Das Kartell: Ray of Trust

Er­schie­nen: 03/2022
Serie: Das Kar­tell
Teil der Serie: 2

Genre: Dark Ero­ti­ca, Mafia Ro­mance
Zu­sätz­lich: Con­tem­pora­ry

Lo­ca­ti­on: Ko­lum­bi­en


Er­hält­lich als:
pa­per­back & ebook

ISBN:
Print: 978-3-86495-536-5
ebook: 978-3-86495-537-2

Preis:
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Das Kartell: Ray of Trust


In­halts­an­ga­be

Fel­li­pe Ro­d­ri­guez, Si­cher­heits­chef und bes­ter Freund eines ko­lum­bia­ni­schen Dro­gen­ba­rons, hat ein Pro­blem: Seit­dem er die junge Fiona Pérez aus den Fän­gen eines sa­dis­ti­schen Frau­en­schän­ders be­freit hat, wünscht er sich nichts sehn­li­cher, als der ge­bro­che­nen Frau wie­der auf die Beine zu hel­fen. Al­ler­dings ent­puppt sich diese Her­aus­for­de­rung als Her­ku­les­auf­ga­be, weil die trau­ma­ti­sier­te Fiona unter ex­tre­men Angst­zu­stän­den lei­det und nie­man­den an sich her­an­lässt.

Dank der Hart­nä­ckig­keit ihres Ret­ters, be­ginnt Fiona mit der Zeit, Ver­trau­en zu Fel­li­pe auf­zu­bau­en. Sie öff­net sich ihm und trägt un­ter­des­sen einen in­ne­ren Macht­kampf mit ihrem Ver­stand und dem Her­zen aus. Die junge Ame­ri­ka­ne­rin fühlt sich immer stär­ker zu Fel­li­pe hin­ge­zo­gen, will ihre Ge­füh­le aber um jeden Preis er­sti­cken, denn sie hat sich selbst den Eid ge­leis­tet, nie wie­der einem Mann zu ver­fal­len.

Zu­neh­mend wird spür­ba­rer, dass zwi­schen Fiona und Fel­li­pe mehr schwelt, als sich die bei­den ein­ge­ste­hen wol­len. Und wäh­rend sie noch mit ihren Ge­füh­len ha­dern, wird Fiona von ihrer Ver­gan­gen­heit ein­ge­holt, die sich zu einer Be­dro­hung un­ge­ahn­ten Aus­ma­ßes ent­wi­ckelt.

Über die Au­to­rin

Ari­zo­na Moore ist das Pseud­onym einer deutsch­spra­chi­gen Au­to­rin und steht für Liebe, Herz­schmerz, Drama und einen Hauch ero­ti­schem Pri­ckeln.
Bü­cher sind und waren schon immer ihre größ­te Lei­den­schaft. An­fäng­lich hat sie ihre Ge­schich­ten nur für sich selbst zu Pa­pier...

Wei­te­re Teile der Das Kar­tell Serie

Le­se­pro­be

Fel­li­pe

„Fiona“, höre ich Grace Tay­lor, das Mäd­chen mei­nes Bos­ses und gleich­zei­tig bes­ten Freun­des, mit letz­ter Kraft kräch­zen. Sie liegt wie ein Schluck Was­ser in der Kurve in des­sen Armen.
„Fiona? Wer ist Fiona?“, fragt mein Chef hek­tisch.
„Eine Freun­din. Sie ist dort drin.“ Grace hebt ihren Arm und zeigt mit dem Fin­ger auf eine ver­schlos­se­ne Tür hin­ter mir.
Vor we­ni­gen Au­gen­bli­cken haben mein bes­ter Kum­pel, seine Män­ner und ich eine La­ger­hal­le im Hafen von Co­ve­nas, Ko­lum­bi­en, ge­stürmt. Dort be­fand sich Pablo Es­te­ban, ein Erz­ri­va­le mei­nes Bos­ses, der sein Mäd­chen in seine Ge­walt ge­bracht hat, um mei­nem Chef...

...​den Boden unter den Füßen weg­zu­zie­hen. Na ja, ei­gent­lich hatte mein Kum­pel sie ihm ja zu­erst ge­stoh­len, aber das ist eine an­de­re Ge­schich­te.
Mateo López, mein Sand­kas­ten­freund, Bru­der im Geis­te und Ar­beit­ge­ber, führt ein sehr er­folg­rei­ches Dro­gen­im­pe­ri­um und ist ak­tu­ell dabei, sein zwei­tes Busi­ness, den Ex­port von Waf­fen, aus­zu­wei­ten. Das Ge­schäft boomt wie noch nie. Er schef­felt Kohle ohne Ende und nicht jeder, der in un­se­rer Bran­che mit­spielt, gönnt ihm die­sen Er­folg. Ganz be­son­ders Pablo Es­te­ban nicht. Die­ser lässt nichts un­ver­sucht, um Mateo zu Fall zu brin­gen, indem er pro­biert seine Ge­schäf­te zu sa­bo­tie­ren oder ihm an­ders das Leben schwer­zu­ma­chen. Warum er das macht, liegt auf der Hand. Er will um jeden Preis die Mo­no­pol­stel­lung im Dro­gen­han­del ein­neh­men und Mateo steht ihm bei der Ver­fol­gung des Zie­les im Weg.
Dabei waren Mateo und Pablo einst dicke Freun­de, zwi­schen sie pass­te kein Blatt Pa­pier. In ihrer Ju­gend ver­brach­ten die zwei ver­dammt viel Zeit mit­ein­an­der. Doch kurz nach dem Tod von Ma­te­os Vater zer­brach die Freund­schaft.
Wie es die Fa­mi­li­en­tra­di­ti­on vor­sah, nahm Mateo, als erst­ge­bo­re­ner Sohn der Fa­mi­lie López, den Platz sei­nes alten Herrn ein und wid­me­te sich nach des­sen Da­hin­schei­den der Lei­tung des Dro­gen­im­pe­ri­ums. Genau wie Mateo, ent­stammt auch Pablo einer Gangs­ter­fa­mi­lie, die ihren Le­bens­un­ter­halt mit Rausch­gift­ex­por­ten fi­nan­ziert. Die bei­den Fa­mi­li­en kon­kur­rier­ten nie mit­ein­an­der, son­dern hat­ten ein Agree­ment, das die Ver­triebs­ge­bie­te klar de­fi­nier­te. Doch als Pa­blos Mo­ment ge­kom­men war, in die Fuß­stap­fen sei­nes Va­ters zu tre­ten, nach­dem sein alter Herr ver­stor­ben war, ver­än­der­te er sich und die Ver­ein­ba­rung wurde hin­fäl­lig. Er wurde immer gie­ri­ger und macht­hung­ri­ger, was das Ende der Freund­schaft zwi­schen ihm und Mateo be­sie­gel­te.
Pablo streb­te nach Macht, Ein­fluss und Geld. Ihm reich­te es nicht län­ger aus, Ge­schäf­te in sei­nem Ter­ri­to­ri­um zu tä­ti­gen, er woll­te die Mo­no­pol­herr­schaft. Um an das Ziel zu ge­lan­gen, ist ihm jedes Mit­tel recht. Seit lan­gem herrscht des­we­gen ein Macht­kampf zwi­schen den bei­den, der mit nicht ge­ra­de fai­ren Mit­teln aus­ge­tra­gen wird. Um den je­weils an­de­ren vom Dro­gen­thron zu sto­ßen, wird tief in die Trick­kis­te ge­grif­fen: Ge­schäf­te wer­den sa­bo­tiert, indem Un­wahr­hei­ten ver­brei­tet wer­den, die Män­ner des je­weils an­de­ren wer­den aus­ge­schal­tet oder es wer­den eben Men­schen ent­führt, die dem je­weils an­de­ren na­he­ste­hen, um den Feind zur Auf­ga­be des Ge­schäf­tes zu zwin­gen.
Mei­ner Mei­nung nach ist es an der Zeit, die­sen ver­fick­ten Krieg zu be­en­den, doch meine An­sich­ten spie­len keine Rolle. Ich glau­be je­doch, dass der Macht­kampf erst zu Ende ist, wenn einer der bei­den tot ist.
Meine Auf­ga­be in die­sem Spiel der Macht ist es, dafür zu sor­gen, dass Mateo nicht der­je­ni­ge ist, der ins Gras beißt. Als sein Si­cher­heits­chef leite ich ein Team von drei­ßig Män­nern, Per­so­nen­schüt­zern und ehe­ma­li­gen Sol­da­ten, die sich aus­schließ­lich um Ma­te­os Un­ver­sehrt­heit, die Be­wa­chung sei­nes An­we­sens und die Ab­si­che­rung sei­ner pri­va­ten und ge­schäft­li­chen Mee­tings küm­mern. Mein bes­ter Freund macht kei­nen Schritt ohne mich. Ich plane sei­nen ge­sam­ten Ta­ges­ab­lauf, be­glei­te ihn auf Rei­sen und bin immer zur Stel­le, wenn er mich braucht. Man könn­te sagen, dass ich mit mei­nem Job ver­hei­ra­tet bin, denn viel Zeit für Pri­va­tes, wie zum Bei­spiel ins Kino gehen oder einen Re­stau­rant­be­such, bleibt da nicht übrig.
Für das Leben mei­nes Kum­pels würde ich, ohne zu zö­gern, mein Ei­ge­nes geben, denn er ist meine Er­satz­fa­mi­lie, der letz­te Mensch, den ich noch habe. Meine El­tern fie­len einem Bom­ben­an­schlag zum Opfer, wäh­rend sie im Dienst von Ma­te­os El­tern stan­den, über die sie zu Leb­zei­ten wach­ten.
Ich schaue zu Mateo hin­über und hoffe dar­auf, dass er mir für Fio­nas Be­frei­ung grü­nes Licht gibt. Bevor wir den An­griff auf das La­ger­haus star­te­ten, indem Pablo Grace ge­fan­gen hielt und fol­ter­te, hatte er näm­lich ver­fügt, dass wir le­dig­lich Grace hier her­aus­ho­len soll­ten. An­de­re Frau­en, die mög­li­cher­wei­se eben­falls hier ge­fan­gen ge­hal­ten wur­den, soll­ten wir ihrem Schick­sal über­las­sen.
Pablo Es­te­ban ist neben sei­nen Ge­schäf­ten ein sa­dis­ti­scher Frau­en­schän­der, der sich, unter dem Deck­man­tel des BDSM, Skla­vin­nen hält, die er so lange fickt und fol­tert, bis sie ihn lang­wei­len oder sie ihren schwe­ren Ver­let­zun­gen er­lie­gen.
Ganz gleich was Mateo ver­fügt hat, ich werde die Mäd­chen ret­ten. In die­sem Mo­ment ist es mir total egal, dass er mein Boss ist, das Sagen hat und mir derbe den Arsch auf­rei­ßen wird, wenn ich mich über seine Be­feh­le hin­weg­set­ze, aber ich kann es nicht mit mei­nem Ge­wis­sen ver­ein­ba­ren, eine Frau schutz­los bei die­sem Sa­dis­ten zu­rück­zu­las­sen. Nicht, nach­dem ich ge­se­hen habe, was man Grace an­ge­tan hatte.
Pablo, die­ser elen­de Hu­ren­sohn, hat sie auf einem Ope­ra­ti­ons­tisch fest­schnal­len las­sen, damit sein Fol­ter­knecht ihr mit einem Skal­pell Schnit­te an den In­nen­sei­ten der Ober­schen­kel zu­fügt.
„Fel­li­pe wird sich um Fiona küm­mern“, sagt Mateo zu sei­nem Mäd­chen, wor­auf­hin ich er­leich­tert aus­at­me, weil es genau die Worte sind, die ich von ihm hören woll­te. „Män­ner, holt alle Ge­fan­ge­nen hier raus!“ Mein Kum­pel nickt mir zu. „Bringt jeden Mann um, der sich noch in die­sem Ge­bäu­de be­fin­det. Ver­schont nie­man­den“, ver­fügt er streng und trägt Grace durch den Flur hin­aus ins Freie, wor­auf­hin meine Trup­pe aus­schwärmt, um sei­ner An­wei­sung Folge zu leis­ten.
Ich mache mich un­ver­züg­lich an die Er­fül­lung des Auf­tra­ges und laufe zu der Tür, auf die Grace so­eben ge­deu­tet hat, und öffne sie. Kaum, dass ich in die Kam­mer ge­stürmt bin, sehe ich sie: Fiona! Zu­min­dest ver­mu­te ich, dass sie es ist.
Die junge Frau liegt nackt und schwer ver­letzt in ihrem ei­ge­nen Blut auf dem Fuß­bo­den. Ihr schlan­ker Kör­per wurde übel zu­ge­rich­tet. Die Fin­ger ste­hen in einem un­na­tür­li­chen Win­kel von ihrer Hand ab, das Ge­sicht ist kaum mehr als sol­ches zu er­ken­nen, weil es kom­plett zu­ge­schwol­len ist. Sie hat un­zäh­li­ge Brand- und Schürf­wun­den, sowie dun­kel­blaue Hä­ma­to­me am gan­zen Leib. Der An­blick, der sich mir bie­tet, er­schüt­tert selbst einen Bas­tard wie mich zu­tiefst, der schon weit­aus Kras­se­res ge­se­hen hat, wie zum Bei­spiel die Ent­haup­tung oder Aus­wei­dung eines Fein­des.
Eine un­bän­di­ge Wut strömt durch meine Adern. Hätte Mateo dem Wich­ser, der den Frau­en in Pa­blos Auf­trag die Ver­let­zun­gen zu­ge­fügt hat, nicht vor ein paar Mi­nu­ten eine Kugel ins Hirn ge­schos­sen, würde ich nun auf ihn los­ge­hen, um ihm den Schwanz ab­zu­schnei­den und in sei­nen fet­ten Arsch zu schie­ben.
Wie ich be­reits ein­ge­hend er­wähn­te, ist Pablo dafür be­kannt, sich Skla­vin­nen zu hal­ten, um seine Ge­lüs­te in Bezug auf Ge­walt- und Ver­ge­wal­ti­gungs­fan­ta­si­en zu stil­len. Seine per­ver­sen Hand­lun­gen haben je­doch nichts mit ein­ver­nehm­li­chen BDSM zu tun. Für mich sind die Damen wehr­lo­se Opfer sei­ner sa­dis­tisch-kran­ken Per­ver­sio­nen.
Al­ler­dings feh­len Pablo die Eier, die Frau­en, die er auf il­le­ga­len Auk­tio­nen er­stei­gert, selbst zu bre­chen und ge­fü­gig zu ma­chen. Dafür hat er sei­nen Fol­ter­scher­gen. Des­sen Auf­ga­be war es, die Frau­en so lange zu quä­len, bis sie ge­fü­gig waren. Erst wenn die Skla­vin­nen nur noch ein Schat­ten ihrer selbst und ihres Wil­lens be­raubt waren, legte Pablo selbst Hand an und ver­ge­wal­tig­te sie auf bru­tals­te Weise. Die Me­tho­den, auf die sein Fol­ter­knecht gerne zu­rück­griff, waren unter an­de­rem Wa­ter­boar­ding, das ta­ge­lan­ge Ein­sper­ren in viel zu engen Boxen oder Wal­ling. Beim Wal­ling wird eine fle­xi­ble Wand ge­baut und der Ge­fan­ge­ne wird so davor ge­stellt, dass er sie mit den Fer­sen be­rührt. Dann zieht der Fol­te­rer sei­nen Ge­fan­ge­nen zu­nächst schnell nach vorne, nur um ihn dann schnell und fest gegen die Wand zu sto­ßen, so dass die Schul­ter­blät­ter gegen die Wand schla­gen. Die Wand ist so ge­baut, dass sich der Auf­prall be­son­ders laut an­hört, um den Schock oder die Über­ra­schung zu ver­stär­ken.
Schnau­bend schie­be ich meine Hass­ge­füh­le ge­gen­über Pablo an die Seite, eile auf Fiona zu und knie mich neben sie. Mit der rech­ten Hand strei­che ich ihr vor­sich­tig eine blut­ver­krus­te­te Haar­sträh­ne aus dem Ge­sicht. „Hey Klei­nes, kannst du mich hören?“
Wäh­rend ich meine Fin­ger­spit­zen über ihre Wange glei­ten lasse, ver­sucht sie, ihre zu­ge­schwol­le­nen Au­gen­li­der zu öff­nen. Am gan­zen Leib zit­ternd, be­we­gen sich dabei ihre Lip­pen. Sie ver­sucht, mit mir zu spre­chen, doch es kommt kein Ton aus ihrem Mund.
„Schon gut, schon gut. Du musst mir nicht ant­wor­ten, wenn dir das Spre­chen schwer­fällt. Hör mir ein­fach nur zu, okay? Ich bin ge­kom­men, weil ich dir hel­fen will“, sage ich mit sanf­ter Stim­me.
„Nein. Nein. Bitte … Bitte nicht schon wie­der. Ich … Ich … Ich kann nicht mehr. Töte mich“, stot­tert sie nun leise und scheint nicht ver­stan­den zu haben, wes­halb ich bei ihr bin.
Ver­damm­te Schei­ße, was mache ich denn jetzt? Wie über­zeu­ge ich sie nur davon, dass ich einer von den Guten bin und ihr kein Haar krüm­men werde? Na ja, dass ich einer von den Guten bin, ist viel­leicht etwas zu hoch­ge­sta­pelt, denn das bin ich kei­nes­wegs. Ich bin ein Mann, der, ohne die Hin­ter­grün­de mei­nes Bos­ses zu hin­ter­fra­gen, Be­feh­le aus­führt. Be­feh­le, die hin und wie­der den Tod eines Men­schen be­deu­ten. Doch in die­sem Mo­ment sind meine Ab­sich­ten die Rich­ti­gen.
„Ich heiße Fel­li­pe Ro­d­ri­guez und bin ge­kom­men, um dich zu be­frei­en. Ich will dir nichts tun“, rede ich ganz ruhig auf sie ein. „Das wird jetzt be­stimmt ver­dammt weh­tun, aber ich muss dich hoch­he­ben, damit ich dich hier her­aus­tra­gen kann. Okay?“
So vor­sich­tig wie mög­lich, schie­be ich einen Arm unter ihrem obe­ren Rü­cken­be­reich hin­durch und lege den an­de­ren unter ihre Beine. Dann hebe ich sie an, wor­auf­hin sie schmerz­er­füllt wim­mert. Der Laut geht mir durch Mark und Bein, doch ich muss das Ge­fühl von Mit­leid, das sich in mei­nem In­ne­ren breit­macht, igno­rie­ren. Für Ge­füh­le habe ich ge­ra­de keine Zeit, weil ich fo­kus­siert und kon­zen­triert blei­ben muss. Mein Ziel ist es, sie von hier weg­zu­schaf­fen.
Ihr ge­schun­de­ner Kör­per liegt schlaff in mei­nen Armen. Ihr fehlt jed­we­de Kraft, sich zu rüh­ren. Sogar zum Wim­mern ist sie zu er­schöpft, denn es kommt ihr nun kein Laut mehr über die Lip­pen. Le­dig­lich ihre in Fal­ten ge­leg­te Stirn zeigt mir, dass sie Schmer­zen hat.
„Ich ver­spre­che dir, dass es dir bald wie­der bes­ser gehen wird, Fiona. Nie­mand wird dir je wie­der weh­tun oder dich ver­let­zen, denn du stehst nun unter mei­nem Schutz.“
„Danke“, flüs­tert sie mir jetzt doch leise zu.
Ich bilde mir ein, dass ein klei­nes Lä­cheln ihre Mund­win­kel um­spielt, was na­tür­lich Blöd­sinn ist. Was gibt es aus ihrer Per­spek­ti­ve zu la­chen? Wahr­schein­li­cher ist es, dass sie die Lip­pen auf­grund ihrer Schmer­zen ver­zo­gen hat. Trotz­dem sorgt die Vor­stel­lung eines Lä­chelns von ihr dafür, dass ein war­mes, ir­gend­wie an­ge­neh­mes Krib­beln meine Brust flu­tet und für einen kur­zen Au­gen­blick ge­nie­ße ich den Mo­ment, ehe ich sie aus ihrem Ver­lies trage.
Als im Flur das grel­le Licht des De­cken­flu­ters auf ihr Ge­sicht trifft, zieht Fiona die Au­gen­brau­en blitz­schnell nach unten, wor­auf­hin sich eine tiefe Fur­che auf ihrer Stirn bil­det. Ich ver­mu­te, dass sie schon eine ganze Weile nicht mehr in den Ge­nuss von Licht oder gar der Sonne ge­kom­men ist und sie den Groß­teil ihrer Ge­fan­gen­schaft im Dunk­len ver­brin­gen muss­te. Des­halb beuge ich den Ober­kör­per etwas vor, so­weit mir das mit ihr auf den Armen mög­lich ist, damit mein Kopf ihr Schat­ten spen­det.
„Ist es so bes­ser?“, frage ich sie, was sie mit einem lei­sen Brum­men be­stä­tigt.
Sie zit­tert wie Es­pen­laub in mei­nen Armen. Ihre Zähne schla­gen völ­lig un­kon­trol­liert auf­ein­an­der. Ich würde ja mei­nen Hoo­die aus­zie­hen und ihn ihr über­le­gen. Dafür müss­te ich sie je­doch auf ihren Füßen ab­stel­len und ob­wohl sie schät­zungs­wei­se nicht mehr als sech­zig Ki­lo­gramm auf die Waage brin­gen wird, wür­den ihre kraft­lo­sen Beine ihrem Ge­wicht wohl im Mo­ment nicht stand­hal­ten kön­nen. Daher gebe ich Ha­cken­gas, be­ei­le mich und trage sie so schnell es geht zum Auto, das vor der La­ger­hal­le in Pole­po­si­tion auf uns war­tet.
Meine Jungs leis­ten gute Ar­beit und schal­ten einen Mann nach dem an­de­ren von Pa­blos Ge­fol­ge aus. Fuck, ich würde ver­dammt gerne selbst eine Knar­re in der Hand hal­ten, um ein paar Schä­deln Lö­cher zu ver­pas­sen. Es ist immer wie­der aufs Neue ein ver­dammt gei­les, be­rau­schen­des Ge­fühl, den Abzug zu drü­cken und dem Rück­stoß stand­zu­hal­ten. Na­tür­lich nur, wenn man auf je­man­den schießt, der es ver­dient hat. Und diese Bas­tar­de sind ganz ge­wiss keine Un­schulds­läm­mer. Doch heute habe ich eine wich­ti­ge­re Auf­ga­be, als ein paar Wich­sern eine La­dung Blei zu ver­pas­sen. Um selbst nicht von einer um­her­flie­gen­den Kugel oder einem Quer­schlä­ger ge­trof­fen zu wer­den, halte ich die Augen offen und ma­nö­vrie­re uns ge­schickt aus der Ge­fah­ren­zo­ne.
Einer mei­ner Män­ner, der den Flucht­wa­chen be­wacht und schützt, öff­net mir die hin­te­re Fahr­zeug­tür, als ich durch den Aus­gang ins Freie trete, wes­halb ich Fiona auf der Rück­sitz­bank ab­le­gen kann. So­fort eile ich zum Kof­fer­raum und hole eine Decke her­aus, um ihr diese über ihren ge­schun­de­nen Kör­per zu legen. Dann schlie­ße ich die hin­te­re Wa­gen­tür, um­run­de das Auto, öffne die Fah­rer­tür und lasse mich hin­ter dem Steu­er nie­der.
Mateo sitzt mit Grace auf dem Schoß auf dem Bei­fah­rer­sitz und redet leise und be­son­nen auf sie ein. Auch ihr Kör­per zit­tert und bebt. Das Glei­che würde ich gerne auch für Fiona tun, doch das muss war­ten. Bevor ich mich um die Klei­ne küm­mern kann, habe ich noch einen Job zu er­le­di­gen. Die­ser lau­tet: Grace und Mateo zu Hause ab­lie­fern.
Soll­ten sich noch mehr Mäd­chen in dem Ge­bäu­de be­fun­den haben, wer­den sich un­se­re Män­ner ihrer an­neh­men und sie in Si­cher­heit brin­gen.
Nach­dem ich den Motor ge­star­tet und den Wagen aus dem Ha­fen­be­reich ge­lenkt habe, wird mir erst so rich­tig be­wusst, was die bei­den Frau­en, die in die­sem Auto kau­ern, mit­ge­macht haben müs­sen. Näm­lich die Hölle auf Erden. Im Ver­gleich zu Fiona sieht Grace zu­min­dest noch wie ein Mensch aus. Ich will ihre Ver­let­zun­gen nicht her­un­ter­spie­len oder klein­re­den, denn Fuck, sie hat si­cher eine Menge über sich er­ge­hen las­sen müs­sen, son­dern will le­dig­lich her­vor­he­ben, dass es Fiona um ei­ni­ges schlim­mer er­wischt hat. Ich mag gar nicht daran den­ken, was Pablo und seine Leute den Frau­en alles an­ge­tan haben.
Die Wut, die mich be­reits zu Be­ginn der Be­frei­ungs­ak­ti­on fest im Griff hatte, bringt mich aber­mals auf die Palme. Mir ge­lingt es nicht, mei­nen Zorn her­un­ter­zu­schlu­cken, wes­halb ich mir selbst auf die Eier gehe. Wenn ich näm­lich an­ge­pisst bin, nimmt meine Stim­mung Ein­fluss auf meine Fahr­wei­se, wes­we­gen ich wie ein Irrer über die Stra­ßen heize. Und das ist gar nicht gut, denn wir alle wol­len heil zu Hause an­kom­men. Daher gebe ich mein Bes­tes, um mein er­hitz­tes Gemüt her­un­ter­zu­küh­len und mich aus­schließ­lich auf den Stra­ßen­ver­kehr zu kon­zen­trie­ren. Das Wis­sen, dass meine Män­ner Pa­blos Jungs in die­sem Mo­ment den Gar­aus ma­chen, die Frau­en vor­erst si­cher sind und Mateo sich etwas ein­fal­len las­sen wird, damit das auch in Zu­kunft so bleibt, hilft mir dabei, mich wie­der zu ent­span­nen.

Als ich aus mei­nem Gäs­te-WC im Erd­ge­schoss komme, in dem ich mir Fio­nas Blut von den Hän­den ge­wa­schen habe, tref­fe ich im Flur auf Mateo, der, da er einen Schlüs­sel zu mei­ner Villa be­sitzt, hier ein- und aus­ge­hen kann, wie es ihm passt. Ich ziehe fra­gend die Au­gen­brau­en in die Höhe. „Was machst du hier? Soll­test du nicht zu Hause bei Grace sein?“
„Sie schläft. Der Arzt hat ihr ein Schlaf­mit­tel ge­spritzt, wes­we­gen sie vor mor­gen Früh si­cher­lich nicht wie­der zu sich kommt. Ich habe ihm auf­ge­tra­gen, auch nach Fiona zu sehen. Er soll­te auf dem Weg hier­her sein, woll­te aber noch einen Bo­xen­stopp in der Pra­xis ein­le­gen, um sei­nen Arzt­kof­fer wie­der neu zu be­stü­cken“, ant­wor­tet er. „Wie geht es ihr über­haupt?“
„Ge­gen­fra­ge: Wieso bist du hier und nicht bei dei­ner Süßen?“, will ich wis­sen. Er soll­te lie­ber bei ihr sein, als nach mir und Fiona zu sehen.
„Weil du mir wich­tig bist, Bru­der.“ Mateo seufzt. „Für Grace kann ich im Mo­ment nichts tun, denn die Me­di­ka­men­te haben sie aus­ge­knockt. Au­ßer­dem be­wa­chen zehn Män­ner ihre Schlaf­zim­mer­tür, wes­halb sie in Si­cher­heit ist. Noch­mal, wie geht es ihr?“
„Hom­bre de mier­da. Schei­ße Mann, wie soll es ihr gehen?“ Stöh­nend mas­sie­re ich mir die Schlä­fen, da mein ver­damm­ter Schä­del kurz vorm Ex­plo­die­ren ist. „Als ich die Klei­ne ins Haus trug, fleh­te sie mich heu­lend an, sie nicht zu be­stra­fen. Sie ver­sprach mir, von nun an ein bra­ves, ge­hor­sa­mes Mäd­chen zu sein. Kurz dar­auf öff­ne­te sie den Mund, als woll­te sie mir non­ver­bal zu ver­ste­hen geben, dass ich mei­nen Schwanz aus der Hose holen kann, um ihn ihr tief in den Ra­chen zu schie­ben. Ich habe das igno­riert und sie im Gäs­te­zim­mer ins Bett ver­frach­tet, wo sie er­schöpft ein­ge­schla­fen ist.“
Mein Freund run­zelt die Stirn, so­dass sich auf ihr ein tie­fes V bil­det. „Dann waren die ver­fick­ten Hunde schon weit mit ihrer Dres­sur. Die Bas­tar­de haben sie wie einen Hund ab­ge­rich­tet und ge­fü­gig ge­macht.“
„Ihren Ver­let­zun­gen nach zu ur­tei­len, habe ich daran nicht den ge­rings­ten Zwei­fel.“
„Und was hast du jetzt mit ihr vor?“, will Mateo wis­sen.
„Keine Ah­nung, Alter.“ Rat­los ziehe ich die Schul­tern in die Höhe. „Erst­mal werde ich dafür sor­gen, dass sie zur Ruhe kommt und wie­der ge­sund wird. Alles wei­te­re sehe ich dann.“
„Bist du si­cher, dass du ihr so lange Asyl ge­wäh­ren willst? Ver­steh mich nicht falsch, denn ich schät­ze dein En­ga­ge­ment, aber du bist der Klei­nen nichts schul­dig. Du hast be­reits mehr als nötig für sie getan, indem du sie aus die­ser ver­damm­ten Zelle ge­holt hast. Küm­me­re dich mei­net­we­gen um sie, bis sie wie­der bei Kräf­ten ist, und sieh zu, dass du sie dann wie­der los­wirst. Wir haben alle Hände voll damit zu tun, Pablo zu er­le­di­gen und kön­nen uns keine Ab­len­kung er­lau­ben.“
Was zur Hölle … das ist ja wohl nicht sein fucking Ernst?!
Mein Kum­pel braucht mir wirk­lich nicht zu er­zäh­len, dass wir bis zum Hals in der Schei­ße ste­cken, denn das weiß ich selbst. Und er ist dafür ver­ant­wort­lich, weil er sei­nen ver­damm­ten Schwanz nicht in der Hose be­hal­ten konn­te und sich aus­ge­rech­net in Pa­blos Lieb­lings­spiel­zeug ver­gu­cken muss­te. Damit er­reich­te die Ri­va­li­tät der bei­den ein ganz neues Level.
Dass die zwei seit Jah­ren ver­fein­det sind und ein­an­der nicht ein­mal den Dreck unter den Fin­ger­nä­geln gön­nen, ist kein Ge­heim­nis. Der Hass und der Neid auf­ein­an­der sind so krass aus­ge­prägt, dass die zwei zu immer hef­ti­ge­ren Me­tho­den grei­fen, um den an­de­ren in die Knie zu zwin­gen. Ich er­in­ne­re mich noch daran als wäre es ges­tern ge­we­sen, als Pablo Ma­te­os Ver­lob­te ent­führ­te und mei­nen Kum­pel mit ihr er­press­te. Pablo ziel­te mit der Gei­sel­nah­me dar­auf ab, die Ge­schäf­te mei­nes Freun­des zu über­neh­men. Und Mateo, der bis über beide Ohren in seine An­ge­be­te­te ver­liebt war, ist be­reit ge­we­sen, sich für die Liebe sei­nes Le­bens aus dem Busi­ness zu­rück­zu­zie­hen. Je­doch schei­ter­ten die Ver­hand­lun­gen und Pablo er­schoss Ma­te­os Her­zens­da­me di­rekt vor des­sen Augen.
Ver­ständ­li­cher­wei­se ist seit dem Tag das Ver­hält­nis der zwei Kampf­häh­ne un­wi­der­ruf­lich zer­rüt­tet. Seit­her spie­len die bei­den nun schon das Spiel, ein­an­der das Leben zur Hölle zu ma­chen. Die Re­geln sind ganz sim­pel: Pablo nimmt Mateo etwas weg und um­ge­kehrt. Der­je­ni­ge, der daran zer­bricht oder auf­gibt, ver­liert alles.
Vor ein paar Mo­na­ten er­fuhr Mateo, dass sein Erz­feind auf ein Mäd­chen scharf ist, das bei einer il­le­ga­len Ver­stei­ge­rung unter den Ham­mer kom­men soll­te. Das Ob­jekt der Be­gier­de war Grace, die von ihrem Ste­cher an einen Men­schen­händ­ler­ring ver­kauft wurde, damit die­ser die Schul­den bei sei­nem Dro­gen­dea­ler til­gen konn­te. Als Mateo Wind davon bekam, wie be­ses­sen Pablo von Grace war, sah er seine Zeit ge­kom­men, um den Tod sei­ner Ver­lob­ten zu rä­chen.
Ge­mein­sam schmie­de­ten wir den Plan, Pa­blos Sex­spiel­zeug zu ent­füh­ren und zu töten. Na­tür­lich hätte Grace Tod nicht im An­satz die glei­che Be­deu­tung wie der Ver­lust von Ma­te­os Ver­lob­ten ge­habt, trotz­dem hätte es Pablo hart ge­trof­fen. Sein Bank­kon­to wäre dann nicht nur um ein paar Mil­lio­nen leich­ter ge­we­sen, son­dern er hätte zudem auch mit­an­se­hen müs­sen, wie mein Boss sei­nem liebs­ten Toy die Kehle durch­schnei­det. Die Idee war näm­lich, die Tat für die Ewig­keit auf Video fest­zu­hal­ten. Und da Pablo noch nie solch ein reges In­ter­es­se an einer Skla­vin ge­zeigt hat, bin ich mir si­cher, dass ihm das hart zu­ge­setzt hätte. Jeder im Auk­ti­ons­haus wuss­te, wie zwin­gend er Grace für sich woll­te, denn er sprach von nichts an­de­rem mehr.
Dum­mer- oder bes­ser ge­sagt glück­li­cher­wei­se hatte Mateo bei der Aus­füh­rung des Plans seine ei­ge­nen Ge­füh­le nicht mit ein­kal­ku­liert. Nach­dem wir Grace in un­se­re Ge­walt ge­bracht hat­ten, ver­lieb­te sich mein Freund Hals über Kopf in sie, was ich ihm nicht vor­wer­fen kann, denn diese Frau ist wirk­lich eine Wucht. Als ich zum ers­ten Mal auf den blon­den Wir­bel­wind traf, konn­te auch ich nicht mehr an un­se­rem Vor­ha­ben fest­hal­ten. Grace hat sich mit ihrer un­schul­di­gen, lie­bens­wer­ten, vor­lau­ten und freund­li­chen Art so­fort einen Platz in mei­nem Her­zen er­schli­chen. Be­son­ders hat es mir im­po­niert, dass sie wie eine Löwin gegen Mateo an­ge­kämpft hat, nie den Mut ver­lor und ihm im­mer­zu die Stirn ge­bo­ten hat. Selbst wenn sie wegen ihres stör­ri­schen Ver­hal­tens Kon­se­quen­zen in Form von Stra­fen zu er­war­ten hatte. Ich glau­be, dass ihre Wil­lens­stär­ke der aus­schlag­ge­ben­de Fak­tor war, wes­halb Mateo letzt­lich seine Pläne in den Wind ge­schos­sen und sein Herz an sie ver­lo­ren hatte.
Heute sind die bei­den so etwas wie ein Paar. Mein Kum­pel hat ihr zwar noch nicht ge­sagt, dass er sie liebt, aber dass er es tut, sieht selbst ein Blin­der. So­bald Grace den Raum be­tritt, strahlt Mateo bis über beide Ohren. Die Luft be­ginnt zu knis­tern und ihm flie­gen klei­ne ro­sa­ro­te Herz­chen aus dem Arsch. So habe ich ihn noch nie ge­se­hen. Nicht ein­mal als er mit sei­ner Ver­lob­ten noch glück­lich li­iert war.
Und so ste­hen wir nun vor einem gro­ßen Pro­blem, denn auch Pablo will Grace für sich. Dem­entspre­chend muss man kein Hell­se­her sein, um zu wis­sen, wie der Kampf um sie aus­ge­hen wird. Mateo und Pablo has­sen ein­an­der so ab­grund­tief, dass der ewig wäh­ren­de Krieg erst endet, wenn einer der bei­den Grace für sich al­lei­ne hat, wäh­rend der an­de­re in einer Holz­kis­te endet.
Doch ganz un­ab­hän­gig davon, kann Mateo von mir weder ver­lan­gen noch er­war­ten, dass ich Fiona fort­schi­cke und sie ihrem Schick­sal über­las­se, zumal ich nicht weiß, wieso Pablo sie ge­fan­gen ge­hal­ten hatte. War sie eines sei­ner Spiel­zeu­ge? Wurde sie ver­kauft? Gibt es je­man­den, neben Pablo, der ihr ge­fähr­lich wer­den könn­te? Bevor ich auf diese Fra­gen keine Ant­wor­ten habe, werde ich sie nicht gehen las­sen.
Je­doch hat Mateo in einem Punkt Recht: Ich bin weder für sie ver­ant­wort­lich noch schul­de ich ihr etwas. Aber nichts­des­to­trotz fühlt es sich ein­fach rich­tig an, für sie da zu sein. Als ich sie auf dem Fuß­bo­den ihrer Zelle lie­gen sah, hat das etwas mit mir ge­macht. Ihr An­blick tat so ver­dammt weh, als hätte man mir mit vol­ler Wucht einen Dolch ins Herz ge­rammt. Wieso ich in dem Mo­ment so emp­fun­den habe, ist mir ein Rät­sel. Ich schät­ze, weil ich der An­sicht bin, dass keine Frau es ver­dient hat, dass man sie wie ein wil­des Tier ge­fan­gen hält und quält.
Meine El­tern – Gott hab sie selig –, die Ma­te­os Fa­mi­lie stets loyal er­ge­ben waren und für ihren Schutz sorg­ten, stell­ten die Be­dürf­nis­se der Fa­mi­lie López immer über ihre ei­ge­nen und lie­ßen letzt­lich ihr Leben, als sie von Fein­den der Fa­mi­lie er­mor­det wur­den. Zu ihren Leb­zei­ten haben sie mir re­gel­mä­ßig ge­pre­digt, dass man trotz der Ge­fahr und der un­schö­nen Auf­ga­ben, wie dem Fol­tern, dem Er­pres­sen oder dem Mor­den, die der Job als Si­cher­heits­be­auf­trag­ter eines Dro­gen­ba­rons nun mal mit sich bringt, sei­nen Prin­zi­pi­en treu­blei­ben und sich einen Fun­ken Gutes be­wah­ren muss. Auch wenn die Welt, in der wir nun mal leben, größ­ten­teils schlecht ist. Hin­ter jeder Ecke könn­te eine po­ten­zi­el­le Ge­fahr lau­ern, zum Bei­spiel ein Mes­ser­ste­cher, ein Bom­ben­at­ten­tä­ter oder ein Scharf­schüt­ze, der mei­nem Boss ans Leder will. Es gibt ein­fach zu viele Nei­der, die Mateo den Er­folg nicht gön­nen, die ihn aus dem Weg haben möch­ten, die nach sei­nem Platz an der Spit­ze des Dro­gen­im­pe­ri­ums stre­ben. Oder Leute, denen er mal vor den Kar­ren ge­schis­sen hat und die sich jetzt rä­chen woll­ten.
Meine Auf­ga­be ist es, auf jede Even­tua­li­tät ein­ge­stellt zu sein. Das er­for­dert na­tür­lich ein wach­sa­mes Auge, einen aus­ge­ruh­ten Kör­per sowie einen küh­len Kopf. Ab­len­kun­gen, ganz gleich in wel­cher Form, kann ich mir nicht leis­ten. Ein Feh­ler mei­ner­seits könn­te mei­nem Freund das Leben kos­ten. Nichts­des­to­trotz ver­su­che ich, mei­nen per­sön­li­chen Grund­sät­zen treu zu blei­ben. Eine mei­ner Grund­re­geln lau­tet: keine Ge­walt ge­gen­über Frau­en. Das ist für mich un­um­gäng­lich.
Auf Ma­te­os Order hin, habe ich schon ei­ni­ge Män­ner ge­fol­tert und ge­tö­tet. Män­ner, die uns scha­den woll­ten oder uns im Weg stan­den. Das ist na­tür­lich nicht spur­los an mir vor­bei­ge­gan­ge­nen, denn ich bin auch nur ein Mensch mit Ge­füh­len. Doch bevor ich einen Be­fehl aus­füh­re, wäge ich stets rich­tig und falsch ge­gen­ein­an­der ab, wes­we­gen ich mir ge­le­gent­lich Stress mit Mateo ein­han­de­le, da wir in die­ser Be­zie­hung un­ter­schied­li­cher Mei­nung sind. Je­doch konn­te ich ihn schon oft mit den pas­sen­den Ar­gu­men­ten über­zeu­gen, einen an­de­ren Weg ein­zu­schla­gen. Das hat ei­ni­gen Men­schen das Leben ge­ret­tet und mir ein schlech­tes Ge­wis­sen, in­klu­si­ve schlaf­lo­ser Näch­te, er­spart.
Fiona vor die Tür zu set­zen, ist in mei­nen Augen nicht das Rich­ti­ge. „Tut mir leid, aber in die­sem Fall lasse ich mir nicht von dir vor­schrei­ben, was ich zu tun oder zu las­sen habe“, lehne ich mich gegen mei­nen Chef auf, was ihm ganz ge­wiss nicht schmeckt. „Wohin haben uns denn deine jüngs­ten Ent­schei­dun­gen ge­führt? Wir be­fin­den uns mit­ten in einem Krieg mit Pablo, der uns be­reits ver­dammt viel ge­kos­tet hat. Wie viele Män­ner haben wir heute wäh­rend des Schuss­wech­sels ver­lo­ren? Ein Drit­tel? Und die Sache ist noch lange nicht aus­ge­stan­den. Wir konn­ten Pablo nicht er­le­di­gen, der nun alles tun wird, um dich für den Über­fall auf das La­ger­haus zur Re­chen­schaft zu zie­hen. Au­ßer­dem wird er die Frau­en zu­rück­ha­ben wol­len.“
„Genau das ver­su­che ich dir doch be­greif­lich zu ma­chen. Eben wegen Pablo soll­test du Fiona aus dem Land schaf­fen. Du kannst deine Pflich­ten mir ge­gen­über nicht er­fül­len und gleich­zei­tig für deine und ihre Si­cher­heit sor­gen. Päp­pe­le die Klei­ne mei­net­we­gen auf, wenn du meinst, dass du das tun musst, und dann schaff sie hier weg.“
„Keine Sorge, ich werde mei­nen Job schon nicht ver­nach­läs­si­gen“, ver­si­che­re ich ihm. „Glaub mir, wenn du ge­se­hen hät­test, wie sie in ihrem ei­ge­nen Blut kau­er­te, kaum in der Lage, ihre zu­ge­schwol­le­nen Augen zu öff­nen und am Ende ihrer Kräf­te, wür­dest du nicht von mir er­war­ten, sie auf die Stra­ße zu set­zen.“ Ich raufe mir die Haare, weil es ein ver­dammt ner­ven­auf­rei­ben­des Un­ter­fan­gen ist, ihn zur Ein­sicht zu be­we­gen. Ob­wohl wir beide zwei Arsch­lö­cher sind, für die Worte wie Recht oder Ge­setz Fremd­wör­ter sind, haben wir den­noch Ge­füh­le. Ich zu­min­dest. „Was denkst du, wie lange wurde Fiona schon miss­han­delt?“
„Keine Ah­nung.“ Er zieht die Schul­tern in die Höhe. „So, wie du von ihren Ver­let­zun­gen sprichst, schät­ze ich mal eine ganze Weile.“
Das glau­be ich auch. „Es wird si­cher eine Zeit dau­ern, bis sie sich von den Miss­hand­lun­gen er­holt hat. Ihr Kör­per ist von Hä­ma­to­men über­sät und be­stimmt sind auch meh­re­re Kno­chen ge­bro­chen. Des­halb lasse ich sie hier woh­nen, bis sie wie­der ge­sund ist. Was da­nach mit ihr pas­siert, über­le­ge ich mir, wenn es so weit ist.“
„Also hast du schon eine Ent­schei­dung ge­trof­fen?“, fragt er vor­wurfs­voll und schaut mich mit einem skep­ti­schen Blick an. „Bist du dir ab­so­lut si­cher, dass du mit der Dop­pel­be­las­tung aus Job und Pfle­ge klar­kommst? Ich muss mich dar­auf ver­las­sen kön­nen, dass du, wenn du zur Ar­beit er­scheinst, zu ein­hun­dert Pro­zent mit dem Kopf bei der Sache bist und nicht pau­sen­los an Fiona denkst. Ge­ra­de in Zei­ten wie die­sen, in denen Pablo auf Rache sinnt, bringt mir ein zer­streu­ter Si­cher­heits­chef nichts.“
„Ich liebe dich, Mateo. Du bist der Bru­der, den ich nie hatte und den ich mir immer ge­wünscht habe. Das weißt du, oder?“ Ich warte ab, bis er nickt. „Gut. Dann kannst du dir si­cher sein, dass ich alles tun werde, um für deine und auch für Grace‘ Si­cher­heit zu sor­gen. Euer Schutz ist näm­lich für mich weder ein Job noch eine läs­ti­ge Ver­pflich­tung, son­dern eine Her­zens­an­ge­le­gen­heit. Du bist meine Fa­mi­lie. Und die Fa­mi­lie steht immer an ers­ter Stel­le. Wenn wir un­ter­ge­hen, dann zu­sam­men. Al­ler­dings wird das dann nicht pas­sie­ren, weil ich un­acht­sam oder ab­ge­lenkt bin.“
„Danke, Bru­der. Ich weiß deine Worte zu schät­zen. Einer für alle und alle für einen“, stimmt er mir zu. „In Ord­nung, ich gebe dir mei­nen Segen, auch wenn dir der ver­mut­lich ziem­lich egal ist. Du hät­test auch ohne meine Zu­stim­mung dei­nen Dick­kopf durch­ge­setzt und die Klei­ne hier­be­hal­ten, oder?“ Als ich be­stä­ti­gend grin­se, schüt­telt er mit dem Kopf und ich meine, ihn Arsch­loch mur­meln zu hören. „Um auch mal etwas für dich zu tun, werde ich mei­nen Schnüff­ler an­ru­fen, den ich sei­ner­zeit auf Grace an­ge­setzt hatte, und ihn um Hilfe bit­ten. Viel­leicht fin­det er etwas raus, was dir in Bezug auf Fiona wei­ter­hilft. Wo sie her­kommt oder warum sie bei Pablo ge­lan­det ist. Je mehr wir über die Klei­ne wis­sen, desto bes­ser.“
„Per­fekt. Vie­len Dank, Kum­pel.“ Ich klop­fe ihm freund­schaft­lich auf die Schul­ter, weil ich seine Un­ter­stüt­zung sehr zu schät­zen weiß. „Wo bleibt ei­gent­lich der ver­damm­te Arzt? Müss­te er nicht schon längst hier sein?“
Kaum habe ich die Frage laut aus­ge­spro­chen, klin­gelt es auch schon an mei­ner Haus­tür, wes­we­gen ich Mateo im Flur ste­hen­las­se und die Tür öffne.
„Bue­nas no­ches, Guten Abend, Señor Ro­d­ri­guez”, be­grüßt mich Ma­te­os Arzt, der immer auf Abruf für ihn be­reit­steht, um ihn im Not­fall wie­der zu­sam­men­zu­fli­cken. „Señor López schickt mich, um nach Ihrem Gast zu sehen.“
„Ich weiß, kom­men Sie rein.“ Ich trete zur Seite und gebe die Tür frei. „Fiona ist im Gäs­te­zim­mer im ers­ten Stock. Soll ich Sie dort­hin be­glei­ten?“
„Nicht nötig. War­ten Sie ruhig hier unten. Ich melde mich, wenn ich Ihre Un­ter­stüt­zung be­nö­ti­ge“, ent­geg­net er und rauscht auch schon an mir vor­bei. Da der Doc je­doch schon et­li­che Male hier war, um mich nach einem Schuss­wech­sel oder einer Prü­ge­lei me­di­zi­nisch zu ver­sor­gen, kennt er sich in mei­nem Haus aus. Als er Mateo am Ende des Kor­ri­dors ste­hen sieht, be­grüßt er ihn mit einem knap­pen Ni­cken und geht an­schlie­ßend über die Trep­pe in den ers­ten Stock.
Da ich nicht weiß, was ich ma­chen oder tun kann, wäh­rend der Arzt nach Fiona schaut, und das ein ver­dammt be­schis­se­nes Ge­fühl ist, laufe ich im Flur auf und ab. Meine in­ne­re Un­ru­he lässt mich nicht still­ste­hen. Auf der einen Seite wäre ich gerne dabei, wenn der Doc sie un­ter­sucht, um mir selbst ein Bild von ihren Ver­let­zun­gen zu ma­chen, auf der an­de­ren Seite will ich ihre Pri­vat­sphä­re nicht ver­let­zen. Ich gehe näm­lich davon aus, dass es ihr nicht ge­fällt, sich vor zwei gänz­lich frem­den Ker­len ent­blö­ßen zu müs­sen.
Ich per­sön­lich habe kein Pro­blem mit mei­nem Kör­per und dem Nackt­sein, denn ich bin ver­dammt stolz dar­auf, was ich mit viel Sport und ge­sun­der Er­näh­rung er­schaf­fen habe, aber ich wurde auch nicht von einer Trup­pe Flach­wich­sern miss­han­delt. Und den­noch sind Ärzte ein rotes Tuch für mich. Seit­dem ich vor ein paar Mo­na­ten für meh­re­re Wo­chen im Kran­ken­haus zu Gast war, weil meine ei­ge­nen Leute mich zu Ba­by­brei ver­ar­bei­tet hat­ten, kann ich kei­nen Weiß­kit­tel­trä­ger mehr aus­ste­hen. Ich habe es ge­hasst, wenn ich im Rah­men der Vi­si­te be­tatscht und ver­hät­schelt wurde. Der Frau­en­welt hin­ge­gen, stel­le ich mei­nen Body lie­bend gerne wei­ter­hin als An­schau­ungs- und Be­rüh­rungs­ma­te­ri­al zur Ver­fü­gung.
Vor einer Weile kam uns die Idee, einen Spit­zel in Pa­blos Crew ein­zu­schleu­sen, der Mateo mit In­for­ma­tio­nen zu des­sen Ta­ges­ab­läu­fen, Struk­tu­ren, Ge­wohn- und Ge­pflo­gen­hei­ten sowie sei­nen Ge­schäf­ten ver­sor­gen soll­te. Je­mand soll­te sich das Ver­trau­en un­se­res Fein­des er­schlei­chen, um seine Schwach­stel­len zu iden­ti­fi­zie­ren. Diese Schwach­stel­len woll­ten wir gegen Pablo ver­wen­den, um Ma­te­os Durst nach Rache, für den Mord an sei­ner Ver­lob­ten, zu stil­len. Ich habe mich frei­wil­lig für diese Auf­ga­be ge­mel­det, da ich mei­nem Freund noch etwas schul­dig war.
Nach­dem meine El­tern ge­tö­tet wur­den und ich ganz al­lei­ne da­stand, hat Mateo mich auf­ge­fan­gen, mir ein Zu­hau­se ge­ge­ben und mich wie einen Bru­der be­han­delt. Wäre er nicht ge­we­sen, wäre ich an dem Ver­lust zer­bro­chen und hätte mich ganz ge­wiss selbst zer­stört. Mit Dro­gen, Al­ko­hol oder il­le­ga­len Faust­kämp­fen. Mir wäre jedes Mit­tel recht ge­we­sen, um meine Trau­er zu be­täu­ben.
Da Pablo je­doch weder dumm noch naiv, son­dern ex­trem pa­ra­no­id ist, was seine Si­cher­heit be­trifft, muss­ten wir ver­flucht tief in die Trick­kis­te grei­fen, damit er mir ver­traut und mich in sein Team auf­nimmt. Er muss­te glau­ben, dass das Band der Freund­schaft und Loya­li­tät, das mich mit der Fa­mi­lie López ver­bin­det, un­wi­der­ruf­lich zer­stört ist. Und das ging nur, indem ich mich von mei­nen ei­ge­nen Leu­ten kran­ken­haus­reif prü­geln ließ. Für den Schau­platz des Ge­sche­hens wähl­ten wir einen be­leb­ten Ort, damit es Zeu­gen gibt und das In­stru­ment der Mund­pro­pa­gan­da greift.
Mateo war, wie nicht an­ders zu er­war­ten, gegen den Plan ge­we­sen, doch ich ließ mich nicht davon ab­brin­gen. Er hielt ihn für zu ris­kant. Ich pfiff auf seine Be­den­ken und traf mich mit mei­nen Män­nern an dem be­kann­tes­ten Dro­gen­um­schlag­platz in der Stadt, wo ich mich nach vor­he­ri­ger Ab­spra­che ver­mö­beln ließ. Wie von mir ge­wünscht, tra­ten meine Jungs auf mich ein, be­spuck­ten und be­lei­dig­ten mich. Als ich blut­über­strömt am Boden lag, lie­ßen sie von mir ab und fuh­ren davon. Kurz dar­auf ver­lor ich das Be­wusst­sein, wes­halb ich mich nicht mehr daran er­in­ne­re, wie ich ins Kran­ken­haus ge­kom­men bin. Dafür habe ich aber noch genau im Ge­dächt­nis, wel­che Schmer­zen ich nach dem Auf­wa­chen hatte. Hei­li­ge Schei­ße, Santa mier­da, jeder Atem­zug war die Hölle und ich wünsch­te mir, auf der Stel­le zu ster­ben. Je­doch war jeder Schmerz die Sache wert, denn nur so konn­te un­se­re Ge­schich­te glaub­wür­dig rü­ber­kom­men.
Wie von mir er­hofft, ging der Plan auf. Ein paar von Pa­blos Dro­gen­dea­lern be­ka­men die Szene in der Stadt mit und er­zähl­ten ihrem Boss, dass Mateo sei­nen bes­ten Freund und rech­te Hand ver­sto­ßen hätte. Das war meine Ein­tritts­kar­te in seine Or­ga­ni­sa­ti­on, denn Pablo wit­ter­te so­fort sei­nen Vor­teil. Mein Wis­sen über Ma­te­os Ge­schäf­te soll­te zu sei­nem Trumpf wer­den. Das Ass im Ärmel, das er brauch­te, um sei­nen Wi­der­sa­cher ein für alle Mal zu ver­nich­ten.
Nach­dem ich mich von den Ver­let­zun­gen er­holt hatte, nahm einer von Pa­blos Leu­ten Kon­takt zu mir auf, wor­auf­hin ich mich mit un­se­rem Feind traf und so­gleich mei­nen Nut­zen unter Be­weis stell­te. Ich gab ihm In­si­der­infor­ma­tio­nen über Ma­te­os Busi­ness, die ich im Vor­feld mit mei­nen Jungs be­spro­chen hatte, wes­we­gen Pablo eine Be­rei­che­rung in mir sah. Er glaub­te, dass er mit mei­ner Hilfe Mateo das Ge­nick bre­chen könn­te. Das Ge­schäft, das Pablo Dank mei­nes Hin­wei­ses sa­bo­tie­ren konn­te, tat Mateo nicht weh. Die Zah­lungs­mo­ral der Is­rae­lis war ziem­lich mies, so­dass mein bes­ter Freund sie so­wie­so nicht län­ger be­lie­fern woll­te.
Da­durch, dass ich be­reits nach we­ni­gen Wo­chen zu Pa­blos in­ne­rem Zir­kel ge­hör­te, konn­te ich Mateo über einen Mit­tels­mann Nach­rich­ten zu­spie­len, die für ihn von Nut­zen waren. Ich ließ ihn wis­sen, mit wem Pablo sich traf, wel­che Po­li­ti­ker er für seine Zwe­cke be­stach und wel­che Kun­den er aus Ma­te­os Ge­biet ab­zu­wer­ben ver­such­te. Zudem über­mit­tel­te ich ihm auch eine In­for­ma­ti­on von ganz be­son­de­rem Wert. Näm­lich die, dass Pablo auf einer il­le­ga­len Auk­ti­on eine Frau er­stei­gern will, von der er vom ers­ten Mo­ment an, seit er ihre Fotos in dem Ver­stei­ge­rungs­ka­ta­log ge­se­hen hat, wie be­ses­sen ge­we­sen ist. Seit­dem er das Bild von Grace zu Ge­sicht bekam, konn­te er an nichts an­de­res mehr den­ken, als sie zu er­stei­gern und zu sei­nem Be­sitz zu ma­chen. Es war eine rich­ti­ge Ob­ses­si­on. Ob­wohl Pablo ein Sa­dist der übels­ten Sorte ist und mei­nes Er­ach­tens kei­nen Fun­ken Mensch­lich­keit in sich trägt, schwärm­te er von Grace wie ein lie­bes­kran­ker Teen­ager.
Als ich alle De­tails über die Auk­ti­on hatte, wo und wann sie über die Bühne gehen soll, rief ich in einem güns­ti­gen Mo­ment mei­nen Freund an. Er soll­te der Ver­an­stal­tung bei­woh­nen und sich selbst ein Bild ma­chen. Nach­dem Mateo sich mit ei­ge­nen Augen von Pa­blos Be­ses­sen­heit über­zeugt hatte, lei­te­ten wir die zwei­te Phase des Plans ein: Grace in un­se­re Ge­walt brin­gen und töten.
Um Pablo hart zu tref­fen, woll­ten wir den Mord auf Video fest­hal­ten und un­se­rem Feind das Ma­te­ri­al zu­spie­len. Meine Mis­si­on galt als be­en­det, als Mateo die Ent­füh­rung von Grace ge­lang.
Pablo und Grace be­such­ten das Thea­ter in der Stadt und fuh­ren an­schlie­ßend in einen Un­ter­schlupf von Pablo, um den Abend aus­klin­gen zu las­sen. Dort war­te­ten be­reits meine Män­ner auf sie. Un­se­re Jungs be­sei­tig­ten Pa­blos Wach­pos­ten und dran­gen in das Haus ein, um Grace zu holen. Im An­schluss an die er­folg­rei­che Ak­ti­on, kehr­te ich nach lan­gen Wo­chen als Pa­blos Arsch­krie­cher und Spei­chel­le­cker end­lich wie­der nach Hause zu­rück.
„Alter, kannst du mal ste­hen blei­ben? Du machst mich ganz kirre mit dei­nem ner­vö­sen Her­um­ge­ren­ne“, herrscht Mateo mich an und reißt mich aus den Er­in­ne­run­gen. „Ent­spann dich und atme lo­cker durch die Hose. Der Doc weiß, was er zu tun hat.“
„Ach ja? Bist du dir da si­cher?“, blaf­fe ich zu­rück, als ich Fio­nas laute Schreie durch das Haus hal­len höre. „Was macht der däm­li­che Wich­ser mit ihr?“
„Keine Ah­nung. Aber wenn es dich so bren­nend in­ter­es­siert, dann geh hoch und sieh nach.“
So schnell es meine Beine zu­las­sen, jage ich die Trep­pe hoch. Wie ein Ber­ser­ker renne ich durch den Flur und stür­me auf das Gäs­te­zim­mer zu.
Ich bin so ein ver­damm­ter Hor­noch­se, denn ich hätte den Arzt nicht al­lei­ne zu ihr las­sen sol­len. Be­stimmt hat Fiona eine Hei­den­angst vor dem, ihr frem­den, Mann. Ob meine An­we­sen­heit es bes­ser ge­macht hätte, wage ich zu be­zwei­feln, aber ich hätte zu­min­dest ver­su­chen kön­nen, sie zu be­ru­hi­gen.
„Was zur Hölle ist hier los?“, frage ich den Dok­tor, nach­dem ich die Tür auf­ge­ris­sen habe und ein­ge­tre­ten bin. Die­ser steht völ­lig rat­los im Zim­mer und schüt­telt den Kopf.
Mein Blick glei­tet so­fort zum Bett, wo Fiona, trotz ihrer of­fen­sicht­lich ge­bro­che­nen Fin­ger, die in einem üblen Win­kel von ihrer Hand ab­ste­hen, die Bett­de­cke so fest um­klam­mert hält, als würde ihr Leben an ihr hän­gen. Wild tritt sie mit den Füßen um sich. In ihren Augen, aus des­sen Win­keln Trä­nen flie­ßen, er­ken­ne ich blan­ke Panik.
Ich muss hart schlu­cken, weil mir der An­blick einer völ­lig außer sich zu sein schei­nen­den Fiona, hef­tig an die Nie­ren geht. Sie soll sich in mei­nem Haus si­cher, aber ganz ge­wiss nicht be­droht füh­len. Und der Arzt scheint etwas in ihr zu trig­gern, das ihr Angst macht.
„Alle so­fort raus hier! Gebt uns einen Mo­ment“, ver­fü­ge ich. „Ich rufe Sie, wenn ich die Klei­ne be­ru­higt habe, Doc“, wende ich mich an den Me­di­zi­ner, der un­ver­züg­lich aus dem Raum geht.
Nach­dem Mateo, der mir nach oben ge­folgt ist, die Tür hin­ter sich zu­ge­zo­gen hat, dimme ich die helle De­cken­be­leuch­tung und gehe lang­sam auf das Bett zu, um mich auf die Bett­kan­te zu set­zen. Vor­sich­tig stre­cke ich eine Hand aus und wi­sche ihr mit dem Dau­men die Trä­nen aus dem Ge­sicht, was sie zu mei­nem Er­stau­nen, ohne zu pro­tes­tie­ren ge­sche­hen lässt.
„Ent­spann dich, Lie­bes. Nie­mand möch­te dir etwas tun. Wir sind alle hier, um dir zu hel­fen. Doch damit du wie­der ge­sund wer­den kannst, musst du dich von einem Arzt un­ter­su­chen las­sen.“ Ich be­mü­he mich, meine Stim­me ruhig und ge­las­sen klin­gen zu las­sen, ob­wohl es in mei­nem In­ne­ren mäch­tig bro­delt. „Lass den Doc sich deine Ver­let­zun­gen an­schau­en, okay?“
„Ich … Ich … Ich habe Angst“, stam­melt sie. „Der … Der … Der Mann … er … er wird mir weh­tun. Genau wie all die an­de­ren Kerle. Ich kann das nicht mehr. Lie­ber … Lie­ber ster­be ich.“
„Nie­mand wird dich je­mals wie­der ver­let­zen. Ver­spro­chen. Du musst mir ver­trau­en, Fiona. Du bist nun in Si­cher­heit“, ga­ran­tie­re ich ihr.
„Und Pablo?“
„Der ist uns lei­der ent­wischt, doch wir ar­bei­ten mit Hoch­druck daran, ihn auf­zu­spü­ren und aus­zu­schal­ten. Mein bes­ter Freund, Mateo, nimmt sich der Sache an“, lasse ich sie wis­sen. „So­lan­ge du dich unter mei­nem Dach be­fin­dest, wird er dir nichts an­ha­ben kön­nen, weil ich auf dich auf­pas­se. Dar­auf gebe ich dir mein Wort. Aber im Ge­gen­zug dafür musst du auch etwas für mich tun. Lass dich bitte von dem Arzt un­ter­su­chen.“
Nach ein paar Mo­men­ten des Nach­den­kens, nickt sie mir zu und be­ginnt, sich zu ent­span­nen. Mein Blick ruht auf ihren Hän­den, die den Klam­mer­griff um die Bett­de­cke lang­sam lösen. Ich senke den Kopf, um ihr einen sanf­ten Kuss auf die Stirn zu geben und hoffe, dass diese Geste nicht zu viel für sie ist. Doch an­statt sich gegen die ihr ent­ge­gen­ge­brach­te Zärt­lich­keit zur Wehr zu set­zen, schließt sie die Augen und seufzt.
„So ist es gut, Klei­ne. Atme tief durch und ent­spann dich“, sage ich. „Ich werde jetzt den Arzt zu­rück­ho­len.“ Ein letz­tes Mal strei­che­le ich ihr über die Haare, dann stehe ich auf und gehe zur Zim­mer­tür.
„Bitte … Bitte komm wie­der zu­rück … und … und bleib bei mir. Lass mich nicht mit dem Mann al­lein“, fleht sie, wäh­rend ich die Tür öffne.
„Alles, was du willst“, er­wi­de­re ich und lä­che­le ihr zu.