit der Ab­sicht hier­her­ge­kom­men, mich mit ihr zu ver­ab­re­den. Es ist zwar nicht das erste Mal, dass ich eine Frau bitte, mit mir aus­zu­ge­hen, aber ich habe kaum Zeit für Ren­dez­vous. Meine Ar­beit hält mich viel zu sehr auf Trab und scheint immer wich­ti­ger zu sein als alles an­de­re.
Aber Ava hat de­fi­ni­tiv meine Auf­merk­sam­keit er­regt. „Sie haben mich schon ver­stan­den. Ich würde Sie gern auf einen Drink ein­la­den.“
„Äh.“ Mit einem Stirn­run­zeln wen­det sie sich wie­der dem Bild­schirm zu, doch einen Mo­ment spä­ter sieht sie mich wie­der an und fragt ver­wirrt: „Sie wol­len mit mir aus­ge­hen?“
Nun runz­le ich die Stirn. „Ist das denn so schwer zu glau­ben?“
„Nun … Sie sind …“ Sie zeigt mit einer aus­la­den­den Geste auf mich, wäh­rend sie müh­sam nach Wor­ten ringt. „Sie sind … Sie wis­sen schon …“
Ich schütt­le lang­sam den Kopf. „Ich weiß wirk­lich nicht, was Sie mei­nen.“
„Sie sind …“, setzt sie er­neut an und wirft einen Blick zum Tre­sen, an dem ge­ra­de drei Leute auf ihren Kaf­fee war­ten. Dann wen­det sie sich wie­der mir zu und senkt die Stim­me. „Sie sind der Trai­ner der Ti­tans. Ich ar­bei­te in einem Café.“
Lang­sam ver­zie­he ich die Lip­pen zu einem Lä­cheln. „Ich habe mich schon ge­fragt, ob Sie mich er­kannt haben. Sie haben nie den Ein­druck er­weckt, als wüss­ten Sie, wer ich bin.“
Ihre Wan­gen lau­fen hoch­rot an. „Ich wuss­te es nicht. Eine der Ba­ris­tas hat sie er­kannt und es mir er­zählt, kurz nach­dem Sie das erste Mal hier waren. Ich woll­te keine große Sache dar­aus ma­chen.“
„Dar­über bin ich froh“, ver­si­che­re ich ihr.
„Aber Sie sind eine große Num­mer“, wirft sie ein und wen­det sich dann wie­der ihrer Ar­beit zu, als wäre damit das Ge­spräch für sie be­en­det.
Ich kann mir ein Schmun­zeln nicht ver­knei­fen. „Und Sie haben Vor­ur­tei­le gegen Leute, die eine große Num­mer sind?“
Sie hebt den Kopf und starrt mich mit fins­te­rem Blick an. „Na­tür­lich habe ich keine Vor­ur­tei­le.“
„Dann kön­nen Sie auch mit mir etwas trin­ken gehen. Es ist ganz ein­fach.“ Im nächs­ten Mo­ment kommt mir je­doch ein Ge­dan­ken. „Es sei denn, Sie haben einen Freund.“
Ava schnaubt. „Ich habe kei­nen Freund. Aber ich bin si­cher, dass Sie sich noch mehr ins Zeug legen kön­nen.“
„Woher wol­len Sie wis­sen, wozu ich fähig bin?“
Sie igno­riert mich und tippt wei­ter, doch ich lasse mich nicht be­ir­ren. „Wie lau­tet Ihr Nach­na­me?“
Sie horcht auf und wirft mir einen Blick aus dem Au­gen­win­kel zu, bevor sie ant­wor­tet: „Ca­va­n­augh.“
Ich ziehe mein Handy aus der Ta­sche, rufe die Kon­tak­te auf und lege einen neuen an. „Ava Ca­va­n­augh. Und Ihre Te­le­fon­num­mer?“
Sie be­geg­net mei­nem Blick und legt den Kopf schief. „Wirk­lich?“
„Ja, wirk­lich. Wir wer­den zu­sam­men etwas trin­ken gehen.“
Sie starrt mich nur an.
Ich star­re zu­rück und wei­ge­re mich, zu blin­zeln. „Ihre Te­le­fon­num­mer, bitte.“
Sie stößt einen frus­trier­ten Seuf­zer aus und reißt mir das Te­le­fon aus der Hand. „Also schön.“
Ich be­ob­ach­te, wie sie ein paar Zah­len ein­tippt, bevor sie mir das Gerät zu­rück­gibt, doch ich werfe miss­trau­isch einen Blick dar­auf. „Sie haben mir nicht ge­ra­de eine fal­sche Num­mer ge­ge­ben, oder? Ich weiß näm­lich, wo Sie ar­bei­ten, daher kön­nen Sie mir nur schlecht aus dem Weg gehen.“
Mit einem La­chen schüt­telt sie den Kopf und macht dann eine Geste, als woll­te sie mich ver­scheu­chen. „Gehen Sie. Sie stö­ren mich bei der Ar­beit.“
Es ge­fällt mir, dass sie sich von mei­nem Be­kannt­heits­grad nicht ein­schüch­tern lässt und mir sagt, ich solle ver­schwin­den. „Ich rufe Sie spä­ter an, um mit Ihnen ein Datum zu ver­ein­ba­ren.“
Sie re­agiert nicht, doch ich weiß, dass sie mich nur är­gern will. Al­ler­dings werde ich ihr nicht das letz­te Wort gön­nen.
Ich baue mich vor ihrem Tisch auf und lehne mich vor, so­dass sie den Kopf in den Na­cken legen muss, um mich an­zu­se­hen. „Ich woll­te nur noch ein­mal in diese wun­der­schö­nen Augen bli­cken, bevor ich gehe.“
Sie reißt be­sag­te Augen auf, und ihre Wan­gen lau­fen hoch­rot an.
Ich zwin­ke­re ihr zu und beuge mich noch ein Stück wei­ter vor. „So flir­tet man rich­tig. Bis spä­ter.“
Dann drehe ich mich um und ver­las­se das Café, wobei ich mich ver­dammt gut fühle.

 

Ava

Was zum Teu­fel tust du nur, Ava?
Diese Frage stel­le ich mir immer wie­der, seit Can­non mich vor­ges­tern auf einen Drink ein­ge­la­den hat.
Der Chef­trai­ner der Pitts­burgh Ti­tans.
Ich star­re in den Spie­gel in der Da­men­toi­let­te und be­trach­te mein Ge­sicht, das ge­rö­tet ist nach einem Dirty Mar­ti­ni zu viel. Ich stel­le mir die Frage ein wei­te­res Mal, doch ich habe immer noch keine Ant­wort.
Es hat mich ver­wirrt, dass Can­non mit mir aus­ge­hen woll­te. In mei­nen Augen war unser Ge­plän­kel wäh­rend der ver­gan­ge­nen Wo­chen nichts wei­ter als die Un­ter­hal­tun­gen eines kon­takt­freu­di­gen, ge­sel­li­gen Man­nes und einer Frau, die ihre Auf­ga­be als Re­prä­sen­tan­tin ihrer Firma ernst nimmt.
Nun, das ent­spricht nicht ganz der Wahr­heit. Ehr­lich ge­sagt, hat mich der Mann in sei­nen Bann ge­zo­gen, und das nicht nur, weil er be­rühmt, um­wer­fend und reich ist. Mit sei­nen al­ber­nen Flirt­ver­su­chen hat er mir wirk­lich ge­schmei­chelt.
Doch ab­ge­se­hen von der un­ver­blüm­ten Be­mer­kung, dass er Ge­fal­len an mei­nen Augen ge­fun­den hat, hatte ich nicht ein ein­zi­ges Mal das Ge­fühl, dass er an mir in­ter­es­siert ist. Unser Ge­schä­ker war nichts wei­ter als eine ver­gnüg­li­che Ab­len­kung von un­se­ren hek­ti­schen Mor­gen.
Aber jetzt bin ich hier, habe seine Ein­la­dung an­ge­nom­men, und bin mehr als an­ge­hei­tert, wenn nicht sogar leicht an­ge­trun­ken. Dar­über hin­aus hatte ich lange nicht mehr so viel Spaß.
Wir woll­ten uns nur auf einen Drink tref­fen, denn wir müs­sen beide mor­gen schon früh zur Ar­beit, also habe ich diese Bar vor­ge­schla­gen. Als stell­ver­tre­ten­de Ma­na­ge­rin des Grind bin ich die­je­ni­ge, die den Laden öff­net, und die Ti­tans haben mor­gen ein Heim­spiel, wes­halb Can­non in aller Frühe im Sta­di­on sein muss. Ich weiß, dass er in der Nähe des Cafés wohnt, wäh­rend mein Apart­ment wei­ter ent­fernt und nicht ge­ra­de in der schöns­ten Ge­gend der Stadt liegt, also woll­te ich ihm ent­ge­gen­kom­men.
Zudem woll­te ich ver­mei­den, dass er meine schä­bi­ge Woh­nung zu Ge­sicht be­kommt.
Ich habe eine Knei­pe di­rekt um die Ecke des Cafés vor­ge­schla­gen. Für mich war das zwar mit ei­ni­ger An­stren­gung ver­bun­den, da ich um fünf­zehn Uhr Fei­er­abend hatte und zu­erst fünf­und­vier­zig Mi­nu­ten nach Hause fah­ren muss­te. Dann legte ich den­sel­ben Weg noch ein­mal zu­rück, um mich um neun­zehn Uhr mit ihm zu tref­fen. Aber das mach­te mir nichts aus.
Ei­gent­lich hat­ten wir uns nur einen Drink ge­neh­mi­gen wol­len, doch aus einem wur­den zwei, und weil wir uns so gut amü­sier­ten, aßen wir noch ein paar Ap­pe­tit­häpp­chen.
Aus zwei Drinks wur­den drei, denn wir lach­ten viel, und je mehr wir tran­ken, desto un­ge­zwun­ge­ner flir­te­ten wir mit­ein­an­der. Aber es waren vor allem un­se­re tief­grün­di­gen Ge­sprä­che, die mich fas­zi­nier­ten.
Erst vor ein paar Mi­nu­ten hat Can­non einen Blick auf seine Arm­band­uhr ge­wor­fen und eine Gri­mas­se ge­zo­gen. „Es ist fast zwei­und­zwan­zig Uhr. Für die meis­ten Leute ist es noch früh am Abend, aber nicht für uns Früh­auf­ste­her.“
„Das gilt viel­leicht für Sie“, er­wi­der­te ich mit einem La­chen. „Ich habe mein Stu­di­um erst vor vier Jah­ren ab­ge­schlos­sen, also bin ich noch in einem Alter, in dem ich mir die Nacht um die Ohren schla­gen kann und am nächs­ten Tag trotz­dem aus­ge­schla­fen bin.“
Damit ver­pass­te ihm einen Sei­ten­hieb und er­in­ner­te ihn daran, dass er – wie ich heute Abend er­fah­ren habe – sechs­und­drei­ßig ist. Es hat mir Spaß ge­macht, ihn wegen des Al­ters­un­ter­schieds zu ne­cken, der im Grun­de … gar nicht so groß ist. Neun Jahre sind nicht viel. Mein Ex-Freund war sogar ein paar Jahre älter als Can­non.
In sei­nen Augen blitz­te ein her­aus­for­dern­der Aus­druck auf. „Ich würde noch einen Drink neh­men, falls Sie auch noch einen wol­len.“
Und jetzt stehe ich hier.
Mir schwirrt der Kopf, aber auf eine an­ge­neh­me Art. Ich habe ein al­ber­nes Lä­cheln im Ge­sicht, weil ich mit einem um­wer­fen­den Mann aus­ge­he und mir nicht er­klä­ren kann, wie es dazu ge­kom­men ist.
Ich über­prü­fe mein Ma­ke-up und trage einen Lip­pen­bal­sam auf, statt mei­nen Lip­pen­stift nach­zu­zie­hen. Er würde oh­ne­hin nur auf dem Mar­ti­niglas lan­den.
„Noch einen Drink, und dann nimmst du ein Taxi nach Hause“, er­klä­re ich mei­nem Spie­gel­bild.
Die Ava, die mir grin­send ent­ge­gen­blickt, sagt mir, dass ich keine Kon­trol­le dar­über habe, wie der Abend enden wird. Mr. Mar­ti­ni hat be­reits das Sagen.
Als ich die Da­men­toi­let­te ver­las­se und zu un­se­rem Tisch zu­rück­keh­re, sehe ich dort ein jun­ges Paar ste­hen, das sich mit Can­non un­ter­hält. Er un­ter­schreibt auf einer Ge­trän­ke­ser­vi­et­te und reicht sie dem Mann mit einem Lä­cheln.
Mein Gott, er hat ein um­wer­fen­des Lä­cheln, das mir ge­fähr­lich wer­den könn­te. Mit sei­nem Bart­schat­ten, einem Grüb­chen nur auf der lin­ken Seite und den vol­len Lip­pen sieht er zum Da­hin­schmel­zen aus. Dazu kom­men noch sein dunk­les Haar, seine ha­sel­nuss­brau­nen Augen und seine mar­kan­ten Ge­sichts­zü­ge. Wenn er als Trai­ner kei­nen Er­folg hätte, könn­te er sich ohne Wei­te­res als Su­per­mo­del ver­din­gen. Bei dem Ge­dan­ken muss ich in­ner­lich lä­cheln.
Das Pär­chen ver­ab­schie­det sich ge­ra­de, als ich mich un­se­rem Tisch nä­he­re, und Can­non steht auf, um mir mei­nen Stuhl her­vor­zu­zie­hen. Den gan­zen Abend über war er ein per­fek­ter Gen­tle­man, hat mir Türen auf­ge­hal­ten und Stüh­le her­an­ge­zo­gen und ist jedes Mal auf­ge­stan­den, wenn ich den Tisch ver­ließ oder zu­rück­kehr­te.
„Je­mand hat Sie er­kannt“, be­mer­ke ich mit einem Grin­sen, als ich mich setze und er eben­falls Platz nimmt. Wir haben uns ge­ra­de vor­hin dar­über un­ter­hal­ten, dass er als Spie­ler in der Öf­fent­lich­keit an­ders wahr­ge­nom­men wurde als jetzt als Trai­ner. Heut­zu­ta­ge wird er of­fen­bar nicht mehr so oft an­ge­spro­chen.
„Das kommt vor“, sagt er und wirft einen Blick auf mei­nen Mar­ti­ni.
Ich er­he­be mein Glas, als er sei­nen Bour­bon zur Hand nimmt, dann sto­ßen wir mit­ein­an­der an. „Prost.“
„Prost“, er­wi­dert er und lä­chelt mich an, bevor er einen Schluck trinkt.
Er lä­chelt auch noch, als wir un­se­re Glä­ser wie­der ab­set­zen, dann schüt­telt er den Kopf.
„Was ist?“, frage ich.
„Ich ver­ste­he das ein­fach nicht.“
„Was denn?“
„Warum Sie Sin­gle sind. Ich meine … Sie sind um­wer­fend und sexy. Al­lein des­halb lie­gen Ihnen die Män­ner si­cher zu Füßen. Aber zudem haben Sie ver­dammt viel Humor und sind nett und äu­ßerst in­tel­li­gent. Sie sind die Art von Frau, für die die Män­ner durchs Feuer gehen wür­den. Was ver­heim­li­chen Sie mir?“
Das Kom­pli­ment lässt mich er­rö­ten, doch ich ver­spü­re auch einen leich­ten Stich im Her­zen, weil ich weiß, dass nicht alle Män­ner für mich durchs Feuer gehen wür­den.
„Sie ver­heim­li­chen mir tat­säch­lich etwas“, stellt Can­non fest, wäh­rend er mich auf­merk­sam mus­tert und wahr­schein­lich meine Emo­tio­nen in mei­nem Ge­sicht ab­le­sen kann.
„Ich ver­heim­li­che gar nichts“, ver­si­che­re ich ihm und zwirb­le den Zahn­sto­cher mit den drei auf­ge­spieß­ten Oli­ven zwi­schen Dau­men und Zei­ge­fin­ger. „Nur eine frü­he­re Be­zie­hung, die Ihre Theo­rie wi­der­le­gen würde.“
Ich zucke zu­sam­men, denn ich habe nicht der­art be­mit­lei­dens­wert klin­gen wol­len, also über­spie­le ich meine Worte mit einem La­chen. „Das be­deu­tet, mein letz­ter Freund war ein Arsch­loch und wuss­te nicht, was gut für ihn ist.“
„Haben Sie sich erst kürz­lich ge­trennt?“, will Can­non wis­sen.
„Nein. Vor über sechs Mo­na­ten.“
„Und Sie haben sich seit­dem mit nie­man­dem ver­ab­re­det?“
„Es hat sich nie die Ge­le­gen­heit er­ge­ben. Die meis­te Zeit über ar­bei­te oder schla­fe ich. Da­zwi­schen komme ich kaum zu etwas.“
Can­non lacht leise. „Das Pro­blem kenne ich.“
„Nun, auf uns und dar­auf, dass wir es ge­schafft haben, aus un­se­rem All­tag aus­zu­bre­chen.“ Ich er­he­be er­neut mein Glas und er stößt mit mir an. „Das war wirk­lich ein schö­ner Abend, ob­wohl ich mor­gen si­cher über­mü­det und leicht ver­ka­tert sein werde.“
„Dar­auf trin­ke ich.“ Can­non stützt die Un­ter­ar­me auf dem Tisch ab und beugt sich zu mir vor, wobei er mich mit einem Blick durch­bohrt. „Also, warum ist Ihr Ex ein Arsch­loch?“
Mir steigt die Hitze in den Na­cken. Das liegt je­doch nicht daran, dass ich seine Frage als auf­dring­lich emp­fin­de. Ich habe viel zu viel ge­trun­ken, um ein Buch mit sie­ben Sie­geln zu sein. Doch der Grund un­se­rer Tren­nung ist mir pein­lich.
Can­non muss mir mein Un­be­ha­gen an­ge­se­hen haben, denn er er­greift meine Hand und drückt sie. „Sie müs­sen es mir nicht er­zäh­len. Ver­ges­sen Sie ein­fach, dass ich ge­fragt habe.“
Aber der Al­ko­hol hat meine Zunge ge­lo­ckert und ich habe kei­nen Grund, ihn an­zulü­gen. „Nun, zum einen hat er mir vor­ge­wor­fen, schlecht im Bett zu sein.“
Can­non reißt die Augen auf. „Das hat er ge­sagt?“
Ich stoße ein schnau­ben­des La­chen aus, weil ich nicht fas­sen kann, dass ich die Worte tat­säch­lich laut aus­ge­spro­chen habe. Da­mals habe ich Derek ge­glaubt, und es war wahr­schein­lich das De­mü­ti­gends­te, was mir je wi­der­fah­ren ist. „O mein Gott … igno­rie­ren Sie mich ein­fach. Das ist de­fi­ni­tiv der Al­ko­hol, der aus mir spricht.“
„Was für ein Arsch­loch würde je­man­dem so etwas an den Kopf wer­fen?“, mur­melt Can­non.
Ich ziehe die Nase kraus und zucke mit den Schul­tern. „Ein Kerl, der beim Fremd­ge­hen er­wischt wird?“
Can­nons Augen blit­zen wü­tend auf, was viel­leicht eben­falls dem Al­ko­hol zu­zu­schrei­ben ist. „Er hat Sie be­tro­gen und Ihnen dann die Schuld dafür ge­ge­ben?“
Ich mache eine ab­win­ken­de Geste und lüge an die­sem Abend das erste und ein­zi­ge Mal. „Ich habe es mir nicht zu Her­zen ge­nom­men. Er woll­te nur sei­nen Arsch ret­ten. Viel schlim­mer war es, als er dafür ge­sorgt hat, dass ich ge­feu­ert wurde.“
„Wie bitte?“, ruft Can­non aus. Zu mei­ner Über­ra­schung steht er auf, zückt seine Brief­ta­sche und wirft zwei Hun­dert-Dol­lar-Schei­ne auf den Tisch. Mit der Summe deckt er so­wohl die Ge­trän­ke als auch die Vor­spei­sen und oben­drein ein saf­ti­ges Trink­geld ab. Dann streckt er mir die Hand mit der Hand­flä­che nach oben ent­ge­gen. Ich er­grei­fe sie und er zieht mich auf die Füße. „Las­sen Sie uns einen Spa­zier­gang ma­chen.“
Die Nacht ist kühl, als wir die Knei­pe ver­las­sen. Mein Man­tel ist aus di­cker Wolle, doch mir ist aus einem an­de­ren Grund warm ums Herz. So­bald wir uns in Be­we­gung ge­setzt haben, er­greift Can­non mei­nen Arm, um ihn bei sich ein­zu­ha­ken. Dafür bin ich dank­bar, denn ich habe Schwie­rig­kei­ten, auf­recht ge­ra­de­aus zu gehen.
Ich tork­le zwar nicht be­trun­ken durch die Ge­gend, aber ich bin ziem­lich be­schwipst, aber es ist schön, mich bei ihm an­leh­nen zu kön­nen.
„Also schön … er­zäh­len Sie mir die ganze Ge­schich­te“, er­mu­tigt er mich.
Ich bli­cke zu ihm auf, und er wen­det sich mir zu, um auf mich her­ab­zu­bli­cken, denn er über­ragt mich um ei­ni­ge Zen­ti­me­ter. „Diese Un­ter­hal­tung ist plötz­lich sehr ernst ge­wor­den“, stel­le ich fest.
Can­non zuckt mit den Schul­tern. „Ich bin ein viel­sei­ti­ger Typ.“
Mit den Wor­ten bringt er mich zum La­chen und nimmt mir zu­gleich die Be­fan­gen­heit, wobei Letz­te­res auch den Mar­ti­nis ge­schul­det ist. „In mei­ner Hei­mat­stadt Ral­eigh in North Ca­ro­li­na war ich Per­so­nal­lei­te­rin bei einer gro­ßen Le­bens­ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft.“
„O Gott“, ruft Can­non mit einem dra­ma­ti­schen Stöh­nen aus. „Bitte sagen Sie mir nicht, dass Sie ein Fan der Cold Fury sind.“
Mit mei­ner frei­en Hand drü­cke ich la­chend sei­nen Arm. „Meine Fa­mi­lie liebt die Cold Fury zwar, aber um ehr­lich zu sein, bin ich nicht un­be­dingt ein Eis­ho­ckey­fan.“
Can­non schlägt die Hand aufs Herz. „Sie ma­chen mich fer­tig.“
„Aber“, füge ich la­chend hinzu, „von jetzt an werde ich die Spie­le auf jeden Fall ver­fol­gen.“