Ivy Gaines hat in ihrem Leben nur einen einzigen Mann geliebt - und das war immer West "Camo" Gaines.
Fünfzehn Jahre Ehe, drei Kinder und unzählige gemeinsame Erinnerungen, die ihre Liebe geprägt haben. Doch trotz all dieser Jahre, in denen sie sich bedingungslos einander versprochen haben, beginnt etwas zu bröckeln. Denn manchmal reicht Liebe allein nicht aus, um die tiefsten Wünsche und geheimsten Sehnsüchte zu stillen.
Camo hat seine Frau immer zutiefst verehrt und geliebt, doch das Leben als Mitglied der Notorious Devils hat ihn mit einer dunklen Verlockung konfrontiert - ein Verlangen, das er nie zuvor gekannt hat. Ein Verlangen, das er nicht mit der Mutter seiner Kinder teilen kann. Er fürchtet, dass seine tiefsten Wünsche Ivy zerstören könnten, obwohl er sie über alles liebt.
Lügen und Missverständnisse zersetzen ihr Vertrauen, während unausgesprochene Ängste die Schatten ihrer Beziehung länger und düsterer werden lassen. Was einst eine unerschütterliche Verbindung war, droht nun in der Stille des Schweigens und der Bitterkeit zu zerfallen. Aber als rivalisierende Konflikte innerhalb des Clubs ihre Welt erschüttern, erkennen beide, dass ihre Liebe nicht nur das Fundament ihrer Familie ist - sondern die einzige Waffe, die sie haben, um die Dunkelheit zu besiegen, die sie zu verschlingen droht.
In einer Welt voller Geheimnisse und Verrat sind sie gezwungen, sich daran zu erinnern, wie tief ihre Liebe wirklich geht. Vielleicht ist es der Mut, die dunkelsten Wünsche zu teilen, der sie noch einmal zusammenführt.
Als Einzelkind musste Hayley Faiman sich mit sich selbst beschäftigen. Im Alter von sechs Jahren begann sie, Geschichten zu schreiben, und hörte nie wirklich damit auf. Die gebürtige Kalifornierin lernte ihren heutigen Ehemann im Alter von sechzehn Jahren kennen und heiratete...
Ivy
Es ist offiziell.
Ich habe mich gehen lassen.
Ich weiß es. Mein Ehemann West weiß es. Verdammt, der gesamte Notorious Devils-Club, einschließlich der Huren, weiß es. Mir entgeht nicht, wie sie ständig meinen Ehemann anhimmeln.
Mein Mann ist heiß. Er gehört mir, seit ich einundzwanzig Jahre alt war. Heute, fünfzehn Jahre später, finde ich, dass er noch viel besser aussieht als an dem Tag, an dem wir uns kennengelernt haben.
Leider war die Zeit nicht so gut zu mir. Drei Kinder, zwanzig Pfund mehr auf den Rippen und der typische Mom-Look sind nicht gerade das Ansehnlichste, wenn man sich selbst...
...im Spiegel betrachtet.
Es steigert zudem nicht gerade mein Selbstwertgefühl, West letzte Nacht dabei belauscht zu haben, wie er über mich gesprochen hat. Ich schätze, er hat nicht bemerkt, dass das Schlafzimmerfenster offen war.
Er war im Garten und hat sich mit einem seiner Brüder, einem Neuzugang namens Tinker, unterhalten, der mit dem Gedanken spielt, eins der Clubmädchen zu seiner Old Lady zu machen.
West lachte. „Tu es nicht, Bruder.“
„Wieso nicht? Du hast auch eine Old Lady.“
„Ja, aber nach ein paar Jahren, nach einigen Kindern, lassen sie sich gehen, Mann. Das verdammt heiße Gestell, das jetzt auf dem Rücksitz deines Motorrads sitzt? Nun, das wird Mitglied des Elternbeirats, trägt Mom-Jeans und viel zu weite Sweatshirts. Außerdem hat sie dreißig Pfund mehr von Kind Nummer drei auf den Rippen, weil sie zu faul ist, um abzuspecken“, erklärte West.
Ich habe in unserem Schlafzimmer gesessen, jenem Schlafzimmer, in dem wir unsere drei Kinder gezeugt haben, und habe geweint. Das war gestern Abend. Heute werde ich etwas ändern. Und zwar nicht für ihn, sondern für mich.
Mir war nicht klar, dass er so über mich denkt. Wie hätte es auch anders sein sollen? Schließlich hat er mir öfter als üblich gesagt, während er mit mir geschlafen hat, wie sehr er meinen kurvigen Körper liebt. Jene Kurven, die seine Babys hervorgebracht haben.
West und ich sind nicht perfekt. Wir sind verheiratet. Wir streiten uns. Während unserer Ehe haben wir seltsame Momente durchlebt, aber es gab noch nie eine Durststrecke. Nicht ein einziges Mal habe ich mir Sorgen gemacht, dass mein Ehemann im Clubhaus Huren fickt. Wir haben fast an jedem Abend in der Woche Sex. Erschöpft oder nicht, ich nehme mir Zeit für meinen Mann.
Nachdem ich ihn allerdings gestern mit seinem Bruder habe sprechen hören, bin ich mir nicht mehr so sicher. Diese Unterhaltung lässt mich alles, was uns betrifft, infrage stellen.
„Finley holt mich ab, und wir gehen ins Einkaufszentrum“, verkündet Rosalie, unsere dreizehnjährige Tochter, von der Tür aus.
Finley ist die sechszehnjährige Tochter des Präsidenten der Notorious Devils. „Kommt Bailey auch mit?“, frage ich sie und spreche von dem jüngsten Sprössling der Duharts, einem dreizehnjährigen Jungen – einem Jungen, in den meine Tochter sehr verliebt ist. Sie errötet leicht und nickt.
Ich seufze auf. Mir war klar, dass dieser Tag irgendwann kommen würde, aber vorbereitet war ich nicht wirklich. Meine braunhaarige, blauäugige Tochter wird erwachsen.
„Habt Spaß. Sei zum Abendessen wieder zu Hause.“
„Danke, Mom, du bist die Beste“, quietscht sie und kommt auf mich zu, um mich kurz zu umarmen.
Ein paar Minuten später stürmen Remi, unser zehnjähriger Sohn, und Reid, unser Achtjähriger, in das Zimmer. Sie fragen mich, ob sie zu ihren Cousins, die zwei Häuser weiter wohnen, zum Legospielen gehen dürfen.
Eine von Wests Schwestern wohnt nur zwei Häuser neben uns. Seine andere Schwester lebt auf der gegenüberliegenden Straßenseite und seine Mutter lebt drei Wohnhäuser weiter in entgegengesetzter Richtung.
Manchmal genieße ich es, dass uns seine Familie so nah ist, da ich nur noch meinen Bruder Barry habe. An anderen Tagen wünsche ich mir, dass sie sich aus meinen Angelegenheiten raushalten würden.
Da nun alle Kinder aus dem Haus sind, beschließe ich, online nach Fitnessstudios und Trainern zu suchen.
Ich möchte mich nicht mehr beschissen fühlen.
Ich will mir nicht mehr anhören müssen, wie mein Ehemann seinen Freunden von meiner vermeintlichen Gewichtszunahme von dreißig Pfund berichtet, obwohl es in Wahrheit nur zwanzig sind. Verdammt, es reicht.
Ich rufe in einem der Fitnessstudios an und einer der Trainer hat tatsächlich sofort einen freien Termin für mich. Ich schreibe meiner Schwägerin kurzerhand eine Nachricht, dass ich noch etwas zu erledigen habe, und verlasse das Haus. Wenn ich das durchziehen will, muss ich sofort damit beginnen. Wenn ich zu lange warte, denke ich bloß zu viel nach und lasse es bleiben.
Sobald ich das Gym erreicht habe, melde ich mich am Empfang an und warte auf meinen Trainer. Als er kommt, versuche ich akribisch zu vertuschen, dass mir die Kinnlade herunterklappt. Er ist nicht viel jünger als ich, vielleicht fünf Jahre, aber er ist durchtrainiert. Sofort verspüre ich den Drang, mich umzudrehen und wegzulaufen.
„Ivy?“, erkundigt er sich mit sanfterer Stimme, als ich erwartet hätte. Ich straffe die Schultern und schüttle ihm die dargebotene Hand. „Ich bin Chad.“
Er bittet mich, ihn in sein Büro zu begleiten, wo wir uns miteinander unterhalten. Er fragt mich über meinen Gesundheitszustand und mein Fitnesslevel aus, was erbärmlich ist. Anschließend wiegt und misst er mich. Als ich die Zahlen sehe, wird mir übel.
Wie konnte das nur passieren?
„Mach dir keinen Stress, Ivy. Du bist keineswegs in schlechter Verfassung. Ich habe schon deutlich Schlimmeres gesehen. Hiermit sage ich voraus, dass du in wenigen Wochen bereits eine drastische Veränderung sehen wirst. Vorausgesetzt, du befolgst den Plan, den wir heute ausarbeiten werden. Lass uns dafür über deine Ziele sprechen.“
Das Fitnessstudio verlasse ich mit einem Trainings- und Ernährungsplan. Unsere erste Session findet morgen früh um acht Uhr statt, wenn die Kinder in der Schule sind und West weg ist, und das tut, was auch immer er den ganzen Tag über zu regeln hat.
Das ist meine Chance, an mir zu arbeiten, meinen Körper zu verändern und mich selbst wieder zu lieben. Vielleicht sieht mein Ehemann mich dann wieder so an wie damals, als wir uns vor all den Jahren kennengelernt haben. Ich habe damals in einer kleinen Dessertbar in der Innenstadt gearbeitet – im Carlotta’s.
West
Ich nicke Tinker zu, der sich mit einer Frau auf dem Sofa in der Bar vergnügt. Ich schüttle den Kopf, da ich weiß, dass er sie zu seiner Old Lady machen wird. Sie ist ein nettes Mädchen, aber ich weiß mit Sicherheit, dass sie nur aus einem Grund auf ihn steht. Nur aus einem einzigen. Wegen seines Abzeichens.
Nach fünfzehn Jahren im Club erkenne ich Mädchen wie diese schon von Weitem. Ich habe versucht, ihn vor ihr zu warnen, so gut ich konnte. Dass sie fett und faul werden würde, sobald er sie beansprucht hat. Das wird wahrscheinlich auf sie zutreffen, denn sie ist der Typ dafür. Lächelnd mache ich mich auf den Weg zum Büro des Präsidenten.
„Du wirst nicht auf dieses College gehen. Das ist nichts weiter als eine Party-Schule“, höre ich den Prez knurren.
Ich kann mir nur vorstellen, dass er mit seiner ältesten Tochter, Riley, spricht. Sie hat sich nämlich in den Kopf gesetzt, auf das Chicago State gehen zu wollen, und ihr Vater will das auf gar keinen Fall.
„Daddy, alle meine Freunde gehen dorthin, und es wäre nicht weit von zu Hause“, jammert sie.
„Nein. Meine Entscheidung ist endgültig“, brüllt MadDog.
Ein paar Sekunden später fliegt die Tür von MadDogs Büro auf, und ein emotionaler Teenager stapft an mir vorbei.
„Lach nicht. Du bist der Nächste“, knurrt MadDog, als ich eintrete und die Tür hinter mir schließe.
„Das weiß ich. Rosalie hat nur Augen für Bailey. Ich bin definitiv noch nicht bereit für den Scheiß.“
„Fuck“, schnauzt MadDog. „Ich weiß nicht, was schlimmer ist. Die Schwänze von meinen Mädchen fernzuhalten oder zu versuchen, den Schwanz meines Sohnes davon abzuhalten, es mit allen Mädchen zu treiben.“
„Er sollte seinen kleinen Pimmel besser in der Hose behalten“, erwidere ich und schenke ihm einen strengen Blick.
Lachend schüttelt MadDog den Kopf. „Kinder, Mann, wer zum Teufel hat uns gesagt, dass wir welche bekommen sollen? Ich bin zu alt dafür.“
„Ich erinnere mich noch gut daran, dass du zu Mary nach Baileys Geburt gesagt hast, dass du noch eins willst. In meiner Erinnerung hat Mary sich geweigert.“
„Bullshit“, schimpft er, weshalb ich abermals lachen muss.
Wir unterhalten uns noch eine Weile, dann brechen wir zur Versammlung auf. Heute steht ein Treffen an. Als Gruppe müssen wir einige wichtige Entscheidungen treffen, die die Zukunft des Clubs anbelangen.
Leider geht das Gerücht um, dass ein anderer Club versucht, Ärger zu machen. Sie wollen sich in unserem Gebiet breitmachen. Ein neuer Club, über den wir nicht viel wissen.
Hoffentlich haben Soar und Torch mehr Informationen für uns, denn sie hatten immerhin eine Woche lang Zeit, für ihre Recherchearbeiten.
Ich komme an Grease, meinem Schwager, vorbei, der mir zunickt. Grinsend setze ich meinen Weg fort. Ich bin seit fünfzehn Jahren in seine Schwester verschossen. Obwohl er mich anfangs dafür gehasst hat, haben wir mittlerweile unsere Differenzen beigelegt. Jetzt sind wir nicht bloß Brüder, sondern auch Freunde.
Meine Gedanken driften zu meiner Frau ab. Sie ist nicht mehr dieselbe Person, die ich kennengelernt habe. Die Zeit hat sie verändert, sie hat uns verändert. Sie ist nun die Mutter von drei Kindern, und sie macht einen verdammt guten Job. Sie kümmert sich um den Haushalt, um die Kids – und nachts kümmert sie sich um mich.
Allerdings habe ich in letzter Zeit das Gefühl, dass wir in einem Trott gefangen sind. Ich weiß nicht, wie wir ihm entfliehen können. Wir sind nicht mehr spontan, als Eltern geht das nicht mehr. Unser Sexleben ist zwar beständig, allerdings ein wenig langweilig. Es bringt mich um, wie ich darüber denke.
Ich komme an einem Raum vorbei, in dem es heiß hergeht, und bleibe stehen. Ein paar unserer Prospects besorgen es einer der Huren. Zusammen. Sie befindet sich auf Händen und Knien und lutscht an einem Schwanz, während ein anderer sie von hinten fickt. Ich schaue ihnen zu.
An diesem Ort finde ich mich öfter als sonst irgendwo wieder. Ich sollte sie nicht beobachten, doch ich kann nicht anders. Es ist verdammt heiß.
„Lasst uns mit dem Treffen beginnen“, ruft MadDog und reißt mich damit aus den Gedanken.
Drei Monate später
Ivy
„Noch einmal, du schaffst das“, ruft Chad.
Ich knurre ihn an, aber ich tue, worum er mich bittet, noch einen Burpee. Scheiß auf Chad und seinen durchtrainierten Körper. Ich hasse ihn. Er lacht, und das bringt mich nur noch mehr zum Zähneknirschen. Als ich wieder auf den Beinen bin, nehme ich mein Handtuch von der Bank und wische mir den Schweiß aus dem Gesicht.
Lächelnd streckt Chad seine Hand aus und zupft an meinem Pferdeschwanz.
„Nimm’s mir nicht übel“, sagt er und schiebt schmollend die Unterlippe vor.
„Das tue ich aber“, entgegne ich.
Er gluckst. „Weißt du, Brian und ich gehen heute Abend anlässlich meines Geburtstages aus. Bitte sag, dass du kommst“, bettelt er regelrecht. Ich schüttle den Kopf, aber er hebt die Hand. „Ich will keine Ausreden hören. Wir gehen ins Bullseye, sei um neun da.“
„Ich werde es versuchen“, lüge ich.
Chad sieht mich missbilligend an. Ich drehe mich um und gehe in Richtung Umkleideräume. Chad ist mein durchtrainierter Trainer. Ich gehe seit drei Monaten zu ihm, und er ist unglaublich.
Seinem Freund Brian gehört das Fitnessstudio, und da ich in letzter Zeit viele Stunden hier verbringe, sind die beiden zu meinen Freunden geworden. Es ist schön, auch mal Leute außerhalb meiner Familie, der Familie von West oder dem Clubhaus, um mich zu haben. Leute, die nicht alles über mein Leben wissen, und Leute, die nicht erwarten, dass ich mich auf eine bestimmte Weise verhalte.
Ich hole mein Handy aus der Tasche, überprüfe meine Benachrichtigungen und runzle die Stirn, als ich einen verpassten Anruf von West entdecke. Er ruft mich nie an, niemals. Und in letzter Zeit sehe ich ihn kaum noch.
Ich höre mir die Sprachnachricht, die er hinterlassen hat, nicht an, sondern rufe ihn sofort zurück, während ich mir meine Tasche über die Schulter hänge und das Fitnessstudio verlasse. Ich winke Chad, der bereits mit einem anderen Kunden beschäftigt ist, zu und laufe zu meinem SUV.
„Wo zum Teufel steckst du?“, brüllt West mir ins Ohr.
Meine Hand zittert, als ich meine Tasche auf den Rücksitz werfe. Ich greife nach dem Türgriff und antworte ihm ruhig, dass ich gerade das Fitnessstudio verlasse.
„Verdammt, komm nach Hause“, brüllt er, bevor er den Anruf beendet.
Ein Schauer läuft mir über den Rücken. West kann ein harter Hund sein, er ist kontrollsüchtig und manchmal verliert er die Beherrschung. Es ist jedoch nicht seine Art, voreilige Schlüsse zu ziehen oder mich ohne Grund anzuschreien. Ich frage mich, ob es im Club etwas gibt, das ihn so verärgert hat. Vielleicht steht er nur unter Stress.
Er ist in letzter Zeit etwas gereizt und distanziert, aber ich habe das einfach auf etwas zurückgeführt, das im Club vorgefallen ist. Er bringt diesen Teil seines Lebens nicht mit nach Hause. Eine Entscheidung, die er getroffen hat, als wir vor dreizehn Jahren unsere Tochter Rosalie bekamen.
Das bedeutet nicht, dass ich völlig im Dunkeln tappe. Ich weiß, dass er der Road Captain ihres Clubs ist, aber da hört es auch schon auf. Ich versuche, so viel wie möglich von anderen Old Ladys zu erfahren, weil ich nicht gern die einzige Unwissende bin – absolut nicht. Das Letzte, was ich will, ist, wie eine Idiotin dazustehen. In den letzten Monaten hatte ich jedoch das nagende Gefühl, dass ich genau das bin – eine Idiotin.
Auf dem Heimweg zittern meine Hände weiter. Ich muss mich beruhigen. Was auch immer ihn so wütend gemacht hat, ich bin sicher, dass wir darüber reden können und dass ich ihn beruhigen werde. Ich bin lediglich nervös, weil sein Verhalten so unüblich ist. Tatsächlich ist vieles an seiner Art in letzter Zeit anders. Andererseits denkt er wohl dasselbe auch über mich. Ich hoffe aufrichtig, dass wir uns nicht auseinanderleben, aber mit jedem Tag wird es offensichtlicher, dass dem so ist. Ich weiß auch nicht, was ich tun soll, um das zu ändern.
Ich habe das Gefühl, dass er mich wegstößt, wenn ich mich zu sehr an ihn klammere. Er ist nicht der Typ Mann, der eine anhängliche Frau zu schätzen weiß. Ich bin auch nicht die Art von Frau, die sich normalerweise wie eine Klette verhält.
Als ich bei unserer Einfahrt ankomme, fahre ich nicht in die Garage. Stattdessen schalte ich meinen SUV in den Parkmodus und steige aus dem Wagen. Ich lasse meine Tasche auf dem Rücksitz liegen und stecke nur meine Schlüssel und mein Handy ein. Es ist erst zehn Uhr morgens. Alle Kinder sind seit halb acht in der Schule, und ich war zwei Stunden im Fitnessstudio.
Vielleicht bin ich ein bisschen vom Training besessen, aber die Ergebnisse sind erstaunlich. Ich habe in drei Monaten vier Kleidergrößen verloren. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal eine einstellige Größe getragen habe, und obwohl ich durch den Verlust dieser Zentimeter und Pfunde etwas an Busen und Po einbüßen musste, fühle ich mich deutlich besser. Ich bin straff und durchtrainiert, was ich seit Jahren nicht mehr war.
„Willst du mir diesen Scheiß erklären?“, knurrt West, sobald ich die Schwelle der Eingangstür überschreite.
Ich blinzle etwas verwirrt und schaue in seine dunklen, wütenden Augen. An seinen übrigen Gesichtszügen kann ich nicht erkennen, wie sauer er ist, da er seinen Bart viel länger und voller trägt als je zuvor. Sogar sein Haar, das er etwas lang, aber immer noch ordentlich trug, reicht jetzt als lockiger Schopf bis über seine Schultern.
Mein Blick wandert zu einem Stück Papier, das er in der Hand hält.
„Was erklären, West?“ Ich seufze.
Er knurrt, kommt auf mich zu und schlägt mir das Papier gegen die Brust. Ich nehme es in die Hand und schaue nach unten. Es ist unsere Kreditkartenabrechnung. Ich blicke darauf, und alles sieht normal aus, also bin ich nur noch mehr verwirrt.
„Die Tatsache, dass du jeden verdammten Monat zweitausend Dollar in einem Fitnessstudio ausgibst“, spuckt er aus, stemmt die Arme in die Seiten und blickt mich wütend an.
Ich nicke einmal, beiße auf meine Unterlippe und versuche, nicht ebenfalls aus der Haut zu fahren. „Das gebe ich dort aus, du hast recht“, gebe ich zu.
„Erkläre es mir.“
„Da gibt es nicht viel zu erklären, West. Ich habe einen Personal Trainer, der hundert Dollar pro Stunde verlangt. Normalerweise gehe ich jeden Tag zwei Stunden ins Fitnessstudio, fünf Tage die Woche, und er trainiert mich eine Stunde lang, die andere Stunde trainiere ich allein. Hundert mal fünf, mal vier Wochen, macht zweitausend Dollar.“
West fährt sich mit der Hand durch die langen Haare und streicht sie sich dann durchs Gesicht. „Ich sage keinen Ton, wenn du den Kindern Kleidung und Schuhe kaufst, obwohl sie nicht noch mehr Kram brauchen. Ich sage nicht einmal etwas, wenn du für dich sinnloses Zeug shoppen gehst, aber das ist zu viel, Ivy. Du verschwendest Geld, wirfst es verdammt noch mal zum Fenster hinaus und wofür? Damit du auf einem Laufband trainieren kannst?“
„Das ist nicht fair. Ich gebe nicht unnormal viel Geld für Kleidung aus, weder für mich noch für sonst jemanden in diesem Haushalt, West, und das weißt du. Ich bin eine Schnäppchenjägerin, und das hier ist endlich mal etwas für mich. Ich hätte gedacht, wenn es jemand verstehen würde, dann du. Der Mann, der was weiß ich wie viel Geld für Motorradsachen ausgibt!“
West schüttelt den Kopf, bevor er spricht, und als er es tut, klingt seine Stimme leise und zornig. „Das ist mein Job, das ist etwas anderes, und das weißt du. Ohne mein Motorrad, ohne meinen Truck bekommen wir kein Geld rein, das du verprassen kannst. Verdammte Scheiße, Ivy. In ein paar Jahren steht das College an, und ich will nicht knapp bei Kasse sein, weil du all die Kohle für dich selbst verschwendet hast. Sei nicht so verdammt egoistisch.“
Ich zucke zurück, als hätte er mir einen Faustschlag verpasst. „Egoistisch? Du nennst mich selbstsüchtig? Willst du mir das wirklich vorwerfen, West? Bist du dir sicher, dass du mir das unwiderruflich an den Kopf werfen willst?“
Immerhin zuckt er bei meinen Worten ein wenig zusammen. Was er jedoch nicht tut, ist sich zu entschuldigen. „Du arbeitest nicht, Ivy. Du bringst keinen verdammten Cent nach Hause. Aber du gibst zwei Riesen im Monat für Sport aus? Wofür? Fickst du deinen Trainer? Ist es das? Du gibst zwei Riesen im Monat aus, um einen durchtrainierten Macker zu vögeln?“
Ich verenge die Augen zu Schlitzen und verschränke die Arme vor der Brust. „Ich kann nicht glauben, dass du das gerade zu mir gesagt hast“, zische ich. „Nicht, dass ich dir eine Erklärung schuldig wäre, aber nein, ich ficke niemanden.“
„Nun, ich weiß jedenfalls, dass du mich nicht vögelst“, knurrt er.
Das stimmt. Ich ficke ihn nicht. Ich habe es seit Monaten nicht getan.
Allerdings aus triftigen Gründen. Erstens hat er meine Gefühle verletzt, als ich vor ein paar Monaten mitbekommen habe, wie er mit Tinker über mich gelästert hat. Dann ist er für ein paar Wochen auf Tour gegangen. Und nun steht das alles düster und unausgesprochen zwischen uns. Als wären wir beide sauer aufeinander, weigern uns aber, es zu kommunizieren oder Gründe zu nennen. Zweitens ist da noch die Tatsache, dass er kaum noch zu Hause ist.
„Warum willst du deine fette Frau vögeln? Ich meine, hast du mir all die Jahre nur einen Gefallen getan?“, platzt es aus mir heraus.
Er zuckt mit dem Kopf und hat die Frechheit, die absolute Dreistigkeit, verwirrt zu schauen. „Ivy! Geht es darum? All das Training, die Umstellung deiner Essgewohnheiten? Das alles ist wegen dem, was ich zu Tinker gesagt habe?“
Ich blinzle schnell und weigere mich zu weinen. Ich wollte nicht, dass er es herausfindet, und jetzt habe ich es einfach herausposaunt. Er streckt die Hand nach mir aus, aber ich erlaube ihm nicht, mich zu berühren.
Ich trete einen Schritt zurück.
West macht einen Schritt nach vorne, bis ich mit dem Rücken gegen die Eingangstür stoße und er seine Brust gegen meine drückt. Er legt mir eine Hand an die Wange und die andere um meine Taille.
„Ich hab’s nicht so gemeint, Baby“, flüstert er. Ich atme zitternd aus, als seine Nase an meiner entlanggleitet. „Ich schwöre, verdammt, ich hab’s nicht so gemeint. Ich wollte ihn nur vor dieser Schlampe warnen. Sie wollte ihn nur wegen seines Patchs, das war offensichtlich.“
Ich stoße ein ungläubiges Schnauben aus, drehe meinen Kopf zur Seite und weigere mich, auch nur ein Wort zu sagen. Doch als er seine Hand sanft an meinen Hals legt und mit seinem Daumen über meine Haut streichelt, schließe ich die Augen.
„Baby, ich schwöre, es ging nicht um dich. Du warst schon immer verdammt sexy. Die schönste Frau, die ich je gesehen habe.“
Ich möchte seinem Schwachsinn glauben. Vor drei Monaten hätte ich das getan. Doch heute leider nicht mehr. „Wo hast du am Wochenende geschlafen?“, frage ich.
Er umklammert meine Hüfte fester und ich öffne die Augen und beobachte, wie sich sein Kiefer anspannt. Ich warte ab. Er wird mir antworten. Ob er mir die Wahrheit sagt, ist eine andere Frage.
Unsere Probleme haben vor mehr als drei Monaten begonnen.
Wir leben uns schon eine Weile auseinander. Im Grunde genommen seit dem Moment, als wir Kinder bekamen und ich nicht mehr jung und sorglos war. Ich musste zu Hause bleiben, mich um sie und den Haushalt kümmern.
West hat immer gemacht, was er wollte, und ich hatte kein Problem damit. Er war größtenteils ein liebevoller Ehemann und Vater, aber im Laufe der Jahre hat er sich immer mehr von mir entfernt.
Wir reden nicht mehr miteinander, schon seit Jahren nicht mehr, und in den letzten drei Monaten hatten wir nicht einmal mehr Sex. Das ist verdammt deprimierend.
Camo
Ivy sieht verdammt noch mal todunglücklich aus. Ich würde ihr gern sagen, dass ich nur im Clubhaus geschlafen und mit den Jungs ein paar Biere zu viel getrunken habe und sonst nichts. Aber das wäre gelogen. Ich habe das gesamte Wochenende im Free-for-all-Raum verbracht, einem Ort in unserem Clubhaus, wo sich alle, die es wollen, richtig ausleben können.
Ich habe zugesehen, wie Leute gefickt haben und gefickt wurden, und ich habe es geliebt – jede Sekunde davon. Ich war mehr als einmal kurz davor, mitzumachen.
Meine Liebe zu meiner Frau hält mich davon ab, den Sprung zu wagen, aber um ehrlich zu sein, bei dem Scheiß, der gerade abgeht, bin ich mir nicht sicher, ob unsere Liebe noch stark genug ist. Es ist nicht das erste Mal, dass ich den Raum regelmäßig aufsuche. Ich habe es über die Jahre immer wieder getan.
Die Freiheit dort hat etwas, das ich mir wünsche. Es sind nicht die Frauen, nicht die fremden Pussys, denn die könnte ich jederzeit ficken.
Es ist die Hemmung der Leute, die abfällt, sobald sie durch die Tür kommen. Alles ist weg, Unsicherheiten, Probleme, Dramen – es verschwindet einfach. Es bleibt nichts als ursprünglicher, reiner Sex.
„Ich habe im Clubhaus geschlafen“, antworte ich und erzähle ihr damit die halbe Wahrheit. Das Letzte, was ich will, ist, sie zu verletzen. Ihre Augen fallen wieder zu und sie atmet aus. „Es gibt niemand anderen, Baby“, versichere ich.
Ich sehe zu, wie sie ihre Augen öffnet, aber sie sieht nicht erleichtert aus, sondern verwirrt. „Was machen wir hier, West? Bist du sauer, weil ich ohne deine Zustimmung Geld ausgebe? Du fandest, ich würde mich gehen lassen, also habe ich etwas geändert. Ich fühle mich endlich wieder wohl in meinem Körper, und du beschuldigst mich, dich zu betrügen. Du bist nicht mehr zu Hause, und wir haben nicht einmal mehr Sex. Das ist keine Ehe“, stellt sie leise fest.
Meine Finger verkrampfen sich bei ihren Worten. Sie hat recht. Das hier ist keine Ehe.
Keiner von uns ist im Moment glücklich. Ich habe sie verletzt und weiß nicht, wie ich das wieder gutmachen kann. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich das überhaupt will.
„Was willst du denn?“, frage ich.
Ich sehe, wie Tränen in ihre Augen steigen und ihre Unterlippe zittert. „Ich weiß es nicht.“
„Eins nach dem anderen. Sag den Trainer ab. Dann machen wir Urlaub. Nur wir beide“, schlage ich vor.
Sie blinzelt ihre Tränen weg und schüttelt den Kopf. „Ich sage nicht ab. Ich besorge mir einen Job, wenn du willst, aber ich gehe gern dorthin. Ich mag das Gefühl, das ich dabei habe, die Leistung, die ich erbringe. Ich bin nicht bereit, das aufzugeben“, erklärt sie, und ich bin von ihren Worten überrascht. Ivy war schon immer besonnen und umgänglich. Diese Frau hier, das ist nicht meine Ivy.
„Was willst du denn arbeiten?“, frage ich lachend.
Ivy hatte seit unserer Hochzeit keinen Job mehr. Davor war sie Kellnerin in einer Dessertbar in der Innenstadt. Es ist nicht gerade so, dass sie in irgendeinem Bereich Erfahrung hätte. Ich bezweifle sehr, dass sie hier in der Gegend zwei Riesen im Monat nach Steuern verdienen könnte.
Sie versteift sich unter meinen Fingern und stößt ein wütendes Knurren aus. „Ich werde mir etwas einfallen lassen. Es ist schön zu wissen, dass du so viel Vertrauen in mich hast.“
Ich schüttle den Kopf. „Babe, du hast null Berufserfahrung. Keine der Old Ladys arbeitet. Also können sie dir auch nicht helfen, über Kontakte an einen Job zu kommen. Willst du wieder kellnern? Du hast einen Haushalt zu versorgen, die Kinder zum Sport zu bringen und ihnen bei den Hausaufgaben zu helfen. Wie stellst du dir das vor?“
Ich lasse sie los, trete einen Schritt zurück und versuche, mein Lächeln zu unterdrücken, während ich beobachte, wie sie alles verarbeitet, was ich gerade gesagt habe. Ich kann sehen, wie sich etwas in ihr verändert, etwas, von dem ich mir nicht sicher bin, ob es mir verdammt noch mal gefällt.
„Ein Urlaub wird uns nicht retten, West. Nicht, wenn du so über mich und meine Rolle denkst. Ich bin eine Mutter, ja, aber unsere Kinder sind auch deine Verantwortung. Es ist nicht allein meine Aufgabe, mich um alles hier zu kümmern. Bisher habe ich das, und vielleicht war das der Fehler. Ich habe alles getan, damit du arbeiten und Spaß haben kannst, wahrscheinlich mehr Spaß, als mir überhaupt bewusst ist“, sagt sie. Ihre sanfte Stimme täuscht, und ich starre sie an wie ein verdammter Vollidiot.
Ich warte darauf, dass sie fortfährt, nicht sicher, was sie mir sonst noch an den Kopf werfen wird. „Das funktioniert nicht mehr, West.“
Ihre Worte sind wie ein Schlag in die Magengrube. Mir wird schlecht. Ich stürze mich auf sie, beuge mich vor, lege meine Hände um ihre Schenkel und hebe sie hoch.
Ich drücke meinen Mund auf ihren und ersticke ihre Worte.
Sie gehört mir.
Meine Frau.
„West“, stößt sie stöhnend hervor, als ich ihren Hals hinab küsse.
Sie schmeckt nach salzigem, süßem Schweiß und nach ihr. Ich habe ihren Geschmack vermisst. Sie schlingt ihre Beine um meine Taille und bewegt ihre Hüften so, dass ihre Mitte an meiner Jeans reibt, wodurch mein Ständer vollends erigiert. Ich trete einen Schritt zurück und trage sie in Richtung unseres Schlafzimmers.
Sobald wir drinnen sind, lasse ich sie auf das Bett fallen und erlaube ihr nicht einmal, Luft zu holen, bevor ich ihr die enge Trainingshose ausziehe. Ich schiebe zwei Finger in ihre Pussy und stöhne, als ich fühle, wie heiß und feucht sie für mich ist.
„Fuck“, zische ich und ficke sie mit meinen Fingern.
Sie spreizt ihre Beine und drückt ihren Rücken durch, schmiegt sich gegen meine Hand und genießt die Art und Weise, wie ich sie berühre.
Ich löse mit meiner freien Hand den Knopf meiner Jeans und schiebe sie schnell so weit wie möglich herunter. Ivy legt ihre Hände um mein Handgelenk, als ich meine Finger aus ihrer Pussy ziehe.
Ich ergreife ihre Arme und drücke ihre Handgelenke über ihren Kopf auf die Matratze, bevor ich in ihre wartende, warme Pussy eindringe.
„West.“ Sie hält den Atem an.
Ich lege meine andere Hand um ihre Hüfte und ficke sie.
Mein Blick ist auf unsere Verbindung gerichtet. Ich beobachte, wie ihre Feuchtigkeit meinen Schwanz bei jedem Hüftschwung benetzt.
Es ist nicht sanft und zärtlich, ich stoße wild in sie hinein und lasse meinen Frust an ihr aus. Sie schreit unter mir auf, während ich sie weiter nehme und sie mit schnellen, harten Stößen ficke, bis ich spüre, wie ihre Pussy um meinen Schwanz pulsiert.
Ivy stößt einen Schrei aus, als sich ihre Pussy um mich zusammenzieht.
Ich lasse nicht locker, meine Erlösung steht kurz bevor, und ich ficke sie weiter, bis ich mich tief in ihr vergrabe und mit einem Brüllen komme. Beinahe sofort ziehe ich mich aus ihr zurück, versuche zu Atem zu kommen und ziehe meine Jeans wieder hoch.
„West?“, sagt sie träge vom Bett aus.
Ich schaue ihr zum ersten Mal in die Augen, seit sie mir gesagt hat, dass das mit uns nicht mehr funktioniert, und schließe langsam meine eigenen. „Du hast recht, Ivy.“
„Womit?“
„Das funktioniert nicht mehr“, sage ich, drehe mich auf dem Absatz um und verlasse das Haus.
Jenes Haus, das wir gekauft haben, als unser Sohn Remi vor fast elf Jahren geboren wurde. Das Haus, in dem wir vor neun Jahren unseren zweiten, nun achtjährigen Sohn empfangen haben. Aber Ivy hat recht, es funktioniert nicht. Jedenfalls im Moment nicht. Ich lasse sie in unserem Bett zurück, steige auf mein Bike, starte den Motor und fahre davon.
Ich weiß noch nicht, wohin. Aber ich weiß, dass ich gehen muss.
Ivy
Ich sehe ihm nach, als er unser Schlafzimmer verlässt und dann mit einem Knall die Haustür hinter sich zuschlägt. Der Ausdruck in seinen Augen sprach mehr als tausend Worte.
Mein Herz zerbricht in eine Million Stücke. Ich stehe auf und gehe ins Badezimmer. Ich versuche, die Was-wäre-wenn-Gedanken und die Unsicherheit beiseitezuschieben, und drehe die Dusche auf.
Ich ziehe mein Oberteil und meinen BH aus und sehe im Spiegel mein Brandzeichen. Die schwarze Schrift ist etwas verblasst, sie muss ausgebessert werden, aber der Name ist immer noch sehr deutlich zu erkennen – Camo. Ich bin nicht nur seine Frau, sondern auch seine Old Lady.
Doch ich bin mir nicht sicher, ob ich das noch lange sein werde. Der Gedanke lässt mein Herz bis zum Hals schlagen. Ich liebe ihn, letzten Endes liebe ich diesen großen, dummen Mann.
Ich weiß jedoch, dass Liebe nicht das Einzige ist, was eine Ehe braucht, um zu funktionieren. Ich weiß nicht, ob wir die anderen Puzzleteile haben, die nötig sind, um uns wieder zu einem Ganzen zusammenzusetzen.
Ich steige unter die Dusche und lasse das heiße Wasser auf meinen Körper prasseln. Sofort beginnen Tränen zu fließen. Die Erkenntnis, dass meine Ehe vielleicht vorbei ist, überkommt mich.
Nachdem ich geduscht habe, ziehe ich mir eine locker sitzende Jeans und ein übergroßes Shirt an. Eigentlich ist alles, was ich besitze, jetzt locker und übergroß.
Im Gegensatz zu Wests Annahme gehe ich nicht shoppen und gebe Geld für mich selbst aus. Dabei könnte ich passende Kleidung dringend gebrauchen. Heute werde ich das in Angriff nehmen. Es dauert noch ein paar Stunden, bis Reid, mein Jüngster, von der Schule nach Hause kommt.